Paracetamolvergiftungen

(Paracetamol-Vergiftung; N-Acetyl-para-Aminophenol; APAP)

VonGerald F. O’Malley, DO, Grand Strand Regional Medical Center;
Rika O’Malley, MD, Grand Strand Medical Center
Reviewed ByDiane M. Birnbaumer, MD, David Geffen School of Medicine at UCLA
Überprüft/überarbeitet Geändert Apr. 2025
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Eine Paracetamol-Vergiftung kann innerhalb von Stunden zu Gastroenteritis sowie nach 1 bis 3 Tagen zu Hepatotoxizität führen, die ohne rechtzeitige Behandlung ein Leberversagen und letalen Ausgang verursachen kann. Akute Toxizität tritt typischerweise bei Einnahme einer Gesamtdosis von 150 mg/kg (etwa 7,5 bis 10 g bei Erwachsenen) innerhalb von 24 Stunden auf. Der Schweregrad der Hepatotoxizität wird durch die Serumspiegel von Paracetamol vorhergesagt. Die Behandlung mit N-Acetylcystein soll die Hepatotoxizität verhindern oder minimieren.

(Siehe auch Allgemeine Grundlagen zu Vergiftungen.)

Paracetamol (N-acetyl-para-Aminophenol oder APAP) ist > 100 rezeptfreien Produkten enthalten. dazu gehören auch viele Zubereitungen für Kinder in flüssiger, Tabletten- oder Kapselform, viele Präparate gegen Husten und Erkältungskrankheiten. Auch manche verschreibungspflichtige Medikamente enthalten Paracetamol. Daher kommt die Überdosierung von Paracetamol häufig vor.

Pathophysiologie der Paracetamolvergiftungen

Der toxische Hauptmetabolit von Paracetamol, N-acetyl-p-benzochinonimin (NAPQI), wird über das hepatische Cytochrom-P-450-Enzymsystem produziert; Glutathionvorräte in der Leber können diesen Metaboliten entgiften. Eine akute Überdosierung von Paracetamol führt zu einer Verminderung von Glutathionvorräten in der Leber. Dies führt zur Akkumulation von NAPQI, das wiederum zu Leberzellnekrosen und möglicherweise auch Schäden an anderen Organen (z. B. Niere, Pankreas) bewirkt.

Theoretisch können alkoholische Lebererkrankungen oder Unterernährung das Toxizitätsrisiko erhöhen, da eine hepatische Enzymvorkonditionierung die NAPQI-Bildung verstärken kann und da Unterernährung (die ebenfalls häufig unter Alkoholabhängigen zu finden ist) die hepatischen Glutathionvorräte vermindert. Allerdings sind therapeutische Dosen von Paracetamol bei Patienten mit Alkoholkonsumstörung nicht mit Leberschäden assoziiert.

Akute Paracetamolvergiftungen

Um eine relevante Toxizität zu bewirken, muss die akute Überdosierung 150 mg/kg innerhalb von 24 h (ca. 7,5-10 g bei Erwachsenen) überschreiten.

Intravenöses Paracetamol

Eine IV Zubereitung von Paracetamol, die für den Einsatz in Krankenhäusern und bei Patienten > 2 Jahre gedacht war, ist mehreren hundert Berichten zufolge mit Überdosierungen und mehreren dutzend Todesfällen, einige bei Kindern, in Verbindung gebracht worden. Die meisten dieser unerwünschten Ereignisse waren das Ergebnis von Dosierungsfehlern, weil das Medikament in Milligramm dosiert, aber in Millilitern verabreicht wurde (1). Da diese Überdosierungen iatrogen sind, stehen zuverlässige Informationen über Zeit und Gesamtdosis zur Verfügung. Das Rumack-Matthew-Nomogramm sollte daher erfolgreich zur Vorhersage der Toxizität verwendet werden, obwohl es nicht validiert wurde (2). Überdosierungen < 150 mg/kg ist eine Toxizität unwahrscheinlich, aber die Datenlage ist unklar, und einige Toxikologen empfehlen eine Behandlung mit N-Acetylcystein bei Überdosierungen von > 60 mg/kg (3). Eine endgültige Behandlung für eine intravenöse Paracetamol-Überdosierung ist nicht etabliert, und die Konsultation eines Toxikologen oder einer Giftnotrufzentrale wird empfohlen.

Literatur zur Pathophysiologie

  1. 1. Injectable paracetamol in children: yet more cases of 10-fold overdosePrescrire Int. 2013;22(135):44-45.

  2. 2. Dart RC, Mullins ME, Matoushek T, et al. Management of Acetaminophen Poisoning in the US and Canada: A Consensus Statement [published correction appears in JAMA Netw Open. 2023 Sep 5;6(9):e2337926. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.37926]. JAMA Netw Open. 2023;6(8):e2327739. Published 2023 Aug 1. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.27739

  3. 3. Gray T, Hoffman RS, Bateman DN. Intravenous paracetamol--an international perspective of toxicity. Clin Toxicol (Phila). 2011;49(3):150-152. doi:10.3109/15563650.2011.568491

Symptome und Anzeichen einer Paracetamol-Vergiftung

Leichte Vergiftungen können asymptomatisch bleiben, Symptome einer akuten Paracetamol-Vergiftung sind in der Regel bis zu 48 h nach der Einnahme gering Zu den Symptomen, die in vier Stadien auftreten (siehe Tabelle Stadien der akuten Paracetamol-Vergiftung), gehören Anorexie, Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im rechten oberen Quadranten des Bauches. Nierenversagen und eine Pankreatitis können auftreten, gelegentlich sogar ohne ein Leberversagen. Üblicherweise kommt es nach 5 Tagen entweder zu einer Erholung des Leberschadens, oder dieser geht in ein Multiorganversagen über, das tödlich enden kann.

Tabelle
Tabelle

Diagnose der Paracetamolvergiftung

  • Serumkonzentration an Paracetamol

  • Rumack-Matthew-Nomogramm

  • Serum-Aspartat-Aminotransferase (AST)- und Alanin-Aminotransferase (ALT)-Spiegel

Eine Überdosierung mit Paracetamol sollte bei allen Patienten in Betracht gezogen werden, die absichtlich Substanzen zu sich nehmen, die möglicherweise einen Suizidversuch darstellen. Sie sollte auch bei Patienten mit unbeabsichtigter Einnahme von Medikamenten in Betracht gezogen werden, da viele rezeptfreie Formulierungen und einige verschreibungspflichtige Medikamente Paracetamol enthalten und der Patient oder das Pflegepersonal möglicherweise nicht weiß, dass ein Medikament Paracetamol enthält. Die Berücksichtigung einer Paracetamol-Toxizität bei jedem Patienten mit einer möglichen Überdosierung von Medikamenten ist klinisch wichtig, da Paracetamol in den frühen Stadien oft nur minimale Symptome verursacht und potenziell tödlich, aber behandelbar ist.

Tipps und Risiken

  • An eine unbekannte Paracetamolvergiftung sollte bei allen Patienten mit einer Präparateinnahmen gedacht werden.

Die Wahrscheinlichkeit und Schwere der Hepatotoxizität bei einer akuten Situation lassen sich durch die eingenommene Menge, genauer jedoch durch die Serumkonzentration an Paracetamol vorhersagen. Ist der Einnahmezeitpunkt unbekannt, hilft das Nomogramm nicht weiter. Sofern der Zeitpunkt der Einnahme bekannt ist, wird zum Abschätzen der Wahrscheinlichkeit eines Leberschadens das Rumack-Mathew-Nomogramm verwendet. Im Falle einer einmaligen akuten Überdosierung mit herkömmlichen Paracetamol-Präparaten oder aber schnellwirksamen Paracetamol-Präparaten (die innerhalb von 7–8 min resorbiert werden), werden die Spiegel 4 h nach Einnahme gemessen und in das Nomogramm eingetragen. Eine Paracetamolkonzentration 150 mcg/ml ( 990 Mikromol/l) und das Fehlen von Vergiftungszeichen lassen darauf schließen, dass eine Hepatotoxizität sehr unwahrscheinlich ist. Höhere Konzentrationen weisen auf ein mögliches hepatotoxisches Risiko hin. Bei akuten Paracetamol-Monointoxikationen mit langsam freigesetzten Paracetamol-Präparaten (mit zwei Spitzenserumkonzentrationen innerhalb von 4 Stunden) sollten die Paracetamol Serumkonzentration 4 Stunden nach Einnahme sowie nach weiteren 4 Stunden bestimmt werden; sofern einer dieser Werte oberhalb der Rumack-Matthew-Toxizitätskurve liegt, sollte eine Behandlung erfolgen.

Wenn der genaue Zeitpunkt einer einzelnen Einnahme nicht bestätigt werden kann, wird bei der Risikobestimmung der ungünstigste Fall angenommen. Das heißt, der frühestmögliche Zeitpunkt der Einnahme wird geschätzt und dann in das Rumack-Matthew-Nomogramm eingetragen. Gibt ein Patient beispielsweise an, die Überdosis zwischen 18 und 21 Uhr eingenommen zu haben, so wird 18 Uhr als Zeitpunkt der Einnahme angenommen (schlimmster Fall). Ähnlich verhält es sich, wenn ein Kind in einem Haushalt lebte, in dem es keine Paracetamol-Produkte gab, aber in den vorangegangenen 24 Stunden einen Verwandten besuchte, in dessen Haushalt solche Produkte vorhanden waren, dann würde ein bei der Einlieferung ermittelter Paracetamol-Wert als 24-Stunden-Wert interpretiert werden. In der Praxis sind Worst-Case-Schätzungen oft schwierig zu erstellen.

Rumack-Matthew Nomogramm bei akuter Vergiftung durch Paracetamol ohne Begleitpräparate

Halblogarithmische Darstellung der Paracetamol-Plasmakonzenrationsmaspiegel im Verhältnis zur Zeit. Hinweise für die Verwendung dieses Nomogramms:

  • Die Zeitkoordinaten beziehen sich auf Zeit nach der Einnahme.

  • Die Serumkonzenrationen unterhalb von 4 h repräsentieren in der Regel nicht die höchsten Werte.

  • Das Diagramm sollte nur im Falle einer einzigen akuten Einnahme verwendet werden.

  • Die untere durchgezogene Linie 25% unter dem Standardnomogramm wurde einbezogen, um mögliche Fehler in den Paracetamol Konzentationsbestimmung und der geschätzten Zeit der Einnahme erkennbar zu machen.

Adapted from Rumack BH, Matthew H: Acetaminophen poisoning and toxicity. Pediatrics 55(6): 871–876, 1975; reproduced by permission of Pediatrics.

Wenn eine Vergiftung bestätigt oder sehr wahrscheinlich ist, oder falls der Zeitpunkt der Einnahme unklar oder unbekannt ist, sind zusätzliche Tests angezeigt. Es werden Lebertests gemacht und es wird bei Verdacht auf eine schwere Vergiftung die Prothrombinzeit gemessen. Die Ergebnisse der Aspartataminotransferase (AST) und Alaninaminotransferase (ALT) korrelieren mit dem Stadium der Vergiftung (siehe Tabelle Stadien der akuten Paracetamol-Vergiftung). Bei schwerer Vergiftung können auch Bilirubin und INR (International Normalized Ratio) erhöht sein.

Geringe Erhöhungen der Transaminasen (z. B. bis zu 2- oder 3-mal der oberen Grenze des Normalwerts) können bei Erwachsenen auftreten, die therapeutische Dosen von Paracetamol über Tage oder Wochen einnehmen. Diese Erhöhungen scheinen vorübergehend zu sein; sie verringern sich oder verschwinden innerhalb weniger Tage (auch bei fortgesetzter Verwendung von Paracetamol) und sind in der Regel klinisch asymptomatisch und wahrscheinlich unbedeutend (1).

Paracetamol/Cystein-Proteinaddukte sind entwickelte Biomarker und werden als Indikatoren von Paracetamol-induzierter Hepatotoxizität vermarktet. Obwohl die Biomarker eine Exposition gegenüber Paracetamol anzeigen können, geben sie keinen zwingenden Aufschluss über Paracetamol-induzierte Hepatotoxizität (2). Andere Biomarker wie microRNA, High-Mobility Group Box-1 (HMGB-1) und Keratin-18 werden derzeit untersucht, sind aber keine Standard-Diagnoseinstrumente (3).

Literatur zur Diagnose

  1. 1. Heard K, Green JL, Anderson V, Bucher-Bartelson B, Dart RC. A randomized, placebo-controlled trial to determine the course of aminotransferase elevation during prolonged acetaminophen administration. BMC Pharmacol Toxicol. 2014;15:39. Published 2014 Jul 22. doi:10.1186/2050-6511-15-39

  2. 2. Heard KJ, Green JL, James LP, et al. Acetaminophen-cysteine adducts during therapeutic dosing and following overdose. BMC Gastroenterol. 2011;11:20. Published 2011 Mar 14. doi:10.1186/1471-230X-11-20

  3. 3. Antoine DJ, Dear JW, Lewis PS, et al. Mechanistic biomarkers provide early and sensitive detection of acetaminophen-induced acute liver injury at first presentation to hospital. Hepatology. 2013;58(2):777-787. doi:10.1002/hep.26294

Behandlung der Acetaminophenvergiftung

  • Orales oder IV N-Acetylcystein

  • Möglicherweise Aktivkohle

Aktivkohle kann verabreicht werden, wenn sich Paracetamol wahrscheinlich noch im Gastrointestinaltrakt (GI) befindet.

N-Acetylcystein (NAC) gilt als Antidot für die Paracetamol-Vergiftung. Dieses Medikament stellt ein Glutathionvorläuferprodukt dar, das die Paracetamol-Toxizität durch Erhöhung der hepatischen Glutathionvorräte erniedrigt; möglicherweise liegen auch noch andere Wirkmechanismen des NAC vor. Es hilft dabei, die Lebertoxizität zu verhindern, indem es den toxischen Paracetamol-Metaboliten NAPQI (N-Acdtyl-p-Benzochinonimin) inaktiviert, bevor er die Leberzellen schädigen kann. Allerdings kann es eine Schädigung der Leberzellen nicht mehr rückgängig machen, die bereits stattgefunden hat.

Im Falle einer akuten Paracetamol-Vergiftung wird N-Acetylcystein verabreicht, wenn eine Hepatoxizität durch die eingenommene Dosis oder durch die Bestimmung der Serumkonzentration wahrscheinlich ist. Die Substanz ist am effektivsten, wenn sie innerhalb von 8 Stunden nach der Paracetamol-Einnahme gegeben wird. Nach 24 h ist der Vorteil des Antidots fragwürdig, es sollte aber noch gegeben werden. Wenn das Ausmaß der Toxizität ungewiss ist, sollte -Acetylcystein gegeben werden, bis eine Toxizität ausgeschlossen werden kann.

N-Acetylcystein ist bei IV oder oraler Gabe annähernd gleich effektiv. Die IV Gabe wird als kontinuierliche Infusion verabreicht. Eine Startdosis von 150 mg/kg in 200 ml 5%iger Glukose wird über 15 Minuten verabreicht, gefolgt von einer Erhaltungsdosis von 50 mg/kg in 500 ml 5%iger Glukose über 4 Stunden, an die sich eine dritte Dosierung mit 100 mg/kg in 1000 ml 5%iger Glukose über 16 Stunden anschließt. Bei Kindern muss die Dosis möglicherweise angepasst werden, um das Gesamtflüssigkeitsvolumen gering zu halten. Hierzu wird die Kontakt zu einer Giftinformationszentrale empfohlen.

Die orale Startdosis für N-Acetylcystein beträgt 140 mg/kg. Dieser Startdosis folgen 17 weitere Dosen mit 70 mg/kg alle 4 Stunden. Orales N-Acetylcystein ist wenig schmackhaft. Es wird in einer Verdünnung von 1:4 in kohlensäurehaltigen Getränken oder Fruchtsäften verabreicht, kann aber dennoch Erbrechen hervorrufen. Beim Auftreten von Erbrechen kann die Gabe eines Antiemetikums erwogen werden; kommt es innerhalb von einer Stunde nach verabreichter Dosierung zum Erbrechen, sollte die Gabe wiederholt werden. Allerdings kann das Erbrechen lange andauern und eine orale Einnahme einschränken. Allergische Reaktionen sind ungewöhnlich, sind aber haben mit oraler und IV Verwendung aufgetreten.

N-Acetylcystein wird fortgesetzt, bis die folgenden Kriterien erfüllt sind (1):

  • Serum-Paracetamol-Konzentration < 10 mcg/ml

  • INR < 2,0; ALT und AST normal (oder Ausgangswert) oder um 50% gegenüber dem Höchstwert gesunken.

  • Der Patient ist klinisch gesund.

Fomepizol (4-Methylpyrazol) verringert nachweislich die Bildung oxidativer Metaboliten nach supratherapeutischer Einnahme und könnte bei der Behandlung einer Paracetamol-Überdosierung eine Rolle spielen, obwohl die Datenlage nicht ganz klar ist (2).

Leberversagen wird unterstützend behandelt. Patienten mit fulminantem Leberversagen benötigen ggf. eine Lebertransplantation.

Bei massiver Paracetamol-Überdosierung können Patienten, die > 50 g Paracetamol aufgenommen haben, innerhalb von 4 Stunden nach der Einnahme eine schwere metabolische Azidose, Lethargie, Koma und Hyperglykämie aufweisen. Der genaue Mechanismus ist unklar. In Fallberichten wird eine erfolgreiche Behandlung mit kontinuierlicher Infusion von N-Acetylcystein beschreiben, bis kein Paracetamol mehr im Serum nachgewiesen werden kann. Es wurde über eine erfolgreiche Behandlung der massiven Einnahme von Paracetamol mit intermittierender Hämodialyse und kontinuierlichre venovenöser Hämodialyse berichtet. Bein eine Paracetamol-Konzentration im Serum von ≥ 900 µg/ml und einem veränderten mentalen Status oder einer metabolischen Azidose sollte zusätzlich zu Acetylcystein eine Hämodialyse in Betracht gezogen werden (1). Es wird empfohlen, eine Giftnotrufzentrale oder einen Toxikologen zu konsultieren.

Literatur zur Behandlung

  1. 1. Dart RC, Mullins ME, Matoushek T, et al. Management of Acetaminophen Poisoning in the US and Canada: A Consensus Statement [published correction appears in JAMA Netw Open. 2023 Sep 5;6(9):e2337926. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.37926]. JAMA Netw Open. 2023;6(8):e2327739. Published 2023 Aug 1. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.27739

  2. 2. Kang AM, Padilla-Jones A, Fisher ES, et al. The Effect of 4-Methylpyrazole on Oxidative Metabolism of Acetaminophen in Human Volunteers. J Med Toxicol. 2020;16(2):169-176. doi:10.1007/s13181-019-00740-z

Prognose der Acetaminophenvergiftung

Bei angemessener Behandlung ist das Mortalitätsrisiko gering.

Ungünstige prognostische Indikatoren 24–48 h nach der Einnahme sind:

  • Arterieller pH < 7.3 nach adäquater Reanimation

  • Blutlaktatspiegel > 31,5 mg/dl (3,5 mmol/l) nach initialem Volumenersatz (< 4 Stunden) ODER > 27 mg/dl (> 3 mmol/l) nach vollständigem Volumenersatz (12 Stunden) (1)

  • International Normalized Ratio (INR) > 6.5

  • Serumkreatinin > 3,4 mg/dl (0,3 mmol/l)

  • Hepatische Enzephalopathie Grad III (Verwirrtheit und Schläfrigkeit) oder Grad IV (Stupor und Koma)

  • Hypoglykämie (2)

  • Thrombozytopenie

Die akute Paracetamol-Toxizität ist kein Risikofaktor für die Entwicklung einer Leberzirrhose.

Literatur zur Prognose

  1. 1. Bernal W, Donaldson N, Wyncoll D, Wendon J. Blood lactate as an early predictor of outcome in paracetamol-induced acute liver failure: a cohort study. Lancet. 2002;359(9306):558-563. doi:10.1016/S0140-6736(02)07743-7

  2. 2. Levine M, Stellpflug SJ, Pizon AF, et al. Hypoglycemia and lactic acidosis outperform King's College criteria for predicting death or transplant in acetaminophen toxic patients. Clin Toxicol (Phila). 2018;56(7):622-625. doi:10.1080/15563650.2017.1420193

Wichtige Punkte

  • Da Paracetamol allgegenwärtig und zunächst asymptomatisch ist, bei Überdosierung aber behandelbar, sollte eine Paracetamolvergiftung bei allen möglicherweise vergifteten Patienten in Betracht gezogen werden.

  • Das Rumack-Matthew-Nomogramm kann verwendet werfen, wenn die Zeit der Einnahme bekannt ist, um das Risiko von Leberschäden auf der Basis von Paracetamol-Serumkonzentrationen abzuschätzen.

  • Wenn eine Hepatotoxizität wahrscheinlich ist, kann N-Acetylcystein verabreicht werden.

  • Wenn Paracetamol wahrscheinlich immer noch im Magen-Darm-Trakt vorhanden ist, kann Aktivkohle nützlich sein.

  • Wenn der Grad der Toxizität ungewiss ist, kann mit der Gabe von -Acetylcystein begonnen werden, bis mehr Informationen vorliegen.

Chronische Paracetamolvergiftung

Übermäßiger chronischer Gebrauch oder wiederholte Überdosierungen können bei manchen Patienten eine Hepatotoxizität bewirken. Üblicherweise ist bei einer chronischen Überdosierung nicht von einer Selbstschädigung auszugehen, sondern deutet eher auf eine Schmerzbehandlung mit inadäquat hohen Dosen hin. Symptome können fehlen oder all jene Symptome einschließen, die im Rahmen von akuten Überdosierungen auftreten können.

Diagnose

  • Aspartat-Aminotransferase (AST), Alanin-Aminotransferase (ALT) und Paracetamol-Serumspiegel

In diesen Fällen kann das Rumack-Matthew-Nomogramm nicht benutzt werden, aber das Risiko einer klinisch signifikante Hepatotoxizität kann anhand von AST, ALT und Paracetamol-Serumkonzentrationen abgeschätzt werden.

  • Sofern AST und ALT im Normbereich (< 50 I.E./l [0,83 microkat/l]) und die Paracetamol-Spiegel < 10 mcg/ml (< 66 Mikromol/l) liegen, ist eine signifikante Hepatotoxizität sehr unwahrscheinlich.

  • Auch wenn AST und ALT im Normalbereich, Paracetamol-Konzentrationen aber 10 mcg/ml ( 66 Mikromol/l) liegen, kann eine Leberschädigung nicht ausgeschlossen werden. AST und ALT müssen nach 24 h erneut bestimmt werden. Sind diese Werte erhöht, muss eine signifikante hepatotoxische Wirkung angenommen werden. Sofern AST und ALT wiederholt im Normbereich liegen, ist eine signifikante Leberschädigung unwahrscheinlich.

  • Falls die initial gemessenen Werte für AST und ALT erhöht sind, ist von einer signifikanten Hepatotoxizität auszugehen – unanhängig von der Paracetamol-Serumkonzenration.

Therapie

  • Manchmal N-Acetylcystein

Die Bedeutung des N-Acetylcysteins in der Behandlung von chronischen Paracetamol-Vergiftungen auch bei akuter Hepatotoxizität ist unklar. Theoretisch kann das Antidot einige Vorteile haben, wenn es > 24 Stunden nach der Einnahme gegeben wird, wenn ein Rest von nicht metabolisiertem Paracetamol noch vorhanden ist. Die Wirksamkeit des folgenden Therapieansatzes ist nicht erwiesen, kann aber versucht werden (1):

  • Wenn eine Hepatotoxizität wahrscheinlich ist (wenn AST und ALT-Werte normal und die Paracetamol-Konzentrationen zunächst erhöht sind), kann N-Acetylcystein mit einer Initialdosis von 140 mg/kg oral und 70 mg/kg oral alle 4 Stunden innerhalb der ersten 24 Stunden verabreicht werden. Wenn die orale Einnahme nicht vertragen wird, kann eine intravenöse Behandlung erforderlich sein. Sind die Leberwerte erhöht, sollten sie täglich neu bestimmt und die Gabe von N-Acetylcystein so lange fortgesetzt werden, bis die Werte im Normbereich liegen. Wenn wiederholt AST- und ALT-Werte (nach 24 Stunden) im Normbereich liegen, kann die -Acetylcysteingabe gestoppt werden.

  • Wenn eine Hepatotoxizität wahrscheinlich ist (insbesondere wenn die anfänglichen AST- und ALT-Werte hoch sind), wird eine vollständige Behandlung mit -Acetylcystein verabreicht (d. h. Initialdosis wie oben, dann 70 mg/kg alle 4 Stunden für 17 Dosen).

Prognostische Faktoren sind denjenigen einer akuter Paracetamol-Vergiftung vergleichbar.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Gravel J, Grandjean-Blanchet C, Demean-Loghin A, Noyon B, Ostrow O, Vallières É. Validation of the Hospital for Sick Children Algorithm for Discriminating Bacteremia From Contaminants in Children With a Preliminary Positive Blood Culture. Ann Emerg Med. 2024;84(5):490-499. doi:10.1016/j.annemergmed.2024.05.005

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