Retinoblastom

VonKee Kiat Yeo, MD, Harvard Medical School
Überprüft/überarbeitet Jan. 2023
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Das Retinoblastom ist ein Krebs der Retina, der fast ausschließlich bei Kindern < 2 Jahren auftritt. Die Symptome und Befunde schließen oft eine Leukokorie (Katzenauge, ein weißer Fleck auf der Pupille) und Strabismus und, weniger häufig, eine Entzündung und Sehschwierigkeiten ein. Die Diagnose wird mittels ophthalmologischer Untersuchung, Ultraschall, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie gestellt. Die Behandlung kleiner Tumoren und bilateraler Erkrankung kann mit Photokoagulation, Kryotherapie und Bestrahlung durchgeführt werden. Behandlung von fortgeschrittenen und größeren Tumoren führen zur Enukleation. Chemotherapie wird manchmal benützt, um die Tumorgröße zu reduzieren, und um Tumoren zu behandeln, die sich hinter dem Auge ausgebreitet haben.

Das Retinoblastom kommt bei 1/15.000 bis 1/30.000 Lebendgeburten vor und repräsentiert ungefähr 2% der Krebserkrankungen im Kindesalter (1). Die meisten Fälle treten bei Kindern < 2 Jahren auf und < 5% bei Kindern > 5 Jahren.

Der Krebs kann erblich sein; Vererbung ist hauptsächlich autosomal dominant, aber mit unvollständiger Penetranz (klinische Symptome sind nicht immer vorhanden bei Personen mit krankheitsverursachender Mutation). Ungefähr 25% der Patienten haben eine bilaterale Erkrankung, die immer vererbt wird. Weitere 15% der Patienten haben eine vererbbare unilaterale Erkrankung, die übrigen 60% weisen eine nicht vererbbare unilaterale Erkrankung auf.

Die Pathogenese der Vererbung scheint eine mutationsbedingte Deaktivierung beider Allele der Retinoblastom-Suppressorgene (RB1) auf dem Chromosom 13q14 zu involvieren. Bei den vererbten Formen verändert eine Stammzellenmutation ein Allel in allen Zellen und eine spätere somatische Mutation das andere Allel in den Retinazellen des Kindes (Second-hit-Modell) und führt zum Krebs. Die nicht vererbbare Form involviert eher die somatische Mutation beider Allele in den Retinazellen. Obwohl der Begriff "sporadisch" verwendet werden kann, um nicht erbliche Formen des Retinoblastoms zu beschreiben, ist er technisch gesehen eine falsche Bezeichnung, da viele sporadische Fälle auf De-novo-Keimbahnmutationen zurückzuführen sind und daher auch später vererbt werden können.

Allgemeiner Hinweis

  1. 1. Siegel RL, Miller KD, Fuchs HE, et al: Cancer Statistics, 2022. CA Cancer J Clin 72(1):7–33, 2022. doi: 10.3322/caac.21708

Symptome und Anzeichen von Retinoblastom

Patienten werden in der Regel mit einer Leukokorie (einem weißen Reflex in der Pupille, die manchmal als Katzenauge bezeichnet wird) oder Strabismus vorgestellt.

Weniger häufig kommen Patienten mit einer Entzündung des Auges oder Sehschwierigkeiten in die Behandlung.

Leukokorie bei Säuglingen mit Retinoblastom
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Die Leukokorie bei Retinoblastomen wird in den meisten Fällen durch die direkte Reflexion des kreideweißen Tumors verursacht.
By permission of the publisher. From Scott I, Warman R, Murray T: Atlas of Ophthalmology. Herausgegeben von RK Parrish II und TG Murray. Philadelphia, Current Medicine, 2000.

Selten hat sich der Krebs entlang dem Nervus opticus, der Chorioidea oder hämatogen ausgebreitet und präsentiert sich mit den folgenden Symptomen: einer orbitalen oder weichen Masse, lokale Knochenschmerzen, Kopfschmerzen, Anorexie oder Erbrechen.

Diagnose von Retinoblastom

  • Orbitale Sonographie, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie

  • Manchmal optische Kohärenztomographie, Knochenscan, Knochenmarkaspiration und -biopsie sowie Lumbalpunktion

Wenn die Diagnose vermutet wird, müssen beide Befunde sorgfältig durch eine indirekte Ophthalmoskopie bei dilatierter Pupille und anästhesiertem Kind beurteilt werden. Der Krebs erscheint als eine einzelne oder multiple grauweiße Erhöhung in der Retina; Krebsabsiedelungen können im Glaskörper zu sehen sein.

Die Diagnose eines Retinoblastoms wird normalerweise mittels Ultraschall, MRT oder Computertomographie bestätigt. In den meisten Fällen können in der Computertomographie Kalzifikationen entdeckt werden. Wenn jedoch der Optikusnerv bei der ophthalmologischen Untersuchung pathologisch erscheint, sollte besser eine Orbital-Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden, um die Ausdehnung des Krebses entlang dem Optikusnerv und der Chorioidea besser beurteilen zu können. Manchmal wird auch die optische Kohärenztomographie, ein nichtinvasiver bildgebender Test, eingesetzt.

Wenn eine Sehnerverweiterung vermutet wird, oder eine umfangreiche choroidale Invasion vorhanden ist, eine Lumbalpunktion und MRT des Gehirns, um die Metastasierung zu bewerten. Da Fernmetastasen selten sind, können Knochenmarkuntersuchungen und Knochenscans Patienten mit knöchernen Symptomen oder eindeutigen Anzeichen einer metastatischen Erkrankung vorbehalten bleiben.

Wegen des Risikos einer Tumorausbreitung ist die Biopsie des Augentumors für eine Gewebediagnose nicht eindeutig geeignet.

Patienten mit einem Retinoblastom erfordern eine molekulargenetisch Untersuchung. Falls sie eine Stammzellenmutation aufweisen, sollten die Eltern auf dieselbe Mutation abgeklärt werden. Nachkommen von Eltern, die eine Stammzellenmutation aufweisen, sollten derselben genetischen Testung und regelmäßigen ophthalmologischen Untersuchungen unterzogen werden. Eine rekombinante DNA-Sonde kann nützlich sein, um asymptomatische Träger zu identifizieren.

Kinder, die Eltern oder Geschwister mit einem anamnestischen Retinoblastom haben, sollten kurz nach der Geburt und dann alle 4 Monate bis zum 4. Lebensjahr ophthalmologisch untersucht werden.

Behandlung von Retinoblastom

  • Bei fortgeschrittenem einseitigem Krebs: Enukleation

  • Bei weniger fortgeschrittenem unilateralem Karzinom manchmal Chemotherapie und/oder Behandlungen zur lokalen Kontrolle

  • Bei beidseitigem Krebs Photokoagulation, intraarterielle Chemotherapie oder einseitige Enukleation mit Photokoagulation, Kryotherapie und Bestrahlung des anderen Auges

  • Systemische Chemotherapie

Das Ziel der Retinoblastom-Behandlung sollte die Heilung sein, aber Versuche, so viel Sehvermögen wie möglich zu erhalten, sind angemessen. Der Behandlungsansatz hängt von der Größe des Tumors (mehr oder weniger als 3 mm Größe/Dicke), der Ausbreitung auf umliegende Bereiche und der Funktionalität des Auges ab. Es wird dringend empfohlen, ein multidisziplinäres Team zusammenzustellen, dem ein pädiatrischer Augenarzt mit Fachkenntnissen auf dem Gebiet des Retinoblastoms, ein pädiatrischer Onkologe und ein Radioonkologe angehören sollten.

Ein fortgeschrittenes einseitiges Retinoblastom (großer Tumor mit Anzeichen für eine Ausbreitung der Krankheit) wird durch Enukleation mit Entfernung eines möglichst großen Teils des Sehnervs behandelt. In weniger fortgeschrittenen Fällen, in denen die Erhaltung des Sehvermögens möglich ist, können konservative Ansätze zur Rettung des Auges mit Chemotherapie und/oder Behandlungen zur lokalen Kontrolle in Betracht gezogen werden.

Bei Patienten mit einer bilateralen Erkrankung kann das Sehvermögen meistens erhalten werden. Die Optionen sind eine bilaterale Photokoagulation, intraarterielle Chemotherapie oder eine unilaterale Enukleation und Photokoagulation, Kryotherapie oder Bestrahlung des anderen Auges. Bestrahlung wird von außen oder bei sehr kleinen Karzinomen mit Brachytherapie durchgeführt (Anbringen eines radioaktiven Kerns an die Augenwand in der Nähe des Karzinoms).

Eine systemische Chemotherapie wie z. B. mit Carboplatin, Etoposid plus Vincristin oder Cyclophosphamid plus Vincristin kann hilfreich sein bei der Reduzierung der Tumorgröße, um den Einsatz anderer zusätzlicher Therapien (z. B. Kryotherapie, Laser-Hyperthermie) zu ermöglichen, um beidseitige Tumoren zu behandeln oder um Krebs zu behandeln, der sich über das Auge hinaus ausgebreitet hat. Alleinige Chemotherapie heilt diese Krebserkrankung jedoch nur selten.

Eine ophthalmologische Untersuchung beider Augen und eine Wiederholung der Behandlung müssen, falls notwendig, alle 2–4 Monate durchgeführt werden.

Prognose bei Retinoblastom

Wenn der Krebs behandelt wird, wenn er noch intraokular lokalisiert ist, können > 90% der Patienten geheilt werden. Die Prognose für die metastasierte Krankheit ist schlecht (1).

Patienten mit einem vererbten Retinoblastom haben ein erhöhtes Risiko für ein zweites Malignom, ungefähr 50% entstehen in der bestrahlten Retina. Diese Tumoren können Sarkome und maligne Melanome sein. Etwa 70% der Patienten, die einen zweite Krebs entwickeln werden, entwickeln diesen innerhalb von 30 Jahren nach dem primären Retinoblastom.

Hinweis zur Prognose

  1. 1. Dunkel IJ, Piao J, Chantada GL, et al: Intensive multimodality therapy for extraocular retinoblastoma: A Children's Oncology Group trial (ARET0321). J Clin Oncol 40(33):3839–3847, 2022. doi: 10.1200/JCO.21.02337