Alport-Syndrom

(Hereditäre Nephritis)

VonFrank O'Brien, MD, Washington University in St. Louis
Überprüft/überarbeitet Juni 2023
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Das Alport-Syndrom ist eine genetisch heterogene Erkrankung, die durch ein nephritisches Syndroms (d. h. Hämaturie, Proteinurie, Hypertonie, eventuelle Niereninsuffizienz) charakterisiert ist, oft mit Innenohrschwerhörigkeit und - seltener - ophthalmologischen Symptomen. Ursache ist eine das Typ-IV-Kollagen betreffende Genmutation. Die Diagnose erfolgt durch die Anamnese, einschließlich Familienanamnese, Urinanalyse, und Biopsie (Nieren-oder Haut). Die Behandlung ist die gleiche wie die bei chronischen Nierenerkrankungen, manchmal auch eine Nierentransplantation.

(Siehe auch Übersicht des Nephritischen Syndroms.)

Das Alport-Syndrom ist ein nephritisches Syndrom, das durch eine Mutation im COL4A3, COL4A4, COL4A5-Gen verursacht wird, welches für die Alpha-5-Kette des Typ-IV-Kollagens kodiert und zu veränderten Typ-IV-Kollagensträngen führt. Der Mechanismus, nach dem sich durch Kollagenveränderung eine glomeruläre Störung entwickelt, ist unbekannt. Es wird aber eine gestörte Struktur und Funktion angenommen. In den meisten Familien kommt es zu einer Verdickung oder Verdünnung der glomerulären und tubulären Basalmembran mit fokaler oder örtlich umschriebener Fragmentierung der Lamina densa ("basket-weave pattern"). Es kann letztlich zu glomerulärer Narbenbildung und interstitieller Fibrose kommen.

Die Krankheit wird am häufigsten X-chromosomal vererbt, obwohl autosomal rezessive und - selten - autosomal dominante Formen existieren. Fälle mit X-chromosomaler Vererbung können klinisch kategorisiert werden als

  • Juvenile Form: Niereninsuffizienz entwickelt sich zwischen 20 und 30 Jahren

  • Erwachsene Form: Niereninsuffizienz entwickelt sich bei Menschen > 30 Jahre

Symptome und Anzeichen des Alport-Syndroms (hereditäre Nephritis)

Klassische X-chromosomale Erkrankung bei Männern und autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung sind klinisch ähnlich. Patienten entwickeln renale, einem akuten nephritischen Syndrom ähnliche Symptome und Befunde (z. B. mikroskopische Hämaturie, Hypertonie, letztlich Makrohämaturie mit Proteinurie) und progredieren bis zur Niereninsuffizienz im Alter von 20–30 Jahren (jugendliche Formen).

Eine Schallempfindungsschwerhörigkeit ist häufig vorhanden, die sich auf höhere Frequenzen auswirkt. Diese kann in der frühen Kindheit unbemerkt bleiben.

Ophthalmologische Anomalien–Katarakte (am häufigsten), Lenticonus anterior (eine regelmäßige konische Vorwölbung an der vorderen Seite der Linse durch Ausdünnung der Linsenkapsel), Sphärophakie (sphärische Linsenverformung, die für eine Subluxation der Linse prädisponieren kann), Nystagmus, Retinitis pigmentosa, Blindheit–treten auch auf, aber weniger häufig als ein Hörverlust.

Eine X-chromosomale Erkrankung tritt bei heterozygote Frauen auf, die - weil sie ein normales X-Chromosom haben - in der Regel weniger schwerwiegende, langsamer voranschreitende Symptome als Männer haben.

Einige Männer mit X-chromosomaler Krankheit entwickeln eine Niereninsuffizienz nach dem 30. Lebensjahr mit Hörverlust, der spät auftritt oder schwach ist, und eine autosomal-dominante Krankheit verursacht in der Regel kein Nierenversagen bis zum Alter von ≥ 45 Jahren (erwachsene Formen).

Bei einigen Patienten mit X-chromosomaler Erkrankung manifestiert sich eine Schallempfindungsschwerhörigkeit in der Regel in der Kindheit, während sich die Nierenerkrankung oft erst im Erwachsenenalter manifestiert.

Andere nichtrenale Manifestationen umfassen selten Polyneuropathie und Thrombozytopenie.

Diagnose des Alport-Syndroms (hereditäre Nephritis)

  • Serumkreatininspiegel

  • Urinanalyse

  • Nierenbiopsie

  • Molekulargenetische Analyse

Die Diagnose wird bei Patienten, die bei Urinanalyse eine Mikrohämaturie aufweisen, oder wiederkehrenden Episoden von Makrohämaturie haben, vermutet. Vor allem dann, wenn eine Anomalie des Hör-oder Sehvermögens oder eine Familienanamnese mit chronischer Nierenerkrankung vorliegt.

Zur Bewertung der Nierenfunktion wird der Serumkreatininwert überprüft. Es werden Urinanalyse und in der Regel auch eine Nierenbiopsie durchgeführt. Neben dysmorphen Erythrozyten kann der Urin Protein, Leukozyten und verschiedenartige Zylinder aufweisen. Ein nephrotisches Syndrom tritt selten auf. Bei der Lichtmikroskopie werden keine histologischen Unterscheidungsmerkmale erkennbar. Die Diagnose kann durch einen der folgenden Punkte bestätigt werden:

  • Nierenbiopsie mit Immunfärbung für die Subtypen von Typ-IV-Kollagen

  • Eine durch Elektronenmikroskopie sichtbare, charakteristische Desorganisation der Lamina densa mit variabler Verdickung und Verdünnung der glomerulären kapillaren Basalmembran

  • Hautbiopsie mit Immunfärbung für die Typ-IV-Kollagen-Subtypen bei einem Patienten mit einer positiven Familienanamnese

  • Molekulargenetische Analyse der COL4A-Gene

Eine Kombination von Immunfärbung und Elektronenmikroskopie ist häufig erforderlich, um das Alport-Syndrom von einigen Formen des Syndroms der dünnen Basalmembran zu unterscheiden.

Behandlung des Alport-Syndroms (hereditäre Nephritis)

  • Gleiche Therapie wie bei anderen Ursachen von chronischen Nierenerkrankungen

  • Nierentransplantation

Eine frühe Renin-Angiotensin-Blockade mit einem Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmer oder einem Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARB) verlangsamt nachweislich das Fortschreiten der Krankheit (1). Ihre Behandlung ist ähnlich wie bei anderen Ursachen chronischer Nierenerkrankungen. Die Transplantation war erfolgreich, aber in der transplantierten Niere kann eine antiglomeruläre Basalmembran-Antikörper-Krankheit auftreten, in der Regel nur bei Männern. Eine genetische Beratung ist angezeigt.

Schwerhörigkeit und/oder Sehstörungen werden mit unterstützenden Maßnahmen (z. B. Hörgeräte) behandelt.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Gross O, Tönshoff B, Weber LT, et al: A multicenter, randomized, placebo-controlled, double-blind phase 3 trial with open-arm comparison indicates safety and efficacy of nephroprotective therapy with ramipril in children with Alport's syndrome. Kidney Int 97(6):1275-1286, 2020. doi: 10.1016/j.kint.2019.12.015

Wichtige Punkte

  • Ziehen Sie das Alport-Syndrom in Betracht, wenn Patienten neben einer Hämaturie auch eine Hör- und/oder Sehstörung aufweisen oder in ihrer Familie eine chronische Nierenerkrankung bekannt ist.

  • Die Diagnose soll durch eine Biopsie der Niere oder manchmal Haut- und Immunfärbung für Typ-IV-Kollagen-Subtypen oder Molekulargenetische Untersuchung bestätigt werden.

  • Behandlung der chronischen Nierenerkrankung und eventuelle Transplantation.