Albinismus

VonShinjita Das, MD, Harvard Medical School
Überprüft/überarbeitet Okt. 2022 | Geändert Dez. 2022
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Okulokutaner Albinismus ist ein erblicher Defekt bei der Melanin-Bildung, der diffuse Hypopigmentierung der Haut, Haare und Augen verursacht. Okularer Albinismus betrifft die Augen und in der Regel nicht die Haut. Augenbeteiligung verursacht Strabismus, Nystagmus und verminderte Sehschärfe. Die Diagnose von okulokutanem Albinismus ist für gewöhnlich aufgrund des Hautbefundes offensichtlich, allerdings ist eine Untersuchung der Augen unabdingbar. Abgesehen vom Schutz vor Sonnenlicht gibt es keine Behandlungsmöglichkeiten der Hautveränderungen.

(Siehe auch Überblick Pigmentierungsstörungen.)

Pathophysiologie des Albinismus

Als okulokutaner Albinismus (OCA) wird eine Gruppe seltener hereditärer Erkrankungen bezeichnet, bei denen trotz einer normalen Anzahl von Melanozyten keine oder nur eine geringfügige Melaninproduktion stattfindet. OCA tritt bei Menschen aller Rassen auf der ganzen Welt auf. Es bestehen sowohl kutane als auch okuläre Veränderungen (Augenbeteiligung). Die Befunde zur Augenbeteiligung umfassen abnorme Entwicklung des optischen Traktes, die sich in fovealer Hypoplasie mit verminderten Photorezeptoren und Fehlleitung von optischen Fasern des Chiasma opticum manifestieren.

Die meisten Fälle von OCA sind autosomal-rezessiv, autosomal-dominante Vererbung ist selten. Es gibt 8 genetische Formen der OCA, von denen die ersten 4 gut charakterisiert sind:

  • Der Typ 1 wird durch die fehlende (OCA1A; 40% aller OCA) oder verminderte (OCA1B) Aktivität der Tyrosinase verursacht. Dieses Enzym katalysiert mehrere Schritte der Melaninsynthese.

  • Der Typ 2 (50% aller OCA) entsteht durch eine Mutation im P-Gen („pink-eyed“). Die Funktion des P-Proteins ist noch nicht bekannt, kann aber die Regulierung von Organellen pH ("organelle pH") und Akkumulation von vakuolärem Glutathion beinhalten. Die Tyrosinase ist aktiv. Typ II ist die häufigste Form des okulokutanen Albinismus (OCA) in Afrika.

  • Typ III tritt nur bei Menschen mit ansonsten dunkler Haut auf (Fitzpatrick-Hauttypen III bis V; siehe Tabelle Fitzpatrick-Hauttypklassifizierung). Sie ist Folge von Mutationen im tyrosinase-related protein 1-Gen, dessen Produkt für die Synthese von Eumelanin wichtig ist, der häufigsten der 3 Melaninarten, die Haut, Haaren und Augen ihre Farbe verleihen.

  • Typ 4 OCA ist eine extrem seltene Form, bei der der Defekt ein Gen (SLC45A2) betrifft, das ein Membrantransportprotein kodiert, was im Zusammenhang steht mit Tyrosinase-Verarbeitung und "trafficking" von Proteinen zu Melanosomen. Typ 4 ist die häufigste Form der OCA in Japan.

  • Typ V wurde mit Chromosom 4q24 in Verbindung gebracht, einer Region, die möglicherweise für lysosomale Proteine kodiert.

  • Typ VI wurde mit Mutationen im Gen SLC45A5 in Verbindung gebracht, das für ein Membrantransportprotein kodiert.

  • Typ VII ist auf Mutationen im Gen C10orf11 zurückzuführen, das für ein leucinreiches Protein kodiert, das bei der Differenzierung von Melanozyten eine Rolle spielen könnte.

  • Typ VIII wurde mit einer Mutation im Dopachrom-Tautomerase (DCT)-Gen auf Chromosom 13q32 in Verbindung gebracht, das für ein Enzym kodiert, das eine Rolle bei der Modifikation der Hautpigmentfarbe spielt.

Nettleship-Falls (OA1) und Forsius-Eriksson (OA2) sind extrem selten im Vergleich zur OCA. Sie werden X-chromosomal-dominant vererbt. Gewöhnlich sind Befunde auf die Augen beschränkt, jedoch kann die Haut hypopigmentiert sein. Patienten mit OA1 können spät einsetzende Innenohrtaubheit haben.

Es gibt eine andere Gruppe von Erbkrankheiten, bei der eine klinisch manifester OCA-Phänotyp gemeinsam mit Blutungsstörungen auftritt. Beim Hermansky-Pudlak-Syndrom treten OCA-ähnliche Befunde mit Thrombozytenanomalien und einer Ceroid-Lipofuszin-Lysosomalspeicherkrankheit auf (die zu Lungenfibrose und granulomatöser Kolitis führen kann). Dieses Syndrom tritt gehäuft bei Menschen mit puertorikanischer Abstammung auf, bei denen seine Inzidenz ca. 1:1800 beträgt (1). Beim Chédiak-Higashi-Syndrom finden sich OCA-ähnliche und okulare Befunde, das Haar ist silbergrau und durch die Verminderung der dichten Granula in den Thrombozyten tritt eine Blutungsdiathese auf. Aufgrund der anormalen lytischen Granula in den Lymphozyten besteht bei den Patienten mit Chediak-Higashi-Syndrom eine ausgeprägte Immunschwäche. Zudem tritt eine progressive neurologische Degeneration auf.

Allgemeiner Hinweis

  1. 1. Witkop CJ, Almadovar C, Piñeiro B, et al : Hermansky-Pudlak syndrome (HPS). An epidemiologic study. Ophthalmic Paediatr Genet 11(3):245-250. doi: 10.3109/13816819009020986

Symptome und Anzeichen von Albinismus

Die verschiedenen genetischen Formen des okulokutanen Albinismus haben eine Vielzahl von Phänotypen.

OCA Typ I (OCA1A) ist ein klassischer Tyrosinase-negativer Albinismus; Haut und Haare sind milchig weiß, und die Augen sind blaugrau (die Abnahme der Sehschärfe ist bei dieser Form des okulokutanen Albinismus am stärksten). Bei der OCA1B ist eine leichte bis deutliche Pigmentverminderung möglich.

OCA Typ 2 hat Phänotypen mit leichten bis mäßigen Pigmentverminderungen. Bei Sonnenexposition entstehen oft Pigmentnävi und Lentigines; manche Lentigines werden groß und dunkel. Die Augenfarbe variiert stark.

Bei OCA Typ 3 ist die Haut braun ist, das Haar rotbraun (rötlich), und die Augenfarbe blau oder braun.

Bei OCA Typ 4 ist der Phänotyp ähnlich wie bei Typ 2.

Bei OCA Typ V ist die Haut weiß und das Haar goldfarben.

Bei OCA Typ VI kann die Haut weiß sein, und die Haare können bei der Geburt hell sein und mit dem Alter dunkler werden.

Beim OCA-Typ VII ist das Hautpigment vermindert, und das Haar kann von weiß bis braun reichen.

Bei OCA Typ VIII sind Haut und Haare leicht hypopigmentiert.

Patienten mit okulärer Beteiligung können verringerte retinale Pigmentierung haben, was zu Lichtempfindlichkeit und Lichtvermeidung führt. Darüber hinaus entstehen Nystagmus, Schielen, Sehschärfe, und der Verlust der binokularen Stereopsie wahrscheinlich durch Fehlleitung der optischen Fasern.

Diagnose des Albinismus

  • Klinische Bewertung

Die Diagnose aller Arten von OCA und OA basiert auf Untersuchung der Augen und der Haut. Bei frühen Augenuntersuchung kann man eine tranparente Iris, reduzierte retinale Pigmentierung, Fovea-Hypoplasie, reduzierte Sehschärfe, Strabismus und Nystagmus erkennen.

Behandlung von Albinismus

  • Strikter Sonnenschutz

  • Manchmal chirurgische Intervention für Schielen

Es gibt keine Heilung für Albinismus.

Die Patienten haben ein hohes Risiko für Sonnenbrand und Hautkrebs (insbesondere Plattenepithelkarzinome) und sollten direkte Sonneneinstrahlung vermeiden, Sonnenbrillen mit UV-Filtration verwenden, Sonnenschutzkleidung mit einem UV-Schutzfaktor von 50 oder höher tragen und ein Breitspektrumsonnenschutzmittel mit einem mit einem möglichst hohen Lichtschutzfaktor (LSF) (z. B. 50 oder höher), der gegen UVA- und UVB-Wellenlängen (siehe Prävention von Sonneneinstrahlung) schützt, verwenden.

Patienten mit OCA sollten regelmäßig Hautuntersuchungen durchführen lassen. Auffallend ist, dass Melanome, die sich bei Patienten mit OCA entwickeln, häufig amelanotisch sind; häufige Stellen sind der Rücken und die Beine.

Einige chirurgische Interventionen können das Schielen vermindern.

Wichtige Punkte

  • Okulokutaner Albinismus ist eine Gruppe von seltenen, meist autosomal-rezessiv vererbten Krankheiten, die zu Hypopigmentierung der Haut, Haare und Augen führen.

  • Augenbeteiligung bewirkt Lichtempfindlichkeit und oft Nystagmus, Strabismus, reduzierte Sehschärfe, und der Verlust der binokularen Stereopsie.

  • Untersuchen Sie die Augen und die Haut, um die Diagnose zu stellen.

  • Weisen Sie die Patienten an, Augen und Haut strikt vor Sonneneinstrahlung zu schützen.