Anämie durch chronische Krankheiten

(Anämie durch chronische Entzündung)

VonGloria F. Gerber, MD, Johns Hopkins School of Medicine, Division of Hematology
Überprüft/überarbeitet Juni 2023
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Die Anämie bei chronischen Krankheiten ist eine multifaktorielle Anämie. Die Diagnose erfordert im Allgemeinen das Vorliegen eines chronischen Entzündungszustands wie Infektion, Autoimmunkrankheit, Nierenerkrankung oder Krebs. Es ist gekennzeichnet durch eine mikrozytische oder normozytäre Anämie und niedrige Retikulozytenzahl. Die Werte für Serum-Eise unf Transferrin sind in der Regel niedrig, während der Serumferritinwert normal oder erhöht sein kann. Die Therapie besteht in der Behandlung der zugrunde liegenden Störung und in einigen Fällen Erythropoietin zu verabreichen.

(Siehe auch Übersicht über verminderte Erythropoeisis.)

Weltweit ist die Anämie bei chronischen Krankheiten die zweithäufigste Anämie. Im Frühstadium sind die Erythrozyten normozytär, im Verlauf werden sie mikrozytär. Das Hauptproblem ist, dass die Erythropoese aufgrund einer unpassenden Eisensequestrierung eingeschränkt ist.

Ätiologie der Anämie bei chronischen Erkrankungen

Die Anämie bei chronischen Erkrankungen tritt als Teil einer chronischen entzündlichen Erkrankung, am häufigsten bei einer chronischen Infektion, einer Autoimmunerkrankung (insbesondere rheumatoide Arthritis), Nierenerkrankung, Herzinsuffizienz, oder Krebs auf; der gleiche Prozess scheint jedoch auch akut bei praktisch jeder Infektion oder Entzündung zu beginnen, einschließlich Traumata und kritischen Erkrankungen oder nach Operationen. (Siehe auch Anämie bei Nierenkrankheiten.)

Bislang konnten drei pathophysiologische Mechanismen beschrieben werden:

  • Eine leicht verkürzte Überlebenszeit der Erythrozyten, die vermutlich auf eine erhöhte Hämophagozytose durch Makrophagen zurückzuführen ist, tritt bei Patienten mit entzündlichen Erkrankungen auf.

  • Durch eine Verminderung der Erythropoetinproduktion und Knochenmarkantwort auf Erythropoetin kommt es zu Störungen der Erythropoese. Darüber hinaus können Entzündungszytokine die Proliferation und Differenzierung der Erythrozyten durch Radikalbildung und/oder Induktion von Apoptose beeinträchtigen.

  • Der Eisenstoffwechsel wird aufgrund eines Anstiegs von Hepcidin verändert, was die Eisenabsorption und das Recycling hemmt, was zu einer Eisensequestrierung führt.

Retikuloendotheliale Zellen halten Eisen von abgebauten Erythrozyten zurück und stellen es nicht für die Hämoglobinsynthese zur Verfügung. Daher kann die Anämie nicht durch eine gesteigerte Erythropoese kompensiert werden. Aus Makrophagen gewonnene Zytokine (z. B. Interleukin-1-beta, nterleukin-6, Tumor-Nekrose-Faktor-alpha, Interferon-gamma) tragen bei Patienten mit Infektionen, entzündlichen Zuständen und Krebs zum Rückgang der EPO-Produktion und zur Beeinträchtigung der Eisenverfügbarkeit durch erhöhte hepatische Hepcidin-Synthese bei.

Diagnosis of Anemia of Chronic Disease

  • Symptome und Beschwerden der zugrunde liegenden Erkrankung

  • Gesamtblutbild (CBC) und Serumeisen, Ferritin, Transferrin (oder totale Eisenbindungskapazität) und Retikulozytenzahl

Die klinischen Zeichen der Anämie bei chronischen Erkrankungen stehen meist im Zusammenhang mit der Grundstörung (Infektion, Entzündung, Tumorleiden). Die Anämie der chronischen Krankheit sollte bei Patienten mit mikrozytärer oder normozytischer Anämie mit chronischer Krankheit, Infektion, Entzündung oder Krebs vermutet werden. Bei Verdacht auf Anämie der chronischen Erkrankung werden Serumeisen, Transferrin, Retikulozytenzahl und Serumferritin gemessen. Der Hämoglobinwertbeträgt in der Regel > 8 g/dl (> 80 g/l), es sei denn, ein zusätzlicher Mechanismus trägt zur Anämie bei, z. B. ein gleichzeitiger Eisenmangel (siehe Tabelle Differenzialdiagnose mikrozytärer Anämien durch verminderte Erythropoese) oder atrogene Phlebotomie.

Ein Serumferritinspiegel von < 100 ng/ml (< 224,7 pmol/l) bei einem Patienten mit Entzündung (< 200 ng/ml [< 449,4 pmol/l] bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung) deutet darauf hin, dass Eisenmangel der Anämie einer chronischen Erkrankung überlagert sein kann, da Serum-Ferritin normalerweise als Akute-Phase-Reaktant erhöht ist.

Wenn die Diagnose nach den Standard-Eisenuntersuchungen nicht eindeutig ist, können der lösliche Transferrinrezeptor (sTFR) und der sTFR-Ferritin-Index (erhöht bei Eisenmangel) und/oder der Retikulozyten-Hämoglobingehalt (Ret-He), der bei Eisenmangel niedrig ist, helfen, einen gleichzeitigen Eisenmangel und eine Anämie bei chronischen Krankheiten zu erkennen, obwohl diese Testergebnisse auch durch Entzündungen oder präanalytische Variablen beeinflusst werden können.

Bei Patienten mit möglichen Entzündungen, bei denen andere Ursachen für eine Anämie ausgeschlossen wurden, können die Erythrozytensenkungsgeschwindigkeit (ESR) und/oder das C-reaktive Protein (CRP) bestimmt werden, da diese Testergebnisse unspezifische Entzündungsmarker sind.

Treatment of Anemia of Chronic Disease

  • Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung

  • Manchmal Eisenpräparate bei Patienten mit gleichzeitigem Eisenmangel

Die Behandlung der Anämie bei chronischen Erkrankungen erfordert die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung. Da zumeist nur eine leichte Anämie vorliegt, besteht in den meisten Fällen keine Transfusionspflichtigkeit.

Eine Eisensubstitution kann hilfreich sein, da Eisenmangel bei Patienten mit Anämie bei chronischen Erkrankungen auftreten kann und Eisenuntersuchungen oft schwierig zu interpretieren sind, wenn diese Erkrankungen gleichzeitig vorliegen. Bei Patienten, bei denen kein Verdacht auf gleichzeitigen Eisenmangel besteht, und bei Patienten mit akuten, unkontrollierten Infektionen wird eine Eisensupplementierung jedoch generell vermieden.

Rekombinantes humanes Erythropoetin oder Erythropoese-stimulierende Mittel (ESA) können bei Patienten mit Nierenerkrankungen im Endstadium oder chronischen Nierenerkrankungen, bei ausgewählten Patienten mit Chemotherapie-induzierter Anämie und bei einigen Patienten vor elektiven Operationen in Betracht gezogen werden.

Wichtige Punkte

  • Nahezu jede chronische Infektion, Entzündung oder Krebserkrankung kann zu Blutarmut führen; der Hämoglobinwert liegt in der Regel > 8 g/dl (> 80 g/l), sofern nicht weitere Begleitumstände zu einer Anämie beitragen.

  • Mehrere Faktoren tragen dazu bei, einschließlich verkürzte Erythrozytenlebensdauer, gestörte Erythropoese und gestörte Eisenverfügbarkeit.

  • Die Anämie ist zunächst normozytär, kann dann im Verlauf mikrozytär sein.

  • Serumeisen und Transferrin sind typischerweise vermindert, während Ferritin normal erhöht ist.

  • Behandeln Sie die zugrunde liegende Erkrankung.