Zwanghafte Persönlichkeitsstörung

VonMark Zimmerman, MD, South County Psychiatry
Überprüft/überarbeitet Sep. 2023
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Kurzinformationen

Die zwanghafte Persönlichkeitsstörung (die sich von der Zwangsstörung unterscheidet) ist eine psychische Gesundheitsstörung, die gekennzeichnet ist durch eine tiefgreifende Beschäftigung mit Ordnung, Perfektionismus und Kontrolle (ohne jede Flexibilität oder mit Blick auf Effizienz), die letztendlich die Fertigstellung einer Aufgabe behindert.

  • Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung müssen aufgrund ihres Drangs nach Perfektionismus die Dinge kontrollieren und auf eine ganz bestimmte Weise durchführen.

  • Die Ärzte stellen die Diagnose einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung anhand der spezifischen Symptome, unter anderem, sich Verlieren in Details, Regeln, der Organisation und in Listen und der Konzentration darauf, etwas so perfekt zu erledigen, dass es die Fertigstellung der Aufgabe behindert.

  • Eine Psychotherapie und kognitive Verhaltenstherapie können den Betroffenen helfen.

Persönlichkeitsstörungen sind psychische Gesundheitsstörungen mit langanhaltenden, tiefgreifenden Mustern des Denkens, der Wahrnehmung, der Reaktion und Bezugnahme, die dazu führen, dass die jeweilige Person stark darunter leidet und/oder ihr Lebensalltag beeinträchtigt ist.

Weil Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung einen Kontrollzwang haben, arbeiten sie tendenziell lieber allein und misstrauen der Hilfe anderer.

Eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung ist eine der am häufigsten auftretenden Persönlichkeitsstörungen. Schätzungen darüber, wie häufig sie auftritt, schwanken, liegen aber wahrscheinlich bei 4 bis 8 Prozent der Menschen in den USA. Sie ist verbreiteter unter Männern.

Man geht davon aus, dass bestimmte Merkmale, die in Familien vererbt werden – Zwanghaftigkeit, Gefühlsarmut und Perfektionismus – zu dieser Störung beitragen.

Häufig liegen auch andere Störungen vor. Zudem haben die Betroffenen häufig eines oder mehrere der folgenden Symptome:

Die zwanghafte Persönlichkeitsstörung ist nicht das gleiche wie die Zwangsstörung (OCD). Im Gegensatz zur Zwangsstörung geht die zwanghafte Persönlichkeitsstörung nicht mit echten Zwangsvorstellungen (wiederkehrenden, unerwünschten und sich aufdrängenden Gedanken, die große Ängste schüren) und Zwangshandlungen (Rituale, die Menschen glauben tun zu müssen, um ihre Zwangsvorstellungen kontrollieren zu können) einher, wie etwa übertriebenes Händewaschen oder wiederholtes Überprüfen, um sicherzugehen, dass die Tür abgeschlossen ist. Außerdem leiden Menschen mit Zwangsstörung häufig unter fehlender Kontrolle über ihre Zwangshandlungen. Im Gegensatz dazu kommen Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung mit ihrem obsessiv-zwanghaften Verhalten gut zurecht, weil sie glauben, dass dieses Verhalten notwendig ist, um die gewünschte Ordnung, Perfektionismus und Kontrolle zu erreichen.

Symptome einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung

Fokus auf Ordnung und Perfektionismus

Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung beschäftigen sich dauernd mit der Ordnung, Perfektionismus und Kontrolle bei sich und den Situationen, in denen sie sich befinden. Zur Aufrechterhaltung des Gefühls von Kontrolle, konzentrieren sich die Betroffenen auf Regeln, unwichtige Details, Verfahren, Pläne und Listen. Diese Fixierung erschwert es ihnen, flexibel und effektiv und offen für neue Ideen zu sein. Da sie starr und stur ihre Aktivitäten durchführen, bestehen diese Menschen darauf, dass alles auf bestimmte Art und Weise durchgeführt wird.

Auswirkungen auf die Arbeit

Weil Menschen mit dieser Störung sich ganz auf Regeln, Details und Themen rund um die Organisation konzentrieren, verlieren sie das Wesentliche bei einem Projekt oder einer Aktivität aus dem Blick. Diese Personen führen wiederholt Fehlerkontrollen durch und achten auf jedes kleine Detail. Sie nutzen ihre Zeit nicht sehr effektiv und heben häufig die wichtigsten Aufgaben bis zum Schluss auf. Ihre Beschäftigung mit den Details und ihr Zwang, alles perfekt haben zu wollen, kann die Fertigstellung einer Aufgabe endlos hinausziehen. Sie bemerken jedoch nicht, wie ihr Verhalten sich auf ihre Kollegen auswirkt. Wenn sie sich auf eine Aufgabe konzentrieren, können diese Menschen alle anderen Aspekte ihres Lebens vernachlässigen.

Weil Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung alles auf bestimmte Art und Weise erledigt haben möchten, haben sie Probleme damit, Aufgaben zu delegieren und mit anderen zusammenzuarbeiten. Wenn sie mit anderen zusammenarbeiten, erstellen sie eine detaillierte Liste, wie eine Aufgabe durchzuführen ist und regen sich auf, wenn Kollegen eine andere Art vorschlagen. Sie können Hilfe zurückweisen, selbst, wenn sie ihrem Zeitplan bereits hinterherhinken.

Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung neigen dazu, sich ihrer Arbeit und Produktivität voll und ganz zu widmen. Dabei sind sie nicht finanziell motiviert.

Auswirkungen auf andere Lebensaspekte

Da sie sich ihrer Arbeit so hingeben, vernachlässigen Sie Freizeitaktivitäten und Beziehungen. Sie können denken, dass sie keine Zeit haben, sich zu entspannen oder Zeit mit Freunden zu verbringen. Sie können einen Urlaub so lange hinausschieben, bis er nicht mehr stattfindet oder, sie können denken, dass sie die Arbeit in den Urlaub mitnehmen müssen, damit sie keine Zeit verlieren. Wenn Zeit mit Freunden verbracht wird, geschieht dies eher in einem formal organisierten Rahmen (z. B. im Sport). Hobbies und Freizeitaktivitäten werden als wichtige Aufgaben angesehen, die ebenfalls für ein gutes Gelingen, streng organisiert und ausgearbeitet werden müssen. Ihr Ziel ist die Perfektion.

Diese Menschen planen alles mit großer Detailliebe und wehren sich gegen Änderungsvorschläge. Ihre unnachgiebige Starrheit kann Kollegen und Freunde frustrieren.

Auch Zuneigung wird nur unter strenger Kontrolle bezeugt. Menschen mit dieser Störung können sich in Beziehungen als formal, steif und ernst präsentieren. Häufig sprechen sie erst, wenn sie die perfekten Worte gefunden haben. Sie können sich auf Logik und Intellekt berufen und emotionalen oder ausdrucksvollem Verhalten gegenüber intolerant sein.

Sonstige Symptome

Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung können übereifrig, wählerisch und unnachgiebig in Themen zu Moral, Ethik und Werten sein. Sie wenden bei sich und anderen starre moralische Prinzipien an und sind sehr selbstkritisch.

Diese Menschen sind Autoritäten gegenüber bedingungslos unterwürfig und bestehen auf die unbedingte Einhaltung von Regeln, ohne Ausnahme bei mildernden Umständen.

Menschen mit dieser Störung tun sich sehr schwer, alte und wertlose Dinge (z. B. kaputte Geräte) wegzuwerfen, selbst, wenn diese keinen sentimentalen Wert haben.

Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung geben nur ungern Geld aus, weil sie denken, dass sie für den Fall möglicher Katastrophen in der Zukunft sparen müssen.

Diagnose einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung

  • Ärztliche Beurteilung auf der Basis standardisierter psychiatrischer Diagnosekriterien

Ärzte diagnostizieren Persönlichkeitsstörungen in der Regel anhand der Kriterien im Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5. Auflage, Text Revision (DSM-5-TR), dem Standardnachschlagewerk für psychiatrische Diagnosen der American Psychiatric Association.

Damit Ärzte die Diagnose einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung stellen können, müssen die Betroffenen in tiefgreifender Weise mit Ordnung, Perfektionismus und der Kontrolle über sich selbst, andere und Situationen beschäftigt sein, was sich in mindestens 4 der folgenden Handlungen ausdrückt:

  • Sie sind mit Details, Regeln, Zeitplänen, Organisationen und Listen beschäftigt.

  • Ihre Bemühungen, etwas perfekt durchzuführen, behindert die Fertigstellung von Aufgaben.

  • Sie sind ihrer Arbeit und Produktivität ganz verschrieben (nicht aufgrund einer finanziellen Notwendigkeit), was zur Vernachlässigung von Freizeitaktivitäten und Freunden führt.

  • Sie sind übertrieben gewissenhaft, peinlich genau und inflexibel hinsichtlich ethischer und moralischer Aspekte und Werte.

  • Sie widersetzen sich, wenn alte und wertlose Objekte weggeworfen werden sollen, auch solche ohne sentimentalen Wert.

  • Sie delegieren Arbeit nur ungern und arbeiten nur dann gerne mit anderen zusammen, wenn diese die Arbeiten genau nach ihren Vorstellungen ausführen.

  • Sie geben nicht gerne für sich und andere Geld aus, weil sie der Meinung sind, es müsste für zukünftige Katastrophen vorgesorgt werden.

  • Sie sind unnachgiebig und stur.

Außerdem müssen die Symptome bereits früh in der Kindheit begonnen haben.

Behandlung einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung

  • Psychodynamische Psychotherapie

  • Kognitive Verhaltenstherapie

  • Bestimmte Antidepressiva

Die allgemeinen Behandlungsgrundsätze für eine zwanghafte Persönlichkeitsstörung entsprechen denen aller anderen Persönlichkeitsstörungen.

Ihre Unnachgiebigkeit, Sturheit und ihr Kontrollzwang behindern die Behandlung.

Eine psychodynamische Therapie und eine kognitive Verhaltenstherapie können Menschen mit zwanghafter Persönlichkeitsstörung helfen.

Bestimmte Antidepressiva, sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) können auch hilfreich sein.