Unterkühlung

VonDaniel F. Danzl, MD, University of Louisville School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Dez. 2022
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Kurzinformationen

Eine Unterkühlung (lebensbedrohlich niedrige Körpertemperatur) wird häufig als Kälteschaden bezeichnet, weil sie durch eine Belastung mit kalter Umgebung verursacht oder verschlimmert werden kann.

  • Sich in einer zu kalten Umgebung befinden, an bestimmten Krankheiten leiden oder sich nicht bewegen können, erhöht das Risiko für eine Unterkühlung (Hypothermie).

  • Der Betroffene zittert zunächst, kann dann aber verwirrt werden und das Bewusstsein verlieren.

  • Der Betroffene kann sich durch Aufwärmen und Trocknen wieder erholen, es sei denn, dass die Körpertemperatur sehr niedrig ist.

  • Wenn die Körpertemperatur sehr niedrig ist, wärmen Ärzte den Patienten mit warmem Sauerstoff und intravenös verabreichten oder per Katheter über die Blase, den Magen, den Bauchraum oder den Brustraum zugeführten warmen Flüssigkeiten auf. Der Körper wird außerdem von außen erwärmt.

Die Hypothermie, die in den USA jedes Jahr etwa 600 Todesfälle verursacht, ist stark untererfasst und geschieht zumeist unabsichtlich, in seltenen Fällen durch Mord oder Selbstmord. Eine Hypothermie steigert auch das Sterberisiko bei Menschen mit Herz-, Blutgefäß- und Nervenschäden.

Eine Unterkühlung tritt ein, wenn der Körper mehr Wärme verliert, als durch eine Steigerung des Stoffwechsels durch körperliche Betätigung oder durch Erwärmung von außen, wie etwa durch ein Feuer oder die Sonne, erzeugt werden kann. Wind, Sitzen und Liegen auf einer kalten Oberfläche und das Eintauchen in kaltes Wasser verursachen einen erhöhten Wärmeverlust. Ein plötzliches Eintauchen in sehr kaltes Wasser kann innerhalb von 5 bis 15 Minuten zu einer tödlichen Hypothermie führen. Ein paar Menschen aber, in den meisten Fällen Säuglinge und Kleinkinder, haben ein vollständiges Eintauchen in Eiswasser bis zu 1 Stunde überlebt. Durch den Schock können alle Funktionen bis auf die Grundfunktionen abgeschaltet werden, um den Körper zu schützen (siehe Auswirkungen bei Untertauchen in kaltem Wasser). Auch ein längerer Aufenthalt in nur mäßig kaltem Wasser kann eine Unterkühlung nach sich ziehen.

Am stärksten gefährdet sind Personen, die regungslos im Kalten liegen, z. B. Menschen, die einen Schlaganfall oder einen Krampf hatten oder aufgrund einer Vergiftung bewusstlos wurden, Menschen, die einen niedrigen Blutzuckerspiegel oder eine Verletzung haben. Sie sind zum einen nicht in der Lage, sich aus der kalten Umgebung zu retten, zum anderen erzeugen sie, weil sie sich nicht bewegen, keine Körperwärme. Bei solchen Menschen besteht das Risiko, dass sie unterkühlt (hypothermisch) werden, auch wenn die Umgebungstemperatur etwa 13°bis 16 °C beträgt.

Sehr kleine Kinder und sehr alte Menschen sind besonders gefährdet, sich zu unterkühlen (Hypothermie). Menschen dieser Altersklassen gleichen Kälte oft nicht so gut aus wie junge Erwachsene und sind auf andere angewiesen, damit diese voraussehen, was sie benötigen, und sie warmhalten. Ältere Menschen kühlen oft aus, wenn sie stundenlang reglos in einem kalten Raum sitzen. Säuglinge verlieren schnell ihre Körperwärme und sind besonders anfällig für eine Hypothermie. Manchmal führt eine Krankheit, zum Beispiel eine schwere Infektion oder eine Unterfunktion der Schilddrüse (Hypothyreose) zur Unterkühlung (Hypothermie) oder trägt dazu bei.

Symptome einer Unterkühlung

Zu den ersten Symptomen einer Unterkühlung zählen starkes Zittern und Zähneklappern. Die Körpertemperatur fällt weiter,

  • Das Zittern hört auf.

  • Die Bewegungen werden langsam und schwerfällig.

  • Die Reaktionszeit ist verlängert.

  • Das Denken ist diffus.

  • Das Urteilsvermögen ist eingeschränkt.

Diese Symptome verschlimmern sich eventuell so langsam, dass die Betroffenen, auch die Begleiter der betroffenen Person, nicht merken, was los ist. Die Betroffenen können stürzen, herumirren oder sich einfach zum Ausruhen hinlegen.

Wenn das Zittern aufhört, werden die Menschen schläfriger und fallen ins Koma. Die Herz- und Atemfrequenzen werden langsamer und schwächer. Wenn sie sich stark verlangsamen, scheint die Person keine Lebenszeichen mehr von sich zu geben (kein Herzschlag bzw. keine Atmungsversuche), obwohl das Herz noch sehr schwach schlägt. Gegebenenfalls hört das Herz aber tatsächlich auf zu schlagen.

Je niedriger die Körpertemperatur ist, desto höher ist das Risiko zu sterben. Der Tod kann bei einer Körpertemperatur von unter 31 °C eintreten, mit größter Wahrscheinlichkeit aber bei unter 28 °C.

Wichtige Informationen für ältere Menschen: Anpassung an kalte Temperaturen

Mit zunehmendem Alter kann sich der Körper schlechter auf die Kälte einstellen. Im Alter ist der Körper weniger in der Lage, zu zittern und das Blut aus der Oberfläche des Körpers umzuleiten. Auch wird die Fettschicht unterhalb der Haut dünner, sodass der Körper schlechter gegen einen Wärmeverlust geschützt ist.

Auch Krankheiten (wie zum Beispiel Herz- und Gefäßkrankheiten, die bei älteren Menschen besonders häufig vorkommen) können dazu führen, dass Zittern und Umleitung des Blutes im Körper weniger effizient sind, so dass die Betroffenen die Belastungen durch die Hypothermie weniger gut kompensieren können. Die Fähigkeit des Körpers, Wärme zu erzeugen, sinkt auch aufgrund von einigen Erkrankungen, die häufig bei älteren Menschen entstehen, wie etwa einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Jemand, der wegen einer Verletzung oder einer Krankheit wie etwa einem Schlaganfall oder einer Arthritis weniger in der Lage ist, sich zu bewegen, ist auch einem größeren Risiko ausgesetzt, eine gefährliche Unterkühlung zu erleiden, weil die eingeschränkte Bewegung dazu führt, dass die wärmeerzeugenden Muskeln weniger betätigt werden. Alkohol und bestimmte Medikamente wie etwa Antidepressiva steigern das Risiko ebenso.

Eine Hypothermie lässt sich so gut wie immer vermeiden. Älteren Menschen wird empfohlen, folgende Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen:

  • Halten Sie die Umgebung warm. Ältere Menschen halten die Temperatur in ihrer Wohnung manchmal niedriger als erforderlich, um Geld zu sparen. Der Thermostat sollte aber auf mindestens 20 ° C eingestellt sein. Besonders wichtig ist es, dass das Schlafzimmer warmgehalten wird. Finanzielle Hilfsprogramme für Heizenergie, und um das Haus winterfest zu machen, können dazu beitragen, die Kosten zu senken.

  • Tragen Sie mehrere Schichten Kleidung. Kleidung aus Wolle und Synthetik wie etwa Polypropylen sind besonders hilfreich, weil diese Materialien auch dann gegen Kälte schützen, wenn sie nass werden. Da über den Kopf viel Wärme verloren geht, ist eine Kopfbedeckung sehr wichtig. Auch die Finger und Zehen müssen geschützt werden.

  • Nehmen Sie warmes Essen und heiße Getränke zu sich. Nahrung liefert Energie, die verbrannt werden kann, und warme Getränke liefern Wärme und verhindern eine Dehydrierung.

  • Meiden Sie alkoholische Getränke. Alkohol erweitert die Blutgefäße in der Haut, wodurch sich der Körper zeitweilig warm anfühlt, tatsächlich aber einen höheren Hitzeverlust erleidet.

  • Bewegen Sie sich viel, besonders bei kalter Witterung. Sportliche Betätigung kann die Wärmeerzeugung des Körpers steigern.

Diagnose einer Unterkühlung

  • Messung der Körpertemperatur

  • Manchmal Tests auf andere Krankheiten

Die medizinischen Fachkräfte diagnostizieren eine Unterkühlung (Hypothermie), wenn sie eine Körpertemperatur unter 35° C messen, meistens mit einem rektal eingeführten Thermometer. Herkömmliche Thermometer zeigen keine Temperaturen unter 34 °C an. Deshalb benötigt man zur Messung der Temperatur bei einer schweren Unterkühlung spezielle Thermometer.

Es werden Bluttests und manchmal andere Untersuchungen durchgeführt, um zu sehen, ob eine Störung, wie etwa eine Infektion oder eine Hypothyreose, die Hypothermie verursacht haben. Wenn der Betroffene keine Lebenszeichen von sich gibt, kann die medizinische Fachkraft mittels Herzultraschall feststellen, ob das Herz noch schlägt.

Behandlung einer Unterkühlung

  • Den Körper von außen durch Ausziehen der nassen Kleidung und Einwickeln in warme Decken trocknen und wärmen

  • Den Körper von innen durch Zuführung der erwärmten Luft zum Einatmen und Verabreichung warmer Flüssigkeiten wärmen

Ambulante Behandlung

In den frühen Stadien einer Unterkühlung kann sich der Betroffene durch Abtrocknen des Körpers, Anziehen warmer, trockener Kleidung, Einhüllen in warme Bettdecken und Zufuhr heißer Getränke wieder erholen. Bei Menschen, die bewusstlos aufgefunden werden, wird einem weiteren Hitzeverlust vorgebeugt, indem man sie in eine warme, trockene Decke hüllt und, wenn möglich, vorsichtig die nasse Kleidung auszieht und sie an einen warmen Ort bringt, während gleichzeitig Vorkehrungen getroffen werden, um sie sofort ins Krankenhaus zu bringen.

Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW) außerhalb eines Krankenhauses wird nicht empfohlen, insbesondere nicht von Umstehenden, wenn es Lebenszeichen gibt, die sehr schwer erkennbar sind. Besonders für nicht ausgebildete Personen ist es mitunter schwierig, ein sehr schwaches Atmen und schwache Herzschläge festzustellen. Oft ist kein Puls zu spüren und kein Herzschlag zu hören, obwohl das Herz schwach schlägt. Mit einer stark unterkühlten Person muss sehr vorsichtig umgegangen werden, da eine plötzliche Aufregung eine Herzrhythmusstörung (Arrhythmie) mit tödlichem Verlauf auslösen kann.

Stationäre Behandlung

Im Krankenhaus wärmen die Ärzte die Person zunächst mit warmen Sauerstoff, der eingeatmet wird, und mit warmen Flüssigkeiten, die intravenös verabreicht oder mit einem Plastikkatheter über die Blase, den Magen, den Bauchraum oder den Brustraum eingeführt werden, auf. Außerdem kann das Blut im Hämodialyseverfahren (bei dem Blut aus dem Körper durch einen Filter mit einer Wärmevorrichtung und wieder in den Körper zurückgepumpt wird) oder mit einer Herz-Lungen-Maschine (die Blut aus dem Körper pumpt, das Blut erwärmt, Sauerstoff zuführt und das Blut dann wieder dem Körper zuführt) erwärmt werden.

Um diesen Personen beim Atmen zu helfen, führen Ärzte gegebenenfalls einen Plastikschlauch mithilfe einer mechanischen Beatmung durch den Mund in die Luftröhre ein (endotracheale Intubation). Bei Herzstillstand wird eine HLW (Herz-Lungen-Wiederbelebung) durchgeführt.

Da es immer wieder vorkommt, dass sich Personen mit einer Hypothermie, die im Krankenhaus ohne ein Lebenszeichen angekommen sind, wieder erholen, führen die Ärzte die Wiederbelebungsversuche gewöhnlich so lange fort, bis der Betroffene wieder aufgewärmt ist oder bis sie sich sicher sind, dass sich kein Herzschlag oder ein anderes Lebenszeichen zeigt.