Ein Medikationsfehler ist jedes vermeidbare Ereignis, das zu einer unsachgemäßen Anwendung von Medikamenten oder zu einer Schädigung des Patienten führen kann, während sich das Medikament in der Hand eines Angehörigen der Gesundheitsberufe, eines Patienten oder einer Pflegeperson befindet.
Ein Medikationsfehler kann, muss aber nicht zu einer unerwünschten Arzneimittelwirkung führen. Verordnungsfehler sind häufig, insbesondere bei bestimmten Patientengruppen. Ältere Erwachsene, Frauen im reproduktiven Alter und Kinder sind besonders gefährdet.
Medikationsfehler tragen zur Morbidität und Mortalität bei. Weltweit werden die mit Medikationsfehlern assoziierten jährlichen Kosten auf mehr als 40 Milliarden USD geschätzt (siehe Weltgesundheitsorganisation: Medikation ohne Schaden). Im Jahr 2000 veröffentlichte das US-amerikanische Institute of Medicine einen Bericht mit dem Titel „To Err is Human: Building a Safer Health System“ (Irren ist menschlich: Aufbau eines sichereren Gesundheitssystems), aus dem hervorging, dass es mehr Todesfälle durch Medikationsfehler gibt als durch Arbeitsunfälle (1).
Medikationsfehler können folgendes umfassen:
Falsche Auswahl eines Arzneimittels oder Verschreibung einer falschen Dosis, Anwendungshäufigkeit oder Dauer
Fehler beim Lesen des Rezepts durch den Apotheker, sodass ein falsches Arzneimittel oder eine falsche Dosierung ausgegeben wird
Fehler beim Lesen des Arzneimittelbehältnisses durch die Pflegekraft, sodass ein falsches Arzneimittel oder eine falsche Dosierung gegeben wird
Nichtkorrekte Instruktion des Patienten
Nichtkorrekte Verabreichung durch einen Arzt oder eine Pflegekraft oder falsche Anwendung durch den Patienten
Falsche Lagerung durch Apotheker oder Patienten, die die Wirkstärke des Medikaments beeinträchtigt
Verwendung eines abgelaufenen Medikaments wodurch die Wirkstärke verändert wird
Fehlerhafte Übermittlung von Verschreibungsinformationen zwischen Klinikern
Unklare Rezepte
Digitale Rezepte müssen korrekt in das Computer-Bestellsystem eingegeben werden, und handschriftliche Rezepte müssen so deutlich wie möglich geschrieben werden. Da die Namen einiger Arzneimittel sehr ähnlich sind, kann es – wenn nicht deutlich geschrieben wird – zu Verwechslungen kommen. In den Vereinigten Staaten gibt die Joint Commission Richtlinien für Abkürzungen in Rezepten und Krankenakten vor. Beispielsweise kann „qd“ (einmal täglich) mit „qid“ (4-mal täglich) verwechselt werden. Die Schreibweise "einmal täglich" wird bevorzugt. Durch elektronisch übermittelte oder mit dem Computer gedruckte Verordnungen können Probleme mit einer unleserlichen Handschrift oder inadäquaten Abkürzungen vermieden werden. Elektronische Verschreibungssysteme, die mit Ankreuzfeldern oder Dropdown-Listen arbeiten, können Verordnende bei der Auswahl geeigneter Dosierungen unterstützen, erhöhen jedoch auch das Risiko, versehentlich das falsche Medikament oder die falsche Dosis auszuwählen.
Unangemessener Medikamentenkonsum
Medikamente können falsch verabreicht werden, insbesondere in stationären oder Langzeitpflegeeinrichtungen. Ein Arzneimittel kann einem falschen Patienten, zum falschen Zeitpunkt oder in falscher Darreichungsform verabreicht werden. Bestimmte Arzneimittel müssen bei IV Gabe langsam und manche Arzneimittel können nicht gleichzeitig verabreicht werden.
Wenn ein Fehler entdeckt wird, sollte dies sofort einem Arzt gemeldet und ein Apotheker konsultiert werden. Bar-Codes und EDV-gestützte Apothekensysteme können die Häufigkeit von Medikationsfehlern verringern.
Unsachgemäße Lagerung von Medikamenten
Um die Potenz von Arzneimitteln sicherzustellen, sollten Arzneimittel durch Apotheker gelagert werden. Versandapotheken sollten festgelegte Verfahren einhalten, um einen einwandfreien Transport sicherzustellen. Die Aufbewahrung von Medikamenten durch Patienten ist oft suboptimal (z. B. ist der Badezimmerschrank ein häufiger Aufbewahrungsort für Medikamente, jedoch aufgrund von Wärme und Feuchtigkeit kein idealer Lagerungsplatz). Bei nichtkorrekter Lagerung ist es wahrscheinlich, dass sich die Potenz von Arzneimitteln lange vor dem angegebenen Verfallsdatum verringert.
Aus dem Etikett sollte deutlich hervorgehen, ob ein Arzneimittel im Kühlschrank oder kühl gelagert werden muss, vor übermäßiger Hitze oder Sonne geschützt werden muss oder eine andere spezielle Lagerung erfordert. Andererseits vermindern unnötige Vorsichtsmaßnahmen die Compliance und vergeuden die Zeit des Patienten. Beispielsweise muss ungeöffnetes Insulin im Kühlschrank aufbewahrt werden. Eine geöffnete Flasche allerdings kann relativ lange außerhalb des Kühlschranks sicher gelagert werden, wenn sie nicht übermäßiger Hitze und Sonne ausgesetzt wird.
Das Verfallsdatum des Arzneimittels wurde überschritten
Weit verbreitet ist die Anwendung von überalterten Arzneimitteln. Überalterte Arzneimittel können unwirksam oder schädlich (z. B. Aspirin, Tetracyclin) sein.
Patientenfehler
Häufig beruhen Medikationsfehler darauf, dass dem Patienten nicht klar ist, wie das Arzneimittel einzunehmen ist. Patienten können das falsche Arzneimittel oder eine falsche Dosierung verwenden. Dem Patienten sollten für jedes Arzneimittel die Dosierungsanweisung und der Grund der Verordnung vollständig erklärt und wenn möglich schriftlich gegeben werden. Die Patienten sollten aufgefordert werden, die Anweisungen zu wiederholen, und es sollte ihnen geraten werden, ihren Apotheker um zusätzliche Beratung zur Einnahme ihrer Medikamente zu bitten. Die Verpackung sollte praktisch und trotzdem sicher sein. Falls Kinder keinen Zugang zum Arzneimittel haben und Patienten Schwierigkeiten beim Öffnen der Verpackung haben könnten, sollten Verpackungen ohne Kindersicherung verwendet werden.
Fehlkommunikation zwischen medizinischem Fachpersonal
Eine weitere häufige Fehlerquelle ist die ungenaue Weitergabe von Verschreibungsinformationen, wenn die Betreuung des Patienten von einer Einrichtung auf eine andere übertragen wird (z. B. vom Krankenhaus auf eine Reha-Einrichtung, vom Pflegeheim auf ein Krankenhaus oder von einem Facharzt auf einen Hausarzt). Üblicherweise ist es aufwendig, die Kommunikation zwischen verschiedenen Einrichtungen sicherzustellen, und Änderungen an einem Dosierungsschema sind üblich, wenn die Betreuung eines Patienten übergeben wird. Eine höhere Wertschätzung der Kommunikation kann dazu beitragen, das Risiko von solchen Fehlern zu verringern. Das Risiko wurde durch verschiedene formale Programme zur Abstimmung der Arzneimittel verringert, wie z. B. dadurch, dass eine vollständige Liste der aktuellen Arzneimittel immer dann vorbereitet wird, wenn ein Patient von einer Einrichtung zu einer anderen übergeben wird.
Hinweis
1. Institute of Medicine (US) Committee on Quality of Health Care in America, Kohn LT, Corrigan JM, Donaldson MS, eds. To Err is Human: Building a Safer Health System. Washington (DC): National Academies Press (US); 2000.
