Familiäre adenomatöse Polypose

VonAnthony Villano, MD, Fox Chase Cancer Center
Überprüft/überarbeitet Okt. 2023
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Die familiäre adenomatöse Polypose ist eine Erbkrankheit, die zahllose Kolonpolypen verursacht und bis zum 40. Lebensjahr oft zu einem Kolonkarzinom führt. Patienten sind meist asymptomatisch, können aber Haemoccult®-positive Stühle haben. Die Diagnose erfolgt durch die Endoskopie und einen Gentest. Die Therapie besteht in der Kolektomie.

Die familiäre adenomatöse Polyposis ist eine autosomal dominante Erkrankung, bei der 100 adenomatöse Polypen den Dickdarm und das Rektum bedecken.

Die Inzidenz liegt bei 1:8000 bis 1:14.000. Polypen sind bei 50% der Patienten im Alter von 15 Jahren und 95% im Alter von 35 Jahren vorhanden. Bei fast allen unbehandelten Patienten entwickelt sich bis zum 40. Lebensjahr eine Krebserkrankung.

Patienten können außerdem die verschiedensten Manifestationen außerhalb des Kolons entwickeln (früher als Gardner-Syndrom bezeichnet), sowohl benigne als auch maligne. Gutartige Manifestationen beinhalten Desmoidtumoren, Osteome des Schädels oder Unterkiefers, Atherome (Grützbeutel) und Adenome in anderen Teilen des Gastrointestinaltrakts. Die Patienten haben ein erhöhtes Krebsrisiko in Duodenum (5–11%), Pankreas (2%), Thyroidea (2%), Hirn (Medulloblastom bei < 1%) und Leber (Hepatoblastom bei 0,7% der Kinder < 5 Jahre).

Symptome und Anzeichen der familiären adenomatösen Polyposis

Viele Patienten sind asymptomatisch, es treten aber rektale, typischerweise okkulte Blutungen, auf.

Diagnose der familiären adenomatösen Polypose

  • Koloskopie

  • Genetische Tests von Patienten und Verwandten 1. Grades

  • Nachkommen werden auf Hepatoblastome gescreent

Die Diagnose der familiären adenomatöse Polyposis wird gestellt bei > 100 koloskopisch gefundenen Polypen. Obwohl die charakteristischen Läsionen von familiären adenomatösen Polypose auf Sigmoidoskopie erkannt werden können, wird eine Koloskopie in der Regel durchgeführt, um einen proximaleren Krebs zu erkennen, der vor der Behandlung für Metastasen ausgewertet werden müsste.

Diagnostizierte Patienten sollten einen Gentest zur Identifizierung der speziellen Mutation erhalten, diese sollte dann bei erstgradigen Verwandten gesucht werden. Wenn kein Gentest durchgeführt werden kann, sollten Verwandte des Patienten ab dem 12. Lebensjahr jährlich sigmoidoskopiert werden, mit jeder Dekade kann das Intervall verlängert werden. Wenn bis zum 50. Lebensjahr keine Polypen gefunden werden konnten, gelten die gleichen Vorsorgeempfehlungen wie für Patienten mit durchschnittlichem Risiko.

Die Kinder von Patienten mit familiären adenomatösen Polypose können von Geburt an bis zum 5. Lebensjahr jährlich mittels Alpha-Fetoprotein-Spiegeln im Serum und möglichst auch Lebersonographie auf das Auftreten eines Hepatoblastoms hin untersucht werden.

Behandlung der familiären adenomatösen Polyposis

  • Kolektomie

  • Endoskopische Überwachung des übrigen GIT

  • Vielleicht nichtsteroidale Antirheumatika (= nonsteroidal anti-inflammatory drugs, NSAID)

Die Kolektomie sollte kurz nach der Diagnose durchgeführt werden. Die totale Proktokolektomie eliminiert das Risiko von Dickdarm- und Enddarmkrebs. Die am häufigsten verwendeten Rekonstruktionsoptionen sind Ileum-Beutel-Anal-Anastomose (IPAA) und permanente Ileostomie. Wenn eine subtotale Kolektomie (Entfernung des größten Teils des Kolons unter Belassen des Rektums) mit ileorektaler Anastomose durchgeführt wurde, muss der Rektumstumpf häufig kontrolliert und müssen neue Polypen exzidiert oder mittels Fulguration entfernt werden. NSAR können die Bildung neuer Polypen hemmen. Wenn neue Polypen zu schnell oder in zu großer Zahl auftreten, um entfernt zu werden, ist eine Exzision des Rektums erforderlich.

Nach der Kolektomie sollten die Patienten in regelmäßigen Abständen endoskopisch überwacht werden. Die 2015 Richtlinien für genetische Tests und Management von erblichen gastrointestinalen Krebssyndromen des American College of Gastroenterology empfehlen eine obere Endoskopie einschließlich Duodenoskopie ab dem Alter von 25 bis 30 Jahren und wiederholte Überwachung alle 6 Monate bis 4 Jahre, abhängig vom Stadium der Duodenalpolypose. Mit der Spigelman-Klassifikation wird der Grad der Polyposis auf der Grundlage von vier Variablen (Anzahl der Polypen, Polypengröße, Histologie und Dysplasie) bestimmt, und der berechnete Score liefert ein empfohlenes Überwachungsintervall (1). Ein jährliches Screening der Schilddrüse mit Ultraschall wird ebenfalls empfohlen.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Saurin JC, Gutknecht C, Napoleon B, et al: Surveillance of duodenal adenomas in familial adenomatous polyposis reveals high cumulative risk of advanced disease. J Clin Oncol 22(3):493–498, 2004. doi: 10.1200/JCO.2004.06.028

Wichtige Punkte

  • Familiäre adenomatöse Polyposis ist eine autosomal-dominante Krankheit, bei der 100 adenomatöse Polypen das Kolon und Rektum auskleiden.

  • Bei fast allen Patienten entwickelt sich bis zum 40. Lebensjahr ein Kolonkarzinom, weshalb bald nach der Diagnose in der Regel eine totale Proktokolektomie erfolgt.

  • Die Patienten haben ein erhöhtes Risiko für andere Krebsarten, insbesondere des Duodenums, und auch des Pankreas, der Schilddrüse, des Hirns und der Leber.

  • Nach der Behandlung werden die Patienten regelmäßig auf andere Krebsarten und die Entwicklung von Polypen im oberen GIT untersucht.

  • Die Kinder von Eltern mit familiären adenomatösen Polypose können von der Geburt an bis zum 5. Lebensjahr auf das Auftreten eines Hepatoblastoms untersucht werden.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. American College of Gastroenterology: Guidelines for genetic testing and management of hereditary gastrointestinal cancer syndromes (2015)