Schmerzbehandlung

VonJames C. Watson, MD, Mayo Clinic College of Medicine and Science
Überprüft/überarbeitet März 2022
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Nichtopioid- und Opioidanalgetika sind wichtigsten Arzneimittel in der Schmerzbehandlung. Antidepressiva, Antiepileptikaund andere ZNS-aktive Arzneimittel können auch bei chronischem oder neuropathischem Schmerz eingesetzt werden und sind 1. Wahl bei einigen Krankheitszuständen. Neuraxiale Infusionen, Nervenstimulation und Nervenblockaden können ausgewählten Patienten helfen.

Kognitiv-behaviorale Interventionen können Schmerzen und schmerzbedingte Behinderungen verringern und Patienten bei der Bewältigung helfen. Diese Maßnahmen umfassen Beratung, um die Gedanken des Patienten von den Auswirkungen und Einschränkungen der Schmerzen auf die Entwicklung persönlicher Bewältigungsstrategien zu lenken, und können auch Beratung umfassen, um den Patienten und seine Familie bei der gemeinsamen Bewältigung der Schmerzen zu unterstützen.

Einige integrative (komplementär- und alternativmedizinische) Verfahren (z. B. Akupunktur, Biofeedback, Bewegung, Hypnose, Entspannungstechniken) werden manchmal eingesetzt, insbesondere zur Behandlung chronischer Schmerzen.

(Siehe auch Schmerz im Überblick.)

Nichtopioidanalgetika

Paracetamol und nichtsteroidalen Antiphlogistika sind häufig wirksam bei leichtem bis mittelschwerem Schmerz (siehe Tabelle Nichtopioidanalgetika). Diese Medikamente werden oral verabreicht; Ibuprofen, Ketorolac, Diclofenac und Paracetamol können parenteral gegeben werden. Nichtopioide verursachen keine körperliche Abhängigkeit oder Toleranzentwicklung.

Tabelle

Acetaminophen (Paracetamol) hat keine antiinflammatorischen oder antikoagulatorischen Effekte und verursacht keine Magenschleimhautreizung.

Aspirin ist das preiswerteste NSAR, hat aber irreversible thrombozytenhemmende Wirkungen und erhöht das Risiko von Magen-Darm-Blutungen.

NSAR haben eine analgetische, antiinflammatorische und thrombozytenaggregationshemmende Wirkung. Sie hemmen die Isoenzyme der Cyclooxygenase (COX) und verringern so die Produktion der Prostaglandine. Es gibt mehrere Klassen von NSAR, die unterschiedliche Wirkmechanismen und unerwünschte Wirkungen haben:

  • Nichtselektive COX-Inhibitoren (z. B. Ibuprofen, Naproxen)

  • Selektive COX-2-Inhibitoren (Coxibe; z. B. Celecoxib)

Beide COX-Inhibitoren sind wirksame Analgetika. Coxibe haben das geringste Risiko für die Bildung von Ulzera und für gastrointestinale Nebenwirkungen. Wird jedoch ein Coxib mit niedrig dosiertem Aspirin kombiniert, kann es keinen gastrointestinalen Vorteil im Vergleich zu anderen nichtsteroidalen Antiphlogistika aufweisen.

Studien legen nahe, dass die Hemmung von COX-2, die mit nichtselektiven COX-Inhibitoren und mit Coxiben auftritt, einen prothrombotischen Effekt hat, der das Risiko von Myokardinfarkt, Schlaganfall und "Schaufensterkrankheit"erhöhen kann. Dieser Effekt scheint je nach Medikament, Dosis und Dauer zu variieren. Es gibt einige Belege dafür, dass das Risiko bei einigen nichtselektiven COX-Hemmern (z. B. Ibuprofen, Naproxen, Coxibs [Celecoxib]) sehr gering ist. Allerdings sollten Ärzte das Potenzial für prothrombotische Effekte als ein Risiko bei allen NSAR betrachten. Daher sollten alle NSAR bei Patienten mit klinisch signifikanter Atherosklerose oder mehreren kardiovaskulären Risikofaktoren vorsichtig eingesetzt werden.

Wenn ein nichtsteroidales Antiphlogistikum voraussichtlich nur kurzfristig eingesetzt wird, sind erhebliche unerwünschte Wirkungen unwahrscheinlich, unabhängig vom eingesetzten Wirkstoff. Einige Ärzte verwenden zuerst ein Coxib, wenn eine Langzeittherapie (z. B. über Monate) zu erwarten ist, da das Risiko von gastrointestinalen Nebenwirkungen geringer ist. Andere beschränken dessen Einsatz auf Patienten mit einer Prädisposition für gastrointestinale Nebenwirkungen (z. B. ältere Patienten, Patienten, die Kortikosteroide einnehmen, Patienten mit einer positiven Vorgeschichte für peptische Ulzera oder gastrointestinale Störungen unter anderen nichtsteroidalen Antiphlogistika) und auf Patienten, die Probleme mit oder eine Vorgeschichte einer Unverträglichkeit auf nichtselektive nichtsteroidale Antiphlogistika haben.

Alle nichtsteroidale Antiphlogistika sollten bei Patienten mit Niereninsuffizienz vorsichtig eingesetzt werden, denn Coxibe sind nicht nierenschonend.

Wenn die initial verordneten Dosen nur eine unzureichende Analgesie bewirken, wird eine höhere Dosis gegeben, bis zu der üblicherweise als sicher angesehenen maximalen Dosis. Bei unzureichender Analgesie sollte das Arzneimittel abgesetzt werden. Wenn der Schmerz nicht stark ist, kann ein anderes nichtsteroidales Antiphlogistikum ausprobiert werden, weil die Response von Medikament zu Medikament variiert. Während einer Langzeittherapie mit nichtsteroidalem Antiphlogistikum ist ein Monitoring auf okkultes Blut im Stuhl, auf Veränderungen von Blutbild, Elektrolyten sowie Leber- und Nierenfunktion ratsam.

Topische nichtsteroidale Antiphlogistika können direkt an die schmerzhaften Bereiche bei Erkrankungen wie Osteoarthritis und kleineren Verstauchungen, Zerrungen und Prellungen angebracht werden werden. Eine 1,5% ige Lösung von Diclofenac hat sich als effektiv gezeigt bei der Behandlung von Schmerz und eingeschränkter Gelenkfunktion, die durch Osteoarthritis der Knie verursacht wird. Die Dosis beträgt 40 Tropfen (1,2 ml), die auf jedem betroffenen Knie 4-mal täglich aufgebracht werden. Andere topische Diclofenac-Formulierungen, die bei lokaler Schmerzlinderung hilfreich sein können, umfassen ein Pflaster (2-mal täglich über die betroffene Stelle aufgetragen) oder ein 1%-iges Gel (2 g 4-mal täglich für die oberen Extremitäten oder 4 g 4-mal täglich für die unteren Extremitäten).

Opioidanalgetika

„Opioid“ ist ein generischer Begriff für natürliche oder synthetische Substanzen, die an spezifische Opioidrezeptoren im zentralen Nervensystem (ZNS) binden und dort agonistisch wirken. Opioide werden auch als Narkotika bezeichnet—ein Begriff, der ursprünglich für jede psychoaktive Substanz benutzt wurde, die den Schlaf induziert. Opioide haben sowohl analgetische und Schlaf-induzierende Wirkung, aber die beiden Effekte unterscheiden sich voneinander.

Einige Opioide, die zur Analgesie verwendet werden, weisen sowohl agonistische als auch antagonistische Aktivität auf. Das Missbrauchspotenzial bei Personen mit bekannter Missbrauchs- oder Suchtgeschichte kann bei Agonisten-Antagonisten (z. B. Buprenorphin, Butorphanol) geringer sein als bei reinen Agonisten (z. B. Morphin, Oxycodon, Hydromorphon), aber Agonisten-Antagonisten haben eine Obergrenze für die Analgesie und lösen bei Patienten, die bereits physisch von Opioiden abhängig sind, ein Entzugssyndrom aus.

Tabelle

Opioid-Analgetika haben sich bei der Behandlung akuter Schmerzen, Krebsschmerzen, und Schmerzen am Lebensende sowie als Teil von Palliativpflege bewährt. Eine angemessene Bewertung des Patienten und die Berücksichtigung anderer Behandlungsmöglichkeiten sowie des Risikos des Opioidmissbrauchs sind Teil des Entscheidungsprozesses, um zwischen dem Risiko des Missbrauchs und der Unterbehandlung von Schmerzen abzuwägen.

Opioide werden manchmal bei Patienten mit schweren akuten Schmerzen oder bei Patienten mit Schmerzen und einer terminalen Erkrankung wie Krebs zu wenig genutzt, was zu unnötigen Schmerzen und Leiden führt. Zu den Gründe für die Unterversorgung gehören

  • Unterschätzung der wirksamen Dosis

  • Überschätzung des Risikos von Nebenwirkungen

Im Allgemeinen sollten Opioide bei der Behandlung von akuten, starken Schmerzen nicht zurückgehalten werden. Allerdings begrenzt die gleichzeitige Behandlung der Ursache, die den Schmerz verursacht, in der Regel die Dauer der starken Schmerzen und die Notwendigkeit von Opioiden.

Im Allgemeinen werden bei akuten Schmerzen am besten kurz wirksame (sofort freisetzende) reine Agonistenin der niedrigstmöglichen wirksamen Dosierung und für kurze Zeit eingesetzt; die Richtlinien der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) empfehlen 3 bis 7 Tage (1). Ärzte sollten die Patienten vor der Verschreibung von Opioiden neu bewerten. Die Verwendung von Opioiden in höheren Dosen und/oder für eine längere Zeit erhöht das Risiko einer Langzeit-Opioid-Therapie, Nebenwirkungen und Opioidmissbrauch. Patienten mit Schmerzen aufgrund einer akuten, vorübergehende Störung (z. B- Bruch, Verbennungen, chirurgische Verfahren) sollten so schnell wie möglich auf ein Opiod-freies Medikament umgestellt werden.

Im Allgemeinen sollten Opioide bei der Behandlung von Krebsschmerzen nicht verweigert werden; in solchen Fällen können unerwünschte Wirkungen verhindert oder unter Kontrolle gebracht werden, und eine Abhängigkeit ist weniger bedenklich.

Es gibt keine ausreichende Evidenz für eine Opioidtherapie zur langfristigen Behandlung von chronischen Schmerzen aufgrund von nicht-terminalen Erkrankungen. Auch kann eine langfristige Opioid-Therapie zu schweren Nebenwirkungen führen (z. B. Opioidkonsumstörung [Sucht], Überdosierung, Atemdepression, Tod). Daher sollten bei Patienten mit chronischen Schmerzen aufgrund von nicht-terminalen Erkrankungen risikoärmere nicht-opioide Therapien vor Opioiden versucht werden; zu diesen Therapien gehören

  • Nicht-opioide Medikamente

  • Integrative (komplementäre und alternative) Medizintechniken (z. B. Akupunktur, Massage, transkutane elektrische Stimulation [TENS])

  • Kognitiv-verhaltenstherapeutische Techniken

  • Interventionelle Therapien (Epiduralijektionen, Gelenkinjektionen, Nervenblockaden, Nervenablation, spinale oder periphere Nervenstimulation)

Bei Patienten mit chronischen Schmerzen aufgrund nicht-terminaler Störungen kann eine Opioid-Therapie in Betracht gezogen werden, in der Regel jedoch nur, wenn die Therapie mit Nichtopioiden nicht erfolgreich war. In solchen Fällen werden Opioide (oft in Kombination mit Nichtopioid-Therapien) nur dann verwendet, wenn der Nutzen von Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung die Risiken von Nebenwirkungen und Missbrauch von Opioiden überwiegt. Eine Einverständniserklärung hilft, die Ziele, Erwartungen und Risiken der Behandlung zu klären und die Aufklärung und Beratung über den Missbrauch erleichtern.

Wenn eine Behandlung mit Opioiden angebracht ist, können chronische Schmerzen mit lang wirksamen Formulierungen behandelt werden (siehe Tabellen Opioid-Analgetika und Äquianalgetische Dosen von Opioid-Analgetika). Lang wirkende Formulierungen sollten nicht für opioidnaive Patienten verwendet werden, da sie ein höheres Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen haben (z. B. Tod durch Atemdepression).

Patienten, die eine langfristige (> 3 Monate) Opioidtherapie erhalten, sollten regelmäßig auf Schmerzkontrolle, funktionelle Verbesserung, Nebenwirkungen und Anzeichen von Missbrauch untersucht werden. Eine Opioidtherapie sollte als fehlgeschlagene Behandlung betrachtet und in folgenden Fällen reduziert und abgesetzt werden

  • Die Patienten leiden trotz steigender Opioiddosen hartnäckig an starken Schmerzen.

  • Patienten halten sich nicht an die Behandlungsbedingungen.

  • Körperliche oder geistige Funktionen verbessern sich nicht.

Eine körperliche Abhängigkeit (Entwicklung von Entzugssymptomen, wenn das Arzneimittel abgesetzt wird) sollte bei allen Patienten angenommen werden, die mehr als ein paar Tage lang mit Opioiden behandelt wurden. In ähnlicher Weise entwickelt sich bei allen Patienten, die mit Opioiden behandelt werden, eine Toleranz (vermindertes Ansprechen auf dieselbe Dosis eines Arzneimittels, die wiederholt eingenommen wird). Daher sollten Opioide so kurz wie möglich verwendet werden. Bei abhängigen Patienten sollte die Dosis reduziert werden, um Entzugssymptome zu kontrollieren, wenn Opioide nicht mehr erforderlich sind. Die Abhängigkeit unterscheidet sich von Opioidkonsumstörung, die in der Regel zwanghaften Gebrauch und überwältigende Beteiligung mit dem Medikament beinhaltet, einschließlich Verlangen, Verlust der Kontrolle über den Gebrauch und Gebrauch trotz Schaden. Das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fifth Edition (DSM-5) sieht vor spezifische Kriterien zur Diagnose von Opioidkonsumstörung.

Opioide haben unterschiedliche Wirkstärken, die auf ihrer Fähigkeit beruhen, an Opioidrezeptoren zu binden, und auf der Effizienz der oralen Absorption des Opioids im Vergleich zur direkten Injektion in das Gefäßsystem. Das Verständnis der Wechselbeziehung dieser Potenzen ist von wesentlicher Bedeutung, wenn Patienten von einem Opioid auf ein anderes oder von einer oralen auf eine intravenöse Form umgestellt werden müssen. Zum Beispiel entsprechen 30 mg Morphin oral

  • 10 mg Morphin i.v. (Verhältnis von oral zu intravenös 3 : 1)

  • 20 mg Oxycodon oral

  • 7,5 mg Hydromorphon oral

Um einen Vergleich von Opioidkonsum und -risiko zu ermöglichen, sollten Ärzte die Gesamtdosierung der verschiedenen Formen als einheitliche Variable betrachten. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) haben ihre Leittlinien für den Opioidkonsum und das Opioidrisiko anhand der von einem Patienten täglich eingenommenen oralen Morphin-Milligramm-Äquivalente (OMME) erstellt. Zum Beispiel nimmt ein Patient, der 4-mal täglich 10 mg Oxycodon oral einnimmt, täglich 40 mg Oxycodon oral ein. Auf der Grundlage der Umrechnung der äquianalgetischen Dosis in der nachstehenden Tabelle (20 mg Oxycodon oral entsprechen 30 mg Morphin oral) entsprechen 40 mg Oxycodon oral 60 mg Morphin oral pro Tag (60 mg OMME). Ein Patient, der 4-mal täglich 4 mg Hydromorphon oral einnimmt (16 mg pro Tag), nimmt ein OMME von 64 mg ein (siehe Tabelle unten); 7,5 mg Hydromorphon oral entsprechen 30 mg Morphin oral (vereinfacht auf 1 mg Hydromorphon oral entspricht 4 mg Morphin oral).

Tabelle

Applikationsweg

Die orale Verabreichungvon Opioiden kann für die Behandlung akuter Schmerzen verwendet werden, wenn der Patient orale Medikamente verträgt..

Die orale oder transdermale Applikation wird in der Langzeitanwendung bevorzugt; beide sind effektiv und führen zu stabilen Blutspiegeln. Retardiert freisetzende orale und transdermale Formulierungen ermöglichen eine weniger häufige Dosierung, was für die nächtliche Schmerzlinderung wichtig ist.

Transmukosale (sublingual) Formulierungen von Fentanyl sind verfügbar. Lutschtabletten werden zur Sedierung von Kindern und zur Behandlung von Durchbruchschmerzen bei Krebspatienten eingesetzt, die zuvor Opioide eingenommen haben.

Die IV-Applikation bietet den schnellsten Wirkungseintritt und damit die einfachste Titration, jedoch ist die analgetische Wirkdauer kurz. Starke und schnelle Blutspiegelschwankungen (Boluseffekt) können bei Maximalspiegeln im frühen Dosierungsintervall zu Toxizität oder später bei Talspiegeln zu Durchbruchschmerzen führen. Kontinuierliche IV-Infusion, manchmal mit vom Patienten selbst kontrollierten zusätzlichen Dosen, eliminiert diesen Effekt, erfordert jedoch eine teure Pumpe; dieser Applikationsweg wird am häufigsten bei postoperativen Schmerzen eingesetzt.

Die IM-Route bietet eine Analgesie länger als i.v., ist aber schmerzhaft und die Absorption kann unregelmäßig sein; es wird nicht empfohlen, außer wenn eine Einzeldosis erwartet wird und ein Patient keinen intravenösen Zugang hat.

Intraspinale Opioide (z. B. Morphin 5–10 mcg epidural oder 0,5–1 mg intrathekal bei akutem Schmerz) können eine Schmerzlinderung bewirken, die bei Gabe eines hydrophilen Wirkstoffs wie Morphin verlängert wird; sie werden typischerweise perioperativ eingesetzt. Implantierte Infusionsgeräte ermöglichen eine langfristige neuraxiale Infusion, in der Regel bei krebsbedingten Schmerzen. Diese Systeme können ebenfalls mit anderen Arzneimitteln kombiniert werden (z. B. Lokalanästhetika, Clonidin, Ziconotid).

Die kontinuierliche subkutane Langzeitinfusion kann eingesetzt werden, insbesondere bei Tumorschmerzen.

Dosierung und Titration

Die Anfangsdosis bei einem opioidnaiven Patienten ist in der Regel die niedrigste verfügbare Anfangsdosis der Formulierung mit sofortiger Freisetzung, und sie wird schrittweise um die kleinste praktische Menge erhöht, bis die Analgesie zufriedenstellend ist oder die Behandlung durch Nebenwirkungen eingeschränkt wird. Langzeitwirksame Opioide sollten bei opioid-naiven Patienten nicht als First-Line-Therapie eingesetzt und nicht für die intermittierende Anwendung verschrieben werden.

Nichtopioidanalgetika (z. B. Paracetamol, nichtsteroidale Antiphlogistika) werden oft begleitend gegeben. Produkte, die beide Arzneimittel enthalten, sind praktisch, jedoch kann das Nichtopioid die Auftitration des Opioids limitieren.

Ältere Patienten reagieren empfindlicher auf Opioide und sind für unerwünschte Wirkungen prädisponiert; opioidnaive ältere Patienten brauchen typischerweise niedrigere Dosierungen als jüngere Patienten. Neugeborene, besonders Frühgeborene, reagieren ebenfalls sehr empfindlich auf Opioide, weil adäquate metabolische Abbauwege noch nicht ausgereift sind.

Sedierung und Atemfrequenz werden überwacht bei parenteraler Gabe der Opioide oder Verabreichung an opioidnaive Patienten. Vor allem bei Opioidtherapie sollte die Opioid-naiven Patienten mit einem kurzwirksamen Medikament beginnen, da viele länger wirkende Opioide in höheren Dosen verabreicht werden und ihre Nebenwirkungen (auch schwere wie Atemdepressionen) länger anhalten.

Bei mäßigen, vorübergehenden Schmerzen kann bei Bedarf ein Opioid verabreicht werden. Bei starken oder anhaltenden Schmerzen sollten regelmäßige Dosen gegeben werden, ohne auf wiederkehrende starke Schmerzen zu warten; zusätzliche Dosen werden je nach Bedarf bei der Behandlung von Krebs gegeben. Die Dosen für Patienten mit chronischen Schmerzen, die nicht durch Krebs hervorgerufen werden, werden typischerweise von Fall zu Fall entschieden.

Die patientengesteuerte Analgesie bietet eine sichere und flexible Möglichkeit, Opioide in einer Krankenhausumgebung zu verabreichen, wenn die Schmerzen stark sind oder orale Analgetika nicht ausreichend sind. Der Arzt kontrolliert die Menge und das Intervall des Bolus und die maximale Dosis, die über ein bestimmtes Zeitintervall (normalerweise 4 Stunden) zur Verfügung steht; diese maximale Dosis wird als Lockout-Dosis bezeichnet. Eine Bolusdosis (z. B. Morphin 1 mg oder Hydromorphon 0,2 mg so oft wie alle 6 Minuten) wird bereitgestellt, wenn der Patient einen Knopf drückt. Wenn das eingestellte Zeitintervall seit der letzten verabreichten Dosis nicht verstrichen ist oder wenn die kumulative Lockout-Dosis in der eingestellten Zeitspanne erreicht wurde, wird als Sicherheitsmaßnahme keine Bolusdosis verabreicht, wenn der Knopf gedrückt wird. Nur der Patient darf die Verabreichungstaste drücken. Wenn Patienten aufgrund ihrer Medikamente oder ihres medizinischen Zustands sediert sind, sind sie nicht wach genug, um den Verabreichungsknopf zu drücken, was eine weitere Sicherheitsebene darstellt.

Gelegentlich kann eine Basisinfusion (z. B. Morphin 0,5–1 mg/Stunde) in Betracht gezogen werden, aber wenn sie mit einem patientengesteuerten Bolus-Opioid verwendet wird, ist das Risiko unerwünschter Wirkungen höher. Daher sollte eine Basisinfusion in solchen Fällen mit Vorsicht eingesetzt werden, und sie sollte nur bei Patienten verwendet werden, die wach genug sind, um eine patientengesteuerte Analgesie zu handhaben, und die sie nur bei Bedarf anwenden werden. Patienten mit vorausgegangener Opioidexposition oder chronischem Schmerz brauchen höhere Bolus- und Basisinfusionsdosen; die verfügbare Dosis wird je nach Response weiter angepasst.

Bei Patienten mit Demenz kann eine patientenkontrollierte Analgesie nicht angewandt werden, Gleiches gilt für kleine Kinder; bei Jugendlichen ist dies jedoch oft machbar.

Die Behandlung von chronischen Schmerzen mit Opioiden sollte nur dann erfolgen, wenn andere Möglichkeiten ausprobiert wurden und nicht wirksam sind. Während einer Langzeitbehandlung kann die effektive Opioiddosis über einen längeren Zeitraum konstant bleiben. Einige Patienten brauchen intermittierende Dosissteigerungen, typischerweise bei körperlichen Veränderungen, die eine Zunahme der Schmerzen nahelegen (z. B. progressive Neoplasien). In diesen Fällen sollte Angst vor Toleranzentwicklung den angemessenen frühen und offensiven Einsatz eines Opioids nicht behindern.

Methadon hat die höchste Rate an opioidinduzierten Todesfällen (pro Rezept) von allen verschriebenen Opioiden. Es sollte nur von praktizierenden Ärzten verschrieben werden. Die Pharmakokinetik von Methadon ist variabel; Methadon sollte mit einer niedrigen Dosis begonnen werden, der Konsum sollte engmaschig überwacht werden, und die Dosis sollte langsam erhöht werden (≤ einmal pro Woche), insbesondere in einem nicht überwachten ambulanten Umfeld. Da Methadon das kardiale QT-Intervall verlängern kann, sollte das QTc-Intervall vor dem Beginn des Methadons und vor und nach einer signifikanten Änderung der Methadon-Dosierung durch das EKG bestimmt werden. Wenn überhaupt, sollte Methadon bei Patienten, die andere Arzneimittel einnehmen, die das QT-Intervall beeinflussen können, mit äußerster Vorsicht angewendet werden.

Wenn eine zuvor ausreichende Dosis unzureichend ist, muss diese Dosis in der Regel erhöht werden, um Schmerzen zu lindern.

Unerwünschte Nebenwirkungen

Bei opioidnaiven Patienten treten zu Beginn der Therapie häufig folgende unerwünschte Wirkungen auf:

  • Sedierung und mentale Trübung

  • Übelkeit und Erbrechen

  • Konstipation

  • Juckreiz

  • Atemdepression

  • Myoklonie

Da stabile Plasmaspiegel nicht vor Durchlaufen von 4–5 Halbwertszeiten erreicht werden, bergen Arzneimittel mit langer Halbwertszeit (v. a. Levorphanol und Methadon) ein Risiko für verzögerte Toxizität bei steigenden Plasmaspiegeln. Retardierte Opioide erfordern typischerweise etliche Tage, bis gleichmäßige Spiegel erreicht werden.

Bei Älteren haben Opioide eher mehr Nebenwirkungen (häufig Obstipation und Sedierung oder geistige Eintrübung). Falls sind ein besonderes Risiko bei älteren Menschen. Opioide können bei männlichen Patienten mit benigner Prostatahyperplasie Harnverhalt verursachen.

Opioide sollten bei Patienten mit bestimmten Erkankungen vorsichtig eingesetzt werden.

  • Leberfunktionsstörungen durch verzögerte Metabolisierung des Arzneimittels, insbesondere bei Retard-Präparaten

  • Chronische obstruktive Lungenerkrankung, da Atemdepression ein Risiko darstellt

  • Unbehandelte obstruktive Schlafapnoe, weil Atemdepressionen ein Risiko darstellen.

  • Einige neurologische Störungen wie Demenz und Enzephalopathie, da Delir ein Risiko darstellt

  • Schwere Niereninsuffizienz, weil Metaboliten akkumulieren und Probleme verursachen können; Akkumulation ist am wenigsten wahrscheinlich bei Fentanyl und Methadon

Sedierung ist üblich. Die Patienten sollten nicht fahren und Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um Stürze und andere Unfälle für einen bestimmten Zeitraum nach der Einleitung von Opioiden und nach einer Erhöhung der Dosis zu verhindern, bis sie die Wirkung des Medikaments auf ihre Fähigkeit, diese Art von Aktivitäten durchzuführen, beurteilen können. Patienten und Familienangehörige sollten angewiesen werden, sich an einen ihrer Ärzte zu wenden, wenn die Patienten übermäßig oder anhaltend sediert sind. Wenn die Sedierung die Lebensqualität beeinträchtigt, können intermittierend bestimmte Stimulanzien gegeben werden (z. B. vor einem Familientreffen oder einem anderen Anlass, der Wachheit erfordert), oder sie können, bei manchen Patienten, regelmäßig verabreicht werden. Medikamente, die wirksam sein können, sind

  • Methylphenidat (5 bis 10 mg oral ein- oder zweimal täglich, titriert mit 5 mg alle 3 Tage bis zu einer maximalen Dosis von 40 mg pro Tag)

  • Dextroamphetamin (zunächst 2,5 mg oral ein- oder zweimal täglich)

  • Modafinil (zunächst 100 mg oral für 3 bis 7 Tage, dann 200 mg oral einmal täglich)

Diese Arzneimittel werden in der Regel morgens gegeben und später nach Bedarf. Die maximale Methylphenidatdosis überschreitet selten 60 mg/Tag. Bei einigen Patienten bewirken koffeinhaltige Getränke eine ausreichende Stimulation. Stimulanzien können die Analgesie ebenfalls potenzieren.

Die meisten Patienten mit Überdosis oder die Atemwegsbeschwerden haben, missbrauchen das Medikament (nicht wie vorgeschrieben einnehmen) oder nehmen hohe Dosen (> 100 OMME) ein. Die meisten Opioid-Überdosierungen sind jedoch unbeabsichtigt, und eine Atemdepression kann auftreten, wenn die Opioid-Dosis niedrig ist (< 20 OMME).

Das Risiko einer Überdosierung oder einer Atemdepression ist höher, wenn Patienten

  • andere Beruhigungsmittel einnehmen wie Benzodiazepine, Muskelrelaxanzien, Gabapentin und Alkohol (das Risiko ist am höchsten bei Benzodiazepinen, die, wenn möglich, nicht zusammen mit einer Opioidtherapie eingenommen werden sollten);

  • Komorbiditäten haben, die den Leber- oder Nierenstoffwechsel beeinflussen.

Zu den Risikofaktoren für Atemdepressionen gehören auch

  • Schlaganfall, Nierenerkrankungen, Herzinsuffizienz oder chronische Lungenerkrankung in der Vorgeschichte

  • Unbehandelte oder unterbehandelte obstruktive Schlafapnoe oder chronische obstruktive Lungenerkrankung

  • Substanzgebrauchsstörung

  • Psychiatrische Erkrankungen

  • Gleichzeitige Einnahme einiger gängiger psychoaktiver Medikamente

  • Verwendung von lang wirkenden Opioiden, hochdosierten Opioiden (> 100 OMME) oder Methadon

Modifizierbare Risikofaktoren für Überdosierung oder Atemdepression sollten behandelt werden; Strategien beinhalten

  • Behandlung von Schlafapnoe

  • Patienten raten, bei der Einnahme des Opioids keinen Alkohol zu trinken

  • Möglichst keine Verschreibung von Benzodiazepinen zusammen mit Opioiden

  • Wenn möglich, keine lang wirkenden Opioide vorschreiben

  • Methadon nur dann verschreiben, wenn es in seinem einzigartigen Nebenwirkungsprofil geschult ist.

  • Bewertung des Risikos einer Überdosierung oder einer schweren opioidinduzierten Atemdepression mithilfe des Risikoindex für Überdosierung oder schwere opioidinduzierte Atemdepression (RIOSORD)

Wenn Patienten ein erhöhtes Risiko für eine Überdosierung oder Atemdepression haben, sollten die Ärzte das Risiko mit ihnen und ihren Familienmitgliedern besprechen und ihnen Naloxon verschreiben. Wenn Patienten eine Langzeittherapie mit Opioiden erhalten, sollten die Ärzte die potenziellen Schäden und Vorteile einer Langzeittherapie mit Opioiden im Rahmen eines Verfahrens der informierten Zustimmung erläutern.

Nausea kann mit einem der folgenden Mittel behandelt werden:

  • Hydroxyzin 25–50 mg oral alle 6 Stunden

  • Metoclopramid 10 bis 20 mg p.o. alle 6 Stunden

  • Ein antiemetisches Phenothiazin (z. B. Prochlorperazin 10 mg oral oder 25 mg rektal alle 6 Stunden)

  • Ondansetron 4 mg p.o. oder IV alle 8 h

Juckreiz wird durch die Freisetzung von Histamin verursacht und kann durch ein Antihistaminikum entlastet werden (z. B. Diphenhydramin, 25 bis 50 mg p.o. oder IV). Bei hospitalisierten Patienten mit hartnäckigem Juckreiz, der durch epidurale oder parenterale Opioide verursacht wird, ist Nalbuphin 2,5 bis 5 mg IV alle 4 h im Allgemeinen wirksamer als Diphenhydramin oder Hydroxyzin.

Obstipation ist verbreitet bei Patienten, die Opioide über mehr als ein paar Tage einnehmen. Eine präventive Behandlung sollte für alle Patienten in Betracht gezogen werden, wenn mit Opioiden begonnen wird, insbesondere bei prädisponierten Patienten (z. B. älteren Menschen, immobilen Patienten). Ballaststoffe und -flüssigkeiten sollten erhöht werden (sind aber selten alleine ausreichend) und zunächst sollte ein Stimulans Abführmittel (z. B. Senna) und/oder ein osmotisches Abführmittel (z. B. Polyethylenglykol) täglich verabreicht werden. Bei Bedarf kann auch ein Medikament verwendet werden, das spezifisch für die Opioid-induzierte Verstopfung ist (2). Zu den wirksamen Medikamenten gehören

  • Periphere agierende mu-Opioid-Rezeptorantagonisten (PAMORAs) wie Naloxegol 25 mg p.o. einmal täglich (morgens) und Methylnaltrexon (subkutan) 12 mg/0,6 ml oder 450 mg p.o. einmal täglich

  • Chlorkanal-Agonisten (Aktivatoren), wie Lubiproston (oral) 24 mcg p.o. zweimal täglich

Sowohl PAMORAs als auch Chlorkanal-Agonisten können während des Verlaufs der Opioidtherapie bei Schmerzen gegen Krebs verwendet werden. Das Ziel sollte ein Stuhlgang mindestens jeden zweiten Tag sein, bei täglicher Einnahme des Medikaments. Zusätzliche Maßnahmen (z. B. Bisacodyl, Magnesia-Milch, Magnesiumcitrat, Lactulose, Einlauf) sollten später am Tag 2 angewendet werden, wenn kein Stuhlgang stattgefunden hat. Persistierende Verstopfung kann mit Magnesiumcitrat 240 ml p.o. einmal täglich, Lactulose 15 ml p.o. 2-mal täglich oder Propylethylenglykolpulver (Dosis wird bei Bedarf angepasst) behandelt werden. Einige Patienten benötigen regelmäßige Einläufe.

Obwohl sich Toleranz gegenüber opioidinduzierter Sedierung, geistiger Eintrübung und Übelkeit meist innerhalb weniger Tage entwickelt, entsteht Toleranz gegenüber opioidinduzierter Obstipation und Harnverhalt in der Regel sehr viel langsamer. Bei manchen Patienten kann jede unerwünschte Wirkung persistieren; Verstopfung hält sehr wahrscheinlich an.

Bei Harnverhalt kann doppeltes Entleeren oder der Credé-Handgriff während des Harnabgangs helfen; einige Patienten profitieren von der Zugabe eines Alpha-adrenergen Blockers wie Tamsulosin 0,4 mg p.o. einmal täglich (Anfangsdosis).

Neuroendokrine Effekte, typischerweise reversibler Hypogonadismus, sind möglich. Symptome können Müdigkeit, Libidoverlust, Unfruchtbarkeit durch niedrige Sexualhormonspiegel und bei Frauen Amenorrhö sein. Geringe Androgenspiegel führen auch zu Osteoporose. Patienten, die eine Langzeit-Opioid-Therapie erhalten, benötigen eine intermittierende Knochendichtestestung.

Opioid-Missbrauch, Diversion und Missbrauch

(See also Centers for Disease Control and Prevention: 2019 Annual surveillance report of drug-related risks and outcomes—United States. Surveillance special report. Centers for Disease Control and Prevention, U.S. Department of Health and Human Services.)

Opioide sind die häufigste Ursache für Unfalltod und tödliche Überdosis von Medikamenten in den USA. Das Risiko einer tödlichen Überdosis erhöht sich deutlich, wenn Opioid-Analgetika zusammen mit Benzodiazepinen verwendet werden Jedoch nehmen die Raten von Fehlanwendung, Diversion und Missbrauch (abweichendes Verhalten der Medikamenteneinnahme) zu.

Fehlanwendung von Opioiden kann absichtlich oder unabsichtlich sein. Es schließt jegliche Verwendung, die ärztlichem Rat widerspricht oder von dem, was vorgeschrieben ist, abweicht, mit ein.

Diversion beinhaltet den Verkauf oder die Weitergabe eines verschriebenen Medikaments an andere.

Missbrauch bezieht sich auf die "Freizeit"-oder nicht-therapeutische Anwendung (z. B. Euphorie, andere psychotropn Effekte).

Bis zu einem Drittel der Patienten, die Langzeit-Opioide gegen chronische Schmerzen einnehmen, können verschriebene Opioide missbrauchen (nicht wie vorgeschrieben verwenden) oder missbrauchen.

Sucht ist typischerweise durch eine Störung der Steuerung und Begierde gekennzeichnet, bezieht sich auf zwanghaften Gebrauch, verursacht Schaden und negative Folgen. Zu den Definitionen von Sucht gehören unter anderem Toleranz (eine zunehmend höhere Dosis ist erforderlich, um das gleiche Niveau an Analgesie und Wirksamkeit über die Zeit aufrechtzuerhalten) und Entzug (Abbruch des Arzneimittels oder signifikante Abnahme der Dosis, die Entzugssymptome verursacht). Beide Eigenschaften sind jedoch erwartete physiologische Wirkungen der Opioidtherapie und daher für die Bestimmung der Opioidsucht nicht geeignet.

Opioid-Nutzungsstörung wird gegenüber dem Begriff Sucht bevorzugt. Opioidkonsumstörung ist definiert als zwanghafte, langfristige Selbstverabreichung von Opioiden für nicht-therapeutische Zwecke, die zu erheblichen Beeinträchtigungen oder Ängsten führt. Das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5. Auflage (DSM-5), enthält spezifische Kriterien für die Diagnose dieser Störung. Eine Opioidstörung wird diagnostiziert, wenn das Anwendungsmuster eine klinisch signifikante Beeinträchtigung oder Belastung verursacht und wenn ≥ 2 der Folgenden über einen Zeitraum von 12 Monaten beobachtet werden:

  • Opioide in größeren Mengen oder für eine längere Zeit zu nehmen als geplant

  • Anhaltender Wunsch oder erfolgloser Versuch, den Opioidkonsum zu verringern oder zu kontrollieren

  • Viel Zeit damit zu verbringen, das Opioid zu erhalten oder zu verwenden oder sich von seinen Wirkungen zu erholen

  • Verlangen oder starker Drang, Opioide zu konsumieren

  • Wiederholter Konsum von Opioiden, der dazu führt, dass Verpflichtungen am Arbeitsplatz, zu Hause oder in der Schule nicht erfüllt werden können

  • Weiterer Gebrauch von Opioiden, obwohl persistierende oder wiederkehrende soziale oder zwischenmenschliche Probleme durch Opioidkonsum verursacht oder verschlimmert wurden

  • Aufgabe von wichtigen sozialen, beruflichen oder Freizeitaktivitäten aufgrund von Opioiden

  • Fortgesetzter Konsum von Opioiden in körperlich gefährlichen Situationen

  • Weiterer Gebrauch von Opioiden, obwohl eine persistierende oder wiederkehrende körperliche oder psychische Störung durch Opioide verursacht oder verschlechtert wurde

  • Toleranz gegenüber Opioiden

  • Mit Opioid-Entzugssymptomen

Toleranz und Entzug (sekundär zur Entwicklung einer körperlichen Abhängigkeit) sind bei Patienten, die Opioide unter angemessener ärztlicher Aufsicht einnehmen, zu erwarten. Daher zählen diese Befunde bei einem Patienten, der medizinisch mit einer Opioidtherapie behandelt wird, nicht zu den Kriterien einer Opioidkonsumstörung.

Das Risiko einer Opioidstörung hängt von der Häufigkeit und der Dosis ab (3):

  • 0,004%: Keine regelmäßige Verwendung von Opioiden

  • 0,7%: Verwendung von niedrig dosierten Opioiden (< 36 mg/Tag OMME)

  • 6,1%: Verwendung von hochdosierten Opioiden (> 120 mg/Tag OMME)

  • 2 bis 15%: In anderen Studien (nicht nach Dosis verteilt)

Bei der Verschreibung einer Opioid-Therapie, insbesondere einer langanhaltenden Therapie, sollten Ärzte Patienten auf Risikofaktoren für Missbrauch und Diversion untersuchen und hinsichtlich beabsichtigtem und unbeabsichtigten Missbrauch beraten. Vor Beginn der Opioidtherapie sollten die Ärzte eine Einverständniserklärung einholen und das Risiko des Patienten für die Entwicklung einer Opioid-Nutzungsstörung einschätzen.

Risikofaktoren für die Entwicklung einer Opioid-Nutzungsstörung umfassen

  • Patientenanamnese von Alkohol- oder Drogenmissbrauch

  • Familienanamnese von Alkohol- oder Drogenmissbrauch

  • Schweren psychische Störung (aktuelle oder vergangene)

  • Verwendung von psychoaktiven Drogen

  • Jüngeres Alter (< 45)

Screening-Tools können helfen, Patienten zu identifizieren, bei denen das Risiko einer Opioid-Nutzungsstörung höher ist. Das Opioid-Risiko-Tool (ORT [opioid risk tool]) ist möglicherweise das Beste. Es reicht jedoch kein Instrument zur Risikobewertung aus, um festzustellen, ob die Behandlung eines Patienten mit Opioiden sicher ist oder ein geringes Risiko aufweist. Daher sollten alle Patienten, die mit Opioiden behandelt werden, während der Behandlung engmaschig überwacht werden, um sicherzustellen, dass die Opioidtherapie sicher angewendet wird.

Die routinemäßige Überwachung sollte regelmäßige, unangekündigte Urinuntersuchungen beinhalten, um das Vorhandensein der verordneten Droge und das Fehlen illegaler Drogen zu überprüfen.

Nicht angekündigte Untersuchungen erkennen häufiger abweichende oder missbräuchliche Verwendung, sind jedoch schwieriger in den Arbeitsablauf einer Klinik zu integrieren. Gegenwärtig wird empfohlen, Urinuntersuchungen wie folgt durchzuführen:

  • Bei der ersten Verschreibung

  • Mindestens jährlich

  • Häufiger, wenn das Risiko hoch ist oder Bedenken auftreten

Die Vorgeschichte des Patienten über den kontrollierten Substanzgebrauch sollte anhand von Informationen aus staatlichen Überwachungsprogrammen für verschreibungspflichtige Arzneimittel (PDMPs) überprüft werden. Die aktuellen Empfehlungen sehen ein routinemäßiges Screening mithilfe des PDMP wie folgt vor:

  • Wenn Opioide zunächst verschrieben werden

  • Wenn jede Nachfüllung vorgeschrieben ist oder mindestens alle 3 Monate

Routinemäßige PDMP-Abfragen helfen Ärzten, sicherzustellen, dass ein einziger verschreibender Arzt und eine einzige Apotheke verwendet werden.

Selbst wenn Risikofaktoren für die Entwicklung einer Opioidkonsumstörung vorliegen, kann eine Behandlung immer noch angemessen sein; Ärzte sollten jedoch strengere Maßnahmen ergreifen, um Missbrauch und Sucht zu verhindern (4). Die Maßnahmen umfassen

  • Verschreibung nur kleiner Beträge (häufige Besuche zum Nachfüllen erforderlich)

  • Urin-Medikamentenscreening zur Überwachung der Therapietreue (d. h. zur Bestätigung, dass Patienten die Medikamente einnehmen und nicht umleiten)

  • Keine Nachfüllung für "verlorene" Rezepte

  • Verwendung manipulationsresistenter Opioidformulierungen, die entwickelt wurden, um Missbrauch durch Kauen oder durch Zerkleinern und Injizieren von oralen Zubereitungen zu verhindern

  • Berücksichtigung einer Buprenorphin-Formulierung, die für die Analgesie nützlich sein kann und die eine Obergrenze für das Risiko von Sedierung und Atemdepression aufweist – Eigenschaften, die es zu einer wirksamen Behandlung für jede Opioidkonsumstörung machen

Ärzte müssen problematische Patienten möglicherweise an einen Schmerzspezialisten oder einen Spezialisten für die Verwendung von Substanzen verweisen, der über Erfahrung in der Schmerzbehandlung verfügt.

Wenn das Opioid zum ersten Mal verschrieben wird, sollten Ärzte den Patienten relevante Informationen zur Verfügung stellen. Die Ärzte bitten die Patienten auch, einen Vertrag zu unterzeichnen, in dem die Maßnahmen festgelegt sind, die ergriffen werden, um eine sichere Verwendung der laufenden Verschreibung und des Konsums zu gewährleisten, sowie die Folgen einer Anamnese oder einer Untersuchung (z. B. Urinscreening, Überwachung verschreibungspflichtiger Medikamente), die auf eine abweichende Verwendung, Missbrauch oder eine Abzweigung (d. h. eine Verjüngung des Opioidkonsums) schließen lassen. Die Ärzte sollten den Vertrag mit den Patienten durchgehen, um sicherzustellen, dass diese verstehen, was verlangt wird. Bevor die Patienten Opioide einnehmen können, müssen sie den Vertrag unterschreiben und damit zustimmen. Die Patienten sollten auch darauf hingewiesen werden, dass die Strategien zur Behandlung von nichtopioiden Schmerzen fortgesetzt werden und dass sie an einen Spezialisten für Substanzkonsum überwiesen werden können.

Wenn Patienten eine Opioidkonsumstörung entwickeln, sind verschreibende Ärzte dafür verantwortlich, eine evidenzbasierte Behandlung anzubieten und zu arrangieren (in der Regel eine medikamentengestützte Behandlung mit Buprenorphin oder Methadon plus kognitiven Verhaltenstherapien).

Um Missbrauch ihrer Medikamente durch andere zu vermeiden, sollten die Patienten Opioide an einem sicheren Ort aufbewahren und alle unbenutzten Medikamente entsorgen, indem sie diese zurück in die Apotheke geben.

Alle Patienten sollten über die Risiken der Kombination von Opioiden mit Alkohol und Anxiolytika und Selbsteinstellung der Dosierung beraten werden.

Opioidantagonisten

Opioidantagonisten sind opioidähnliche Substanzen, die an Opioidrezeptoren binden, jedoch wenig oder keine agonistische Aktivität entwickeln. Sie werden hauptsächlich eingesetzt, um Symptome der Opioidüberdosierung, insbesondere Atemdepression, rückgängig zu machen.

Naloxon wirkt in < 1 Minute bei IV-Applikation und fast genauso schnell, wenn es i.m. verabreicht wird. Es kann auch sublingual oder endotracheal gegeben werden. Die Wirkungsdauer beträgt etwa 60–120 min. Jedoch dauert die opioidbedingte Atemdepression meist länger als die Wirkung des Antagonisten; deshalb sind wiederholte Gaben von Naloxon und engmaschiges Monitoring notwendig.

Die Dosierung bei akuter Opioidüberdosierung beträgt 0,4 mg IV alle 2–3 min nach Bedarf, falls notwendig (titriert auf angemessene Atmung, nicht auf Wachsamkeit). Wenn wiederholte Dosen notwendig sind, kann die Dosis erhöht werden (bis maximal 2 mg IV pro Dosis). Wenn nach 10 mg keine Reaktion erfolgt, sollte die Diagnose einer Opioidtoxizität überdacht werden.

Bei Patienten, die eine Langzeitopioidtherapie erhalten, sollte Naloxon nur eingesetzt werden, um eine Atemdepression rückgängig zu machen, es muss noch vorsichtiger gegeben werden, um einen auftretenden Entzug oder einen Wiederkehrschmerz zu vermeiden.

Naloxon ist auch als Nasenspray und Auto-Injektor (i. m.) erhältlich. Für das Nasenspray wird ein einziges Spray (2 oder 4 mg in 0,1 ml) in ein Nasenloch gesprüht. Beim Autoinjektor beträgt die Dosis 2 mg i.m. oder s.c. in den anterolateralen Oberschenkel (falls erforderlich durch Kleidung).

Nalmefen ähnelt Naloxon, aber die Wirkdauer liegt bei 4–8 h. Nalmefen wird gelegentlich verwendet, um eine verlängerte Opioidumkehr zu gewährleisten.

Naltrexon, ein oral bioverfügbarer Opioidantagonist, wird als ergänzende Therapie bei Opioid- und Alkoholabhängigkeit gegeben. Die Wirkung ist lang anhaltend, und es wird in der Regel gut vertragen.

Opioid-Analgetika-Referenzen

  1. 1. Dowell D, Haegerich TM, Chou R: CDC guideline for prescribing opioids for chronic pain—United Stat 2016. JAMA 315 (15):1624–1645, 2016. doi: 10.1001/jama.2016.1464

  2. 2. Argoff CE, Brennan MJ, Camilleri M, et al: Consensus recommendations on initiating prescription therapies for opioid-induced constipation. Pain Med 16 (12):2324-2337, 2015. doi: 10.1111/pme.12937

  3. 3. Dowell D, Haegerich TM, Chou R: CDC guideline for prescribing opioids for chronic pain--United States, 2016. JAMA 315 (15):1624–1645, 2016. doi: 10.1001/jama.2016.1464

  4. 4. Babu KM, Brent J, Juurlink DN: Prevention of opioid overdose. N Eng J Med 380:2246–2255, 2019. doi: 10.1056/NEJMra1807054

Adjuvante Analgetika

Viele Arzneimittel, inkl. Antikonvulsiva (z. B. Gabapentin, Pregabalin), Antidepressiva (z. B. trizyklische Antidepressiva, Duloxetin, Venlafaxin, Bupropion) sowie viele andere, werden als adjuvante Analgetika eingesetzt (siehe Tabelle Medikamente gegen neuropathische Schmerzen). Diese Arzneimittel haben zahlreiche Anwendungen, v. a. eine lindernde Wirkung bei Schmerzen mit neuropathischer Komponente.

Gabapentin wird häufig bei neuropathischen Schmerzen und Kopfschmerzsyndrom verwendet.

Pregabalin ist ähnlich wie Gabapentin, weist aber eine stabilere Pharmakokinetik auf; die 2-mal tägliche Verabreichung ist ebenso wirksam wie die 3-mal tägliche Verabreichung und führt zu einer besseren Compliance. Pregabalin wirkt bei neuropathischen Schmerzen (einschließlich zentraler Schmerzen aufgrund einer Rückenmarksverletzung) und bei Fibromyalgie. Einige Beweise deuten darauf hin, dass es als Anxiolytikum wirksam ist.

Bei trizyklischen Antidepressiva (Amitriptylin, Nortriptylin, Desipramin) blockiert der primäre Wirkmechanismus die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin. Trizyklische Antidepressiva sind wirksam für neuropathische Schmerzen, myofasziale Schmerzsyndrome, einige zentrale neuropathische Schmerzsyndrome, viszerale Schmerzsyndrome und Kopfschmerzsyndrome.

Duloxetin ist ein Wiederaufnahmehemmer (von Serotonin und Noradrenalin), der effektiv bei diabetischen neuropathischen Schmerzen, Fibromyalgie, chronischen muskuloskelettalen Schmerzen im unteren Rücken und Chemotherapie-induzierter Neuropathie ist. Dosen, die bei Depressionen und Angstzuständen und bei der Schmerzbehandlung wirksam sind, sind ähnlich.

Die Wirkungen und der Wirkmechanismus von Venlafaxin sind ähnlich wie die von Duloxetin.

Tabelle

Topische Arzneimittel werden ebenfalls häufig eingesetzt. Capsaicin-Creme, topische nichtsteroidale Antiphlogistika, Cremes, die andere Wirkstoffe enthalten (z. B. Lokalanästhetika) und ein 5%-Lidocain-Pflaster haben ein geringes Nebenwirkungsrisiko; sie sollten bei verschiedenen Schmerztypen in Erwägung gezogen werden.

Nervenblockade

Die Unterbrechung der Nervenleitung bei peripheren oder zentralen Schmerzleitungsbahnen mithilfe von Arzneimitteln oder physikalischen Methoden hat sowohl eine kurzzeitige als auch manchmal eine langfristige Schmerzlinderung zur Folge. Neuroablation (Zerstörung neuronaler Bahnen) wird selten eingesetzt; sie ist in der Regel Patienten mit einer fortgeschrittenen Störung oder einer kurzen Lebenserwartung vorbehalten.

Lokalanästhetika (z. B. Lidocain) können IV, intrathekal, intrapleural, transdermal, subkutan oder epidural gegeben werden. Eine Epiduralanästhesie unter Anwendung von Lokalanästhetika oder Opioiden ist bei einigen Formen postoperativer Schmerzen teilweise nützlich. Eine langzeitige epidurale Medikamentenverabreichung wird gelegentlich bei Patienten mit lokalisierten Schmerzen und einer kurzen Restlebenserwartung eingesetzt. Im Allgemeinen ist für eine neuraxiale Langzeitinfusion ein intrathekaler Verabreichungsweg mithilfe einer implantierten Pumpe zu bevorzugen.

Bei der Neuroablation wird eine nozizeptive Bahn chirurgisch oder mit Hilfe von Radiofrequenz- oder Mikrowellenenergie, Kryoablation oder ätzenden Substanzen (z. B. Phenol oder hochkonzentriertem Alkohol) unterbrochen, um eine Läsion zu erzeugen. Die Neuroablation ist bei somatischen Schmerzen effektiver als bei viszeralen Schmerzen.

Die häufigsten Neuroablationsverfahren werden zur Behandlung von mechanischen Schmerzen der axialen Wirbelsäule eingesetzt: Diese Verfahren umfassen die Radiofrequenzablation der medialen Äste der dorsalen Spinalwurzeläste (die die zygapophysären [Facetten-]Gelenke innervieren) oder die Ablation der lateralen Äste (die das Iliosakralgelenk innervieren). Diese Technologie wird auch zunehmend zur Behandlung von therapierefraktären Schmerzen im Knie (N. genicularis), in der Hüfte ([artikuläre sensorische] Äste des N. obturatorius und des N. femoralis) und in der Schulter ([artikuläre sensorische] Äste des N. suprascapularis, des N. axillaris und des N. pectoralis lateralis) eingesetzt.

Die Neuroablation im Rückenmark wurde bisher nur selten angewandt; es ist schwierig, ihre Wirksamkeit vorherzusagen. Die Neuroablation des aufsteigenden spinothalamischen Trakts (Kordotomie) kann verwendet werden, um Schmerzen aus einem Bereich des Körpers (z. B. der gesamten Extremität) zu unterbrechen; es kann eine Linderung für mehrere Jahre bewirken, obwohl sich Taubheit und Dysästhesien entwickeln. Die Neuroablation der Hinterwurzeln (Rhizotomie) wird eingesetzt, wenn spezifische Dermatome identifiziert werden können.

Neuromodulation

Die Stimulation von Nervengewebe kann Schmerzen mindern, vermutlich durch die Aktivierung endogener schmerzmodulatorischer Bahnen. Es gibt Evidenz für die Behandlung bestimmter Arten von neuropathischen Schmerzen (z. B. Syndrom der gescheiterten Rückenoperationen mit chronischen Beinschmerzen nach Wirbelsäulenoperationen, komplexes regionales Schmerzsyndrom [CRPS]) mit Hilfe einer epidural platzierten Elektrode zur Stimulation des Rückenmarks (Rückenmarkstimulation).

Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) benutzt einen schwachen Stromfluss geringer Oszillationsfrequenz, um die Schmerzbehandlung zu unterstützen.

Fortschritte bei den Paradigmen der elektrischen Stimulation haben die Wirksamkeit und Anwendbarkeit von Neuromodulationstechniken verbessert. Der Einsatz von Neuromodulationstechniken in der Schmerztherapie hat deutlich zugenommen. Mit der Tendenz, den Einsatz von Opioiden bei nicht-terminalen Schmerzen einzuschränken, werden nun Neuromodulationstechniken früher als Behandlungsoption für neuropathische Schmerzen in Betracht gezogen.

Zu den Fortschritten bei den Neuromodulationsverfahren und -technologien gehören

  • Hochfrequenzstimulation

  • Dorsale Wurzelganglionstimulation

  • Burst-Wellenformen für die Rückenmarkstimulation

  • Kleine flexible Stimulatoren für die peripheren Nerven

  • Verbesserte MRT-Kompatibilität, die die klinischen Situationen, in denen die Neuromodulation eingesetzt werden kann, stark erweitert hat

Hochfrequenzstimulation ist wirksam bei neuropathischen Gliederschmerzen. Die Wirksamkeit ist ähnlich wie bei herkömmlichen Neuromodulationsverfahren, aber es gibt Hinweise darauf, dass sie auch bei axialen Wirbelsäulenschmerzen wirksam sein kann, die mit herkömmlichen Neuromodulationsverfahren nicht wirksam behandelt werden.

Die Dorsalwurzelganglien-Stimulation ist eine gezieltere neuromodulatorische Behandlung. Sie zielt auf lokalisierte neuropathische Schmerzen in begrenzten Dermatomen.

Die periphere Nervenstimulation wird zunehmend verwendet, um hartnäckige neuropathische Schmerzen zu behandeln, wenn ein einzelner peripherer Nerv beteiligt ist (z. B. postherniorrhaphy pain syndrome, einige Kopfschmerzsyndrome wie okzipitale Neuralgie, Meralgia paresthetica [Schmerzen im äußeren Teil des Oberschenkels aufgrund der Kompression des lateraler N. cutaneus femoralis]). Es wurde auch zur Stimulation von Ästen des N. axillaris verwendet, um halbseitige Schulterschmerzen nach einem Schlaganfall zu behandeln. Proof-of-Concept-Studien haben ergeben, dass die periphere Nervenstimulation bei der Behandlung postoperativer Schmerzen in den ersten Wochen nach einer Knie-Totalendoprothese, einer Operation am vorderen Kreuzband und einer Fußoperation nützlich sein kann. Bei der peripheren Nervenstimulation werden kleine, dünne, biegsame Elektroden perkutan in der Nähe des betroffenen Nervs eingeführt, häufig unter Ultraschallkontrolle. Die Elektroden sind mit einem Stimulator verbunden, der mit einem austauschbaren Klebstoff auf der Haut neben den Elektroden befestigt wird. Schmerzen in bestimmten Bereichen können nicht mit peripherer Nervenstimulation behandelt werden, da der Stimulator die Bewegungsfreiheit oder das Sitzen beeinträchtigen würde.

Die Stimulation von Hirnstrukturen (tiefe Hirnstimulation, Stimulation des motorischen Kortex) wurde bei refraktären neuropathischen Schmerzsyndromen eingesetzt, aber die Erkenntnisse sind begrenzt.

Grundlagen der Geriatrie

Bei älteren Patienten liegen die häufigsten Schmerzursachen in Erkrankungen des Bewegungsapparats. Allerdings ist der Schmerz oft chronisch und multifaktoriell bedingt, und die Ursachen können unklar sein.

Nichtsteroidale Antirheumatika (= nonsteroidal anti-inflammatory drugs, NSAID)

Das Risiko von Ulzera und gastrointestinalen Blutungen durch nichtsteroidale Antiphlogistika ist im Alter von > 65 Jahren 3- bis 4-mal höher als bei Patienten mittleren Alters. Das Risiko hängt ab von der Arzneimitteldosis und der Dauer der Therapie. Ältere Patienten mit hohem Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen können von einer gleichzeitigen Gabe von zytoprotektiven Arzneimitteln profitieren (üblicherweise ein Protonenpumpenhemmer, gelegentlich das Prostaglandin Misoprostol) oder Substitution eines selektiven COX-2-Inhibitors (Coxib; z. B. Celecoxib). Das Risiko unerwünschter Wirkungen im Magen-Darm-Trakt ist bei Patienten, die einen selektiven COX-2-Hemmer (Coxib) einnehmen, deutlich geringer als bei Patienten, die ein nichtselektives NSAR (z. B. Ibuprofen) einnehmen.

Das Risiko einer kardiovaskulären Toxizität, das bei nichtselektiven NSAR und bei Coxiben auftritt, ist vor allem für ältere Patienten von Bedeutung, die mit größerer Wahrscheinlichkeit kardiovaskuläre Risikofaktoren aufweisen (z. B. Myokardinfarkt in der Vorgeschichte oder zerebrovaskuläre oder periphere Gefäßerkrankungen).

Sowohl die nichtselektiven NSAR als auch Coxibe können die Nierenfunktion beeinträchtigen und Natrium- und Wasserretention verursachen; sie sollten bei älteren Patienten mit Vorsicht eingesetzt werden, insbesondere bei solchen mit einer Nieren- oder Lebererkrankung, Herzinsuffizienz oder Hypovolämie.

Selten rufen nichtsteroidale Antiphlogistika bei älteren Patienten kognitive Beeinträchtigungen und Persönlichkeitsveränderungen hervor. Indomethacin ist mehr als andere nichtsteroidale Antiphlogistika für Verwirrtheitszustände bei älteren Patienten verantworltich und sollte vermieden werden.

Angesichts des insgesamt höheren Risikos einer schweren Toxizität bei älteren Menschen sollte die langfristige nichtsteroidale Antiphlogistika -Therapie, wenn überhaupt, mit Vorsicht und nur bei Schmerzen angewendet werden, die wahrscheinlich auf sie ansprechen. NSARS sind am ehesten geeignet, Schmerzen infolge von Entzündungen zu lindern.

Geringe Dosen von nichtsteroidalen Antiphlogistika sollten nach Möglichkeit verwendet werden, und die Verwendung von Kurzzeittherapie oder unterbrochener Therapie zur Bestätigung der Wirksamkeit sollte in Betracht gezogen werden. Naproxen kann bevorzugt werden, weil es anscheinend ein geringeres Risiko für Herz-Kreislaufnebenwirkungen besitzt als andere häufig verschriebene nichtsteroidale Antiphlogistika.

Opioide

Bei älteren Patienten ist die Halbwertszeit von Opioiden verlängert, und sie haben möglicherweise eine stärkere analgetische Wirkung als bei jüngeren Patienten. Bei älteren Patienten mit chronischen Schmerzen, scheint eine kurze Anwendung von Opioiden Schmerzen zu lindern und die körperliche Funktionsfähigkeit zu verbessern, beeinträchtigt aber die kognitive Funktionsfähigkeit. Da die Erkennung von Überdosierungsrisiken bei Opioiden zunimmt, sollten Ärzte prüfen, ob kognitive Beeinträchtigungen bei älteren Patienten die Verwendung von Opioiden durch einen Patienten beeinträchtigen könnten und ob ein Betreuer die medikamentöse Behandlung des Patienten verantwortungsvoll begleitet.

Opioide-bedingte Obstipation und Harnverhalt scheinen bei älteren Patienten eher problematisch.

Das Sturz- und Frakturrisiko während der ersten 2 Wochen der Behandlung ist bei Opioiden höher als bei nichtsteroidalen Antiphlogistika bei älteren Menschen, vermutlich wegen der beruhigenden, kognitiven und ausgleichenden Nebenwirkungen des Opioids. Langfristige Opioidtherapie kann auch zu Osteoporose führen, auch weil Opioide die Hypothalamus-Hypophysen-Gonadalachse hemmen und Androgen(Testosteron)- und Östrogenmangel verursachen. Das langfristige Frakturrisiko aufgrund von Osteoporose ist ein Problem bei älteren Patienten, die eine Langzeit-Opioidtherapie einnehmen.

Im Vergleich zu anderen Opioiden hat Buprenorphin, ein Opioid-Agonist/Antagonist, ein günstigeres Risiko:Nutzen-Profil bei älteren Patienten mit Niereninsuffizienz.