Antiarrhythmika (Vaughan-Williams-Klassifikation)

Wirkstoff

Dosierung

Zielwerte

Ausgewählte Nebenwirkungen

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Klasse Ia

Anwendungsgebiete: Unterdrücken von APB und VPB, SVT und VT, AF oder Vorhofflattern und VF

Disopyramid

IV: Zunächst 1,5 mg/kg über > 5 Minuten, gefolgt von einer Infusion von 0,4 mg/kg/Stunde

Oral mit sofortiger Freisetzung: 100 oder 150 mg alle 6 h

Oral mit kontrollierter Freisetzung: 200 oder 300 mg alle 12 h

2–7,0 mcg/ml (5,9–20,6 mcmol/l)

Anticholinerge Effekte (Harnretention, Glaukom, Mundtrockenheit, Sehstörungen, Darmverstimmungen), Hypoglykämie, Torsades de pointes; negativ inotrope Effekte (die Herzinsuffizienz oder Hypotonie verschlimmern können)

Die Medikamente sollten bei Patienten mit einer eingeschränkten Funktion des linken Ventrikels behutsam eingesetzt werden.

Bei Patienten mit Niereninsuffizienz sollte die Dosis gesenkt werden.

Nebenwirkungen können zu Noncompliance beitragen.

Wenn sich das QRS-Intervall verbreitert (> 50% bei einer anfänglichen Dauer < 120 ms oder > 25% bei einer anfänglichen Dauer > 120 ms) oder wenn das QTc-Intervall um > 550 ms verlängert ist, sollte die Infusionsgeschwindigkeit oder die Dosierung verringert oder das Arzneimittel abgesetzt werden.

In den USA ist es in intravenöser Form nicht verfügbar.

Procainamid*

IV: 10–15 mg/kg Bolus bei 25–50 mg/Minute, gefolgt von einer konstanten Infusion von 1–4 mg/Minute

Oral: 250–625 mg (selten bis zu 1 g) alle 3 oder 4 h

Oral mit kontrollierter Freisetzung: Bei Patienten < 55 kg, 500 mg; bei Patienten 55–91 kg, 750 mg; oder bei Patienten > 91 kg, 1000 mg alle 6 Stunden

4–10 mcg/ml (17–34 mcmol/l)

Hypotonie (bei Infusion), serologische Anomalien (insbesondere ein positiver antinukleärer Antikörper-Test) bei nahezu 100% der Patienten, die das Medikament für > 12 Monate einnehmen, Medikamenten-induzierter Lupus (Gelenkschmerzen, Fieber, Pleuraergüsse) bei 15–20%, Agranulozytose bei < 1%, Torsades de pointes Tachykardie (TdP)

Retard-Präparate machen eine häufige Dosierung überflüssig.

Wenn sich das QRS-Intervall verbreitert (> 50% bei einer anfänglichen Dauer < 120 ms oder > 25% bei einer anfänglichen Dauer > 120 ms) oder wenn das QTc-Intervall um > 550 ms verlängert ist, sollte die Infusionsgeschwindigkeit oder die Dosierung verringert oder das Arzneimittel abgesetzt werden.

Chinidin†

Oral: 200–400 mg alle 4–6 h

2–5 mcg/ml (6,2–15,4 mcmol/l)

Durchfall, Koliken, Blähungen, Fieber, Thrombozytopenie, Leberfunktionsstörungen, Torsades de pointes; insgesamte Nebenwirkungsrate von 30%

Wenn sich das QRS-Intervall verbreitert (> 50% bei einer anfänglichen Dauer < 120 ms oder > 25% bei einer anfänglichen Dauer > 120 ms) oder wenn das QTc-Intervall um > 550 ms verlängert ist, sollte die Infusionsgeschwindigkeit oder die Dosierung verringert oder das Arzneimittel abgesetzt werden.

Klasse Ib

Verwendung: Unterdrückung von ventrikulären Arrhythmien (VPB, VT, VF)

Lidocain

IV: 100 mg über 2 min, gefolgt von kontinuierlicher Infusion von 4 mg/min (2 mg/min bei Patienten > 65) und 5 Minute nach der ersten Dosis ein zweiter 50-mg-Bolus

1,5–5 mcg/l (6,4–21,3 mcmol/l)

Tremor, Krampfanfälle; wenn das Medikament zu schnell verabreicht wird Schläfrigkeit, Delirium, Parästhesien; möglicherweise erhöhtes Risiko für Bradyarrhythmien nach akutem Myokardinfarkt

Um das Toxizitätsrisiko zu verringern, sollte der Arzt die Dosis oder Infusionsrate nach 24 Stunden auf 2 mg/Minute reduzieren.

Es findet ein umfangreicher First-Pass-Metabolismus in der Leber statt.

Mexiletin

Oral mit sofortiger Freisetzung: 100–400 mg alle 8 Stunden, typischerweise beginnend mit 100 mg

Oral mit langsamer Freisetzung: 360 mg alle 12 h

IV: 2 mg/kg bei 25 mg/Minute, gefolgt von 250 mg IV über 1 Stunde; danach eine 250-mg-Infusion für die nächsten 2 Stunden, gefolgt von einer Dauerinfusion von 0,5 mg/min

0,5–2 mcg/ml

Übelkeit, Erbrechen, Zittern, Krämpfe

Oral mit langsamer Freisetzung und intravenöse Formen sind nicht in den USA erhältlich.

Klasse Ic

Anwendungsgebiete: Unterdrücken von APB und VPB, SVT und VT, AF oder Vorhofflattern und VF

Flecainid

Oral: 100 mg alle 8 oder 12 h

IV: 1–2 mg/kg über 10 Minuten

0,2–1 mcg/ml (0,5–2,4 mcmol/l)

Gelegentlich Sehstörungen und Parästhesien

Die Dosis sollte verringert oder das Medikament abgesetzt werden, wenn sich der QRS-Komplex erweitert (> 50% bei einer anfänglichen Dauer < 120 Millisekunden und > 25% bei einer anfänglichen Dauer > 120 Millisekunden).

Die intravenöse Form ist in den USA nicht verfügbar.

Propafenon

Oral: Zunächst 150 mg 3-mal täglich, dann Steigerung auf bis zu 225–300 mg 3-mal täglich bei Bedarf

IV: 2-mg/kg Bolus, gefolgt von 2 mg/Minute IV

0,1–1,0 mcg/ml

betabblockierende Wirkung, mögliche Verschlechterung der reaktiven Atemwegserkrankungen, gelegentlich Magen-Darm-Beschwerden

Die Pharmakokinetik ist nichtlinear; Erhöhungen der Dosis sollten nicht mehr als 50% der vorigen Dosis betragen

Bioverfügbarkeit und Proteinbindung variieren; das Medikament hat einen sättigbaren First-Pass-Metabolismus.

In den USA ist es in intravenöser Form nicht verfügbar.

Klasse II (Betablocker)

Verwendung: Supraventrikuläre Tachyarrhythmien (APB, ST, SVT, AF, Vorhofflattern) und ventrikuläre Arrhythmien (oft in einer unterstützenden Rolle)

Acebutolol

Oral: 100–400 mg 2-mal täglich

Betablocker-Spiegel werden nicht gemessen; die Dosis wird angepasst, um die Herzfrequenz um > 25% zu reduzieren

Typische für Betablocker entstehen Magen-Darm-Beschwerden, Schlaflosigkeit, Alpträume, Lethargie, erektile Dysfunktion, eventuell AV-Block bei Patienten mit AV-Knoten Dysfunktion

Betablocker sind bei Patienten mit bronchospastischen Atemwegserkrankungen kontraindiziert.

Atenolol

Oral: 25–100 mg 1-mal täglich

Betaxolol

Oral: 5-20 mg 1-mal täglich

Bisoprolol

Oral: 2,5–20 mg 1-mal täglich

Carvedilol

Oral: Zunächst, 3,125 mg 2-mal täglich, gefolgt von Dosissteigerung auf 25 mg 2-mal täglich

Esmolol

IV: 50–200 mcg/kg/Minute

Metoprolol

Oral: 25–100 mg 2-mal täglich

IV: 2,5–5 mg alle 5 min bis zu 15 mg

Nadolol

Oral: 10–240 mg 1-mal täglich

Propranolol

Oral: 10–40 mg 3-mal oder 4-mal täglich

IV: 1–3 mg (wenn nötig, einmalig nach 5 Minuten wiederholen)

Timolol

Oral: 10–30 mg 2-mal täglich

Klasse III (membranstabilisierende Medikamente)

Verwendung: Jede Tachyarrhythmie außer Torsades de pointes

Amiodaron‡

Amiodaron wird als Initialdosis verabreicht, gefolgt von einer Erhaltungsdosis. Dosen und Intervalle variieren signifikant je nach Arrhythmie†.

1–2,5 mcg/ml (1,5–3,9 mcmol/l)

Lungentoxizität, einschließlich akuter oder subakuter Pneumonitis, die zu einer Lungenfibrose fortschreiten kann (bei bis zu 5 % der > 5 Jahre behandelten Patienten), welche tödlich verlaufen kann; QTc-Verlängerung; Torsades de pointes ventrikuläre Tachykardie (VT) (selten); Bradykardie; graue oder blaue Verfärbung der der Sonne ausgesetzten Haut; Sonnenempfindlichkeit; Leberanomalien; periphere Neuropathie; Mikroablagerungen auf der Hornhaut (bei fast allen behandelten Patienten), in der Regel ohne schwerwiegende visuelle Auswirkungen und durch Absetzen des Arzneimittels rückgängig zu machen; Zunahme oder Abnahme der Schilddrüsenfunktion; Anstieg des Serumkreatinins um bis zu 10 % ohne Veränderung der glomulären Filtrationsrate (GFR); langsame Clearance, die möglicherweise die unerwünschten Wirkungen verlängert

Das Medikament blockiert nichtkompetitiv Betarezeptoren und Kalzium- und Natriumkanäle; die Wirkung tritt mit langer Verzögerung ein.

Obwohl das Medikament die Widerstandsfähigkeit verlängert, wirkt es homogener als andere QT-verlängernde Medikamente, sodass Torsades de Pointe VT seltener vorkommt

Die intravenöse Form kann für die Konversion verwendet werden.

Azimilid*

Oral: 100–200 mg 1-mal täglich

200–1000 ng/ml

Torsades de pointes

Bretylium*

IV: Zunächst 5 mg/kg, gefolgt von 1–2 mg/Minute als konstante Infusion

i.m.: Zunächst 5–10 mg/kg, kann bis zu einer Gesamtdosis von 30 mg/kg wiederholt werden

i.m. Erhaltungsdosis von 5 mg/kg alle 6–8 h

0,8–2,4 mcg/ml

Hypotonie

Das Medikament hat die Eigenschaften der Klasse II.

Die Wirkung kann sich um 10-20 Minuten verzögern.

Das Medikament wird verwendet, um potenziell tödliche refraktäre ventrikuläre Tachyarrhythmien (hartnäckige VT, rezidivierende VF) zu behandeln, bei denen es in der Regel innerhalb von 30 Minuten nach der Injektion wirkt.

Dofetilid

Oral: 500 Mikrogramm 2-mal täglich, wenn die Kreatinin-Clearance > 60 ml/Minute beträgt; 250 Mikrogramm 2-mal täglich, wenn die Kreatinin-Clearance 40-60 ml/Minute beträgt; 125 Mikrogramm 2-mal täglich, wenn die Kreatinin-Clearance 20-40 ml/Minute beträgt

N/A

Torsades de pointes

Das Medikament ist kontraindiziert bei QTc > 440 Millisekunden oder wenn die Kreatinin-Clearance < 20 ml/Minute ist.

Dronedaron

Oral: 400 mg 2-mal täglich

N/A

QTc-Verlängerung, Torsade de pointes (selten), Bradykardie, Magen-Darm-Beschwerden, mögliche Hepatotoxizität (selten), Serumkreatinin bis zu 20% erhöht ohne Veränderung der glomulären Filtrationsrate

Das Medikament ist ein modifiziertes Amiodaron-Molekül (einschließlich Deiodierung) mit kürzerer Halbwertszeit, kleinerem Verteilungsvolumen, weniger Nebenwirkungen und geringerer Wirksamkeit.

Das Medikament sollte nicht bei Patienten mit einer früheren Herzinsuffizienz oder mit permanentem Vorhofflimmern verwendet werden.

Ibutilid

IV: Bei Patienten 60 kg, 1 mg per Infusion oder bei Patienten < 60 kg, 0,01 mg/kg über 10 Minuten, mit Wiederholung der Dosis nach 10 Minuten, wenn die erste Infusion nicht erfolgreich war

N/A

Torsades de pointes (bei 2%)

Das Medikament wird verwendet, um Vorhofflimmern (Erfolgsquote ca. 40%) und Vorhofflattern (Erfolgsquote ca. 65%) zu beenden.

Sotalol

Oral: 80–160 mg alle 12 h

IV: 10 mg über 1–2 Minuten

0,5–4 mcg/ml

Ähnlich wie bei Klasse II; eventuell verminderte Funktion des linken Ventrikels und Torsades de pointes

Die razemische [D-L]-Form besitzt die Eigenschaften der Klasse II (Betarezeptoren-blockierend), die [D]-Form nicht. Beide Formen haben die Aktivität der Klasse III. Nur razemisches Sotalol ist für den klinischen Einsatz verfügbar.

Die Medikamente sollten bei Patienten mit einer renalen Insuffizienz nicht eingesetzt werden.

Vernakalant

3 mg/kg IV über 10 Minuten (maximal 339 mg)

Wenn keine Umstellung auf Sinusrhythmus erfolgt, zweite Infusion von 2 mg/kg über 10 Minuten (maximal 226 mg)

N/A

Hypotonie (insbesondere bei Patienten mit Herzinsuffizienz)

Bradyarrhythmien (insbesondere bei gleichzeitiger Beta-Blockade)

Das Medikament wird zur Beendigung von kürzlich aufgetretenem Vorhofflimmern eingesetzt (Erfolgsquote etwa 50%).

Das Medikament ist in den Vereinigten Staaten nicht erhältlich.

Klasse IV (Kalziumantagonisten)

Verwendung: Beenden des SVT und Verlangsamung des schnellen Vorhofflimmerns oder Vorhofflatterns

Diltiazem

Oral mit langsamer Freisetzung (Diltiazem CD): 120–480 mg 1-mal täglich

IV: 5–15 mg/h über bis zu 24 h

0,1–0,4 mcg/ml (0,24–1 mcmol/l)

Möglicher Übergang in VF bei Patienten mit VT, negative Inotropie

Die intravenöse Form wird am häufigsten verwendet, um die ventrikuläre Reaktion auf Vorhofflimmern oder Vorhofflattern zu verlangsamen.

Verapamil

Oral: 40–120 mg 3-mal täglich oder bei Retard-Form 180 mg einmal täglich bis 240 mg 2-mal täglich

IV: 5–15 mg über 10 Minuten

Orale Prophylaxe: 40–120 mg 3-mal täglich

N/A

Möglicher Übergang in VF bei Patienten mit VT, negative Inotropie

Die intravenöse Form wird verwendet, um Tachykardien mit schmalem QRS-Intervall zu beenden, bei denen auch der AV-Knoten (Erfolgsquote fast 100% mit 5–10 mg IV über 10 Minuten) betroffen ist.

Andere Antiarrhythmika

Adenosin

6 mg schneller IV Bolus, bei Bedarf zweimal mit 12 mg wiederholt; Bolus zur Spülung mit zusätzlichen 20 ml Kochsalzlösung

N/A

Transiente Dsypnoe, Engegefühl in der Brust, Flush (bei 30-60%), und transiente Bronchospasmen

Das Medikament verlangsamt oder blockiert die AV-Knoten-Leitung.

Die Dauer der Maßnahme ist extrem kurz.

Kontraindikationen sind Asthma und hochgradiger AV-Block.

Dipyridamol potenziert die Effekte.

Digoxin

IV Initialdosis: 0,5 mg

Orale Erhaltungsdosis: 0,125–0,25 mg einmal täglich

0,8–1,6 mcg/ml (1–2 mcmol/l)

Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen und oft schwerwiegende Herzrhythmusstörungen (VES, VT, APBs, Vorhoftachykardie, AV-Block 2. oder 3. Grades, Kombinationen dieser Arrhythmien)

Kontraindikationen sind die antegrade Leitung über eine akzessorische AV-Leitungsbahn (manifestes Wolff-Parkinson-White-Syndrom), da die ventrikuläre Reaktion übermäßig sein kann, wenn ein Vorhofflimmern auftritt (Digoxin verkürzt die Refraktärperioden der akzessorischen Leitungsbahn).

* Verfügbarkeit unklar.

† Chinidin war zuvor in den USA nicht verfügbar, wurde aber im Dezember 2019 wieder eingeführt.

‡ Die Dosierung von Amiodaron variiert erheblich. Die Verschreibungsinformationen des Herstellers sollten überprüft werden. Im Allgemeinen beträgt die orale Initialdosis für stabile supraventrikuläre Arrhythmien etwa 5 g, die über 12 Wochen bei einer Dosis zwischen 200 mg 2-mal täglich bis 400 mg 3-mal täglich verabreicht wird. Die orale Initialdosis für ventrikuläre Arrhythmien beträgt 10 g, die in einer ähnlichen Dosis über 1 bis 4 Wochen verabreicht wird. Im Allgemeinen beträgt die orale Erhaltungsdosis 200 mg einmal täglich, obwohl 100 mg einmal täglich bei älteren oder gebrechlichen Patienten und 300 oder 400 mg einmal täglich zur Prävention schwerer ventrikulärer Arrhythmien eingesetzt werden können.

Die Amiodaron-IV-Initialdosis beträgt typischerweise 150 mg über 10 Minuten, gefolgt von einer Infusion von 1 mg/Minute über 6 Stunden und dann 0,5 mg/Minute über 18 Stunden. Bei VF oder pulsloser VT wird ein 300-mg-Infusionsbolus verabreicht, gegebenenfalls gefolgt von einem 150-mg-Infusionsbolus.

AF = Vorhofflimmern; ANA = Antinukleare Antikörper; APB = Vorhofextrasystole; AV = atrioventrikulär; CrCl = Kreatinin-Clearance; GFR = glomeruläre Filtrationsrate; GI = gastrointestinal; LV = linksventrikulär; QTc = QT-Intervall korrigiert für die Herzfrequenz; SVT = supraventrikuläre Tachykardie; VF = Kammerflimmern; VPB = ventrikuläre Extrasystole, VT = ventrikuläre Tachykardie.