Stimmlippenlähmung

VonHayley L. Born, MD, MS, Columbia University
Überprüft/überarbeitet März 2023
Aussicht hier klicken.

Eine Stimmlippenlähmung kann vielfältige Ursachen haben und sich auf Sprechen, Atmung und Schlucken auswirken. Die linke Stimmlippe ist doppelt so häufig wie die rechte betroffen, und Frauen erkranken (im Verhältnis von 3:2) häufiger als Männer. Die Diagnose stützt sich auf die Befunde der Kehlkopfspiegelung. Zur Ermittlung der Ursache kann eine aufwendige Untersuchung nötig sein. Falls sich die Ursache nicht kurieren lässt, stehen mehrere chirurgische Methoden zur Auswahl.

Ätiologie der Stimmbandparese

Eine Stimmlippenlähmung kann von Läsionen oder Funktionsstörungen auf der Ebene des Nucleus ambiguus oder supranukleärer Bahnen, des Vagus-Hauptstamms oder des N. laryngeus recurrens ausgehen. Das linke Stimmband wird häufiger als das rechte gelähmt, weil der linke rezidivierende Nerv einen längeren Weg vom Hirnstamm zum Larynx nimmt, wodurch mehr Gelegenheit für Kompression, Traktion oder chirurgische Verletzungen besteht.

Lähmung kann sein

  • Einseitig (am häufigsten)

  • Beidseitig

Die einseitige Stimmlippenlähmung ist am häufigsten. Etwa ein Drittel der einseitigen Lähmungen ist neoplastisch bedingt, ein weiteres Drittel traumatisch und das restliche Drittel idiopathisch. Intrakranielle Tumoren, vaskuläre Insulte und demyelinisierende Erkrankungen führen zur Schädigung des Nucleus ambiguus, eine Vagusparalyse kann durch Tumoren an der Schädelbasis oder eine Halsverletzung verursacht sein. Läsionen im Hals- oder Thorakalraum (wie Aortenaneurysma, Mitralstenose, mediastinale Lymphknotentuberkulose, Schilddrüsen-, Ösophagus-, Lungen- oder Mediastinaltumoren), Traumata, Thyreoidektomie, Nervengifte (z. B. Blei, Arsen, Quecksilber), neurotoxische Infektionen (z. B. Diphtherie), Halswirbelsäulenverletzungen oder -operation, Lyme-Krankheit oder Virusinfektionen können eine Rekurrenslähmung hervorrufen. Für die meisten idiopathischen Fälle dürfte eine virale Neuronitis verantwortlich sein.

Eine beidseitige Stimmlippenlähmung ist lebensbedrohlich. Sie kann nach einer Schilddrüsen- oder Halsoperation, einer Endotrachealintubation, einem Trauma oder bei neurodegenerativen und neuromuskulären Krankheiten auftreten.

(Siehe auch Überblick zu Larynxstörungen.)

Symptome und Beschwerden der Stimmbandlähmung

Bei einer Stimmlippenlähmung gehen Abduktions- und Adduktionsfähigkeit der Stimmlippen verloren. Das kann sich auf Atmung, Sprechen und Schlucken auswirken, sodass feste und flüssige Nahrung manchmal in die Trachea aspiriert wird. Die gelähmte Stimmlippe weicht im Allgemeinen um 2–3 mm von der Mittellinie ab (paramedian).

Bei einer Rekurrenslähmung kann sie sich wohl noch während der Phonation, nicht aber beim Einatmen bewegen.

Eine einseitige Stimmlippenlähmung lässt die Stimme heiser und hauchig (breathy) klingen, führt aber selten zu einer Atemwegsobstruktion, da die normale Stimmlippe weiter ausreichend abduziert wird.

Bei einer beidseitigen Lähmung befinden sich im Allgemeinen beide Stimmlippen 2–3 mm paramedian; die Stimmqualität ist gut, wenn auch nicht sehr kräftig (laut) und weist Tonhöhenmodulation auf. Doch die Atemluft kann nicht mehr richtig strömen, denn beide Stimmlippen werden durch einen Bernoulli-Effekt beim Einatmen zur Mitte des Kehlkopfs gezogen; das induziert einen inspiratorischen Stridor und führt schon bei mäßiger Anstrengung zu Dyspnoe. Zudem besteht Aspirationsgefahr.

Diagnose von Stimmbandparese

  • Laryngoskopie

  • Verschiedene Tests auf mögliche Ursachen

Die Diagnose einer Stimmbandlähmung stützt sich auf die laryngoskopische Untersuchung. Es sollte immer nach der Ursache gesucht werden. Dabei kann man sich von anamnestischen Hinweisen oder bei der körperlichen Untersuchung entdeckten Befunden leiten lassen. Im Anamnesegespräch sollte der Arzt nach allen denkbaren Ursachen einer peripheren Neuropathie fragen – Schwermetallbelastung (Arsen, Blei, Quecksilber), Nebenwirkungen von Medikamenten (Phenytoin oder Vincristin) oder Bindegewebserkrankungen, Lyme-Krankheit, Sarkoidose, Diabetes und Alkoholismus in der Vorgeschichte. Als weiterführende Untersuchungen können CT mit Kontrastverstärkung oder MRT (Kopf, Hals, Thorax), Schilddrüsenszintigraphie, Bariumbreischluck oder Bronchoskopie und Ösophagoskopie in Betracht kommen.

Da die Articulatio cricoarytenoidea durch eine Arthritis fixiert sein kann, muss differenzialdiagnostisch zwischen einer arthritischen und einer neuromuskulären Ursache unterschieden werden. Eine Fixierung lässt sich am besten anhand der fehlenden passiven Beweglichkeit (Untersuchung mit starrem Laryngoskop in Allgemeinanästhesie) nachweisen. Eine Cricoarytenoid-Arthritis könnte sich z. B. als Komplikation einer rheumatoiden Arthritis, nach einem stumpfen äußerlichen Trauma oder einer längeren endotrachealen Intubation entwickelt haben.

Behandlung von Stimmbandparese

  • Chirurgische Eingriffe bei einseitiger Lähmung, damit sich die Stimmlippen wieder annähern

  • Chirurgische Eingriffe bei beidseitiger Lähmung und Maßnahmen zur Sicherung der Atemwege

Bei einseitiger Lähmung zielt die Behandlung (Augmentation, Medialisation oder Reinnervation der Stimmlippe) auf eine Verbesserung der Stimmqualität.

Zur Augmentation (Vergrößerung) wird Weichmacherpaste, Kollagen, mikronisierte Dermis oder autologes Fett in die gelähmte Stimmlippe injiziert, damit sich beide Stimmlippen wieder annähern; dadurch wird die Stimmqualität verbessert und eine Aspiration verhindert.

Medialisierung bedeutet, dass ein verstellbarer Spacer neben der betroffenen Stimmlippe eingeführt wird, um sie wieder mehr der Mittellinie anzunähern. Da der Eingriff in Lokalanästhesie durchgeführt werden kann, lässt sich die Platzierung des Spacers genau auf die Stimme des Patienten „abstimmen“.

Reinnervation, bei der Tonus und Positionierung, nicht aber die Bewegung der gelähmten Stimmlippe wiederhergestellt werden, wird zunehmend bei pädiatrischen und erwachsenen (< 55 Jahre) Patienten mit einer nicht wiederherstellbaren Lähmung eingesetzt (1, 2).

Bei beidseitiger Stimmlippenlähmung muss für eine ausreichende Passage der Atemluft gesorgt werden. Dazu kann eine bleibende oder zeitweilige Tracheotomie (z. B. bei einem oberen Atemwegsinfekt) erforderlich sein. Wird eine Arytenoidektomie zur Aufweitung der Glottis durchgeführt, kann zwar die Luft besser strömen, doch mit negativen Folgen für die Stimmqualität. Gegenüber einer endoskopischen oder offenen Arytenoidektomie ist die Durchtrennung des hinteren Stimmbands per Laser (posterior laser cordectomy) zu bevorzugen. Gelingt es mit der Laserung, einen ausreichenden Atemweg im hinteren Kehlkopf zu sichern, erübrigt sich gewöhnlich eine (Langzeit-)Tracheotomie, und die Stimme bleibt zudem in brauchbarer Qualität erhalten. Selektive Reinnervationsverfahren sind bei ausgewählten Patienten zunehmend erfolgreich (3).

Literatur zur Therapie

  1. 1. Espinosa MC, Ongkasuwan J: Recurrent laryngeal nerve reinnervation: is this the standard of care for pediatric unilateral vocal cord paralysis? Curr Opin Otolaryngol Head Neck Surg 26(6):431-436, 2018. doi:10.1097/MOO.0000000000000499

  2. 2. Anthony, B., Parker, N., Patel, R. et al: Surgical considerations for laryngeal reinnervation and future research directions. Curr Otorhinolaryngol Rep 8, 224–229, 2020. https://doi.org/10.1007/s40136-020-00294-7

  3. 3. Dunya, G., Orb, Q.T., Smith, M.E. et al: A review of treatment of bilateral vocal fold movement impairment. Curr Otorhinolaryngol Rep 9, 7–15, 2021. https://doi.org/10.1007/s40136-020-00320-8

Wichtige Punkte

  • Eine Stimmlippenlähmung kann von einer Läsion oder Disfunktion irgendwo in den Nevenbahnen zum Larynx (Nucleus ambiguus, supranukleäre Bahnen, Vagus-Hauptstamm, N. laryngeus recurrens) verursacht sein.

  • Die meisten Lähmungen sind einseitig und betreffen vor allem die Stimme, es können aber auch beidseitige Lähmungen auftreten und die Atemwege verlegen.

  • Die Lähmung wird durch eine Laryngoskopie diagnostiziert, eine Identifizierung der Ursache erfordert jedoch typischerweise eine Bildgebung (z. B. MRT) und weitere Tests.

  • Bei Patienten mit beidseitiger Lähmung ist häufig zunächst eine tracheale Intubation/Tracheotomie erforderlich, bevor korrigierende chirurgische Eingriffe versucht werden.

  • Es stehen verschiedene chirurgische Verfahren zur Verfügung, um die Sprachqualität bei einseitiger Lähmung zu verbessern oder die Durchgängigkeit der Atemwege bei langfristiger beidseitiger Lähmung zu verbessern.