Amblyopie

VonLeila M. Khazaeni, MD, Loma Linda University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Feb. 2022
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Bei der Amblyopie handelt es sich um eine funktionelle Reduzierung der Sehschärfe eines Auges, die auf einen Fehlgebrauch während der visuellen Entwicklung zurückzuführen ist. Wenn die Amblyopie nicht frühzeitig erkannt und behandelt wird, kann es zu einem schweren Sehverlust auf dem betroffenen Auge kommen. Die Diagnose basiert, bei korrigierter Sehschärfe, auf einer Differenz zwischen den beiden Augen, die nicht mit einer anderen Pathologie erklärt werden kann. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache.

Die Amblyopie betrifft etwa 2–3% (1) der Kinder und entwickelt sich meist vor dem Alter von 2 Jahren, aber jedes Kind unter etwa 8 Jahren kann Amblyopie entwickeln.

Das Gehirn muss ein simultanes, klares und fokussiertes, richtig ausgerichtetes Bild von jedem Auge erhalten, damit sich das visuelle System richtig entwickeln kann. Diese Entwicklung findet vor allem in den ersten 3 Jahren des Lebens statt, ist aber erst in einem Alter von 8 Jahren abgeschlossen. Amblyopie tritt dann auf, wenn es eine dauerhafte Interferenz der Bilder von einem Auge, aber nicht vom anderen Auge gibt. Der visuelle Kortex unterdrückt dann das Bild des betroffenen Auges. Wenn die Unterdrückung lange genug anhält, kann der Verlust der Sehkraft dauerhaft sein.

Allgemeiner Hinweis

  1. 1. Hashemi H, Pakzad R, Yekta A, et al: Global and regional estimates of prevalence of amblyopia: A systematic review and meta-analysis. Strabismus 26(4):168–183, 2018. doi: 10.1080/09273972.2018.1500618

Ätiologie der Amblyopie

Es gibt drei Ursachen:

  • Strabismus

  • Ametropie.

  • Obstruktion der Sichtachse

Strabismus kann eine Amblyopie durch eine Fehlausrichtung der Augen verursachen, die dazu führt, dass verschiedene retinale Bilder an den visuellen Kortex weitergeleitet werden. Wenn diese Fehlausrichtung auftritt, kann das Gehirn eines Kindes nur seine Aufmerksamkeit auf ein einziges Auge richten – die Informationen des anderen Auges werden währenddessen unterdrückt. Da die Sehbahnen bei Erwachsenen schon vollständig entwickelt sind, kann ein Befund mit zwei verschiedenen Sehbildern nur eine Diplopie sein, nicht eine Suppression eines Auges.

Refraktionsfehler (Astigmatismus, Myopie oder Hyperopie) können zu Amblyopie führen, da das Bild oder die Bilder, die das Gehirn erreichen, verschwommen sind. Anisometropische Amblyopie tritt auf, wenn die Refraktion der beiden Augen ungleich ist, was zu einer unterschiedlichen Fokussierung der Netzhautbilder führt, wobei das Bild des Auges mit dem größeren Refraktionsfehler weniger gut fokussiert ist. Eine bilaterale Amblyopie kann bei gleich hohen Refraktionsfehlern in beiden Augen auftreten, da das Gehirn zwei unscharfe Bilder erhält.

Eine Verlegung der optischen Achse an einem Punkt zwischen der Oberfläche des Auges und der Retina (z. B. durch einen kongenitalen Katarakt) interferiert mit der Bildung eines retinalen Bildes auf dem betroffenen Auge oder unterbricht sie vollständig. Diese Behinderung kann Amblyopie zur Folge haben.

Symptome und Anzeichen von Amblyopie

Die Amblyopie ist oft asymptomatisch und wird häufig nur bei einer Routineuntersuchung entdeckt. Kinder klagen selten über einen einseitigen Sehverlust, obwohl sie schielen oder ein Auge zudecken. Sehr junge Kinder merken entweder nichts oder sind sich nicht bewusst, dass ihre Sehkraft auf dem einen Auge im Vergleich zum anderen unterschiedlich ist. Einige ältere Kinder klagen mitunter über eine verminderte Sehkraft im betroffenen Auge oder entwickeln eine schlechte Tiefenschärfe. Wenn Strabismus die Ursache ist, kann eine Blickabweichung für andere erkennbar sein. Eine vollständige Katarakt, die die Sehachse verschließt, kann eine Leukokorie (ein weißer Reflex in der Pupille, der auf Fotos zu sehen ist) verursachen; eine partielle Katarakt kann jedoch unbemerkt bleiben.

Diagnose der Amblyopie

  • Frühe und periodische Augenuntersuchungen

  • Photoscreening

  • Zusätzliche Tests (z. B. Abdecktest, Abdeck-Aufdeck-Test, Refraktionsmessung, Ophtalmoskopie, Spaltlampe)

Das Augenscreening auf Amblyopie (und Strabismus) beginnt unmittelbar nach der Geburt mit der Untersuchung des Rotreflexes und wird bei den jährlichen Vorsorgeuntersuchungen wiederholt. Das Augenscreening ist am effektivsten, wenn altersgerechte Untersuchungen in regelmäßigen Abständen während der gesamten Kindheit durchgeführt werden. Wenn ein Kind bis zum Alter von 3 oder 4 Jahren nicht in der Lage ist, subjektive Sehtests mit einer Sehtafel durchzuführen, wird eine Überweisung an einen Augenarzt empfohlen (1).

Das Photoscreening ist ein Ansatz für das Screening von Kindern in der präverbalen Phase und denen, die keinen subjektiven Tests zu unterziehen sind, weil sie entweder Lern- oder Entwicklungsstörungen haben. Beim Photoscreening wird eine spezielle Kamera verwendet, die den Rotreflex während der Fixation auf ein visuelles Ziel analysiert, um Risikofaktoren für Amblyopie zu ermitteln.

Das Screening bei älteren Kindern besteht aus Sehtests mit Figuren, die keine Kenntnisse des Alphabets erfordern (z. B. taumelnde E-Figuren, Inbuskarten, HOTV-Figuren oder Charaktere), oder Snellen-Augendiagramme.

Wird eine zugrunde liegende Ursache erkannt, sind weitere Tests notwendig. Strabismus kann mit dem alternierenden Abdecktest oder dem Abdeck-Aufdeck-Test bestätigt werden (siehe Diagnose von Strabismus). Augenärzte können ein Brechungsfehler bestätigen, indem sie eine Refraktionsbestimmung jedes Auges vornehmen. Eine Verlegung der optischen Achse kann man durch die Untersuchung mit einem Ophthalmoskop oder einer Spaltlampe bestätigen.

Diagnosehinweis

  1. 1. Loh AR, Chiang MF: Pediatric vision screening. Pediatr Rev 39(5):225–234, 2018. doi: 10.1542/pir.2016-0191

Prognose bei Amblyopie

Amblyopie kann zu einem dauerhaften Sehverlust führen, wenn sie nicht in der frühen Kindheit diagnostiziert und behandelt wird, bevor das visuelle System gereift ist. Je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Sehvermögen vollständig erholt. Unter bestimmten Umständen können auch ältere Kinder mit Amblyopie noch von einer Behandlung profitieren. Die Amblyopie-Behandlungsstudien haben gezeigt, dass eine Amblyopie-Behandlung die Sehschärfe verbessern kann, wenn sie bereits im frühen Jugendalter, also bis zum Alter von 14 Jahren, begonnen wird (1). Bis das visuelle System ausgereift ist, sind in manchen Fällen Rezidive möglich. Bei einigen Patienten ist eine geringe Abnahme der Sehschärfe auch nach der visuellen Reife aufgetreten.

Hinweis zur Prognose

  1. 1. Scheiman M, Hertle R, Beck R, et al: Randomized trial of treatment of amblyopia in children aged 7 to 17 years. Arch Ophthalmol 123(4):437–447, 2005. doi: 10.1001/archopht.123.4.437

Behandlung der Amblyopie

  • Brillen oder Kontaktlinsen

  • Kataraktentfernung

  • Pflaster (Okklusionstherapie)

  • Atropin-Tropfen

  • Die Behandlung von Strabismus, wenn dieser besteht.

Die Behandlung von Amblyopie sollte durch einen Augenarzt eingeleitet werden, der mit Augenerkrankungen bei Kindern Erfahrung hat. Nach der Korrektur der Refraktion (Brille oder Kontaktlinsen) oder der Klärung der Sehachse (Entfernung des Grauen Stars) besteht die Behandlung der Amblyopie hauptsächlich darin, das bessere Auge zu verschließen, um das Gehirn zu zwingen, das betroffene Auge zu benutzen. Bei refraktiver Amblyopie kann das ständige Tragen von Brillen oder Kontaktlinsen mit genauer Überwachung eine ausreichende Behandlung sein, insbesondere bei beidseitiger Amblyopie. Sobald die Verbesserung der Sehschärfe durch das Tragen einer Brille zum Stillstand gekommen ist, wird eine Okklusionstherapie eingeleitet (1). Bei Amblyopie, die durch Strabismus verursacht wird, wird zunächst eine Okklusionstherapie durchgeführt, gefolgt von einer Behandlung des Strabismus. Die Benutzung des amblyopen Auges sollte durch Abkleben des besseren Auges oder durch Gabe von atropinhaltigen Augentropfen in das bessere Auge, die dem amblyopen Auge einen visuellen Vorteil verschaffen, gefördert werden. Eine bessere Therapiecompliance wird mit Tropfen erzielt.

Die Erhaltungstherapie zur Rezidivprophylaxe kann für 1–2 Jahre nach Stabilisierung der Besserung empfohlen werden.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Writing Committee for the Pediatric Eye Disease Investigator Group, Cotter SA, Foster NC, et al: Optical treatment of strabismic and combined strabismic-anisometropic amblyopia. Ophthalmology 119(1):150–158, 2012. doi: 10.1016/j.ophtha.2011.06.043

Wichtige Punkte

  • Amblyopie ist ein Sehverlust auf einem Auge durch das Fehlen von klar fokussierten, richtig ausgerichteten Bildinformation von jedem Auge zu dem visuellen Kortex in der frühen Kindheit vor der Ausreifung der Sehbahnen.

  • Die Diagnose erfolgt hauptsächlich durch Screening-Tests, einschließlich Fotoscreening, und eine frühzeitige Diagnose und ein frühzeitiger Behandlungsbeginn sind entscheidend für ein erfolgreiches Ergebnis.

  • Die Behandlung zielt auf die Ursache ab (z. B. Korrektur des Brechungsfehlers, Entfernung des Grauen Stars, Behandlung des Schielens), zusätzlich zu einer Augenklappe oder der Verabreichung von Atropintropfen in das bessere Auge, um dem amblyopen Auge einen Sehvorteil zu verschaffen.