Elektromyographie (EMG) und Untersuchungen der Nervenleitung

VonMark Freedman, MD, MSc, University of Ottawa
Überprüft/überarbeitet Aug. 2023
Aussicht hier klicken.

    Wenn die klinische Entscheidung schwierig ist, ob eine Schwäche durch eine Störung an einem Nerven, einem Muskel oder einer neuromuskulären Synapse hervorgerufen wird, können diese Untersuchungen die betroffenen Nerven und Muskeln identifizieren.

    Elektromyographie

    Bei der Elektromyographie wird eine Nadel in einen Muskel eingeführt und die elektrische Aktivität in Ruhe und bei Kontraktion aufgezeichnet. Normalerweise ist der entspannte Muskel elektrisch stumm; mit minimaler Kontraktion erscheinen Aktionspotenziale einzelner motorischer Einheiten. Mit zunehmender Kontraktion erhöht sich die Anzahl der Muskelaktionspotenziale, wodurch ein Interferenzmuster entsteht.

    Denervierte Muskelfasern werden durch vermehrte Einstichaktivität und pathologische Spontanaktivität identifiziert (Fibrillationen, positive Wellen und Faszikulationen); während der Kontraktion werden weniger motorische Einheiten rekrutiert, was ein gelichtetes Interferenzmuster produziert. Überlebende Axone sprossen aus, um benachbarte Muskelfasern zu innervieren, vergrößern damit die motorische Einheit und produzieren so riesige Muskelaktionspotenziale.

    Bei Muskelkrankheiten sind einzelne Muskelfasern ohne Zusammenhang mit den motorischen Einheiten betroffen; deswegen ist die Amplitude der Potenziale vermindert, jedoch bleibt das Interferenzmuster dicht.

    Messung der Nervenleitgeschwindigkeit

    Zur Untersuchung der Nervenleitung wird ein peripherer Nerv an verschiedenen Punkten entlang seines Verlaufs zum Muskel mit elektrischen Reizen stimuliert und die Zeit bis zur Auslösung eines Muskelantwortpotentials aufgezeichnet. Die Zeit, die ein Impuls braucht, um eine bestimmte, gemessene Strecke eines Nerven entlangzulaufen, bestimmt die Leitungsgeschwindigkeit. Die Zeit, die benötigt wird, das zum Muskel nächstgelegene Segment zu durchlaufen, ist die distale Latenz. Ähnliche Messungen können für sensorische Nerven durchgeführt werden. Im Allgemeinen ist die Nervenleitung in größeren myelinisierten Nerven viel schneller als in unmyelinisierten und dünn myelinisierten Nerven. So ist die Leitungsgeschwindigkeit stärker verlangsamt, wenn größere myelinisierte Fasern geschädigt sind. Wenn nicht-myelinisierte Axone geschädigt sind, ist die Amplitude des Aktionspotenzials verringert, aber die Leitungsgeschwindigkeit ist relativ unbeeinträchtigt.

    Bei einer Neuropathie ist die Leitung häufig verlangsamt, und das Reaktionsmuster kann eine Streuung der Aktionspotenziale aufgrund der ungleichen Beteiligung myelinisierter und nicht myelinisierter Nervenfasern aufweisen. Wenn eine spezifische Neuropathie hauptsächlich große myelinisierte Fasern betrifft, ist die vorherrschende Auswirkung eine Verringerung der Leitungsgeschwindigkeit. Wenn jedoch bei Neuropathien nur kleine umyelinisierte oder dünn myelinisierte Fasern betroffen sind (oder wenn die Schwäche auf eine Muskelerkrankung zurückzuführen ist), ist die Amplitude der Aktionspotenziale verringert und die Nervenleitgeschwindigkeiten sind in der Regel normal.

    Ein Nerv kann wiederholt stimuliert werden, um die neuromuskuläre Übertragung auf Ermüdbarkeit zu überprüfen, z. B. tritt bei Myasthenie ein progressives Dekrement auf. Techniken, die sich auf die Erregungsleitung einzelner Fasern konzentrieren, können sensitiver sein, um Veränderungen im Zusammenhang mit neuromuskulären Störungen wie Myasthenia gravis zu erkennen.