Kinder mit chronischen Krankheiten

VonDeborah M. Consolini, MD, Thomas Jefferson University Hospital
Überprüft/überarbeitet Juli 2022
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    Chronische Gesundheitsprobleme (sowohl chronische Krankheiten als auch chronische Behinderungen) sind in der Regel als Zustand definiert, der > 12 Monate andauert und schwerwiegend genug ist, um Tätigkeiten des alltäglichen Lebens einzuschränken. Je nach Kriterien wurde die Häufigkeit chronischer Gesundheitsprobleme bei Kindern auf 10–30% geschätzt. Beispiele für chronische Krankheiten sind Asthma bronchiale, zystische Fibrose, angeborene Herzfehler, Diabetes mellitus, Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom sowie Depressionen. Beispiele für chronische Behinderungen sind motorische Defizite oder Lähmungen bei Meningomyelozele, eingeschränktes Hörvermögen oder eingeschränktes Sehvermögen, Zerebralparese und Funktionsverlust einer Extremität.

    Auswirkungen auf die Kinder

    Kinder mit chronischen Gesundheitsproblemen können bei manchen Aktivitäten eingeschränkt sein, haben häufig Schmerzen, fühlen sich oft unwohl, zeigen ein pathologisches Wachstum und eine abweichende Entwicklung und müssen weitere Krankenhausaufenthalte, ambulante Kontrollen und Therapien über sich ergehen lassen. Kinder mit schweren Behinderungen sind zum Teil nicht in der Lage, zur Schule zu gehen oder an Aktivitäten mit Gleichaltrigen teilzunehmen.

    Die Reaktion von Kindern auf eine chronische Krankheit oder Behinderung hängt in erster Linie von ihrem Entwicklungsstand zu dem Zeitpunkt ab, an dem das Problem zum ersten Mal auftrat. Kinder mit chronischen Problemen, die zum ersten Mal im Säuglingsalter aufgetreten sind, werden sich anders verhalten als Kinder, deren chronisches Problem erstmals während der Adoleszenz auftrat. Schulkinder könnten am meisten darunter leiden, nicht zur Schule gehen und Beziehungen zu Gleichaltrigen aufbauen zu können. Eltern sollten das Selbstvertrauen im Rahmen der Fähigkeiten fördern und übertriebene Fürsorge vermeiden. Heranwachsende haben möglicherweise damit zu kämpfen, unabhängig zu werden, wenn sie für viele ihrer täglichen Bedürfnisse Hilfe von ihren Eltern oder anderen Personen in Anspruch nehmen müssen. Jugendliche machen eine Zeit durch, in der es sehr wichtig ist, den Gleichaltrigen ähnlich zu sein, weshalb es für sie besonders schwierig ist, als anders angesehen zu werden (1).

    Die Mitarbeiter im Gesundheitswesen sollten dafür eintreten, dass die Krankenhausversorgung von Kindern mit chronischen Krankheiten angemessen ist. Altersentsprechende Spielzimmer und Schulunterricht können unter Aufsicht speziell ausgebildeten Personals eingerichtet werden. Kinder sollen dazu ermutigt werden, sich so viel wie möglich mit Gleichaltrigen zu beschäftigen. Damit sich die Familie darauf einstellen kann, was sie während des Krankenhausaufenthaltes erwartet, ist es erstrebenswert, dass der Familie alle Maßnahmen und Pläne erklärt werden. So können Ängste, die durch Ungewissheit entstehen, vermieden oder abgebaut werden.

    Auswirkungen auf die Familie

    Ein chronisch krankes Kind zu haben, kann für Familien zu vielfältigen Problemen führen. So kann es das Ende der Hoffnung bedeuten, ein „ideales Kind“ zu haben oder dazu führen, dass die Geschwister vernachlässigt werden. Hohe Ausgaben können auf die Familien genauso zukommen wie ein erheblicher zeitlicher Aufwand. Durch sich (scheinbar) widersprechende Abläufe bei der medizinischen Versorgung kann Verwirrung entstehen. Gelegenheiten (z. B. können die Familienmitglieder, die die Kinder primär pflegen, nicht in das Berufsleben zurückkehren) werden verpasst; es kann zur sozialen Isolierung kommen. Die Geschwister können wegen der besonderen Aufmerksamkeit gegenüber dem kranken Kind eifersüchtig werden. Insbesondere bei schon zuvor bestehenden Problemen innerhalb der Familie kann es schließlich zur Trennung kommen.

    Krankheiten und Fehlbildungen, die das Aussehen des Säuglings betreffen (z. B. Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oder Hydrozephalus) können zu einer eingeschränkten Bindung zwischen dem Kind und den Familienmitgliedern bzw. der versorgenden Person führen. Sobald die Diagnose einer Fehlbildung gestellt ist, können Eltern geschockt, ablehnend, wütend, traurig, deprimiert, schuldig oder ängstlich reagieren. Diese Reaktionen können zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung des Kindes auftreten. Jedes Elternteil kann sich in einem anderen Stadium der Verarbeitung und Akzeptanz befinden, was die Kommunikation erschwert. Manche Eltern lassen ihre Wut am Arzt aus, andere wieder suchen im Stadium der Verleugnung viele „zweite Meinungen" über den Zustand ihres Kindes.

    Koordination der Versorgung

    Ohne eine sinnvolle Koordination der Maßnahmen ist die Versorgung krisenorientiert. Manches wird doppelt angeboten, während anderes vernachlässigt wird. Die Koordination der Pflege erfordert die Kenntnis des Gesamtzustandes des Kindes und seiner Familie sowie seines Unterstützungssystems und der Gemeinschaft, in welcher sie zum Tragen kommen.

    Die medizinisch beteiligten Personen, die sich um chronisch kranke Kinder kümmern, müssen dafür sorgen, dass jemand die Abläufe koordiniert. Manchmal kann die Koordination von einem Elternteil übernommen werden. Allerdings können die Abläufe so kompliziert sein, dass auch die fähigsten Eltern Unterstützung benötigen. Andere, die die Koordination übernehmen könnten, sind der Kinderarzt, die Mitarbeiter der speziellen Fachdisziplin, in der das Kind versorgt wird oder die ambulante Kinderkrankenschwester. Unabhängig davon wer die Koordination übernimmt, müssen die Familien und die Kinder Partner in diesem Prozess sein. In der Regel sind Kinder von Eltern mit einem niedrigen Einkommen schlechter dran, zum Teil deshalb, weil sie einen schlechteren Zugang zur Versorgung und zu koordinierenden sozialen Einrichtungen haben. Hausarztpraxen können die Versorgungsleistungen für Kinder mit komplexen medizinischen Problemen koordinieren, ein Konzept, das als patientenzentriertes medizinisches Zuhause bekannt ist (2). Für manche Kinder in einem terminalen Krankheitsstadium ist die Unterbringung in einem Hospiz sinnvoll.

    Allgemeine Literatur

    1. 1. Compas BE, Jaser SS, Dunn MJ, Rodriquez EM: Coping with chronic illness in childhood and adolescence. Ann Rev Clin Psychol 8:455–480, 2012. doi: 10.1146/annurev-clinpsy-032511-143108

    2. 2. Kuo DZ, McAllister JW, Rossignol L, et al: Care coordination for children with medical complexity: Whose care is it, anyway? Pediatrics 141(Suppl 3):S224–S232, 2018. doi: 10.1542/peds.2017-1284G