Peroxisomale Störungen

VonMatt Demczko, MD, Mitochondrial Medicine, Children's Hospital of Philadelphia
Überprüft/überarbeitet Okt. 2021
Aussicht hier klicken.

Peroxisomen sind intrazelluläre Organellen, die Enzyme für die Beta-Oxidation enthalten. Diese Enzyme überlappen sich in ihrer Funktion mit denen in den Mitochondrien, mit der Ausnahme, dass Mitochondrien keine Enzyme haben, die sehr lange Fettsäureketten (VLCFA) mit 20–26 Kohlenwasserstoffen verstoffwechseln können. Deshalb manifestieren sich Peroxisomenstörungen mit einer Erhöhung der VLCFA-Spiegel (mit Ausnahme der rhizomelischen Chondrodysplasie und Refsumkrankheit). Obwohl die VLCFA-Spiegel bei dieser Störung beim Screening von Nutzen sind, werden auch andere Assays benötigt wie z. B. Serumspiegel der Phytan-, Pristan- und Pipecolsäuren, Erythrozyten-Plasmalogenspiegel. Für weitere Informationen zu anderen Erkrankungen, die den Fettsäuremetabolismus beeinflussen, siehe Übersicht von Fettsäure- und Glycerol-Stoffwechselstörungen. Siehe auch Vorgehen bei einem Patienten mit Verdacht auf eine angeborene Stoffwechselstörung und Untersuchung auf vermutete vererbte Stoffwechselstörungen.

Es gibt 2 Arten von peroxisomalen Erkrankungen:

  • Diejenigen mit defekter Peroxisomenbildung

  • Diejenigen mit Defekten in einzelnen peroxisomalen Enzymen

Die X-chromosomale Adrenoleukodystrophie ist die häufigste peroxisomale Störung (Inzidenz 1/17.000 Geburten); alle anderen werden autosomal-rezessiv vererbt und haben eine kombinierte Inzidenz von 1/50.000 Geburten.

Für weitere Informationen, siehe die Tabelle.

Tabelle

Zellweger-Syndrom (ZS), neonatale Adrenoleukodystrophie und infantiles Refsum-Syndrom (IRD)

Diese drei Bezeichnungen beschreiben den Krankheitsverlauf von sehr ausgeprägt (ZS) bis zu weniger schlimm (IRD). Der verantwortliche Gendefekt kommt bei einem von mindestens 12 Genen vor, die an der Bildung von Peroxisomen oder der Proteineinschleusung beteiligt sind (die PEX-Genfamilie).

Manifestationen schließen eine Dysmorphie des Gesichts, Fehlbildungen des Zentralnervensystems, Demyelinisierung, neonatale Krampfanfälle, Hypotonie, Hepatomegalie, zystische Nieren, kurze Extremitäten mit getüpfelten Epiphysen (Chondrodysplasia punctata), Katarakt, Retinopathie, Hörstörungen, psychomotorische Entwicklungsverzögerung und eine periphere Neuropathie ein.

Die Diagnose wird vermutet, wenn erhöhte Blutspiegel von VLCFA, Phytansäure, Gallensäure-Intermediaten und Pipecolsäure nachgewiesen werden und durch Gentests bestätigt werden.

Es gibt derzeit keine spezifische Behandlung für diese Erkrankungen. Die Behandlung ist hauptsächlich symptomatisch.

Rhizomelische Chondrodysplasie punctata

Der Defekt in der peroxisomalen Biogenese wird durch eine PEX7-Genmutation verursacht und ist durch Skelettveränderungen wie Mittelgesichtshypoplasie, sehr kurze proximale Glieder, Stirnhöcker, schmale Nasenlöcher, Katarakt, Ichthyose und eine ausgeprägte psychomotorische Retardierung gekennzeichnet. Auch Wirbelkörperspalten sind häufig zu sehen.

Die Diagnose einer Chrondodysplasia punctata rhizomeler Typ wird aufgrund von Röntgenaufnahmen vermutet der Erhöhung der Serumpytansäure und einem niedrigen Erythrozyten-Plasmalogenspiegel gestellt. Die VLCFA-Spiegel sind normal. Die Bestätigung wird durch einen Gentest gestellt.

Es existiert keine spezielle Therapie für rhizomelische Chondrodysplasie punctata

X-chromosomale Leukodystrophie

Diese Störung wird durch einen Mangel des peroxisomalen Membrantransporters ALDP verursacht, der durch das ABCD1- Gen kodiert wird. Dies ist ein X-verknüpftes Gen, und daher äußert sich die Störung hauptsächlich bei Männern. Derzeit wurden mehr als 900 Mutationen identifiziert (siehe ALD Info).

Die zerebrale Form betrifft 40% der Patienten. Der Beginn der Krankheit liegt zwischen 4 und 8 Jahren, und die Symptome einer Aufmerksamkeitsstörung gehen mit der Zeit in schwere Verhaltensstörungen, Demenz, Seh- und Hörminderung sowie motorische Defizite über, die eine vollständige Behinderung verursachen und 2–3 Jahre nach der Diagnosestellung zum Tode führen. Eine weniger schwere Jugend- und Erwachsenenform wurde ebenfalls beschrieben.

Ungefähr 45% der Patienten erkranken an der milderen Form, die Adrenomyeloneuropathie (AMN) genannt wird; der Beginn der Krankheit setzt zwischen 20 und 40 Jahren mit einer progressiven Paraparese und Störungen der Sphinkterfunktion und der Sexualität ein. Etwa ein Drittel dieser Patienten entwickelt auch zerebrale Symptome.

Patienten können bei jeder Form eine Nebenniereninsuffizienz entwickeln; ungefähr 15% haben einen isolierten Morbus Addison ohne neurologische Beteiligung.

Die Diagnose einer X-chromosomalen Adrenoleukodystrophie wird durch isolierte Erhöhung von VLCFA vermutet und durch Gensequenzierung bestätigt.

Eine Knochenmark- oder Stammzelltransplantation kann in ausgewählten Fällen die Symptome stabilisieren. Patienten mit einer Nebenniereninsuffizienz müssen eine Steroidtherapie erhalten. Nahrungsergänzungsmittel mit einer 4:1 Mischung aus Glyceryltrioleat und Glyceryltrioleat (Lorenzos Öl) können den Plasma-VLCFA-Spiegel normalisieren, scheinen aber die neurologische Degeneration bei symptomatischen Patienten nicht zu stoppen. Wenn sie jedoch vor Beginn der Symptome an Jungen verabreicht wird, kann sie das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen; der genaue Nutzen wurde nicht bestimmt. Gentherapie-Studien sind derzeit im Gange und haben vorläufige Erfolge gezeigt.

Klassisches Refsum-Syndrom

Ein genetischer Mangel eines einzelnen peroxisomalen Enzyms, der Phytanoyl-CoA-Hydroxylase, das den Stoffwechsel der Phytansäure (ein häufiger pflanzlicher Bestandteil) katalysiert, führt zu einer Anhäufung von Phytansäure.

Die klinischen Manifestationen schließen eine progressive periphere Neuropathie, eine Sehminderung infolge einer Retinitis pigmentosa, Hörminderung, Anosmie, Kardiomyopathie und Leitungsstörungen sowie Ichthyose ein. Die Krankheit setzt im 3. Lebensjahrzehnt ein.

Die Diagnose des Refsum-Syndroms wird durch die Erhöhung der Phytansäure im Serum und die erniedrigten Pristansäurespiegel bestätigt (die Erhöhung der Phytansäure ist bei einigen anderen Peroxisomenstörungen von einer Erhöhung der Pristansäure begleitet).

Die Behandlung des Morbus Refsum besteht in einer diätetischen Restriktion der Phytansäure (< 10 mg/Tag), die zur Verhütung oder Verzögerung der Symptome sehr wirksam ist, wenn sie vor Ausbruch der Symptome begonnen wird.

Weitere Informationen

Nachfolgend finden Sie einige englischsprachige Quellen, die nützlich sein können. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. ALD Info (Adrenoleukodystrophie): Eine Quelle mit Informationen über Behandlung, Diagnose und andere Aspekte der Adrenoleukodystrophie

  2. Online Mendelian Inheritance in Man® (OMIM®) database: Vollständige Informationen zu Genen, molekularen und chromosomalen Positionen