Rehabilitation nach Amputation eines Gliedmaßes

VonSalvador E. Portugal, DO, New York University, Robert I. Grossman School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Aug. 2021
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Vor der Operation besprechen ein Chirurg, ein Prothetiker und ein Krankengymnast mit dem Patienten Pläne und Ziele. Ein Prothetiker ist ein Fachmann, der künstliche Gliedmaßen (Prothesen) anfertigt, montiert und anpasst und deren Benutzung erklärt. Die Rehabilitationsübungen können bereits vor der Amputation beginnen. (Siehe auch Überblick über die medizinische Rehabilitation und Überblick über künstliche Gliedmaßen: Prothesen.)

Eine Prothese für eine Gliedmaße (Arm oder Bein) besteht aus einer Gelenkpfanne in einem starren Rahmen (Schnittstelle), Komponenten und einer Abdeckung. Die Schnittstelle ermöglicht die Befestigung der Prothese am Körper. Die Komponenten umfassen Endgeräte (z. B. künstliche Hände, Füße, Finger oder Zehen) und künstliche Gelenke.

Armamputation (Amputation der oberen Gliedmaßen)

Die meisten Armamputationen werden durch Arbeitsunfälle verursacht. In seltenen Fällen muss ein Arm ganz oder teilweise im Rahmen der Behandlung einer Erkrankung wie Krebs chirurgisch entfernt werden. Der Arm kann unterhalb des Ellbogens, oberhalb des Ellbogens oder an der Schulter amputiert werden. Oder eine Hand bzw. ein oder mehrere Finger werden amputiert.

Nach einer Armamputation bekommen die meisten Patienten einen künstlichen Arm (Prothese der oberen Gliedmaßen). Zu den Komponenten können Finger, ein Haken oder eine Hand, eine Fausteinheit und – bei Amputationen oberhalb des Ellbogens – eine Ellbogeneinheit gehören. Die Bewegung des Hakens bzw. der Hand wird über die Bewegung der Schultermuskulatur gesteuert. Ein Haken kann funktionaler sein, die meisten Menschen ziehen jedoch eine Hand aufgrund ihres Aussehens vor. Die Steuerung einer Prothese über dem Ellbogen ist komplizierter als bei einer Prothese unterhalb des Ellbogens. Inzwischen gibt es neuere Prothesen, die von Mikroprozessoren myoelektrisch gesteuert werden (mit Energie, die die Muskeln des Betroffenen erzeugen) und dem Patienten ermöglichen, präzisere Bewegungen zu machen. Bionische Komponenten, die zurzeit auf den Markt kommen, können die Funktionsfähigkeit noch mehr steigern.

Zur Rehabilitation gehören auch allgemeine Fitnessübungen sowie Streckübungen für Schulter und Ellbogen sowie Kraftübungen für die Armmuskulatur. Ausdauerübungen sind ggf. ebenfalls notwendig. Das verordnete individuelle Übungsprogramm hängt davon ab, ob ein Arm oder beide amputiert wurden und wie viel von dem Arm amputiert wurde. Der Patient lernt mit Hilfe der Prothese, eines Hilfsgeräts oder anderer Körperteile (z. B. Mund oder Füße), Alltagsaufgaben zu verrichten.

Wussten Sie ...

  • Patienten, die eine Gliedmaße verloren haben, entscheiden sich vielleicht für eine künstliche Gliedmaße mit Mikroprozessor oder bionischen Elementen, die eine genauere Bewegungskontrolle ermöglichen.

Beinamputation (Amputation der unteren Gliedmaßen)

Diese Amputationen resultieren ähnlich häufig aus Verletzungen (Verkehrsunfall oder Kriegsgefecht) oder Operationen zur Behandlung von krankheitsbedingten Komplikationen (z. B. eingeschränkte Blutzirkulation infolge von Arteriosklerose oder Diabetes). Das Bein kann unterhalb des Knies, oberhalb des Knies oder an der Hüfte amputiert werden. Oder man amputiert einen Fuß, einen Zeh oder mehrere Zehen.

Nach der Beinamputation bekommen die meisten Patienten ein künstliches Bein (Prothese der unteren Gliedmaßen). Zu den Komponenten gehören unter anderem Zehen, ein Fuß und, bei Amputationen oberhalb des Knies, eine Knieeinheit. Neuere Prothesen mit bionischen Elementen, die von Mikroprozessoren myoelektrisch gesteuert werden, ermöglichen dem Patienten eine präzisere Bewegungskontrolle.

Zur Rehabilitation gehören auch allgemeine Fitnessübungen sowie Übungen zur Dehnung von Knie und Hüfte und Stärkung aller Arm- und Beinmuskeln. Der Patient wird ermuntert, sobald wie möglich mit Stand- und Gleichgewichtsübungen am Doppelbarren zu beginnen. Auch Ausdauerübungen sind unter Umständen notwendig. Das verordnete individuelle Übungsprogramm hängt davon ab, ob ein Bein oder beide amputiert wurden und wie viel von dem Bein amputiert wurde.

Meistens verkürzen sich die Muskeln nahe der amputierten Gliedmaße oder am Hüft- oder Kniegelenk. Diese Verkürzung (genannt Kontraktur) resultiert in der Regel daraus, dass der Betroffene längere Zeit im Stuhl oder Rollstuhl sitzt oder im Bett liegt, ohne den Körper anzuspannen. Kontrakturen schränken den Bewegungsumfang ein. Falls die Kontraktur schwer ist, kann es sein, dass die Prothese nicht mehr sitzt oder der Patient die Prothese nicht benutzen kann. Therapeuten und Pflegekräfte zeigen dem Patienten, wie Kontrakturen vorgebeugt werden kann.

Therapeuten zeigen dem Patienten, wie er den Stumpf konditioniert, was den natürlichen Prozess der Schrumpfung fördert. Der Stumpf muss geschrumpft sein, bevor die Prothese angepasst wird. Eine elastische Schrumpfvorrichtung oder 24-Stunden-Bandagen können bei der Formung des Stumpfes helfen und der Ansammlung von Flüssigkeit im Gewebe vorbeugen. Kurz nach der Amputation erhält der Patient ggf. eine vorübergehende Prothese und beginnt damit zu laufen, was das Schrumpfen des Stumpfes fördert. Mit der vorläufigen Prothese kann der Patient mit Bewegungsübungen am Doppelbarren beginnen und versuchen, auf Krücken oder mit einem Gehstock zu laufen, bis die endgültige Prothese angefertigt wird. Manchmal benutzt der Patient eine Prothese mit dauerhaften Komponenten, jedoch mit vorläufiger Gelenkpfanne und Rahmen. Weil einige Elemente gleichbleiben, kann sich der Patient schneller an die neuen Teile gewöhnen.

Wenn die endgültige Prothese angefertigt wird, bevor der Stumpf abschließend geschrumpft ist, muss sie ggf. noch einmal angepasst werden, damit der Patient damit gut laufen kann. Eine endgültige Prothese wird in der Regel mehrere Wochen nach der Amputation angefertigt, damit ausreichend Zeit für die vollständige Schrumpfung des Stumpfes vorhanden ist.

Mit Erhalt der Prothese bekommt der Patient Informationen über ihre grundsätzliche Benutzung:

  • Anziehen der Prothese

  • Ablegen der Prothese

  • Gehen mit der Prothese

  • Wie man die Prothese und die Haut am Stumpf pflegt

Die Anleitung wird normalerweise fortgesetzt, am besten durch ein Spezialteam. Ein Physiotherapeut entwickelt ein Übungsprogramm, das Kraft, Gleichgewicht, Gelenkigkeit und die Herz-Kreislauf-Fitness verbessern soll. Der Therapeut zeigt dem Patienten ausführlich, wie man mit der Prothese geht. Die Gehübungen beginnen mit direkter Unterstützung und werden mit einer Gehhilfe und später mit einem Gehstock fortgesetzt. Innerhalb von wenigen Wochen können die meisten Patienten ohne Stock gehen. Der Therapeut zeigt dem Patienten, wie man Treppen steigt, bergauf und bergab geht und unebenes Gelände überquert. Jüngere Menschen erlernen eventuell sogar das Laufen, um an Sportveranstaltungen teilzunehmen. Patienten mit einer Amputation oberhalb des Knies, ältere sowie schwache und wenig motivierte Patienten machen langsamere und kleinere Fortschritte.

Die Prothese, die bei einer Amputation oberhalb des Knies eingesetzt wird, wiegt viel mehr als die Prothese für Amputationen unterhalb des Knies, und die Steuerung des künstlichen Kniegelenks erfordert Geschick. Das Gehen mit einer Prothese nach einer Amputation unterhalb des Knies erfordert ca. 10 bis 40 % mehr Energie bzw. 60 bis 100 % mehr Energie nach einer Amputation oberhalb des Knies.

Pflege der verbleibenden Gliedmaße (Stumpf)

Die Haut, die mit dem Schaft der Prothese in Kontakt kommt, muss versorgt und sorgfältig kontrolliert werden, damit Hautgeschwüre und Hautinfektionen vermieden werden (siehe Hautpflege an der verbleibenden Gliedmaße). 

Da eine Beinprothese nur als Gehhilfe konzipiert wurde, sollte sie vor dem Schlafengehen abgenommen werden. Vor der Schlafenszeit sollte der Stumpf gründlich untersucht (mit einem Spiegel, wenn die betreffende Person ihn selbst inspiziert), mit milder Seife und warmem Wasser gereinigt, sorgfältig getrocknet und mit Talkumpuder bestäubt werden.

Treten bestimmte Probleme auf, sollten diese vom Patienten behandelt werden:

  • Trockene Haut: Auftragen von Lanolin oder Vaseline auf den Stumpf

  • Übermäßiges Schwitzen: Auftragen eines unparfümierten schweißhemmenden Sprays

  • Entzündete Hautstellen: Umgehendes Entfernen des Reizauslösers und Auftragen von Talkumpuder oder Kortikosteroid-Creme oder -salbe

  • Aufgeplatzte Haut: Die Prothese sollte bis zur Wundheilung nicht getragen und ein Arzt aufgesucht werden.

Zwischen der Prothese und der Haut sollte eine Socke oder ein Liner getragen werden. Socke und Liner sollten täglich gereinigt werden. Die Innenseite der Prothese kann mit milder Seife gewaschen werden.

Prothesen sind in der Regel nicht wasserdicht. Sollte ein Teil der Prothese nass werden, muss dieser unverzüglich sorgfältig getrocknet werden. Es sollte keine Hitze zum Trocknen verwendet werden. Wenn der Patient Schwimmen gehen möchte oder es bevorzugt, mit der Prothese zu duschen, kann er eine Prothese erhalten, die komplett unter Wasser getaucht werden kann.

Schmerzen

Nach einer Arm- oder Beinamputation fühlen manche Menschen Schmerzen in der amputierten Gliedmaße (Phantomschmerzen). Der Schmerz ist echt, die Schmerzstelle ist jedoch falsch. Phantomschmerzen sind stärker, wenn die amputierte Gliedmaße vor der Amputation stark oder über einen längeren Zeitraum schmerzte. Phantomschmerzen treten oft verstärkt kurz nach der Amputation auf, werden im Lauf der Zeit jedoch weniger. Viele Menschen haben stärkere Phantomschmerzen, wenn sie die Prothese nicht tragen (z. B. nachts). Wenn bei der Operation ein Spinal- und ein allgemeines Anästhetikum eingesetzt werden, ist das Phantomschmerzrisiko kleiner.

Einige Menschen haben eine Phantomempfindung, die nicht schmerzhaft ist, sich jedoch anfühlt, als sei die amputierte Gliedmaße noch da. Wenn ein Patient nach der Amputation dieses Gefühl hat, kann es sein, dass er plötzlich aufsteht (und dann umfällt). Dies passiert zumeist nachts, wenn der Betroffene aufwacht, um auf die Toilette zu gehen. Phantomempfindungen treten häufiger auf als Phantomschmerzen.

Der Stumpf selbst kann Schmerzen verursachen. Durch Massieren des Stumpfes kann dieser Schmerz gelindert werden. Die Schmerzen können auf einer Infektion oder auf Hautabschürfung beruhen (Hautdefekte). In diesem Fall sollte ein Arzt konsultiert werden.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. Amputee Coalition: Informationen zur Förderung der Prävention von Amputationen, die Aufklärung, Unterstützung und Interessenvertretung für Patienten mit amputierten Gliedmaßen bieten

  2. U.S. Department of Veterans Affairs: Rehabilitation and Prosthetic Services: Hilfsmittel zu nationalen Richtlinien und Programmen für medizinische Rehabilitation und prothetische und sensorische Hilfen, die die Gesundheit, Unabhängigkeit und Lebensqualität von Veteranen mit Behinderungen fördern