Toxisches Schocksyndrom (TSS)

VonLarry M. Bush, MD, FACP, Charles E. Schmidt College of Medicine, Florida Atlantic University;
Maria T. Vazquez-Pertejo, MD, FACP, Wellington Regional Medical Center
Überprüft/überarbeitet Mai 2023
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Das toxische Schocksyndrom wird durch Staphylokokken- oder Streptokokken-Exotoxine verursacht. Manifestationen bestehen aus hohem Fieber, Blutdruckabfall, diffusen erythematösen Hautausschlägen und Multiorganversagen, die rasch in einen schweren und schwer behandelbaren Schock übergehen können. Die Diagnose wird klinisch sowie durch kulturellen Erregernachweis gestellt. Die Therapie umfasst Antibiotika, intensivmedizinische Behandlung und IV Immunglobuline.

Das toxische Schocksyndrom (TSS) wird durch Exotoxin-produzierende Kokken verursacht. Staphylococcus aureus-Stämme der Phagengruppe 1 setzen das TSS-Toxin 1 (TSST-1) oder verwandte Exotoxine frei, bestimmte Streptococcus pyogenes-Stämme produzieren zumindest 2 Exotoxine.

Toxischer Schock durch Staphylokokken

Menschen mit dem höchsten Risiko für staphylokokkenbedingtes toxisches Schocksyndrom sind

  • Frauen, die bereits eine Staphylokokkenbesiedelung der Vagina haben und Tampons oder andere Geräte (z. B. Menstruationstassen, Zervixkappen, Intrauterinpessare, Verhütungsschwämme, Diaphragmen, Pessare) in der Vagina lassen

Der Gebrauch dieser Tampons verstärkt wahrscheinlich aufgrund mechanischer oder chemischer Faktoren die Produktion des Exotoxins oder erleichtert dessen Übertritt in die Blutbahn durch eine Mucosaschrankenstörung oder über den Uterus. Schätzungen gehen davon aus, dass weiterhin ca. 3 Fälle von 100.000 menstruierende Frauen auftreten, weiterhin werden auch Fälle beobachtet bei Frauen, die keine Tampons verwenden sowie Frauen, die eine Infektion nach Geburt oder Abtreibung haben. Etwa 15% der Fälle treten als postpartale oder als Komplikationen von postoperative Staphylokokken-Wundinfektionen auf, die unscheinbar erscheinen.

Das Staphylokokkenbedingte toxische Schocksyndrom wurde auch bei Männern und Frauen mit jeder Art von S. aureus-Infektion festgestellt.

Rezidive treten häufig bei Frauen auf, die in den ersten 4 Monaten nach einer Episode weiterhin Tampons und andere Hilfsmittel verwenden (1).

Die Letalität des staphylokokkenbedingten toxischen Schocksyndrom beträgt < 3%.

LLLToxischer Schock durch Streptokokken

Streptokokken-TSS ist ähnlich wie die durch Staphylococcus aureus, aber die Sterblichkeit ist trotz aggressiver Therapie höher (20-60%). Zusätzlich kommt es bei ca. 50% der Fälle zu einer Streptococcus pyogenes-Bakteriämie, und 50% der Patienten haben einenekrotisierende Fasziitis (beides kommt beim Staphylokokken-TSS nicht gehäuft vor). Es sind meist ansonsten gesunde Kinder oder Erwachsene betroffen.

Primäre Infektionen der Haut und der Weichteile sind häufiger als an anderen Stellen. Im Gegensatz zum Staphylokokken -TSS führt ein Streptokokken-TSS mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einem akuten Respiratory-Distress-Syndrom (ARDS) und weniger häufig zu typischen Hautreaktionen.

S. pyogenes-TSS ist definiert als jegliche Infektion mit beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (GABHS) verbunden mit Schock und Organversagen.

Risikofaktoren für GABHS TSS sind

  • Minor Trauma

  • Chirurgische Verfahren

  • Virale Infektionen (z. B. Windpocken)

  • Verwendung von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR)

  • Diabetes

  • Alkoholkonsumstörung

Hinweis

  1. 1. Schlievert PM, Davis CC: Device-associated menstrual toxic shock syndrome. Clin Microbiol Rev 33(3):e00032-19, 2020. doi: 10.1128/CMR.00032-19

Symptome und Anzeichen des toxischen Schocksyndroms

Das toxische Schocksyndrom tritt plötzlich auf, mit

  • Fieber (39 bis 40,5° C, das erhöht bleibt)

  • Hypotonie (die refraktär sein kann)

  • Eine diffuse makuläre Erythrodermie

  • Beteiligung von mindestens 2 weiteren Organsystemen

Ein Staphylokokken-TSS]geht häufig mit Erbrechen, Diarrhö, Myalgien, erhöhter Kreatinkinase, Mukositis, Leberzellschädigung, Thrombozytopenie und Verwirrung einher. Das Staphylokokken-TSS-Exanthem führt häufiger zur Abschuppung der Haut, insbesondere der Handflächen und Fußsohlen, zwischen dem 3. und 7. Tag nach Beginn.

Das streptokokkenbedingte toxische Schocksyndrom verursacht häufig ein akutes Atemnotsyndrom (bei etwa 55% der Patienten), eine Koagulopathie und eine Leberschädigung und führt eher zu hohem Fieber, Unwohlsein, Tachykardie, Tachypnoe und, an der Stelle einer Weichteilinfektion, zu starken Schmerzen.

Eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion ist bei beiden Arten von toxischen Schocksyndromen häufig.

TSS kann innerhalb von 48 Stunden zu Synkope, Gewebsnekrose, Schock, disseminierter Gerinnung, Multisystemorganversagen und Tod führen. Weniger schwere Fälle des Staphylokokken-TSS sind relativ häufig.

Staphylokokkenbedingtes toxisches Schocksyndrom
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Das staphylokokkenbedingte toxische Schocksyndrom verursacht einen diffusen erythematösen Ausschlag. Im späteren Verlauf der Krankheit schuppt sich der Ausschlag, insbesondere an den Handflächen und Fußsohlen.
Image courtesy of the Public Health Image Library of the Centers for Disease Control and Prevention.

Diagnose des toxischen Schocksyndroms

  • Klinische Bewertung

  • Kulturen

Die Diagnose des toxischen Schocksyndroms (TTS) wird klinisch und durch die Isolation des Erregers aus Blutkulturen (bei Streptococcus) oder dem Infektionsort gestellt.

Es sollten von allen Wunden, der Nase (für Staphylokokken), dem Rachen (für Streptokokken), der Vagina (für beide) Proben genommen sowie Blutkulturen abgenommen werden.

Ein MRT oder CT der Weichteile kann für die Lokalisation der Infektion hilfreich sein.

Eine kontinuierliche Überwachung der renalen, hepatischen, Knochenmark- und kardiopulmonalen Funktion ist notwendig.

Differenzialdiagnosen

TSS erinnert an die Kawasaki-Krankheit, die jedoch gewöhnlich bei Kindern < 5 Jahren auftritt und nicht zu Schock, Azotämie oder Thrombozytopenie führt, der Hautausschlag ist makulopapulär.

Andere Krankheiten, die differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden, sind Scharlach, Reyes-Syndrom, Staphylococcal Scalded Skin Syndrome, Meningokokkenämie, Rocky-Mountain-Fleckfieber, Leptospirose und virale exanthematöse Krankheiten. Diese Krankheiten werden durch spezifische klinische Unterschiede, Kulturen und serologische Tests ausgeschlossen.

Behandlung des toxischen Schocksyndroms

  • Lokale Maßnahmen (z. B. Dekontamination, Débridement)

  • Volumenersatz und Kreislaufunterstützung

  • Empirische Antibiotikatherapie (z. B. Clindamycin oder Linezolid plus Vancomycin, Daptomycin, Linezolid, oder Ceftarolin) in Erwartung der Kulturergebnisse

Patienten mit Verdacht auf TSS sollten sofort hospitalisiert und intensivmedizinisch behandelt werden. Tampons, Diaphragmata und andere Fremdkörper sollten sofort entfernt werden.

Verdächtige primäre Infektionsstellen sollten großzügig desinfiziert werden. Dekontamination umfasst

  • Reinspektion und Spülung von Operationswunden, auch wenn sie gesund erscheinen

  • Wiederholte Debridement von devitalisiertem Gewebe

  • Spülung von möglichen natürlich kolonisierten Stellen (Nasennebenhöhlen, Vagina)

Zur Vermeidung oder Behandlung von Hypovolämie, Hypotension oder Schock werden Flüssigkeit und Elektrolyte verabreicht. Aufgrund des im gesamten Körper möglichen Flüssigkeitsverlustes im Gewebe (beim Capillary-leak-Syndrom und bei Hypoalbuminämie) kann es zu einem schweren und therapieresistenten Schock kommen. Manchmal sind ein aggressiver Volumenersatz und Unterstützung von Kreislauf, Beatmung und/oder Hämodialyse erforderlich.

Offensichtliche Infektionen sollten mit Antibiotika behandelt werden (für Indikationen und Dosierungen, siehe Tabelle Antibiotikabehandlung von Staphylokokkeninfektionen bei Erwachsenen). Solange die Ergebnisse von Kulturen noch ausstehen, sollten Clindamycin oder Linezolid (um die toxische Produktion zu unterdrücken) plus Vancomycin, Daptomycin, Linezolid oder Ceftarolin-eine empirische Auswahl, die, die wahrscheinlichsten ätiologischen Organismen abdeckt- verwendet werden. Wenn ein Erreger bei der Kultur isoliert wird, wird die Antibiotikum-Therapie nach Bedarf angepasst, wie bei den Folgenden:

  • Für Streptokokken der Gruppe A: Clindamycin plus ein Beta-Lactam

  • Für Methicillin-empfindlichen S. aureus (MSSA): Clindamycin und Oxacillin oder Nafcillin

  • Für Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA): Vancomycin oder Daptomycin und Clindamycin oder Linezolid, abhängig von der Suszeptibilität

Während der akuten Krankheit gegebene Antibiotika können Erregerfoci eradizieren und Rezidive verhindern. Eine passive Immunisation gegen TSS-Toxine mit IV Immunoglobulin (2g/kg, gefolgt von 0,4 g/kg täglich bis zu 5 Tagen) hatte bei schweren Fällen beider TSS-Formen einen positiven Effekt, der über Wochen anhält; die Krankheit induziert jedoch keine aktive Immunität, sodass es zu Rezidiven kommen kann.

Wenn ein Test auf Serokonversion der Serumantikörper gegen TSST-1 in gepaarten Seren der Akut- und Rekonvaleszenzphase negativ ausfällt, sollten Frauen, die an einem staphylokokkenbedingten toxischen Schocksyndrom erkrankt waren, wahrscheinlich auf die Verwendung von Tampons und Menstruationstassen, Zervixkappen, Verhütungsschwämmen, Intrauterinpessaren, Diaphragmen und Pessaren verzichten. Es ist empfehlenswert allen Frauen, unabhängig von TSST-1-Antikörper-Status, zu raten, Tampons häufig zu wechseln oder stattdessen Binden zu verwenden und superabsorbente Tampons zu vermeiden.

Wichtige Punkte

  • Ein toxisches Schocksyndrom (TSS) wird durch Exotoxin-produzierende Stämme von Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes verursacht.

  • Obwohl es klassischerweise beschrieben wird, dass das TSS bei der Verwendung von Tampons vorkommt, kann es auch nach vielen Staphylokokken- oder Streptokokken-Weichteilinfektionen auftreten.

  • Der Ausbruch der Symptome geschieht plötzlich; Symptome sind hohes Fieber, Hypotonie (die refraktorisch sein kann), diffuse erythematöse Hautausschläge und Multiorganversagen.

  • Optimale supportive Therapie und Dekontamination und/oder Débridement der Infektiosstelle.

  • Antibiotika verabreichen (z. B. Clindamycin oder Linezolid plus Vancomycin, Daptomycin, Linezolid oder Ceftarolin), bis eine Kultur und ein Empfindlichkeitstest vorliegen.

  • In schweren Fällen von TSS Gabe von IV-Immunglobulin.