Antipsychotika

VonCarol Tamminga, MD, UT Southwestern Medical Dallas
Überprüft/überarbeitet Apr. 2022 | Geändert Sep. 2022
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    Antipsychotische Medikamente werden aufgrund auf ihrer Affinität für spezifische Neurotransmitterrezeptoren und ihrer Wirkung in konventionelle Antipsychotika und Antipsychotika der 2. Generation (SGA, atypische Antipsychotika) unterteilt. SGA bieten evtl. einige Vorteile wie eine etwas bessere Wirksamkeit (obwohl neuere Anhaltspunkte an den Vorzügen der SGA als Klasse zweifeln lassen) und eine geringere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von unwillkürlichen Bewegungsstörungen und assoziierten unerwünschten Wirkungen.

    Jüngste Ergebnisse deuten darauf hin, dass neue Antipsychotika mit neuartigen Wirkungen – nämlich Spuren-Amine und Muskarin-Agonisten – verfügbar werden könnten. Derzeit machen SGAs etwa 95% der in den USA verschriebenen Antipsychotika aus. Allerdings ist das Risiko für ein metabolisches Syndrom (extremes Bauchfett, Insulinresistenz, Dyslipidämie und Hypertonie) unter SGA größer als unter konventionellen Antipsychotika. Mehrere Antipsychotika in beiden Klassen können zum Long-QT-Syndrom führen und letztlich das Risiko tödlicher Arrhythmien erhöhen; zu diesen Medikamenten gehören Thioridazin, Haloperidol, Olanzapin, Risperidon und Ziprasidon.

    Konventionelle Antipsychotika

    Der Wirkmechanismus von konventionellen Antipsychotika (siehe Tabelle Konventionelle Antipsychotika) beruht primär auf einer Blockade des Dopamin-2-Rezeptors (Dopamin-2-Blocker).

    Konventionelle Antipsychotika können klassifiziert werden als hochpotent, mittelpotent und niederpotent. Hochpotente Antipsychotika haben eine stärkere Affinität zu Dopaminrezeptoren und eine geringe Affinität zu alpha-adrenergen und muskarinischen Rezeptoren. Niederpotente Antipsychotika haben eine geringere Affinität zu Dopaminrezeptoren und eine relativ stärkere Affinität zu alpha-adrenergen und muskarinischen Rezeptoren und zu Histaminrezeptoren.

    Verschiedene Wirkstoffe sind als Tabletten, in flüssiger Form oder als kurz- und langwirksame i.m.-Injektionslösungen erhältlich. Ein spezifisches Arzneimittel wird in erster Linie auf folgenden Grundlagen ausgewählt:

    • Unerwünschtes Wirkungsprofil

    • Notwendiger Applikationsweg

    • Die vorherige Reaktion des Patienten auf das Medikament

    Konventionelle Antipsychotika können erhebliche Nebenwirkungen verursachen. Einige betrafen insbesondere Kognitions- und extrapyramidale Bewegungsstörungen (z. B. Dystonie, Tremor, Spätdyskinesie).

    Etwa 30% der Patienten mit Schizophrenie sprechen nicht auf konventionelle Antipsychotika an. Evtl. sprechen sie auf Clozapin, ein SGA, an.

    Tabelle

    Antipsychotika der 2. Generation

    Über 95% aller vorgeschriebenen Antipsychotika in den USA sind SGA.

    SGA blockieren Dopaminrezeptoren selektiver als konventionelle Antipsychotika und verringern die Wahrscheinlichkeit von extrapyramidalmotorischen Nebenwirkungen. Eine stärkere Bindung an serotonerge Rezeptoren kann zu den antipsychotischen Wirkungen bei positiven Symptomen und den Nebenwirkungen von SGAs beitragen.

    SGA wirken auch wie folgt:

    • Sie lindern tendenziell Positivsmptome

    • Sie können Negativsymptome stärker reduzieren als konventionelle Antipsychotika (derartige Unterschiede wurden allerdings infrage gestellt)

    • Sie können weniger kognitive Abstumpfung verursachen

    • Sind weniger wahrscheinlich extrapyramidale Nebenwirkungen (einschließlich eines viel geringeren Risikos von Spätdyskinesien)

    • Sie erhöhen den Prolaktinspigel leicht oder gar nicht (ausgenommen ist Risperidon, das in gleichem Maße wie konventionelle Antipsychotika zu einer Prolaktinerhöhung führt)

    • Kann ein metabolisches Syndrom mit Insulinresistenz, Gewichtszunahme und Bluthochdruck erzeugen.

    SGAs scheinen negative Symptome zu vermindern, weil sie weniger wahrscheinlich Parkinson-Nebenwirkungen haben als herkömmliche Antipsychotika.

    Clozapin, das erste SGA, ist das einzige atypische Antipsychotikum, für das bisher bei bis zu 50% der Patienten, die gegenüber konventionellen Antipsychotika resistent sind, eine Wirksamkeit nachgewiesen wurde. Clozapin reduziert Negativsymptome, reduziert Suizidalität, hat nur wenige oder keine motorischen Nebenwirkungen und birgt nur ein minimales Risiko für Spätdyskinesien; es hat aber andere unerwünschte Wirkungen: Sedierung, Hypotonie, Tachykardie, Gewichtszunahme, Typ-2-Diabetes und verstärkter Speichelfluss. Es kann dosisabhängig auch Krampfanfälle verursachen. Agranulozytose stellt die gefährlichste Nebenwirkung dar, die bei ca. 1% der Patienten auftreten kann. Daher ist eine sorgfältige Blutbildüberwachung (wöchentlich während der ersten 6 Monate und jede zweite Woche anschließend, dann einmal/Monat nach einem Jahr) in den Vereinigten Staaten erforderlich und die Anwendung von Clozapin generell den Patienten vorbehalten, die nicht ausreichend auf andere Medikamente ansprechen.

    Neuere SGA (siehe Tabelle Antipsychotika der 2. Generation) bieten ohne Agranulozytoserisiko einige der Vorteile von Clozapin und sind konventionellen Antipsychotika bei der Behandlung einer akuten Episode oder zur Rückfallprophylaxe generell vorzuziehen. In einer großen, kontrollierten klinischen Langzeitstudie erwies sich jedoch die Symptomlinderung mit einem von 4 SGA (Olanzapin, Risperidon, Quetiapin, Ziprasidon) als nicht größer als mit dem konventionellen Antipsychotikum Perphenazin mit anticholinergen Wirkungen. In einer Follow-up-Studie, wurden Patienten, die die Studie vorzeitig verlassen hatten in einer der 3 anderen untersuchten SGA oder bei Clozapin randomisiert; diese Studie zeigte einen klaren Vorteil von Clozapin gegenüber den anderen SGA. Daher scheint Clozapin die einzige wirksame Behandlung für Patienten zu sein, bei denen die Behandlung mit einem konventionellen Antipsychotikum oder einem SGA gescheitert war. Allerdings wird Clozapin zu wenig eingesetzt, wahrscheinlich wegen der geringeren Verträglichkeit und der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung des Blutes.

    Lumateperon ist das neueste SGA zur Behandlung von Schizophrenie bei Erwachsenen. Es scheint die psychosozialen Funktionen zu verbessern und weniger metabolische und motorische Nebenwirkungen zu haben. Es sollte nicht bei älteren Patienten mit demenzbedingter Psychose angewendet werden, bei denen es ein erhöhtes Sterberisiko birgt. Weitere unerwünschte Wirkungen sind Sedierung und Mundtrockenheit.

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    Neuere SGA sind von vergleichbarer Wirksamkeit, unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der Nebenwirkungen, weshalb die Auswahl des Medikaments auf dem individuellen Ansprechen des Patienten und anderen Substanzeigenschaften beruht. Olanzapin, das eine relativ starke sedierende Wirkung hat, kann z. B. Patienten mit ausgeprägter Agitiertheit oder Schlaflosigkeit verschrieben werden; weniger stark sedierenden Medikamenten kann bei lethargischen Patienten der Vorzug gegeben werden. Eine 4- bis 8-wöchige Studie ist in der Regel erforderlich, um das volle Wirksamkeits- und Nebenwirkungsprofil zu beurteilen. Nach Stabilisierung der akuten Symptomatik beginnt die Erhaltungstherapie, bei der die niedrigste Dosis eingesetzt wird, die die Symptome noch unterdrückt. Aripiprazole, Olanzapine und Risperidonein sind in einer lang wirksamen injizierbaren Formulierung verfügbar.

    Die wichtigsten Nebenwirkungen von SGA sind Gewichtszunahme, Hyperlipidämie und ein höheres Risiko für Typ-2-Diabetes. Daher sollten vor Therapiebeginn mit SGA alle Patienten auf Risikofaktoren untersucht werden, darunter eine positive Eigen- oder Familienanamnese bzgl. Diabetes, Gewicht, Taillenumfang, Blutdruck, Nüchternblutzuckerspiegel und Lipidprofil. Diejenigen, bei denen ein Risiko für ein metabolisches Syndrom festgestellt wurde bzw. die klar gefährdet sind, können besser mit Ziprasidon oder Aripiprazol als mit anderen SGA behandelt werden. Angeboten werden sollten Schulungen für Patienten und Angehörige über die Symptome und Zeichen von Diabetes wie Polyurie, Polydipsie, Gewichtsverlust und diabetische Ketoazidose (Übelkeit, Erbrechen, Dehydrierung, schnelle Atmung, Bewusstseinseintrübung). Darüber hinaus sollten alle Patienten, die erstmals ein SGA einnehmen, Ernährungsberatung und Tipps für körperliche Betätigung erhalten. Bei allen Patienten, die ein SGA einnehmen, sind regelmäßig Gewicht, BMI und Nüchternblutzucker zu überwachen; Patienten, die eine Hyperlipidämie oder einen Typ-2-Diabetes entwickeln, sind zur fachärztlichen Untersuchung zu überweisen.

    Manchmal ist es hilfreich, ein Antipsychotikum mit einem anderen Medikament zu kombinieren (1). Zu diesen Medikamenten gehören

    • Antidepressiva: Selektrive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer

    • Ein weiteres Antipsychotikum

    • Lithium

    • Benzodiazepinen

    In der Entwicklung befindliche neue Wirkstoffe, die dem Dopamin-Rezeptor entgegenwirken, befinden sich in der Entwicklung, einschließlich ABT-925, BL1020, ITI 007, JNJ-37822681 und andere neue Wirkstoffe (2).

    Lang wirkende Antipsychotika

    Einige konventionelle und Antipsychotika der zweiten Generation sind als lang wirksame Depotpräparate erhältlich (siehe Tabelle Depot Antipsychotika Medikamente). Diese Präparate sind von Nutzen, um mangelnde Adhärenz zu beheben. Sie können außerdem Patienten helfen, die aufgrund von Desorganisiertheit, Gleichgültigkeit oder Leugnen der Krankheit ihre Medikamente nicht zuverlässig jeden Tag schlucken können.

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    Unerwünschte Wirkungen von Antipsychotika

    Konventionelle Antipsychotika haben verschiedene Nebenwirkungen wie Sedierung, kognitive Abstumpfung, Dystonie und Muskelsteifigkeit, Tremor, erhöhte Prolaktinspiegel (verursachen Galaktorrhoe), Gewichtszunahme und niedrigere Grenzwerte für Anfallsleiden bei Patienten mit Anfallsleiden oder denen, die ein Risiko dafür besitzen (zur Behandlung der unerwünschten Wirkungen s. Tabelle Behandlung von akuten Nebenwirkungen von Antipsychotika). Akathisie (motorische Unruhe) ist besonders unangenehm und kann zu mangelnder Adhärenz führen. Sie kann mit Propranolol behandelt werden.

    Bei Antipsychotika der zweiten Generation ist es weniger wahrscheinlich, dass diese zu extrapyramidalen (motorischen) Nebenwirkungen, einschließlich Spätdyskinesien, führen, diese können jedoch auftreten. Metabolisches Syndrom (überschüssiges Bauchfett, Insulinresistenz, Dyslipidämie und Bluthochdruck) ist bei vielen SGA eine signifikante Nebenwirkung.

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    Die Spätdyskinesie ist eine unwillkürliche Bewegungsstörung, die meist durch Lippen- und Zungenfalten, Fingerbewegungen, Zucken der Arme oder Beine und mehr gekennzeichnet ist. Bei Patienten, die konventionelle Antipsychotika einnehmen, liegt die Inzidenz von Spätdyskinesien bei etwa 5% pro Jahr der Arzneimittelexposition und die Inzidenz ist bei SGA deutlich niedriger. Bei ca. 2% sind die Spätdyskinesien stark entstellend. Bei manchen Patienten bleiben Spätdyskinesien auch nach Absetzen des Medikaments bestehen. Wegen dieses Risikos sollten Patienten unter lang andauernder Erhaltungstherapie mindestens alle 6 Monate untersucht werden. Bewertungsskalen wie die Abnormal Involuntary Movement Scale sollten angewendet werden, um Veränderungen im Zeitablauf genauer zu verfolgen. Patienten, die Schizophrenie haben und die weiterhin ein Antipsychotikum benötigen, können mit Clozapin oder Quetiapin behandelt werden, die SGA sind. Valbenazine, ein vesikulärer Monoamin-Transporter-2-Inhibitor, wurde kürzlich für die Behandlung von Spätdyskinesien zugelassen. Die Anfangsdosis beträgt 40 mg einmal täglich und wird bei Fehlen einer Leberfunktionsstörung nach 1 Woche auf 80 mg einmal täglich erhöht. Die wichtigsten unerwünschten Wirkungen sind Überempfindlichkeit, Somnolenz, QT-Verlängerung und Parkinsonismus.

    Das neuroleptische maligne Syndrom, eine seltene, aber potenziell tödliche Nebenwirkung, ist gekennzeichnet durch Steifheit, Fieber, autonome Instabilität und erhöhte Kreatinkinase.

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    Antipsychotische Medikamentenreferenzen

    1. 1. Correll CU, Rubio JM, Inczedy-Farkas G, et al: Efficacy of 42 pharmacologic cotreatment strategies added to antipsychotic monotherapy in schizophrenia: Systematic overview and quality appraisal of the meta-analytic evidence. JAMA Psychiatry 74(7):675-684, 2017. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2017.0624

    2. 2. Wang SM, Han C, Lee SJ: Investigational dopamine antagonists for the treatment of schizophrenia. Expert Opin Investig Drugs 26(6):687-698, 2017. doi: 10.1080/13543784.2017.1323870