Die Genetik kann auf verschiedene Weisen genutzt werden, um diverse Störungen besser zu verstehen, zu diagnostizieren und zu behandeln.
(Siehe auch Gene und Chromosomen.)
Kenntnis von Störungen
Das Verständnis für Humangenetik ist deutlich gestiegen, seitdem die Wissenschaftler, die das Humangenomprojekt durchführten, im Jahr 2003 alle Gene in den menschlichen Chromosomen erfolgreich identifiziert und kartiert haben. Genetische Methoden können eingesetzt werden, um die Gene einer Person zu untersuchen und darüber mehr über bestimmte Störungen zu erfahren. Einige Arten von Störungen, die früher anhand ihrer Symptome klassifiziert wurden, werden nun z. B. anhand der vorliegenden genetischen Anomalie neu klassifiziert.
Diagnose von Störungen
Gentests werden zur Diagnose bestimmter Störungen (z. B. Hämochromatose und chromosomale Störungen wie das Down-Syndromund das Turner-Syndrom) verwendet.
Die Genetik erhöht zudem die Fähigkeit vorauszusagen, welche Störungen eine Person wahrscheinlich entwickeln wird. Frauen mit bestimmten Störungen in den BRCA-Genen sind z. B. für Brust- und Eierstockkrebs besonders anfällig. Diese Vorhersagen können vorbeugende Maßnahmen ermöglichen und dazu führen, dass das Screening besser auf den Einzelnen zugeschnitten ist.
Diagnose genetischer Störungen vor der Geburt
Fortschritte auf dem Gebiet der Methoden, die genetische Merkmale zugänglich machen und das Verständnis für Genetik fördern, haben die Diagnose von genetischen Störungen vor der Geburt verbessert. In einigen Fällen können vor der Geburt diagnostizierte genetische Störungen behandelt werden, und zwar eventuell nach der Geburt oder bisweilen sogar schon vorher, was künftigen Komplikationen vorbeugt. Kortikosteroide, die der Mutter vor der Niederkunft verabreicht werden, können z. B. die Schwere eines bestimmten genetischen Hormonmangels bei den Nachkommen mildern.
Mit Hilfe des genetischen Screenings können Eltern zu den Risiken, eine genetische Störung an ihre Nachkommen zu vererben, beraten werden. Das Screening kann auch zur Ermittlung von Fötusanomalien eingesetzt werden ({blank} Pränatale Diagnosetests).
Ansprechen auf Medikamente
Erhöhtes Verständnis für Humangenetik kann vorhersagen, wie die Menschen auf der Grundlage der genauen Zusammenstellung ihrer Gene auf bestimmte Arzneimittel reagieren ({blank} Genetische Veranlagung und Ansprechen auf Arzneimittel). Bestimmte Gene können beispielsweise vorhersagen, wie viel Warfarin, ein Antikoagulanz (Blutverdünner), eine Person ggf. benötigt. Die Vorhersage ist wichtig, weil eine zu hohe Warfarin-Anwendung schwere Blutungen verursachen kann und eine zu geringe Warfarin-Anwendung unwirksam ist, was ebenfalls gefährlich ist.
Gentests können zudem vorhersagen, ob eine Person nach der Einnahme des Anti-Krebsmittels Irinotecan massive oder nur leichte Nebenwirkungen bekommt. Personen, die zu schwerwiegenden Nebenwirkungen neigen, können mit anderen Mitteln behandelt werden.
Gentests können zudem aufzeigen, wie schnell eine Person Kodein verstoffwechselt und dem entsprechend auf das Schmerzmittel reagiert. Personen, die Kodein schnell verstoffwechseln, können hohe Mengen eines Stoffwechselnebenprodukts von Kodein ansammeln, was sich negativ auf den unbewussten Atemantrieb auswirkt. Diese Wirkung der schnellen Verstoffwechslung führte zum Tod einiger Kinder, die nach einer Mandel- und Polypenoperation zur Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe Kodein erhielten.
Behandlung von Störungen
Die Genetik kranken Gewebes (z. B. Krebs) kann Arzneimittelherstellern helfen, Behandlungsziele genauer zu identifizieren (etwa Arzneimittel zur Krebsbehandlung). Das Krebsmittel Trastuzumab kann z. B. bei Brustkrebs gegen bestimmte Brustkrebszellen eingesetzt werden, die das Brustkrebsgen HER2/neu enthalten.