Die Endometriose ist gewöhnlich auf die peritonealen oder serösen Oberflächen der Beckenorgane beschränkt, v. a. der Ovarien, der Ligg. lata, des hinteren Douglas-Raumes und der Ligg. sacrouterina. Weniger häufig sind die Eileiter, die serosalen Oberflächen des Dünndarms und des Dickdarms, Harnleiter, Blase, Scheide, Gebärmutterhals, Operationsnarben und, seltener, Lunge, Rippenfell und Herzbeutel.
Blutungen aus Peritonealimplantaten sollen sterile Entzündungen auslösen, gefolgt von Fibrinablagerungen, Adhäsionsbildung und schließlich Narbenbildung, die die Peritonealoberflächen der Organe verzerren und zu Schmerzen und verzerrter Beckenanatomie führen.
Die bekannte Prävalenz variiert, liegt aber wahrscheinlich bei ca.
Das Durchschnittsalter bei der Diagnose ist 27 Jahre, jedoch kommt die Endometriose auch bei Jugendlichen vor.
Ätiologie und Pathophysiologie
Die am weitesten verbreitete Hypothese für die Pathophysiologie der Endometriose ist, dass Endometriumzellen während der Menstruation aus der Gebärmutterhöhle transportiert und anschließend an ektopischen Stellen implantiert werden. Ein retrograder Fluss von Menstruationsgewebe durch die Tuben ist häufig und könnte Endometriumzellen bis in die Bauchhöhle transportieren; über die Zirkulation von Lymphe oder Blut könnten Endometriumzellen zu entfernten Lokalisationen gelangen (z. B. Pleurahöhle).
Eine andere Hypothese geht von einer Metaplasie des Bauchfellgewebes aus, wonach Zölomepithel in Endometrium-ähnliche Drüsen umgewandelt wird.
Mikroskopisch bestehen Endometrioseherde aus Drüsen und Stroma, die mit intrauterinem Endometrium identisch sind. Dieses Gewebe enthält Östrogen - und Progesteronrezeptoren, sodass sie in Abhängigkeit von den Hormonspiegeln im Laufe des menstruellen Zyklus wachsen, sich differenzieren und bluten; daneben können diese Gewebe auch Östrogen und Prostaglandine produzieren. Die Herde können autark werden oder sich zurückbilden, wie dies auch während der Schwangerschaft auftreten kann (vermutlich aufgrund der hohen Progesteronspiegel). Schließlich kommt es durch die Herde zu einer Entzündung sowie zu einem Anstieg von aktivierten Makrophagen und zur Produktion von proinflammatorischen Zytokinen.
Da die Endometriose bei Verwandten 1. Grades von Frauen mit Endometriose gehäuft auftritt, wird angenommen, dass Vererbung eine Rolle spielen könnte.
Bei Patienten mit schwerer Endometriose und verzerrter Beckenanatomie ist die Unfruchtbarkeitsrate hoch, möglicherweise weil die verzerrte Anatomie und Entzündung die Mechanismen der Eizellenaufnahme, der Eizellenbefruchtung und des Eileiters beeinträchtigen.
Die Gründe, warum auch einige Patientinnen mit nur geringer Endometriose und normaler Beckenanatomie infertil sind, sind unklar; möglicherweise können folgende Umstände die Fertilität beeinträchtigen:
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Erhöhte Inzidenz von luteinisierten, nichtrupturierten Follikeln („trapped oocytes“)
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Zunahme der peritonealen Prostaglandinproduktion und der peritonealen Mikrophagenaktivität, was zu einer Beeinträchtigung der Spermien- und Oozytenfunktion führen kann
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Fehlende Nidationsbereitschaft des Endometriums (aufgrund von Lutealinsuffizienz oder andere Störungen)
Mögliche Risikofaktoren für Endometriose sind
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Familienanamnese von Verwandten ersten Grades mit Endometriose
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Späte Erstgebärende oder Nullparität
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Früher Menarche
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Späte Menopause
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Verkürzte Menstruationszyklen (< 27 Tage) mit schwerer und verlängerter Menstruation (> 8 Tage)
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Müller'sche Darmdefekte
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Exposition gegenüber Diethylstilbestrol in der Gebärmutter
Mögliche schützende Faktoren scheinen zu sein
Symptome und Beschwerden
Zyklische Beckenschmerzen, insbesondere Schmerzen vor oder während der Menstruation (Dysmenorrhoe) und beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie), sind typisch und können progressiv und chronisch sein (Dauer > 6 Monate). Adnextumoren und Infertilität sind ebenfalls typisch. Interstitielle Zystitis mit suprapubischen oder Beckenschmerzen, Harnfrequenz und Dranginkontinenz ist häufig. Zwischenblutungen können auftreten.
Einige Frauen mit ausgedehnter Endometriose weisen keine Symptome auf; andere mit minimaler Erkrankung haben extrem starke Schmerzen. Dysmenorrhö ist ein wichtiger diagnostischer Hinweis, insbesondere nach mehreren Jahren relativ schmerzfreier Menses. Häufig bessern sich oder verschwinden die Symptome während der Schwangerschaft.
Je nach Lokalisation der Herde kann es zu unterschiedlichen Symptomen kommen.
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Dickdarm: Schmerzen beim Stuhlgang, Völlegefühl im Abdomen, Diarrhö oder Verstopfung oder Blutungen aus dem Rektum während der Menses
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Blase: Dysurie, Hämaturie, suprapubische oder Beckenschmerzen (vor allem beim Wasserlassen), Harnfrequenz, Dranginkontinenz oder eine Kombination aus
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Ovarien: Endometriom (2–10 cm großer zystischer Tumor am Ovar), der gelegentlich rupturiert oder leckt und damit abdominale Schmerzen und Peritonitissymptome verursacht
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Adnexstrukturen: Adnexadhäsionen, was zu einem pelvinen Geschwulst oder Schmerzen führen kann
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Strukturen außerhalb des Beckens: (gelegentlich) diffuse Schmerzen im Abdomen
Der gynäkologische Untersuchungsbefund kann unauffällig sein; mögliche Befunde können ein retrovertierter, fixierter Uterus, vergrößerte oder empfindliche Ovarien und eine unbewegliche Resistenz am Ovar, Verdickung des rektovaginalen Septums, Verhärtungen im Douglas-Raum, Knoten an den Ligg. sacrouterina und/oder Adnextumoren sein. Seltener sind Herde an der Vulva oder Zervix oder in der Vagina, im Nabel oder in chirurgischen Narben zu finden.
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose einer Endometriose beruht auf den typischen Symptomen, muss aber durch direkte Visualisierung und manchmal durch eine Biopsie bestätigt werden, in der Regel durch Laparotomie, Vaginaluntersuchung, Sigmoidoskopie oder Zystoskopie. Eine Biopsie ist nicht erforderlich, aber die Ergebnisse können bei der Diagnose helfen. Das makroskopische Aussehen (z. B. durchsichtig, rot, braun, schwarz) und die Größe der Herde verändern sich im Laufe des Menstruationszyklus; auf dem Beckenperitoneum stellen sich typische Endometrioseherde als punktförmige rote, blaue oder rotbraune Flecken von > 5 mm Durchmesser dar (häufig Schmauchflecken genannt). Mikroskopisch sind in der Regel Endometriumdrüsen und Stroma vorhanden. Stromale Elemente in Abwesenheit von Drüsenelementen weisen auf eine seltene Variante der Endometriose hin, die als stromale Endometriose bezeichnet wird.
Bildgebende Untersuchungen (z. B. Ultraschall) sind nicht spezifisch oder geeignet für die Diagnose, die Diagnose zu stellen. Aber gelegentlich zeigen sie die Ausdehnung einer Endometriose und können somit nach der Diagnose zur Überwachung der Krankheit eingesetzt werden. Das Serumkarzinom-Antigen 125 kann erhöht sein, aber dieses Niveau zu erreichen ist in der Regel weder hilfreich noch spezifisch für die Diagnose oder das Management. Untersuchungen nach anderen Ursachen einer Infertilität sind mitunter indiziert.
Die Schweregradeinteilung (Staging) hilft dem Arzt, einen Behandlungsplan festzulegen und die Therapieergebnisse zu bewerten. Nach Angaben der American Society for Reproductive Medicine kann die Endometriose als Stadium I (minimal), II (leicht), III (mittel) oder IV (schwer) eingestuft werden.
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Anzahl, Position und Tiefe von Implantaten
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Vorhandensein von Endometriomen und filmischen oder dichten Adhäsionen (siehe Tabelle: Schweregradeinteilung der Endometriose)
Schweregradeinteilung der Endometriose
Der [B]Endometriosis Fertility Index (EFI)wurde entwickelt, um endometriose-assoziierte Unfruchtbarkeit zu inszenieren; dieses System kann helfen, Schwangerschaftsraten nach verschiedenen Behandlungen vorherzusagen. Faktoren, die verwendet werden, um den EFI zu zählen, umfassen
Behandlung
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NSAR gegen die Beschwerden
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Arzneimittel zur Unterdrückung der Ovarialfunktion
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Konservative chirurgische Resektion oder Ablation von Endometriumgewebe, mit oder ohne Arzneimittel
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Totale abdominale Hysterektomie mit oder ohne bilateraler Salpingoovarektomie bei schwerer Erkrankung oder nach dem Menopausenalter
Die symptomatische medizinische Behandlung beginnt mit Analgetika (in der Regel NSAIDs) und hormonellen Kontrazeptiva. Eine definitivere Behandlung muss individualisiert sein; sie hängt vom Alter der Patientin, ihren Symptomen, ihrem Wunsch nach Erhaltung der Fertilität und der Ausdehnung der Erkrankung ab.
Die konservative chirurgische Behandlung von Endometriose ist Exzision oder Ablation von endometriotischen Implantaten und Entfernung von Adhäsionen im Becken während der Laparoskopie.
Medikamente und konservative Chirurgie werden hauptsächlich verwendet, um Symptome zu kontrollieren. Bei den meisten Patienten tritt die Endometriose innerhalb von 6 Monaten bis 1 Jahr nach Absetzen der Medikamente wieder auf, es sei denn, die Eierstockfunktion ist dauerhaft und vollständig abgetragen. Die Endometriose kann auch nach einer konservativen Operation wieder auftreten.
Die totale abdominale Hysterektomie mit oder ohne bilaterale Salpingo-Oophorektomie gilt als definitive Behandlung der Endometriose. Sie beugt Komplikationen vor, verändert den Krankheitsverlauf und lindert Symptome. Sie kann jedoch wiederholt werden.
Medikamentöse Therapie
Arzneimittel, die die Ovarialfunktion unterdrücken, hemmen das Wachstum und die Aktivität von Endometriumgewebe. Folgendes wird häufig verwendet:
Die folgenden Medikamente werden normalerweise nur angewendet, wenn Frauen keine oralen Kontrazeptiva einnehmen können, oder wenn die Behandlung mit oralen Kontrazeptiva nicht wirksam ist:
Arzneimittel zur Behandlung der Endometriose
GnRH-Agonisten unterdrücken die Östrogenproduktion durch die Ovarien vorübergehend; allerdings ist die Behandlungsdauer auf ≤ 6 Monate beschränkt, weil die längere Anwendung einen Verlust von Knochensubstanz bewirken kann. Bei einer Behandlungsdauer von > 4–6 Monaten kann gleichzeit ein Gestagen oder ein Bisphosphonat gegeben werden (als sog. Add-back-Therapie), um den Knochenverlust möglichst gering zu halten. Tritt die Endometriose erneut auf, müssen Frauen möglicherweise erneut behandelt werden.
Danazol, ein synthetisches Androgen und Antigonadotropin, hemmt die Ovulation. Seine Anwendbarkeit wird aber durch die androgenen Nebenwirkungen eingeschränkt.
Die zyklische oder kontinuierliche Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva nach Absetzen von Danazol oder GnRH-Agonisten kann das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und ist bei Frauen sinnvoll, die eine Schwangerschaft hinausschieben wollen.
Die medikamentöse Behandlung hat keinen Einfluss auf die Fertilität von Frauen mit minimaler oder leichter Endometriose.
Chirurgische Eingriffe
Bei Frauen mit mäßiggradiger bis schwerer Endometriose stellt die Ablation bzw. Exzision von möglichst vielen Herden unter Wiederherstellung der pelvinen Strukturen und der Fertilität die effektivste Behandlung dar. Oberflächliche endometriotische Implantate können abgetragen werden. Tiefe, umfangreiche Implantate sollten exzidiert werden.
Spezifische Indikationen für die laparoskopische Chirurgie und Hysterektomie sind unter anderem
Herde können gewöhnlich mittels Laparoskopie entfernt werden; insbesondere lassen sich Adhäsionen am Peritoneum oder am Ovar evtl. mit einem Laser elektrokauterisieren, entfernen oder - ungewöhnlich- vaporisieren. Endometriome sollte entfernt werden, da deren Entfernung ein Rezidiv effektiver verhindert als eine Drainage. Nach einer solchen Behandlung stehen die Fertilitätsraten im umgekehrten Verhältnis zum Schweregrad der Endometriose. Bei unvollständiger Resektion können GnRH-Agonisten perioperativ gegeben werden; allerdings ist nicht gesichert, dass diese Arzneimittel die Fertilitätschancen verbessern. In manchen Fällen kann die laparoskopische Resektion der Ligg. sacrouterina mittels Elektrokauterisierung oder Laser Schmerzen im mittleren Beckenbereich lindern.
Die rektovaginale Endometriose, die schwerste Form der Erkrankung, kann mit den üblichen Endometriose-Behandlungen behandelt werden. Eine Kolonresektion oder Operation kann jedoch erforderlich sein, um eine Obstruktion des Dickdarms zu verhindern.
Die Hysterektomie mit oder ohne Ovarialkonservierung sollte in der Regel Patienten vorbehalten bleiben, die mäßige bis starke Beckenschmerzen haben, die gebärfähig sind und ein definitives Verfahren bevorzugen. Um Verwachsungen oder Herde an Uterus oder im Douglas-Raum zu entfernen, wird eine Hysterektomie vorgenommen. Wenn Frauen < 50 eine Hysterektomie mit bilateraler Salpingo-Oophorektomie benötigen, sollte ein zusätzliches Östrogen in Betracht gezogen werden (z.B. um Wechseljahresbeschwerden vorzubeugen). Allerdings wird eine begleitende kontinuierliche Gestagentherapie (z. B. Medroxyprogesteronacetat 2,5 mg p.o. 1-mal/Tag) häufig empfohlen, weil die alleinige Einnahme eines Östrogens das Wachstum von verbliebenem Endometriosegewebe begünstigt und Rezidive zur Folge hat. Wenn die Symptome nach einer Salpingo-Oophorektomie bei Frauen > 50 anhalten, kann eine kontinuierliche Gestagentherapie allein (Norethindronacetat 2,5 bis 5 mg, Medroxyprogesteronacetat 5 mg p. o. einmal täglich, mikronisiertes Progesteron 100 bis 200 mg p. o. vor dem Schlafengehen) versucht werden.
Wichtige Punkte
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Endometriose ist eine häufige Ursache von zyklischen und chronischen pelvinen Schmerzen, Dysmenorrhö, Dyspareunie und Infertilität.
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Das Endometriosestadium sagt nichts über die Schwere der Symptomatik aus.
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Bestätigen Sie die Diagnose in der Regel durch Laparoskopie; eine Biopsie ist nicht zwingend erforderlich, kann aber bei der Diagnose helfen.
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Schmerzen werden behandelt (z. B. mit NSAR); je nach Wunsch der Patientin hinsichtlich Fertilität werden meist Arzneimittel zur Unterdrückung der Ovarialfunktion gegeben, um das Wachstum und die Aktivität der Endometrioseherde zu hemmen.
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Bei mittelschwerer bis schwerer Endometriose sollten möglichst viele Implantate unter Wiederherstellung der normalen Beckenanatomie abgetragen oder entfernt werden.