Shigellose

(Bakterielle Ruhr)

VonLarry M. Bush, MD, FACP, Charles E. Schmidt College of Medicine, Florida Atlantic University;
Maria T. Vazquez-Pertejo, MD, FACP, Wellington Regional Medical Center
Überprüft/überarbeitet Apr. 2022
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Eine Shigellose ist eine akute intestinale Infektion, die durch gram-negative Shigella sp. hervorgerufen wird. Es kommt u. a. zu Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Tenesmus und einer meist blutigen Diarrhö. Die Verdachtsdiagnose wird klinisch gestellt und durch Stuhlkulturen bestätigt. Die Behandlung einer leichten Infektion ist supportiv, meist mit Rehydrierung; Antibiotika (z. B. Ciprofloxacin, Azithromycin, Ceftriaxon) werden moderat- bis schwerkranken und Hochrisiko-Patienten mit blutigem Durchfall oder Immunschwäche gegeben und können die Krankheitsdauer verkürzen und die Ansteckungsgefahr verringern.

Die Gattung Shigella ist weltweit verbreitet und ist die typische Ursache von entzündliche Dysenterie, zuständig für 5–10% der Durchfallerkrankungen in vielen Bereichen. Shigella ist in 4 Hauptuntergruppen unterteilt:

  • a. S. dysenteriae)

  • B (S. flexneri)

  • C (S. boydii)

  • D (S. sonnei)

Jede Untergruppe wird weiter in serologisch definierte Untergruppen unterteilt. S. flexneri und S. sonnei sind weiter verbreitet als S. boydii und die besonders virulente S. dysenteriae. S. sonnei ist das häufigste Isolat in den Vereinigten Staaten.

Als Infektionsquelle fungiert Stuhl von infizierten Menschen oder Ausscheidern in der Genesungsphase; Menschen sind das einzige natürliche Reservoir für Shigella. Eine direkte Übertragung findet auf dem fäkal-oralen Weg statt, indirekt kann der Erreger durch kontaminierte Lebensmittel und Gegenstände übertragen werden. Fliegen dienen als Vektoren.

Weil Shigella relativ resistent gegenüber der Magensäure sind, kann die Aufnahme von nur 10 bis 100 Organismen eine Krankheit verursachen. In beengten Lebensverhältnissen mit inadäquater Sanitärhygiene kann es zu Epidemien kommen. Eine Shigellose kommt insbesondere unter jüngeren Kindern häufiger vor, die in Endemiegebieten leben. Bei Erwachsenen kommt es in der Regel zu weniger schweren Verläufen.

Patienten in der Rekonvaleszenz und subklinische Ausscheider können signifikante Infektionsquellen darstellen, echte Dauerausscheider sind aber selten.

Eine Episode der Shigellose vermittelt mindestens einige Jahre lang eine serotypspezifische Immunität. Patienten können jedoch zusätzliche Episoden der Shigellose haben, die durch andere Serotypen verursacht werden.

ShigellaShigellen penetrieren durch die Kolonmukosa und führen zu einer schleimigen Sekretion, Hyperämie, Leukozyteninfiltration, Ödem und oft oberflächlichen mukosalen Ulzerationen. Shigella dysenteriae Typ 1 (in den USA außer bei Reisenden, die aus endemischen Gebieten zurückkehren, nicht vorkommend) bildet Shigatoxin, das zu einer ausgeprägten wässrigen Diarrhö führt sowie gelegentlich ein hämolytisch-urämisches Syndrom verursacht.

Symptome und Zeichen der Shigellose

Die Inkubationszeit für Shigella beträgt 1–4 Tage. Die häufigste Manifestation ist eine wässrige Diarrhö, die nicht von anderen bakteriellen, viralen und protozoalen Infektionen unterscheidbar ist, die die sekretorische Aktivität epithelialer Zellen induzieren. Fieber kann auftreten.

Bei Erwachsene, könnenAnfangssymptome von Shigellen sein

  • Episoden von grippalen Bauchschmerzen

  • Dringlichkeit zu verrichten (Harndrang)

  • Passage von breiartigem Kot, der vorübergehend die Schmerzen lindert

Die Episoden werden immer häufiger und schwerer. Es kommt zu einer ausgeprägten Diarrhö, mit weichen oder flüssigen Stühlen, die schleimig, eitrig, manchmal auch blutig sind. Schwere Tenesmen können zu einem Rektalprolaps mit folgender fäkaler Inkontinenz führen.

Bei Erwachsenen kann jedoch auch das Fieber fehlen und eine nichtblutige und nichtschleimige Diarrhö mit wenig oder gar keinen Tenesmen vorliegen.

Die Beschwerden sind bei Erwachsenen meist spontan rückläufig – bei leichten Fällen in 4–8 Tagen, bei schweren Fällen in 3–6 Wochen. Zu einer signifikanten Dehydratation und Elektrolytverlust mit Kreislaufkollaps und Tod kommt es vor allem bei geschwächten Erwachsenen und Kindern < 2 Jahren.

Nur selten beginnt eine Shigellose plötzlich mit reiswasserartigen oder serösen (gelegentlich blutigen) Stühlen. Der Patient kann erbrechen und schnell dehydrieren. Eine Infektion kann sich auch mit Delirium, Krampfanfällen und Bewusstseinsstörungen sowie nur leicht ausgeprägter oder nicht vorhandener Diarrhö manifestieren. Es kann innerhalb von 12–24 Stunden zu Todesfällen kommen.

Bei kleinen Kindern beginnt die Krankheit plötzlich mit Fieber, Reizbarkeit oder Benommenheit, Anorexie, Übelkeit oder Erbrechen, Diarrhö, Bauchschmerzen und Überblähung sowie Tenesmen. Innerhalb von 3 Tagen kommt es zum Auftreten von Blut, Eiter und Schleim im Stuhl. Es kann zu 20 Stuhlgängen/Tag kommen, mit schwerem Gewichts- und Flüssigkeitsverlust. Bei fehlender Therapie können Kinder innerhalb der ersten 12 Tage sterben. Überleben die Kinder, bilden sich die Symptome bis zur 2. Woche zurück.

Komplikationen

Das hämolytisch-urämische Syndrom kann die Shigellose durch S. dysenteriae -yp 1 bei Kindern erschweren. Wenn HUS auftritt, entwickelt es sich etwa 7 Tage (aber bis zu 3 Wochen) nach den ersten Symptomen der Shigellose, wenn die Diarrhö abklingt. HUS wird durch die Entwicklung von Lethargie und abnehmender Urinausscheidung angezeigt.

Es kann zu einer Bakteriämie kommen, insbesondere bei Kindern unter 5 Jahren und bei Erwachsenen über 65 Jahren mit Grunderkrankungen.

Schwere mukosale Ulzerationen können einen signifikanten Blutverlust bewirken.

Patienten (insbesondere jene mit dem humanen Leukozytenantigen-B27-Genotyp) können reaktive Arthritis (Arthritis, Konjunktivitis, Urethritis) nach einer Shigellose entwickeln (und andere Enteritiden).

Sonstige Komplikationen sind nicht verbreitet, beinhalten aber Anfälle bei Kindern, Myokarditis und selten auch intestinale Perforationen.

Die Infektion chronifiziert nicht und stellt keinen Risikofaktor für die Entwicklung einer ulzerativen Kolitis dar.

Diagnose von Shigellose

  • Stuhlkultur

  • Polymerase-Kettenreaktion (PCR)-Tests

Die Diagnosestellung von Shigellose wird erleichtert, wenn aufgrund eines Ausbruchgeschehens, eines Aufenthaltes in Endemiegebieten und der Anwesenheit von fäkalen Leukozyten in Methylenblau- oder Wright-gefärbten Ausstrichen ein dringender Verdacht besteht. Stuhlkulturen sind diagnostisch und sollten aufgenommen werden; bei schwerkranken oder Risikopatienten wird eine antimikrobielle Empfindlichkeitsprüfung durchgeführt. PCR-Tests sind ebenfalls verfügbar.

Bei Patienten mit Zeichen einer Dysenterie (blutige und schleimige Stühle) sollte differenzialdiagnostisch an Enterohämorrhagische E. coliSalmonella, Yersinia, und Campylobacter gedacht werden sowie an Amöbiasis; Clostridioides difficile-Infektion.

Die Mukosaoberfläche ist proktoskopisch diffus erythematös verändert mit zahlreichen kleinen Ulzera. Obwohl Leukopenie oder ausgeprägte Leukozytose vorhanden sein können, ist die Leukozytenzahl durchschnittlich 13.000/mcl (13 x 109/l). Häufig kommt es zu einer Hämokonzentration sowie einer diarrhöinduzierten metabolischen Azidose.

Behandlung von Shigellose

  • Unterstützende Behandlung

  • Für schwerkranke oder Risikopatienten, ein Fluorchinolon, Azithromycin oder ein Cephalosporin der 3. Generation

Ein Flüssigkeitsverlust aufgrund von Shigellose wird mit oraler oder intravenöser Flüssigkeit symptomatisch behandelt.

Medikamente gegen Diarrhö (z. B. Loperamid) können die Krankheit verlängern und sollten nicht verwendet werden.

Antibiotika können die Symptomatik und Ausscheidung von Shigella reduzieren, sind jedoch bei gesunden Erwachsenen mit leichten Krankheiten nicht erforderlich. Es sollten jedoch bestimmte Patienten, einschließlich der folgenden, in der Regel behandelt werden:

  • Kinder

  • Ältere Menschen

  • Geschwächte Patienten

  • Patienten mit moderaten bis schweren Krankheiten

Für Erwachsene, können die folgenden Antibiotika-Anwendungen eingesetzt werden:

  • Ein Fluorchinolon (wie Ciprofloxacin 500 mg p.o. alle 12 h für 3 bis 5 Tage)

  • Azithromycin 500 mg p.o. an Tag 1 und 250 mg 1-mal täglich für 4 Tage

  • Ceftriaxon 2 g/Tag IV für 5 Tage

Für Kinder, können die folgenden Antibiotika-Anwendungen eingesetzt werden:

  • Ceftriaxon 50 mg/kg (maximal 1,5 g) i.v. einmal täglich für 5 Tage

  • Azithromycin 10–12 mg/kg oral als Einzeldosis an Tag 1, gefolgt von 6 mg/kg (maximal 250 mg) einmal täglich über 4 Tage

Viele Shigellenisolate (Shigella) tendieren dazu, Resistenzen gegen Ampicillin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol (TMP/SMX) und Tetrazykline zu entwickeln, aber die Resistenzmuster variieren je nach geographischer Region.

Prävention von Shigellose

Vor dem Umgang mit Lebensmitteln sollten die Hände gründlich gewaschen werden. Verschmutzte Kleidungsstücke und Bettwäsche sollten in abgedeckte Eimer mit Seife, Wasser und Desinfektionsmittel getaucht werden, bis sie in heißem Wasser gewaschen werden können. Patienten und Träger sollten angemessen isoliert werden, insbesondere hinsichtlich der Übertragung von Enteritiserregern.

Eine orale Lebendvakzine wurde entwickelt, die sich in Feldversuchen in Endemiegebieten als vielversprechend erwiesen hat. Die Immunität ist jedoch im Allgemeinen typspezifisch, sodass der Impfstoff vermutlich polyvalent sein muss oder ein für mehrere Serotypen gemeinsames Antigen enthalten muss.

Wichtige Punkte

  • Shigella Spezies sind eine hoch ansteckende Ursache für Dysenterie; Menschen sind das einzige Reservoir.

  • Wässriger Durchfall kann von Bauchschmerzen und einer deutlichen Dringlichkeit zum Stuhlgang begleitet werden; der Stuhl kann Schleim, Eiter und oft Blut enthalten.

  • S. dysenteriae Typ 1 (kommt in den USA außer bei heimkehrenden Reisenden nicht häufig vor) produziert das Shigatoxin, das ein hämolytisch-urämisches Syndrom hervorrufen kann.

  • Zu einer signifikanten Dehydratation und Elektrolytverlust mit Kreislaufkollaps und Tod kommt es vor allem bei geschwächten Erwachsenen und Kindern < 2 Jahren.

  • Eine supportive Pflege ist in der Regel ausreichend, aber Kindern, älteren Menschen, geschwächten udn schwerkranken Patienten werden Antibiotika (ein Fluorchinolon, Azithromycin, Ceftriaxon) gegeben; eine Resistenz gegenüber Ampicillin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol (TMP/SMX) und Tetrazyklinen ist häufig.