Minimaler Bewusstseinszustand

VonKenneth Maiese, MD, Rutgers University
Überprüft/überarbeitet Mai 2022
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Bei einem minimalen Bewusstseinszustand ist das Bewusstsein zwar sehr stark eingeschränkt, aber nicht völlig verloren. Ursache ist eine ausgedehnte Schädigung des Großhirns (des Teils des Gehirns, der Denken und Verhalten kontrolliert).

  • Ein minimaler Bewusstseinszustand kann aus einem Hirnschaden resultieren oder auf ein Wachkoma folgen, wenn der Patient einige Funktionen wiedererlangt.

  • Die Patienten mit minimalem Bewusstseinszustand können Dinge tun, die auf etwas Bewusstsein gegenüber sich selbst und ihrer Umgebung hindeuten, wie beispielsweise Augenkontakt.

  • Der Arzt diagnostiziert einen minimalen Bewusstseinszustand nur, nachdem er einen Patienten, dessen Bewusstsein schwer beeinträchtigt ist, über einen längeren Zeitraum und bei mehr als einer Gelegenheit beobachtet hat und einen gewissen Grad an Wahrnehmungsfähigkeit feststellt.

  • Patienten mit minimalem Bewusstseinszustand benötigen eine umfassende Versorgung, einschließlich einer guten Ernährung sowie Maßnahmen für durch Immobilisierung verursachte Probleme (wie Druckgeschwüre).

Ein minimaler Bewusstseinszustand kann direkt aus einem Hirnschaden resultieren oder auf ein Wachkoma folgen, wenn der Patient einige Funktionen wiedererlangt. Die Betroffenen können zwischen dem Wachkoma und dem minimalen Bewusstseinszustand hin- und herwechseln, manchmal jahrelang nach der ursprünglichen Hirnverletzung.

Symptome des minimalen Bewusstseinszustands

Im Gegensatz zu Patienten im Wachkoma können Patienten mit minimalem Bewusstseinszustand Dinge tun, die auf etwas Bewusstsein gegenüber sich selbst und ihrer Umgebung hindeuten. Das folgende Verhalten ist typisch für Betroffene:

  • Stellen Augenkontakt her

  • Folgen Gegenständen mit den Augen

  • Greifen nach Gegenständen

  • Antworten auf Fragen (jedoch häufig mit dem gleichen Wort, unabhängig davon, ob es angemessen ist oder nicht).

  • Reagieren auf jegliche Anweisungen auf die gleiche, jedoch meist unangemessene Weise (zum Beispiel durch Blinzeln).

Diagnose des minimalen Bewusstseinszustands

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Bildgebende Verfahren wie Magnetresonanztomografie

Die Ärzte vermuten einen minimalen Bewusstseinszustand auf Grundlage der Symptome. Bevor ein minimaler Bewusstseinszustand diagnostiziert werden kann, müssen die Patienten über einen längeren Zeitraum und bei mehr als einer Gelegenheit beobachtet werden.

Ein Bildgebungstest wie Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT) wird durchgeführt, um Störungen festzustellen, die das Problem verursachen könnten, insbesondere solche, die behandelt werden können.

Wenn die Diagnose unsicher ist, können andere Bildgebungstests durchgeführt werden – Positronen-Emissions-Tomografie (PET) oder Einzelphotonen-Emissionscomputertomografie (SPECT). Diese Tests können zeigen, wie gut das Gehirn arbeitet.

Eine Elektroenzephalografie (EEG) kann durchgeführt werden, um Anomalien in der elektrischen Aktivität des Gehirns zu erkennen, die auf bewusstseinsbeeinträchtigende Krampfanfälle hindeuten könnten.

Prognose bei minimalem Bewusstseinszustand

Bei den meisten Patienten mit einem minimalen Bewusstseinszustand tritt eine Verbesserung ein, jedoch nur begrenzt. Einige Patienten erhalten die Fähigkeit zurück, zu kommunizieren und zu verstehen, manchmal nach vielen Jahren. Allerdings erholen sich nur sehr wenige Patienten ausreichend, um unabhängig zu leben und zu funktionieren. Je länger der minimale Bewusstseinszustand andauert, umso weniger Funktionen werden die Patienten wahrscheinlich zurückgewinnen. Mit angemessener Versorgung können die Patienten jedoch noch jahrelang weiterleben. Die Erholung verläuft meist besser, wenn die Ursache eine Kopfverletzung war.

Bei den Berichten von Patienten, die nach einem langjährigen Koma aufgewacht sind, handelt es sich meist um Patienten, die nach einer Kopfverletzung einen minimalen Bewusstseinszustand aufwiesen.

Behandlung des minimalen Bewusstseinszustands

  • Präventive Maßnahmen für durch Immobilisierung verursachte Probleme

  • Gute Ernährung

  • Möglicherweise bestimmte Arzneimittel

Langfristige Versorgung

Wie Komapatienten benötigen auch Patienten in einem minimalen Bewusstseinszustand eine umfassende Versorgung.

Eine gute Ernährung (Ernährungsunterstützung) ist wichtig. Die Patienten werden über eine Sonde ernährt, die durch die Nase in den Magen geführt wird (künstliche Ernährung genannt). Manchmal erfolgt die Ernährung auch über eine Sonde, die über einen Bauchschnitt direkt durch die Bauchdecke in den Magen oder Dünndarm geführt wird. Über eine solche Sonde könnten auch Arzneimittel verabreicht werden.

Die Bewegungsunfähigkeit führt ebenfalls zu vielen Problemen, und es müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese zu vermeiden. Es kann zum Beispiel Folgendes passieren:

  • Druckgeschwüre: In einer Position zu liegen kann die Blutversorgung zu manchen Bereichen des Körpers unterbrechen, wodurch die Haut zerfällt und Druckgeschwüre entstehen.

  • Kontrakturen: Ein Mangel an Bewegung kann auch zu einer permanenten Versteifung der Muskeln (Kontrakturen) führen, so dass die Gelenke permanent gebeugt bleiben,

  • Blutgerinnsel: Der Mangel an Bewegung erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Bildung von Blutgerinnseln in den Beinvenen – sogenannte tiefe Beinvenenthrombose.

  • Schädigung der Muskeln und Nerven in Armen und Beinen: Ein Mangel an Bewegung oder das Liegen in einer bestimmten Position über einen längeren Zeitraum kann Druck auf einen Nerv ausüben, der dicht an der Körperoberfläche in der Nähe eines hervorstehenden Knochens verläuft, wie etwa auf einen Nerv im Ellenbogen, in der Schulter, im Handgelenk oder Knie. Ein solcher Druck kann den Nerv schädigen. Infolgedessen funktionieren die Muskeln, welche der Nerv kontrolliert, weniger gut.

Druckgeschwüre lassen sich durch eine häufige Umlagerung vermeiden, oder indem man die Körperstellen, die Kontakt mit dem Bett haben, wie die Fersen, zu ihrem Schutz polstert.

Um diese Kontrakturen zu vermeiden, werden die Gelenke des Patienten von einem Physiotherapeuten vorsichtig in alle Richtungen bewegt (passive Bewegungsbereichsübungen) oder mit Schienen in bestimmte Positionen gebracht.

Zur Verhinderung von Blutgerinnseln kommen Medikamente und Kompressionen zum Einsatz oder die Beine des Patienten werden erhöht gelagert. Auch durch die Bewegung der Gliedmaßen, wie in Form passiver Übungen zur Vergrößerung des Bewegungsumfangs, kann Blutgerinnseln vorgebeugt werden.

Bei Inkontinenz ist sorgfältig dafür zu sorgen, dass die Haut sauber und trocken bleibt. Wenn die Blasenfunktion beeinträchtigt ist und Harn zurückgehalten wird, kann ein Schlauch (Katheter) gelegt werden, um den Harnabfluss zu gewährleisten. Katheter werden sorgfältig gereinigt und regelmäßig untersucht, damit keine Harnwegsinfektionen entstehen.

Andere Therapien

Bei sehr wenigen Patienten kam es während der Einnahme von verordneten Arzneimitteln zu einer Verbesserung. Dazu gehören Zolpidem (ein Schlafmittel), Apomorphin (zur Behandlung der Parkinson-Krankheit) und Amantadin (zur Behandlung von Virusinfektionen). Eine langfristig wirksame Behandlung gibt es jedoch nicht.

Eine Musiktherapie kann geringfügige positive Auswirkungen haben, indem sie bei Patienten mit minimalem Bewusstseinszustand eine Reaktion hervorruft. Der Nutzen dieser Therapie ist jedoch noch unklar.