Anisokorie

(ungleiche Pupillengröße)

VonChristopher J. Brady, MD, Wilmer Eye Institute, Retina Division, Johns Hopkins University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Mai 2021
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Die Anisokorie bezeichnet ungleiche Pupillengrößen. Die Anisokorie selbst ist symptomlos.

Ätiologie der Anisokorie

In den meisten Fällen ist die Anisokorie iatrogen bedingt.

  • Physiologisch (bei etwa 20% der Menschen vorhanden): Der Unterschied zwischen den Pupillengrößen bei physiologischen Anisokorien beträgt typischerweise ≤ 1 mm.

Siehe Tabelle Einige häufige Ursachen der Anisokorie für andere Ursachen der Anisokorie.

Tabelle

Viele Erkrankungen gehen aufgrund einer Dysfunktion der Iris oder einer neurologischen Störung mit einer Anisokorie einher, manifestieren sich dann aber durch andere Beschwerden (z. B. Uveitis, Schlaganfall, Subarachnoidalblutung, akutes Engwinkelglaukom).

Auswertung der Anisokorie

Das Ziel der Untersuchung ist die Aufklärung der pathophysiologischen Mechanismen der Anisokorie. Durch die Identifizierung bestimmter Mechanismen (z. B. Horner-Syndrom, Okulomotoriuslähmung) lassen sich die gelegentlichen schwereren Ursachen der Anisokorie aufdecken (z. B. Tumor, Aneurysma).

Anamnese

Die jetzige Anamnese bezieht sich auf die aktuelle Symptomatik, ihr Art und ihre Dauer. Es werden sämtliche Kopf- oder Augenverletzungen aus der Vorgeschichte vermerkt.

Bei der Überprüfung der Organsysteme werden weitere Symptome gesucht, die eine Eingrenzung der möglichen Ursachen erlauben: Geburtsschäden oder Chromosomenstörungen (angeborene Defekte), hängendes Lid, Husten, Brustschmerzen oder Atemnot (Horner-Syndrom), Läsionen im Genitalbereich, Lymphadenopathie, Hautausschläge, Fieber (Syphilis) und Kopfschmerzen oder andere neurologische Symptome (Horner-Syndrom oder Okulomotoriuslähmung).

Die Eigenanamnese umfasst bekannte Augenerkrankungen und Operationen sowie die Medikamentenanamnese.

Körperliche Untersuchung

Die Pupillengrößen und die Lichtreaktionen sollten in hellen und dunklen Räumen untersucht werden. Auch die Akkomodation und die extraokularen Bewegungen werden geprüft. Die okularen Strukturen werden mithilfe einer Spaltlampe oder anderen Vergrößerungsgeräten inspiziert, um strukturelle Anomalien und eine Ptosis zu identifizieren. Wenn klinisch indiziert werden weitere Augensymptome evaluiert. Mithilfe einer alten Fotografie lässt sich prüfen (ggf. mit einer Lupe), ob die Anisokorie schon früher vorhanden war.

Warnzeichen

Folgende Befunde sind von besonderer klinischer Relevanz:

  • Ptosis

  • Anhidrose

  • Pupillen, die stärker auf Akkomodation als auf Licht reagieren

  • Eingeschränkte extraokuläre Bewegungen.

Interpretation der Befunde

Wenn der Größenunterschied im Dunkeln größer ist, ist die kleinere Pupille abnormal (weil die Pupille sich im Dunkeln erweitern sollte, um mehr Licht einzulassen). Häufige Ursachen sind das Horner-Syndrom und eine physiologische Anisokorie. Die Differenzierung kann über die Instillation eines Mydriatikums erfolgen (z. B. Kokain 10%), auf das die kleine Pupille des Horner-Syndroms nicht anspricht. Bei physiologischer Anisokorie kann die Differenz in der Pupillengröße auch im Hellen und Dunklen gleich sein.

Wenn der Unterschied in den Pupillengrößen im Licht größer ist, ist die größere Pupille abnormal (weil die Pupille sich im Licht verengen sollte, um weniger Licht einzulassen). Sind die extraokularen Bewegungen beeinträchtigt, besonders bei gleichzeitiger Ptosis, ist eine Okulomotoriuslähmung (N. III) wahrscheinlich. Sind die extraokularen Bewegungen unauffällig, kann eine weitere Differenzierung durch Instillation eines Myotikums erfolgen (z. B. Pilocarpin 0,1%). Bei einer Verengung der großen Pupille, ist die Ursache wahrscheinlich ein Adie-Syndrom; wenn die große Pupille sich nicht verengt, handelt es sich wahrscheinlich um eine medikamentöse oder drogenbedingte Ursache oder um strukturelle Schäden an der Iris (z. B. traumatisch oder chirurgisch).

Tests

Die Prüfung ist in der Regel unnötig und bleibt klinisch suspekten Störungen vorbehalten. Bei Patienten mit einem Horner-Syndrom oder einer Okulomotoriuslähmung ist in der Regel ein kraniales MRT oder CT erforderlich und -bei Horner-Syndrom- Röntgenthorax.

Behandlung von Anisokorie

Oft ist keine Behandlung der Anisokorie selbst nötig. Grunderkrankungen (z. B, Horner-Syndrom) sollten wie angegeben bewertet und behandelt werden.

Wichtige Punkte

  • Physiologische Anisokorie ist sehr häufig und verursacht < 1 mm Unterschied zwischen den Pupillen in der Größe; größere Unterschiede erfordern eine Abklärung.

  • Die Untersuchung der Pupillen bei hell und dunkel und die Inspektion eines alten Fotos oder des Führerscheins des Patienten können helfen, die abnorme Pupille zu identifizieren; Die Verwendung von Pupillenerweiterung und -verengung und weitere Augenuntersuchung können zusätzliche diagnostische Informationen liefern.

  • Eine schwere Erkrankung steht bei Patienten mit Horner-Syndrom oder einer Okulomotoriuslähmung im Raum.