Medikamente zur Durchführung der Intubation

VonVanessa Moll, MD, DESA, Emory University School of Medicine, Department of Anesthesiology, Division of Critical Care Medicine
Überprüft/überarbeitet Apr. 2023
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    Ein pulsloser und apnoeischer Patient ohne nennenswerte Reaktionen kann (und sollte) ohne zusätzlichen Einsatz von Medikamenten intubiert werden. Bei anderen Patienten werden sedierende und relaxierende Medikamente zur Erleichterung der Intubation und zur Minderung der Belastung verabreicht. Dies wird als „Rapid Sequence Intubation“ bezeichnet.

    (Siehe auch Überblick über Atemstillstand, Luftweg-Einrichtung und Kontrolle und Tracheale Intubation.)

    Vorbehandlung bei Intubation

    Die Vorbehandlung umfasst typischerweise:

    • 100% Sauerstoff

    • Lidocain und/oder Fentanyl

    • Gelegentlich Atropin und/oder einen neuromuskulären Blocker

    Wenn es die Zeit erlaubt, sollten die Patienten für 3–5 min auf 100% Sauerstoff gesetzt werden. Diese Maßnahme kann eine zufriedenstellende Oxygenierung bei zuvor gesunden Patienten für bis zu 8 min aufrechterhalten. Zur Unterstützung der Präoxygenierung kann eine nicht-invasive Beatmung (NIV) oder eine High-Flow-Nasenkanüle (HFNC) verwendet werden. (1). Selbst bei apnoischen Patienten verbessert eine solche Präoxygenierung nachweislich die arterielle Sauerstoffsättigung und verlängert den Zeitraum der sicheren Apnoezeit (2). Allerdings sind Sauerstoffbedarf und sichere Apnoezeiten stark abhängig von Pulsfrequenz, Lungenfunktion, Erythrozytenzahl und zahlreichen anderen metabolischen Faktoren.

    Die Laryngoskopie kann einen Hustenreiz auslösen und verursacht eine sympathikusvermittelte Druckreaktion mit einem Anstieg der Herzfrequenz, des Blutdrucks und möglicherweise des intrakraniellen Drucks führt. Wenn es die Zeit erlaubt, geben einige Ärzte Lidocain 1,5 mg/kg i.v. 1 bis 2 Minuten vor der Sedierung und Lähmung, um Husten und möglicherweise die sympathisch-vermittelte Reaktion des Drucks zu verringern, obwohl die Beweise gemischt sind. Fentanyl (z. B. 3–5 mcg/kg i.v.), das ebenfalls 1–2 Minuten vor der Intubation verabreicht wird, kann auch die durch den Sympathikus vermittelte Druckreaktion abschwächen.

    Da es vor allem bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen oftmals zu einer deutlichen vagalen Antwort auf die Intubation kommt (mit deutlichen Bradykardien), gibt man zugleich Atropin 0,02 mg/kg IV (mindestens 0,1 mg bei Kleinkindern; 0,5 mg bei größeren Kindern sowie Erwachsenen).

    Oftmals wird zunächst eine kleine Dosis eines Muskelrelaxans (z. B. Vecuronium 0,01 mg/kg IV) gegeben, um bei Patienten jenseits des 4. Lebensjahres die durch die Vollwirkdosis von Succinylcholin hervorgerufenen Muskelfaszikulationen zu verhindern. Diese Faszikulationen können später beim wiedererwachten Patienten starke muskuläre Schmerzen bewirken, aber auch zu einer passageren Hyperkaliämie führen. Dennoch ist der wirkliche Nutzen dieses Vorgehens nicht unumstritten.

    Sedierung und Analgesie bei Intubation

    Laryngoskopie und Intubation sind recht unangenehme Maßnahmen. Bei wachen Patienten ist die intravenöse Gabe von Sedativa in Verbindung mit kurzwirksamen Analgetika obligatorisch.

    Etomidat, ein Nicht-Barbiturat, eignet sich in einer Dosierung von 0,3 mg/kg IV hier besonders.

    Fentanyl 5 mcg/kg i.v. (2–5 mcg/kg bei Kindern) wirkt ebenfalls gut und verursacht keine kardiovaskuläre Depression. HINWEIS: Diese Dosis ist höher als die analgetische Dosis und muss reduziert werden, wenn sie in Kombination mit einem Sedativum-Hypnotikum, z. B. Propofol oder Etomidat, verwendet wird. Fentanyl ist ein Opioid und besitzt daher sowohl analgetische als auch sedierende Eigenschaften. Allerdings kann bei höherer Dosierung eine gewisse Thoraxwandrigidität beobachtet werden.

    Mit Ketamin als Razemat (1:1-Mischung zweier Spiegelbildisomere) steht eine Substanz zur Verfügung, die eine dissoziative Anästhesie hervorruft (Dosierung 1–2 mg/kg IV). Dabei wirkt Ketamin kardiostimulierend. Es handelt sich hier um ein recht sicheres Medikament, das jedoch halluzinatorische Wirkungen hat und auch in der Aufwachphase auffälliges Verhalten des Patienten bewirken kann. Diese unerwünschten Wirkungen können mit niedrigen Dosen von prophylaktischen Benzodiazepinen behandelt werden.

    Propofol, ein Sedativum und Amnesiemittel, wird häufig in Dosen von 1,5 bis 3 mg/kg IV induziert, kann jedoch kardiovaskuläre Depressionen verursachen, die zu Hypotonie führen.

    Thiopental 3 bis 4 mg/kg intravenös und Methohexital 1 bis 2 mg/kg intravenös neigen zu Hypotonie und werden seltener eingesetzt.

    Medikamente zur Durchführung der Intubation

    Die Skelettmuskelrelaxierung mit einer intravenös verabreichten neuromuskulär blockierenden Substanz führt zu einer deutlichen Erleichterung der Intubation.

    Succinylcholin (1,5 mg/kg IV, 2,0 mg/kg bei Kindern) ist ein depolarisierender neuromuskulärer Blocker mit einem sehr kurzen Wirkungsbeginn (30–60 Sekunden) bei zugleich nur kurzer Wirkdauer (3–5 Minuten). Es sollte nicht eingesetzt werden bei Verbrennungspatienten, bei ausgedehnten Muskeltraumatisierungen, die älter als 1–2 Tage sind, Wirbelsäulenverletzungen, neuromuskulären Erkrankungen, Nierenversagen oder penetrierenden Augenverletzungen. Mit einer Häufigkeit von 1:15.000 bei Kindern (deutlich seltener bei Erwachsenen) findet sich eine genetische Disposition zur malignen Hyperthermie, die durch Succinylcholin getriggert werden kann. Bei Kindern sollte Succinylcholin wegen der deutlichen Bradykardieneigung stets zusammen mit Atropin gegeben werden.

    Alternativ einsetzbare nichtdepolarisierende neuromuskulär blockierende Substanzen haben eine verlängerte Wirkungsdauer (> 30 Minuten), aber auch einen langsameren Wirkungseintritt, es sei denn, sie werden in hohen Dosen eingesetzt, die die Parese deutlich verlängern. Es handelt sich bei diesen Substanzen um Atracurium (0,5 mg/kg), Mivacurium (0,15 mg/kg), Rocuronium (1,0 mg/kg) und Vecuronium (0,1–0,2 mg/kg).

    Topische Anästhesie bei Intubation

    Die Wachintubation (möglichst nicht bei Kindern) erfordert eine Anästhesie von Nase und Pharynx. Häufig eingesetzte handelsübliche Aerosole enthalten Benzocain, Tetracain, Butylaminobenzoat (Butamben) und Benzalkonium. Auch 4%iges Lidocain kann vernebelt und via Maske vom Patienten inhaliert werden. Vorsicht ist geboten, wenn Benzocain verwendet wird, da es Methämoglobinämie verursachen kann.

    Sedierung und Analgesie nach der Intubation

    Außerdem sollten geeignete Medikamente für die Sedierung und Analgesie nach der Intubation sofort verfügbar sein. Kombinationen aus Opioiden und Benzodiazepinen (z. B. Fentanyl und Midazolam) können schnell als Bolus verabreicht werden. Eine kontinuierliche Infusion von Sedativa wie Propofol oder Dexmedetomidin kann ebenfalls verwendet werden. Nach der anfänglichen Intubation und Reanimation empfehlen klinische Praxisleitlinien bei erwachsenen kritisch kranken Patienten die Verwendung einer leichten Sedierung (anstelle einer tiefen Sedierung) und die Verwendung von Propofol oder Dexmedetomidin anstelle von Benzodiazepinen. Benzodiazepine haben eine höhere Inzidenz von Delir (3).

    Allgemeine Literatur

    1. 1. Higgs A, McGrath BA, Goddard C, et al: Guidelines for the management of tracheal intubation in critically ill adults. Br J Anaesth 120:323–352, 2018. doi: 10.1016/j.bja.2017.10.021

    2. 2. Mosier JM, Hypes CD, Sakles JC: Understanding preoxygenation and apneic oxygenation during intubation in the critically ill. Intensive Care Med 43(2):226–228, 2017. doi: 10.1007/s00134-016-4426-0

    3. 3. Devlin JW, Skrobik Y, Gélinas C, et al: Clinical Practice Guidelines for the Prevention and Management of Pain, Agitation/Sedation, Delirium, Immobility, and Sleep Disruption in Adult Patients in the ICU. Crit Care Med 46(9):e825-e873, 2018. doi:10.1097/CCM.0000000000003299