Hypophosphatämische Rachitis

(Vitamin-D-resistente Rachitis)

VonChristopher J. LaRosa, MD, Perelman School of Medicine at The University of Pennsylvania
Überprüft/überarbeitet Dez. 2022
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Die hypophosphatämische Rachitis ist eine genetische Störung, die durch eine Hypophosphatämie, eine gestörte intestinale Kalzium-Absorption und eine Rachitis oder Osteomalazie charakterisiert ist, die sich nach Vitamin-D-Gabe nicht bessert. Es ist in der Regel erblich. Die Symptome sind Knochenschmerzen, Frakturen und Wachstumsstörungen. Die Diagnose wird üblicherweise durch Bestimmung der Serumspiegel von Phosphat, alkalischer Phosphatase und 1,25-Dihydroxyvitamin D3 gestellt. Die Behandlung besteht aus oralem Phosphat plus Calcitriol; bei X-chromosomaler Hypophosphatämie wird Burosumab verabreicht.

Die erbliche hypophosphatämische Rachitis wird in der Regel X-chromosomal-dominant vererbt. Andere Vererbungsmuster können auftreten, sind jedoch seltener (1).

Sporadische erworben Fälle werden manchmal durch benigne mesenchymale Tumoren verursacht, die einen humoralen Faktor produzieren, der die proximale Nierentubuli-Resorption von Phosphat (Tumor-induzierte Osteomalazie) vermindert.

Allgemeiner Hinweis

  1. 1. Bitzan M, Goodyer PR: Hypophosphatemic rickets. Pediatr Clin N Am 66(1):179–207, 2019. doi: 10.1016/j.pcl.2018.09.004

Pathophysiologie der hypophosphatämischen Rachitis

Die Pathologie ist eine verminderte Phosphatresorption im proximalen renalen Tubulus, die zu einer renalen Phosphatauszehrung und Hypophosphatämie führt. Dieser Defekt resultiert aus zirkulierenden Faktoren, die Phosphatonine genannt werden. Das Prinzip-Phosphatonin bei ererbter hypophosphatämischer Rachitis ist FGF-23 (fibroblast growth factor-23). Die intestinale Kalzium- und Phosphatresorption kann ebenfalls vermindert sein. Die verminderte Knochendichte wird eher durch die niedrigen Phosphatspiegel und eine Osteoblastenstörung verursacht als durch das niedrige Kalzium und das erhöhte Parathormon (PTH) wie bei "calcipenic" Rachitis ( see page Vitamin-D-Mangel und -abhängigkeit). Eine Hypophosphatämie würde normalerweise zu erhöhten 1,25-Dihydroxyvitamin-D3-Spiegeln führen. Da die 1,25-Dihydroxyvitamin-D3-Spiegel normal oder etwas erniedrigt sind, vermutet man eine Störung bei der Umwandlung.

Es gibt verschiedene Formen der hypophosphatämischen Rachitis (siehe Tabelle Formen der hereditären hypophosphatämischen Rachitis). Es ist bekannt, dass eine Form der erblichen Rachitis mit Hypercalciurie (HHRH) aufgrund von Mutationen im proximalen Tubulus Typ 2c Natrium-Phosphat-Co-Transporter auftreten (NaPi2c). Ein defekter Phosphattransport und Hypophosphatämie führen in diesem Fall zu angemessen erhöhten 1,25-Dihydroxyvitamin-D3-Spiegeln, was somit zu Hyperkalziurie führt.

Tabelle

Symptome und Anzeichen von hypophosphatämischen Rachitis

Die Krankheit manifestiert sich mit einem ganzen Spektrum von Anomalien, das von der alleinigen Hypophosphatämie bis zur schweren Rachitis oder Osteomalazie reicht. Kinder stellen sich in der Regel vor, nachdem sie zu laufen beginnen, mit einer Beugung der Beine und anderen Knochenverformungen, Pseudofrakturen (d. h. Röntgenbefunde bei Osteomalazie, die Bereiche früherer Stressfrakturen darstellen können, die ersetzt worden sind durch unangemesses mineralisiertes Osteoid vs. Bereiche von Knochenerosionen), Knochenschmerzen und Kleinwuchs. Hyperostosen an den Muskelansätzen können Bewegungen behindern.

Die Rachitis der Wirbelsäule oder des Beckens, Zahnschmelzdefekte und Tetanie, wie sie bei Vitamin-D-Mangel vorkommen, sind bei der hypophosphatämischen Rachitis selten vorhanden.

Patienten mit HHRH können Nephrolithiasis und/oder Nephrokalzinose haben.

Diagnose von hypophosphatämischen Rachitis

  • Serumspiegel von Kalzium, Phosphat, alkalischer Phosphatase, 1,25-Dihydroxyvitamin D3, Parathormon (PTH), FGF-23 und Kreatinin

  • Phosphat und Kreatinin im Urin (zur Berechnung der tubulären Reabsorption von Phosphat)

  • Röntgenaufnahmen der Knochen

  • Häufig Gentests

Die Serum-Phosphatspiegel sind niedrig, die Ausscheidung im Urin ist aber sehr hoch. Serumkalziumspiegel und PTH sind normal, die alkalische Phosphatase ist oft erhöht. Die Hypophosphatämie-induzierte Stimulation der Calcitriol-Produktion findet nicht statt. Typischerweise sind die Calcidiol-Spiegel normal, während die Calcitriol-Spiegel normal bis zu niedrig sind.

Bei einer "calcipenic" Rachitis besteht eine Hypokalzämie, eine milde oder fehlende Hypophosphatämie, und der Phosphatspiegel im Urin ist nicht erhöht.

In der Regel werden Röntgenaufnahmen des Skeletts angefertigt.

Die verschiedenen Formen der hypophosphatämischen Rachitis werden anhand einer Kombination aus Familienanamnese, klinischer Präsentation, Laboruntersuchungen (Blut und Urin) und bildgebenden Untersuchungen diagnostiziert (siehe Tabelle Formen der hereditären hypophosphatämischen Rachitis). Genetische Tests mit spezifischen Gen-Panels oder eine vollständige Exom-Sequenzierung, oft in Absprache mit einem Genetiker, sind hilfreich, um die Diagnose zu bestätigen.

Da Formen mit erhöhten FGF-23-Serumspiegeln durch Eisenmangel verschlimmert werden, sind bei Patienten mit diesen Formen ein vollständiges Blutbild und Eisentests angezeigt.

Familienangehörige von Patienten mit hypophosphatämischer Rachitis können Träger oder potenziell betroffen sein. Vollgeschwister von Patienten mit einer autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung haben eine 25-prozentige Chance, die Erkrankung ebenfalls zu haben. Jungen, die von einer Mutter mit einer pathogenen PHEX-Variante geboren werden, haben eine 50%ige Chance, an X-chromosomaler Hypophosphatämie (XLH) zu erkranken, und alle Kinder, die von einem Elternteil mit autosomal dominanter hypophosphatämischer Rachitis (ADHR) geboren werden, haben eine 50%ige Chance, an ADHR zu erkranken.

Pränatales und präimplantationsgenetisches Screening kann Familien angeboten werden, in denen bei einem Mitglied eine hypophosphatämische Rachitis bekannt ist.

Kinder von Personen mit einer bekannten Familienanamnese von XLH oder ADHR und Geschwister von Personen mit autosomal-rezessiven Formen der hypophosphatämischen Rachitis sollten auf frühere Frakturen sowie auf Merkmale von schlechtem Wachstum, Knochendeformitäten und Rachitis (die durch Röntgenuntersuchungen bestätigt werden können) untersucht werden. Auch die Kalzium- und Phosphatwerte im Serum sollten gemessen werden. Weitere Tests können die Messung von Vitamin D, intaktem PTH und alkalischer Phosphatase umfassen. Urinuntersuchungen, einschließlich stichprobenartiger Messungen der Kalzium-, Phosphat- und Kreatininwerte oder einer 24-Stunden-Urinsammlung, können ebenfalls durchgeführt werden (siehe Tabelle Formen der hereditären hypophosphatämischen Rachitis).

Behandlung von hypophosphatämischen Rachitis

  • Orales Phosphat und Calcitriol

  • Burosumab bei X-chromosomaler Hypophosphatämie

Die Behandlung einer hypophosphatämischen Rachitis besteht in einer neutralen Phosphatlösung oder -tabletten. Die Anfangsdosis bei Kindern ist 10 mg/kg (bezogen auf elementares Phosphor) p.o. 4-mal täglich. Phosphatsupplementierung senkt ionisierte Kalziumkonzentrationen und hemmt zudem die Calcitriol-Umwandlung, was zu sekundärem Hyperparathyreoidismus führt und die Phosphatauszehrung im Urin verschlimmert. Daher wird Vitamin D in Form von Calcitriol oral verabreicht, anfangs 5–10 ng/kg 2-mal täglich. Dies ist jedoch nicht der Fall bei HHRH oder HHN (Hypophosphatämie, Hyperkalzämie und Nephrokalzinose), bei denen die 1,25-Dihydroxyvitamin D3-Spiegel erhöht sind und die Gabe von Calcitriol schädlich sein kann.

Die Phosphatdosis muss erhöht werden, um das Knochenwachstum zu verbessern oder Knochenschmerzen zu lindern. Eine Diarrhö kann jedoch die orale Phosphat-Dosierung einschränken. Der Plasmaspiegel von Phosphat steigt, die alkalische Phosphatase fällt, die Rachitis heilt aus, und das Wachstum verbessert sich. Hyperkalzämie, Hyperkalziurie und Nephrokalzinose mit einer verminderten Nierenfunktion können bei der Behandlung zu Komplikationen führen. Behandelte Patienten benötigen häufige Nachuntersuchungen.

Burosumab ist ein monoklonaler Anti-FGF-23-Antikörper, der sich zur Behandlung der X-chromosomalen Hypophosphatämie (XLH) durchgesetzt und die oben beschriebene konventionelle Therapie ersetzt hat (1). Die Dosierung bei Kindern < 10 kg beginnt mit 1 mg/kg (auf 1 mg gerundet) subkutan alle 2 Wochen. Für Kinder von 6 Monaten bis < 18 Jahren und > 10 kg beträgt die Anfangsdosis 0,8 mg/kg (aufgerundet auf die nächsten 10 mg) subkutan alle 2 Wochen. Für Erwachsene ≥ 18 Jahre beträgt die Anfangsdosis 1 mg/kg (auf die nächsten 10 mg gerundet) subkutan alle 4 Wochen. Die Dosis kann nach den Angaben des Herstellers bis zu einem Maximum von 2 mg/kg oder 90 mg hochtitriert werden, wenn dies zur Normalisierung des Serumphosphats erforderlich ist.

Durch Eisenmangel wird die Expression von FGF-23 im Knochen hochreguliert und kann Erkrankungen mit hohen FGF-23-Spiegeln/gestörter FGF-Spaltung verschlimmern. Daher ist die Auffüllung von Eisen bei Patienten mit Eisenmangel im Zusammenhang mit einer hohen FGF-23-Hypophosphatämie unerlässlich.

Erwachsene mit onkogener Rachitis können sehr schnell gesunden, wenn der mesenchymale Tumor, der die Störung verursacht, entfernt wird. Andernfalls wird die onkogene Rachitis mit Calcitriol 5–10 ng/kg p.o. 2-mal täglich und mit elementarem Phosphor 250 mg–1 g p.o. 3–4-mal täglich behandelt.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Imel EA, Glorieux FH, Whyte MP, et al: Burosumab versus conventional therapy in children with X-linked hypophosphataemia: A randomised, active-controlled, open-label, phase 3 trial. Lancet 393(10189):2416–2427, 2019. doi: 10.1016/S0140-6736(19)30654-3. Clarification and additional information. Lancet 394(10193):120, 2019. doi: 10.1016/S0140-6736(19)31426-6

Wichtige Punkte

  • Eine verminderte renale Resorption von Phosphat führt zu renaler Phosphatauszehrung und Hypophosphatämie.

  • Es liegt aufgrund niedriger Phosphatspiegel und Osteoblastendysfunktion eine mangelhafte Knochenmineralisation vor.

  • Die Kinder haben Wachstumsstörungen, Knochenschmerzen und Verformungen (z. B. Beinbiegung) sowie Kleinwuchs.

  • Patienten mit Rachitis mit Hypercalciurie (HHRH) können Nephrolithiasis und/oder Nephrokalzinose aufweisen.

  • Die Diagnose wird gestellt, indem niedrige Serumphosphatspiegel, erhöhtes Phosphat im Urin und normales Kalzium und Parathormon im Serum gefunden werden.

  • Die Behandlung erfolgt mit oralen Phosphatergänzungsmitteln und, außer bei HHRH, Vitamin D (als Calcitriol gegeben).

  • Verwenden Sie Burosumab bei X-chromosomaler Hypophosphatämie.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. Manufacturer’s instructions: Dosing, administration, and storage information for burosumab