Durch zirkulierende Antikoagulanzien verursachte Blutgerinnungsstörungen

VonMichael B. Streiff, MD, Johns Hopkins University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Sep. 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Manchmal führt eine Fehlfunktion des Immunsystems zur Bildung von Antikörpern, die anstelle von fremden oder gefährlichen Substanzen das Gewebe des Körpers angreifen (Autoantikörper). Solche Erkrankungen werden als Autoimmunerkrankungen bezeichnet.

    Zirkulierende Antikoagulanzien sind üblicherweise Autoantikörper, die sich spontan (von selbst und ohne bekannte Ursache) entwickeln. Sie vermindern die Aktivität spezieller Gerinnungsfaktoren (eines Proteins, das die Blutgerinnung unterstützt) und verursachen dadurch übermäßige Blutungen (siehe auch Übersicht über Blutgerinnungsstörungen). Das Immunsystem kann beispielsweise einen Autoantikörper gegen den Gerinnungsfaktor VIII oder V bilden. Diese Antikörper werden als zirkulierende Antikoagulanzien bezeichnet, da sie im Blutstrom wandern (zirkulieren).

    Zirkulierende Antikoagulanzien verursachen in der Regel übermäßige Blutungen. Bei bestimmten Arten von zirkulierenden Antikoagulanzien kommt es jedoch nicht zu übermäßigen Blutungen, sondern zu Blutgerinnseln in einer Arterie oder Vene. Solche Blutgerinnsel können die Durchblutung unterbrechen, was zu Rötungen und Schwellungen führt. Zudem kann es am Gewebe, das von dem Blutgefäß versorgt wird, zu Schädigungen kommen.

    Zirkulierende Antikoagulanzien werden vermutet, wenn bei einer Person mit auffälligen Ergebnissen beim Gerinnungstest übermäßige Blutungen auftreten.

    Bei Patienten ohne Hämophilie kann die Behandlung Medikamente zur Unterdrückung der Autoantikörperproduktion umfassen.

    Faktor-VIII- und Faktor-IX-Hemmer

    Bei ungefähr 30 Prozent der Patienten mit schwerer Hämophilie A bilden sich Faktor-VIII-Antikörper. Diese Antikörper sind eine Komplikation, die auftritt, wenn man wiederholt mit den zur Behandlung der Hämophilie verabreichten normalen Faktor‑VIII‑Molekülen in Kontakt kommt. Gleichermaßen können bei Menschen mit schwerer Hämophilie B Antikörper gegen Faktor IX auftreten, obwohl dies nur bei etwa zwei bis drei Prozent der Menschen geschieht.

    Faktor-VIII-Autoantikörper können sich auch manchmal bei Personen ohne Hämophilie entwickeln. Die Faktor-VIII-Antikoagulanzien können beispielsweise bei Frauen entstehen, die gerade entbunden haben, oder auch bei Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder systemischem Lupus erythematodes. Manchmal entwickeln ältere Menschen ohne offensichtliche zugrunde liegende Erkrankung Faktor-VIII-Antikoagulanzien.

    Bei Personen mit Faktor-VIII-Antikoagulanzien können lebensbedrohliche Blutungen auftreten.

    Es werden Blutuntersuchungen durchgeführt, einschließlich einer Messung der Menge des Faktors VIII oder IX.

    Laboruntersuchung

    Treten die Autoantikörper bei Frauen nach der Geburt auf (postpartal), können diese spontan verschwinden. In anderen Fällen erhalten Personen ohne Hämophilie zur Unterdrückung der Autoantikörper-Bildung Medikamente wie Cyclophosphamid, Kortikosteroide oder Rituximab. Personen mit Antikörpern gegen Faktor VIII, bei denen es zu Blutungen kommt, können auch mit dem aktivierten Faktor VII behandelt werden.

    Es stehen mehrere Medikamente zur Kontrolle von Blutungen bei Patienten mit Hämophilie und Isoantikörpern gegen die Faktoren VIII und IX zur Verfügung oder werden diesbezüglich untersucht.