Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)

VonDavid J. Kuter, MD, DPhil, Harvard Medical School
Überprüft/überarbeitet Juni 2022
Aussicht hier klicken.

Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) ist eine akute, fulminant verlaufende Krankheit, die durch eine Thrombozytopenie und eine mikroangiopathische hämolytische Anämie gekennzeichnet ist. Weitere klinische Manifestationen können Bewusstseinsstörungen und manchmal Nierenversagen umfassen. Die Diagnose erfordert den Nachweis charakteristischer Labortest-Anomalien, einschließlich direkter Antiglobulintest-negativer hämolytischer Anämie und reduzierter ADAMTS13-Spiegel. Die Behandlung besteht aus Plasmaaustausch, Kortikosteroiden, Rituximab und selten Caplacizumab.

(Siehe auch Übersicht über die Herzklappenkrankheiten.)

Pathophysiology of TTP

Bei der thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (ähnlich dem hämolytisch-urämischen Syndrom) kommt es zu einer nicht-immunologischen Zerstörung der Blutplättchen. Endotheliale Schäden sind häufig. Freie Thrombozyten und Fibrinfasen lagern sich in zahlreichen kleinen Gefäßen ab und schädigen vorbeiströmende Thrombozyten und Erythrozyten, was zu einer erheblichen Thrombozytopenie und Anämie (mikroangiopathische hämolytische Anämie) führt. Thrombozyten aggregieren ebenfalls zu multiplen kleine Thromben und tragen zur Thrombozytopenie bei.

In vielen Organen entwickeln sich Thromben aus Thrombozyten und Von-Willebrand-Faktor (VWF), die hauptsächlich im arteriokapillären Strombett lokalisiert sind und als als thrombotische Mikroangiopathie beschrieben werden. Gehirn, Magen-Darm-Trakt und Nieren sind besonders häufig betroffen. Obwohl eine Nierenbeteiligung bei einer Biopsie (falls durchgeführt) häufig vorhanden ist, ist eine schwere akute Nierenverletzung im Gegensatz zum hämolytisch-urämischen Syndrom selten. Die Mikrothromben enthalten weder rote Blutkörperchen (Erythrozyten) noch Fibrin (im Gegensatz zu Thromben bei der disseminierten intravaskulären Gerinnung) und manifestieren nicht die für die Vaskulitis charakteristische granulozytäre Infiltration der Gefäßwand. Thromben großer Gefäßen sind selten.

Ätiologie von TTP

Die thrombotische thrombozytopenische Purpura (TTP) wird verursacht durch

  • Angeborene oder erworbene mangelnde Aktivität des Plasmaenzyms ADAMTS13

Das Enzym ADAMTS13 ist eine Plasmaprotease, die den von Willebrand-Faktor in kleinere Größen spaltet und dadurch ungewöhnlich große Von-Willebrand-Faktor-Multimere eliminiert, die sich sonst auf Endothelzellen ansammeln würden, wo sie Thrombozyten-Thromben verursachen können. Die ADAMTS13-Aktivität muss in der Regel < 10% des Normalwertes betragen, damit sich die Krankheit manifestieren kann. Möglicherweise müssen auch andere prothrombotische Faktoren vorhanden sein.

Die meisten Fälle sind erworben und betreffen die Entwicklung eines Autoantikörpers gegen ADAMTS13. Seltene Fälle sind erblich (Upshaw-Schulman-Syndrom), bei denen es sich um eine autosomal rezessive Mutation des ADAMTS13 Gens handelt.

In vielen erworbenen Fällen ist die Ursache des Autoantikörpers unbekannt. Zu den bekannte Ursachen und Umständen gehören

  • Weibliches Geschlecht

  • Schwarze Bevölkerung

  • Verwendung von Desmopressin

  • Schwangerschaft (TTP ist oft nicht von einer schweren Präeklampsie oder Eklampsie zu unterscheiden)

Eine thrombotische Mikroangiopathie ähnlich der TTP kann durch eine Reihe von Medikamenten ausgelöst werden, darunter Chinin, Cyclosporin, Tacrolimus und Krebs-Chemotherapeutika (z. B. Mitomycin C, Gemcitabin). In den meisten Fällen geht man davon aus, dass die Medikamente kleine Gefäße schädigen und Mikrothromben verursachen. Anders als bei der TTP weisen solche Patienten stets normale Werte von ADAMTS 13 auf und sprechen nicht auf Plasmaaustausch, Kortikosteroide oder Komplementhemmung an.

Symptome und Anzeichen von TTP

Erbliche Fälle manifestieren sich häufig im Säuglings- und Kleinkindalter. Erworbene Fälle treten typischerweise bei Erwachsenen auf. Die ersten Symptome reichen von leicht und schleichend bis hin zu akut und schwer. Ohne Behandlung schreitet die Krankheit fort und verläuft oft tödlich.

Anämie verursacht typischerweise Schwäche und Müdigkeit.

Thrombozytopenie verursacht häufig Purpura oder Blutungen.

Zeichen multipler Organischämien entwickeln sich in unterschiedlichen Schweregraden. Hierzu können Schwäche, Verwirrtheit, Anfälle und/oder Koma, abdominelle Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, aber auch Arrhythmien durch Schädigung des Myokards gehören. Fieber tritt gewöhnlich nicht auf. Die Symptome und Anzeichen einer thrombotischen thrombozytopenischen Purpura und eines hämolytisch-urämischen Syndroms sind nicht zu unterscheiden, mit der Ausnahme, dass neurologische Symptome beim hämolytisch-urämischen Syndrom weniger häufig auftreten.

Diagnose von TTP

  • Großes Blutbild (CBC) mit Thrombozyten, peripherer Blutausstrich, Retikulozytenzahl, direkter Antiglobulintest (Coombs), Laktatdehydrogenase (LDH), Prothrombinzeit (PT), partielle Thromboplastinzeit (PTT), Fibrinogen, Haptoglobin und Serumbilirubin (direkt und indirekt)

  • Urinanalyse und Nierenfunktionstests

  • ADAMTS-13-Aktivität und Autoantikörperspiegel

  • Ausschluss anderer thrombozytopenischer Krankheiten

Der Verdacht auf thrombotisch-thrombozytopenische Purpura besteht bei Patienten mit verdächtigen Symptomen, einer Thrombozytopenie und Anämie. Bei Verdacht auf die Erkrankung werden Urinanalyse und Nierenfunktionstests, komplettes Blutbild peripherer Blutausstrich, Retikulozytenzahl, Serum-LDH, Haptoglobin, ADAMTS13-Aktivität und Autoantikörper-(Inhibitor)-Tests, Serum-Bilirubin (direkt und indirekt) und direkter Antiglobulintest durchgeführt. Eine frühzeitige Erkennung ist wichtig, um die Behandlung so schnell wie möglich einzuleiten. In Verdachtsfällen muss möglicherweise eine Therapie eingeleitet werden, bevor der bestätigende ADAMTS13-Test abgeschlossen ist, wenn andere Manifestationen der thrombozytopenischen Purpura (klinische Symptome, Thrombozytopenie, erhöhte LDH, periphere Blutabstrichuntersuchung) mit dieser Diagnose übereinstimmen.

Diagnoseweisend bei der TTP sind

  • Thrombozytopenie und Anämie

  • Fragmentierte Erythrozyten (Fragmentozyten) im Blutausstrich deuten auf eine mikroangiopathische Hämolyse (Schistozyten: Helmformen, dreieckig geformte Erythrozyten, zerrissen erscheinende Erythrozyten) hin

  • Anzeichen für eine Hämolyse (abfallender Hämoglobinspiegel, Polychromasie, erhöhte Retikulozytenzahl, erhöhte Serum-LDH- und Bilirubinwerte, reduziertes Haptoglobin)

  • Negativer direkter Antiglobulin-Test

  • Normales Gerinnungsprofil

Ein Test auf ADAMTS13-Aktivität und Autoantikörper ist bei allen Patienten mit Verdacht auf TTP angebracht. Obwohl die Erstbehandlung nicht verzögert werden sollte, um die Ergebnisse der ADAMTS13-Tests abzuwarten, sind die Ergebnisse wichtig, um die weitere Behandlung zu steuern. ADAMTS13-Spiegel < 10% bei Anwesenheit von Antikörpern gegen ADAMTS13 sind charakteristisch für die meisten Erwachsenen mit TTP, und diese Patienten sprechen auf Plasmaaustausch und Immunsuppression (Kortikosteroide und Rituximab) an. Patienten mit einem ADAMTS13-Spiegel ≥ 10% und ohne Antikörper gegen ADAMTS13 sprechen wahrscheinlich nicht auf solche Therapien an und sollten auf andere Ursachen von Anämie und Thrombozytopenie untersucht werden, darunter disseminierte intravaskuläre Gerinnung, Sepsis, okkultes Karzinom mit Hyperkoagulabilität und wandernder Thrombophlebitis (Trousseau-Syndrom), Präeklampsie, systemische Sklerose, systemischer Lupus erythematodes (SLE), beschleunigte Hypertonie und akute Abstoßung von Nierentransplantaten. Seltene Patienten können niedrige ADAMTS13-Spiegel, aber keine Autoantikörper aufweisen; solche Patienten sollten sich einem ADAMTS13-Gentest unterziehen, um das angeborene Upshaw-Schulman-Syndrom zu bestätigen, da sie nur eine Plasmainfusion benötigen, ohne dass eine Immunsuppression erforderlich ist. Genetische Tests sind auch bei Patienten mit Beginn in der Kindheit oder Schwangerschaft, wiederkehrenden Episoden, einer positiven Familienanamnese oder anderen klinischen Verdachtsmomenten angezeigt.

Ungeklärte Thrombozytopenie und mikroangiopathische hämolytische Anämie sind eine ein ausreichender Beweis, um diese Diagnose zu stellen.

Behandlung von TTP

  • Plasma-Austausch

  • Kortikosteroide und Rituximab

  • Caplacizumab (selten)

Eine unbehandelte thrombotische thrombozytopenische Purpura ist fast immer tödlich. Die Behandlung mittels Plasmaaustausch führt bei > 85% der Patienten zu einer kompletten Remission. Der Plasmaaustausch wird unverzüglich eingeleitet und täglich über mehrere Tage oder Wochen fortgesetzt, bis die Krankheitsaktivität nachlässt, was durch eine normale Thrombozytenzahl und einen normalen LDH-Wert angezeigt wird. Erwachsene mit thrombotischer thrombozytopenischer Purpura (TTP) erhalten häufig auch Kortikosteroide und Rituximab.

Caplacizumab, ein anti-von- Willebrand-Faktor-humanisiertes Immunglobulin mit einer einzelnen variablen Domäne (Nanokörper), hemmt die Wechselwirkung zwischen ungewöhnlich großen von Willebrand-Faktor-Multimeren und Thrombozyten. Caplacizumab scheint die Auflösung der Thrombozytopenie zu beschleunigen, aber es kann die Blutungsneigung erhöhen. Es kann zwar die Notwendigkeit eines Plasmaaustauschs verringern, führt aber allein nur selten zu einer Remission der Krankheit; ihre Rolle bei der Behandlung der TTP ist Gegenstand vieler Diskussionen, bleibt aber unklar.

Die Mehrheit der Patienten macht nur eine Episode des TTP durch. Allerdings treten Rückfälle in etwa 40% der Patienten auf, die einen schwerer Mangel der ADAMTS13-Aktivität aufgrund eines Autoantikörper-Inhibitors von ADAMTS13 haben. Patienten, die nach dem Ende des Plasmaaustausches erneut erkranken oder einen Rückfall erleiden, können von einer intensiveren Immunsuppression mit Rituximab profitieren. Bei Patienten, deren Symptome auf ein Rezidiv hindeuten, muss die Diagnose sehr zügig gestellt werden.

Wichtige Punkte

  • Der Thrombozyten- und Erythrozytenabbau erfolgt nichtimmunologisch, was zu Thrombozytopenie und Anämie führt; Niereninsuffizienz kommt bei Kindern häufig vor.

  • Ursache ist eine mangelhafte Aktivität der ADAMTS13-Protease, die in der Regel auf einen erworbenen Autoantikörper, selten aber auf eine erbliche Genmutation zurückzuführen ist.

  • Unbehandelte thrombotische thrombozytopenische Purpura ist meist tödlich.

  • Eine rechtzeitige Behandlung mit Plasmaaustausch zusammen mit Kortikosteroiden und Rituximab führt zu Überlebensraten von > 85%.