Pharmakokinetik bei Älteren

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Überprüft/überarbeitet Juli 2021
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    Pharmakokinetik wird am besten definiert als das, „was der Körper mit dem Arzneimittel macht“; dazu gehören

    • Resorption

    • Distribution über die Körperkompartimente

    • dem Metabolismus

    • Exkretion

    Mit dem Älterwerden kommt es zu Veränderungen in diesen Bereichen; einige Veränderungen sind klinisch relevant. Metabolismus und Exkretion vieler Arzneimittel nehmen ab, sodass die Dosen einiger Medikamente verringert werden müssen. Eine toxische Wirkung kann sich langsam entwickeln, da die Konzentrationen von chronisch verwendeten Arzneimitteln über 5–6 Halbwertszeiten ansteigen bis das Steady-State erreicht ist. Beispielsweise haben bestimmte Benzodiazepine (Diazepam, Flurazepam, Chlordiazepoxid) oder ihre aktiven Metaboliten bei älteren Patienten Halbwertszeiten von bis zu 96 Stunden; Zeichen von Toxizität können erst Tage oder Wochen nach dem Beginn einer Therapie in Erscheinung treten.

    Absorption

    Trotz der altersabhängigen Abnahme der Dünndarmoberfläche, der verzögerten Magenentleerung und des Anstiegs des Magen-pH-Werts sind Veränderungen hinsichtlich der Arzneimitteladsorption bei den meisten Medikamenten ohne klinische Konsequenz. Eine Ausnahme ist Kalziumkarbonat, das eine saure Umgebung für eine optimale Aufnahme benötigt. Daher können Erhöhungen des gastrischen pH-Wertes - die altersbedingt (wie bei atrophischer Gastritis) oder medikamentös (wie bei Protonenpumpeninhibitoren) bedingt sein können - die Kalziumabsorption verringern und das Risiko einer Verstopfung erhöhen. Somit sollten ältere Patienten ein Kalziumsalz (z. B. Kalziumzitrat) einnehmen, das sich leichter in einer weniger sauren Umgebung auflöst. Ein weiteres Beispiel für eine veränderte Absorption mit erhöhtem gastrischem pH-Wert ist die frühzeitige Freisetzung von enterisch umhüllten Darreichungsformen (z. B. enterisch umhülltes Aspirin, enterisch umhülltes Erythromycin), wodurch das Risiko von gastrointestinalen Nebenwirkungen steigt. Eine altersbedingte Verlangsamung der gastrointestinalen Motilität oder die Einnahme von Anticholinergika kann die Bewegung von Arzneimitteln durch den Magen in den Dünndarm verlängern. Bei Arzneimitteln, die im oberen Dünndarm absorbiert werden, wie z. B. Paracetamol, kann eine verlangsamte gastrointestinale Motilität die Absorption und den Wirkungseintritt verzögern und die Spitzenkonzentration des Arzneimittels sowie die pharmakologische Wirkung verringern.

    Distribution

    Mit dem Alter nimmt der Fettanteil des Körpers generell zu, und das Gesamtkörperwasser wird weniger. Der erhöhte Fettanteil erhöht das Verteilungsvolumen für stark fettlösliche Arzneimittel (z. B. Diazepam, Chlordiazepoxid) und kann ihre Eliminationshalbwertszeit signifikant erhöhen.

    Mit zunehmendem Alter nimmt das Serumalbumin ab und das Alpha-1-Säureglykoprotein zu, aber die klinische Wirkung dieser Veränderungen auf die Arzneimittelbindung im Serumerum variiert mit den verschiedenen Medikamenten. Bei Patienten mit einer akuten Erkrankung oder Mangelernährung kann eine schnelle Abnahme des Serumalbumins die Wirkung von Arzneimitteln steigern, da die Serumspiegel von nichtgebundenen (freien) Arzneimitteln steigen können. Phenytoin und Warfarin sind Beispiele für stark proteingebundene Arzneimittel mit einem höheren Risiko toxischer Wirkungen, wenn der Serumalbuminspiegel sinkt.

    Hepatischer Metabolismus

    Mit zunehmendem Alter nimmt der gesamte hepatische Metabolismus über das Cytochrom-P-450-Enzymsystem für die meisten Arzneimittel ab. Bei Arzneimitteln mit verringertem hepatischem Metabolismus (siehe Tabelle Auswirkungen des Alterns auf Arzneimittelmetabolismus und Elimination) reduziert sich die Clearance typischerweise um 30–40%. Theoretisch müssten die Erhaltungdosen für Arzneimittel um diesen Prozentsatz gesenkt werden; die Arzneimittelmetabolismusrate variiert allerdings von Mensch zu Mensch erheblich, und die Dosisanpassungen sollten individuell angepasst werden.

    Die hepatitische Clearance von Arzneimitteln, die durch Phase-I-Reaktionen (Oxidation, Reduktion, Hydrolyse - siehe Tabelle Häufige Substanzen, die mit Cytochrom P-450-Enzymen interagieren) metabolisiert werden, ist bei älteren Erwachsenen mit größerer Wahrscheinlichkeit länger anhaltend. Normalerweise hat das Alter keinen großen Einfluss auf die Clearance von Medikamenten, die durch Konjugation und Glucuronidierung verstoffwechselt werden (Phase-II-Reaktionen).

    Der First-Pass-Metabolismus (Metabolismus, typischerweise hepatisch, eines Arzneimittels vor Erreichen des großen Kreislaufs) wird auch durch Alterung beeinflusst und nimmt um etwa 1% pro Jahr nach dem 40. Lebensjahr ab. So können ältere Erwachsene bei einer gegebenen oralen Dosis höhere zirkulierende Arzneimittelkonzentrationen aufweisen. Wichtige Beispiele für Medikamente mit einem höheren Risiko für toxische Effekte aufgrund der altersbedingten Reduktion des First-Pass-Metabolismus sind Nitrate, Propranolol, Phenobarbital und Nifedipin.

    Auch andere Faktoren können den Leberstoffwechsel der eingenommenen Medikamente beeinflussen, darunter Rauchen, verminderter Leberblutfluss bei Patienten mit Herzinsuffizienz und die Einnahme von Medikamenten, die Cytochrom P-450-Stoffwechselenzyme induzieren oder hemmen.

    Renale Elimination

    Eine der wichtigsten pharmakokinetischen Veränderungen, die mit der Alterung einhergehen, ist die verringerte Ausscheidung von Arzneimitteln über die Nieren. Nach dem 40. Lebensjahr nimmt die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) durchschnittlich um 8 ml/min/1,73 m2/Dekade (0,1 ml/s/m2/Dekade) ab, wobei die altersbedingte Abnahme jedoch von Person zu Person stark variiert. Die Serumkreatininspiegel bleiben oft trotz einer Abnahme der glomerulären Filtrationsrate innerhalb des Normbereichs, da Ältere generell weniger Muskelmasse haben und allgemein körperlich weniger aktiv sind als jüngere Erwachsene und somit weniger Kreatinin produzieren. Die Aufrechterhaltung der normalen Serumkreatininspiegel kann den Arzt fälschlicherweise annehmen lassen, dass diese Werte die normale Nierenfunktion widerspiegeln. Rückgänge der Tubulusfunktion mit dem Alter entsprechen denen der glomerulären Funktion.

    Diese Veränderungen verringern die renale Elimination vieler Arzneimittel (siehe Tabelle Auswirkungen des Alterns auf Arzneimittelmetabolismus und Elimination). Klinische Begleiterscheinungen hängen ab vom Beitrag der renalen Elimination zur totalen systemischen Elimination und von der therapeutischen Breite des Arzneimittels (Verhältnis der maximalen tolerierten Dosis zur minimalen wirksamen Dosis). Die Kreatinin-Clearance (gemessen oder geschätzt unter Zuhilfenahme von Computerprogrammen oder einer Formel wie der Cockcroft-Gault-Formel – siehe Untersuchung des nephrologischen Patienten: Die Kreatinin-Clearance) dient zur Steuerung der Dosierung der meisten Medikamente, die durch die Nieren ausgeschieden werden. Die tägliche Dosis von Medikamenten, die stark auf eine renale Ausscheidung angewiesen sind, sollte niedriger sein, und/oder die Häufigkeit der Dosierung sollte verringert werden. Da die Nierenfunktion dynamisch ist, können Anpassungen der Erhaltungsdosen von Arzneimitteln notwendig sein, wenn die Patienten krank werden oder dehydriert sind oder sich erst kurz zuvor von einer Dehydrierung erholt haben.

    Tabelle