Erhöhte Faktor VIII-, IX- und XI-Spiegel

VonMichael B. Streiff, MD, Johns Hopkins University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Aug. 2023
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Erhöhte Werte der Faktoren VIII, IX und XI sind Risikofaktoren für venöse Thromboembolien (VTE). Während diese Werte genetisch bedingt sind, können erhöhte Werte von Faktor VIII bei chronischen Entzündungen und anderen systemischen Erkrankungen auftreten. Die Behandlung besteht in der Antikoagulation bei venöser Thromboembolie (VTE) und, im Falle eines erhöhten Faktors VIII, in der spezifischen Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankungen.

Die Faktoren VIII, IX und XI sind Gerinnungsproteine, die primär in der Leber gebildet werden. Faktor VIII zirkuliert in einer inaktiven Form gebunden an den von-Willebrand-Faktor (VWF), bis er durch eine Verletzung des Blutgefäßes aktiviert wird und die beiden Faktoren voneinander getrennt werden. Freier Faktor VIII interagiert dann mit Faktor IX, um die Blutgerinnung zu erleichtern.

Erhöhte Faktor-VIII-Spiegel wurden erstmals in der Leidener Thrombophilie-Studie als Risikofaktor für venöse Thromboembolien (VTE) erkannt. Dabei handelt es sich um eine Fall-Kontroll-Studie an Patienten mit einer ersten VTE-Episode ohne Krebs und alters- und geschlechtsgleichen Kontrollen. Faktor-VIII-Aktivität > 150 I.E./l war mit einem fast 5-fach erhöhten VTE-Risiko assoziiert (1). Erhöhte Faktor-VIII-Spiegel wurden ebenfalls als Risikofaktor für rezidivierende VTE identifiziert (2).

Erhöhte Faktor-IX und -XI-Antigenspiegel sind ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für VTE assoziiert (3, 4). In der Longitudinal Investigation of Thromboembolism Etiology-Studie wurde jedoch auch festgestellt, dass der Faktor XI, nicht aber der Faktor IX mit einem erhöhten VTE-Risiko assoziiert war, wenn er um Alter, Geschlecht, Rasse, Studium, BMI (Body Mass Index) und Diabetes bereinigt wurde (5).

Erhöhte Werte des von-Willebrand-Faktors sind ebenfalls mit einem erhöhten VTE-Risiko assoziiert (6).

Allgemeine Literatur

  1. 1. van der Meer FJ, Koster T, Vandenbroucke JP, Briët E, Rosendaal FR. The Leiden Thrombophilia Study (LETS). Thromb Haemost 1997;78(1):631-635.

  2. 2. Kyrle PA, Minar E, Hirschl M, et al. High plasma levels of factor VIII and the risk of recurrent venous thromboembolism. N Engl J Med 2000; 343(7):457-462. doi: 10.1056/NEJM200008173430702

  3. 3. van Hylckama Vlieg A, van der Linden IK, Bertina RM, Rosendaal FR. High levels of factor IX increase the risk of venous thrombosis. Blood 2000; 95(12):3678-3682. PMID: 10845896

  4. 4. Meijers JC, Tekelenburg WL, Bouma BN, Bertina RM, Rosendaal FR. High levels of coagulation factor XI as a risk factor for venous thrombosis. N Engl J Med 2000; 342(10):696-701. doi: 10.1056/NEJM200003093421004

  5. 5. Cushman M, O'Meara ES, Folsom AR, Heckbert SR. Coagulation factors IX through XIII and the risk of future venous thrombosis: the Longitudinal Investigation of Thromboembolism Etiology. Blood 2009; 114(14):2878-2883. doi: 10.1182/blood-2009-05-219915

  6. 6. Edvardsen MS, Hindberg K, Hansen ES, et al. Plasma levels of von Willebrand factor and future risk of incident venous thromboembolism. Blood Adv 2021;5(1):224-232. doi:10.1182/bloodadvances.2020003135

Diagnose von erhöhten Faktor VIII-, IX- und XI-Werten

  • Messung von Faktor VIII, IX oder XI

Der Gehalt an VIII-, IX- und XI-Antigen und die Aktivität können direkt gemessen werden.

Da die Aktivität von Faktor VIII durch Antikoagulation beeinträchtigt wird und es sich um ein Akute-Phase-Reaktion-Protein handelt, ist es wichtig, die Aktivität von Faktor VIII zu messen, wenn der Patient keine Antikoagulanzien einnimmt und nicht durch eine Infektion oder Entzündung beeinträchtigt ist (1).

Der Faktor-VIII-Spiegel werden auch durch Schwangerschaft, Östrogen-haltige Hormontherapie, Krebs, Leberer- und Nierenerkrankungen, Hyperthyreose, intravaskuläre Hämolyse und Sport erhöht.

Die Messung der Faktor-VIII-Aktivität bei einem Patienten, der Antikoagulanzien einnimmt, führt zu einer fälschlich verminderten Faktor-VIII-Aktivität. Faktor VIII-Antigen wird nicht durch Antikoagulation beeinflusst. Im Gegensatz dazu steigen die Antigen- und Aktivitätswerte von Faktor VIII bei systemischen Entzündungen und vielen anderen Erkrankungen (siehe oben), so dass die Messung von Faktor VIII idealerweise auch ohne diese Erkrankungen durchgeführt wird.

Das Faktor-IX-Antigen kann durch Vitamin-K-Antagonisten reduziert werden, nicht aber durch direkte orale Antikoagulanzien. Das Faktor-XI-Antigen wird durch die Antikoagulation nicht beeinflusst. Die Aktivität von Faktor IX und XI wird durch Antikoagulation verringert.

Diagnosehinweis

  1. 1. O'Donnell J, Tuddenham EG, Manning R, Kemball-Cook G, Johnson D, Laffan M. High prevalence of elevated factor VIII levels in patients referred for thrombophilia screening: role of increased synthesis and relationship to the acute phase reaction. Thromb Haemost 1997; 77(5):825-828. PMID: 9184386

Behandlung von erhöhten Faktor-VIII-, -IX- und -XI-Werten

  • Antikoagulation

Direkte orale Antikoagulanzien und Vitamin-K-Antagonisten sind wirksam für die Behandlung von Patienten mit erhöhten Faktor Faktor VIII-, IX- und XI-Spiegeln und einer venösen Thromboembolie (1).

Literatur zur Therapie

  1. 1. Campello E, Spiezia L, Simion C, et al. Direct Oral Anticoagulants in Patients With Inherited Thrombophilia and Venous Thromboembolism: A Prospective Cohort Study. J Am Heart Assoc 2020;9(23):e018917. doi:10.1161/JAHA.120.018917