Osteomyelitis

VonSteven Schmitt, MD, Cleveland Clinic Lerner College of Medicine at Case Western Reserve University
Überprüft/überarbeitet Juli 2022
Aussicht hier klicken.

Eine Osteomyelitis ist eine durch Bakterien, Mykobakterien oder Pilze verursachte Entzündung und Destruktion des Knochens. Typische Symptome sind lokalisierter Knochenschmerz und Druckschmerz, bei der akuten Form in Verbindung mit, bei der chronischen Form ohne Allgemeinsymptome. Die Diagnose wird mittels Bildgebung und Kulturen gestellt, die Therapie erfolgt antibiotisch und in einem Teil der Fälle chirurgisch.

Ätiologie der Osteomyelitis

Die Osteomyelitis entsteht durch:

  • infiziertes Nachbargewebe per continuitatem oder eine infizierte Gelenkprothese

  • hämatogene Aussaat pathogener Mikroorganismen (hämatogene Osteomyelitis)

  • offene Wunden (aufgrund von kontaminierten offenen Frakturen oder Knochenchirurgie)

Trauma, Ischämie und Fremdkörper prädisponieren für diese Infektion, sie kann auch unter tiefen Druckulzera entstehen.

Kontinuierliche Ausbreitung durch angrenzendes infiziertes Gewebe oder offene Wunden

Eine zusammenhängende Verbreitung von benachbartem infiziertem Gewebe oder offenen Wunden verursacht etwa 80% der Osteomyelitis; sie ist oft polymikrobiell. Bei 50% der Patienten ist Staphylococcus aureus (inkl. Methicillin-sensitive und Methicillin-resistente Stämme) präsent, weitere häufige Erreger sind Streptokokken, gramnegative enterische Mikroorganismen und Anaerobier.

Die Osteomyelitis durch Ausbreitung aus der Umgebung betrifft häufig den Fuß (z. B. bei Diabetikern oder Patienten mit einer AVK); sie ist weiterhin häufig an Stellen, an denen ein Knochen traumatisch oder chirurgisch verletzt wurde, an Stellen, die infolge Bestrahlungstherapie geschädigt sind, und in Knochen unterhalb von Druckulzera, z. B. Hüfte und Sakrum. Eine Sinus-, Zahnfleisch- oder Zahninfektion kann sich auf den Schädel ausbreiten.

Hämatogen verursachte Osteomyelitis

Eine hämatogen verursachte Osteomyelitis entsteht meist durch einen einzelnen Erreger. Bei Kindern sind dies v. a. grampositive Bakterien, die in erster Linie die Metaphysen von Tibia, Femur oder Humerus befallen. Bei Erwachsenen sind am häufigsten die Wirbelkörper betroffen. Höheres Lebensalter, Behinderungen, Hämodialyse, Sichelzellanämie und IV Drogenabusus sind die wichtigsten Risikofaktoren. Häufige infektiöse Erreger sind:

  • Bei älteren, geschwächten oder Hämodialyse-pflichtigen Erwachsenen: S. aureus (Methicillin-resistenter S. aureus [MRSA] ist häufig) und enterische gramnegative Bakterien

  • Bei Konsumenten intravenöser Drogen: S. aureus, Pseudomonas aeruginosa, und Serratia spp

  • Bei Patienten mit Sichelzellanämie, Lebererkrankung oder Immunschwäche: Salmonella spp

Pilze und Mykobakterien können eine hämatogen entstehende Osteomyelitis v. a. bei immunkompromittierten Patienten verursachen, außerdem in Gegenden mit endemischer Histoplasmose-, Blastomykose- oder Kokzidioidomykoseinfektion. Auch hier sind die Wirbelkörper häufig betroffen.

Pathophysiologie der Osteomyelitis

Die Osteomyelitis sorgt oft für einen Verschluss lokaler Blutgefäße, dadurch entstehen eine Osteonekrose und eine lokale Ausbreitung der Infektion. Diese kann sich durch die Kortikalis unter das Periost ausbreiten, es kann zur subkutanen Abszessbildung mit spontaner Drainage durch die Haut kommen.

Bei einer Osteomyelitis der Wirbelkörper kann sich ein Epiduralabszess entwickeln.

Wenn die Behandlung der akuten Osteomyelitis nur teilweise erfolgreich ist, kann eine niedrigaktive chronische Form entstehen.

Symptome und Anzeichen von Osteomyelitis

Bei Patienten mit akuter Osteomyelitis der peripheren Knochen finden sich üblicherweise Gewichtsverlust, Müdigkeit, Fieber und lokalisiert Überwärmung, Schwellung, Erythem und Druckschmerzen.

Die Wirbelsäulenosteomyelitis verursacht lokalisierte Rückenschmerzen und Druckempfindlichkeit mit paravertebralen Muskelspasmen, die oft anhaltend sind und auf konservative Behandlung nicht ansprechen. Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung kann es zu einer Kompression des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln führen, mit radikulären Schmerzen und Schwäche oder Taubheit der Extremität. Fieber ist häufig nicht vorhanden.

Eine chronische Osteomyelitis führt über Monate bis viele Jahre zu intermittierenden Knochenschmerzen, Druckschmerzhaftigkeit und drainierenden Höhlen.

Diagnose der Osteomyelitis

  • Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit oder C-reaktives Protein (CRP)

  • Röntgenaufnahmen, MRT oder Skelettszintigraphie

  • Kultur des Knochens und/oder Abszesses

(See also the 2015 Infectious Diseases Society of America (IDSA) Clinical Practice Guidelines for the Diagnosis and Treatment of Native Vertebral Osteomyelitis in Adults.)

Eine akute Osteomyelitis ist bei Patienten mit lokalisierten peripheren Knochenschmerzen, Fieber und Krankheitsgefühl, aber auch bei lokalisierten therapierefraktären Wirbelsäulenschmerzen, insbesondere bei Patienten mit kürzlich aufgetretenen Risikofaktoren für eine Bateriämie, anzunehmen.

Eine chronische Osteomyelitis kann bei Patienten mit persistierenden lokalisierten Knochenschmerzen angenommen werden, v. a. wenn sie Risikofaktoren aufweisen.

Bei Verdacht auf eine Osteomyelitis sollten Blutbild, Erythrozytensedimentationsrate und C-reaktives Protein bestimmt werden, außerdem sollten Röntgenaufnahmen vom betroffenen Knochen angefertigt werden. Leukozytose und eine Beurteilung von Erythrozytensedimentationsrate und CRP unterstützen die Diagnosestellung. Jedoch können Erythrozytensedimentationsrate und CRP bei entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis erhöht sein oder normal bei einer durch indolente Pathogene verursachten Infektion. Daher müssen die Befunde dieser Tests im Kontext der körperlichen Untersuchung und der Ergebnisse der Bildgebung gesehen werden.

Die Röntgenaufnahmen werden etwa nach 2–4 Wochen pathologisch, man sieht eine Erhöhung des Periosts, Knochenzerstörung, Weichteilschwellung und einen Höhenverlust in den Wirbelkörpern, eine Verschmälerung des angrenzenden mitinfizierten Bandscheibenraumes sowie eine Destruktion der Deckplatten über und unter dem betroffenen Bandscheibenraum.

Bei zweideutigen Röntgenaufnahmen oder akuten Symptomen sind CT und MRT die aktuellen bildgebenden Verfahren der Wahl, um Anomalien zu definieren und benachbarte Infektionen wie paravertebrale oder epidurale Abszesse oder infizierte Facettengelenke aufzudecken.

Alternativ ist auch eine Skelettszintigraphie mit Technetium-99 möglich, die früher als das Röntgen pathologisch ausfällt, aber nicht zwischen Infektion, Frakturen und Tumoren unterscheiden lässt.

Eine Szintigraphie der weißen Blutkörperchen mit Indium-111-markierten Zellen kann dazu beitragen, Bereiche mit einer Infektion im Knochenszintigramm besser zu identifizieren.

Der bakteriologische Nachweis ist für eine Optimierung der Therapie der Osteomyelitis notwendig. Eine Knochenbiopsie mit einer Nadel oder die chirurgische Entfernung durch Aspiration oder Débridement der Abszesse liefert Gewebe für kulturelle Untersuchung und Sensitivitätstestungen. Eine Kultur aus einer Höhlendrainage liefert nicht immer ein ähnlich sicheres Ergebnis. Biopsie und Kultur sollten der Antibiotikatherapie vorausgehen, es sei denn, der Patient befindet sich in einem Schockzustand oder hat neurologische Funktionsstörungen (z. B. aufgrund einer Beteiligung der Wirbelsäule oder des Rückenmarks).

Behandlung der Osteomyelitis

  • Antibiotika

  • Operation bei Abszess, konstitutionellen Symptomen, möglicher Instabilität der Wirbelsäule oder großer nekrotischer Knochenareale

Antibiotika

Antibiotika, die sowohl gegen grampositive als auch gegen gramnegative Organismen wirksam sind, werden nach Durchführung der Kulturen verabreicht, bis die Kulturergebnisse und Sensitivitäten vorliegen.

Bei akuter hämatogener Osteomyelitits sollte die initiale Antibiotikatherapie ein penicillinaseresistentes semisynthetisches Penicillin (z. B. Oxacillin 2 g IV alle 4 h) oder Vancomycin (1 g IV alle 12 h, wenn im Umfeld MRSA verbreitet sind, was häufig ist) und ein Cephalosporin der 3. oder 4. Generation (z. B. Ceftazidim 2 g IV alle 8 h oder Cefepim 2 g IV alle 12 h) enthalten.

Die empirische Behandlung der chronischen Osteomyelitis, die aus einem Herd im benachbarten Weichteilgewebe entstanden ist, insbesondere bei Patienten mit Diabetes, muss gegen anaerobe Erreger ebenso wirksam sein wie gegen grampositive und gramnegative Aerobier. Häufig eingesetzt werden Ampicillin/Sulbactam (3 g IV alle 6 h) oder Piperacillin/Tazobactam (3,375 g IV alle 6 h); Vancomycin (1 g IV alle 12 h) wird zusätzlich gegeben, wenn die Infektion schwerwiegend ist oder MRSA verbreitet sind. Die Antibiotika müssen parenteral für 4–8 Wochen gegeben werden, angepasst an die entsprechenden Befunde der Kulturen.

Operative Eingriffe

Wenn die Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsverlust oder Krankheitsgefühl persistieren oder große Knochenareale zerstört sind, muss das nekrotische Gewebe chirurgisch entfernt werden. Ein chirurgisches Eingreifen kann auch erforderlich sein, um koexistierende paravertebrale oder epidurale Abszesse zu drainieren oder die Wirbelsäule zu stabilisieren, um Komplikationen zu verhindern. Hautverpflanzungen sind oft nötig, um größere chirurgisch verursachte Defekte zu schließen. Breitspektrumantibiotika sollten über länger als 3 Wochen über den Eingriff hinaus weiter verabreicht werden. Eine Langzeitantibiotikatherapie kann notwendig sein.

Wichtige Punkte

  • Die meisten Fälle von Osteomyelitis entstehen durch Aussaat aus der Umgebung oder durch offene Wunden und zeigen oft eine polymikrobielle Besiedelung und/oder schließen S. aureus ein.

  • Ein Verdacht auf Osteomyelitis besteht bei Patienten mit lokalisierten peripheren Knochenschmerzen, Fieber und Unwohlsein oder mit lokalisiertem, refraktärem Wirbelkörperschmerz und Druckschmerzhaftigkeit, insbesondere bei Patienten mit Risikofaktoren für eine Bakteriämie.

  • Da ein Osteomyelitisnachweis anhand von Röntgenaufnahmen normalerweise erst nach > 2 Wochen möglich ist, sind eine CT oder MRT durchzuführen.

  • Die Initialtherapie besteht in der Gabe eines Breitspektrumantibiotikums.

  • Um das beste Outcome zu erzielen, sollte die Behandlung auf den Kulturergebnissen des Knochengewebes basieren.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für die Inhalte dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. Klinische Praxisleitlinien der Infectious Diseases Society of America (IDSA) von 2015 zur Diagnose und Behandlung der nativen Wirbelkörperosteomyelitis bei Ewachsenen: Enthält evidenz- und expertenbasierte Empfehlungen für die Diagnose und das Management von Patienten mit NVO, die mit einer antimikrobiellen Therapie behandelt werden, mit oder ohne chirurgischen Eingriff

  2. Schmitt SK: Osteomyelitis. Infect Dis Clin North Am 31(2):325-338, 2017. doi:10.1016/j.idc.2017.01.010