Übersicht über Antibiotika

VonBrian J. Werth, PharmD, University of Washington School of Pharmacy
Überprüft/überarbeitet Juni 2022
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Antibiotika sind Medikamente zur Behandlung von bakteriellen Infektionen. Sie sind unwirksam gegen Virusinfektionen und die meisten anderen Infektionen. Antibiotika töten die Bakterien entweder ab oder hindern sie an der Vermehrung und ermöglichen es der körpereigenen Abwehr so, diese zu eliminieren.

  • Ärzte versuchen, Antibiotika nur für spezifische bakterielle Infektionen einzusetzen, doch manchmal beginnen sie die Behandlung bereits mit Antibiotika, die gegen viele verschiedene Bakterien wirksam sind, ohne die Testergebnisse abzuwarten, durch die spezifische Bakterien identifiziert werden.

  • Es ist wichtig, die Antibiotika wie verordnet einzunehmen, und die Antibiotika sollten in der Dosis, mit der Häufigkeit und über die Anzahl der Tage eingenommen werden, die zur Behandlung einer bestimmten Infektion am wirksamsten sind.

  • Bakterien können eine Resistenz gegen die Wirkung von Antibiotika entwickeln, insbesondere wenn diese nicht wie verordnet eingenommen werden.

  • Antibiotika können Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Durchfall und bei Frauen vaginale Pilzinfektionen verursachen.

  • Manche Menschen sind allergisch gegen bestimmte Antibiotika.

Antibiotika werden anhand ihrer chemischen Struktur in verschiedene Gruppen eingeteilt. Dennoch wirken sich auch Antibiotika derselben Gruppe oft ganz unterschiedlich auf den Körper aus und können gegen verschiedene Bakterien eingesetzt werden.

Es gibt u. a. die folgenden Gruppen von Antibiotika:

Carbapeneme, Cephalosporine, Monobactame und Penicilline sind Untergruppen von Beta-Lactam-Antibiotika, einer Antibiotikagruppe, die sich durch ihre chemische Struktur mit einem sogenannten Beta-Lactam-Ring auszeichnet.

Weitere Antibiotika, die nicht in die oben aufgeführten Klassen passen, sind Chloramphenicol, Clindamycin, Daptomycin, Fosfomycin, Lefamulin, Metronidazol, Mupirocin, Nitrofurantoin und Tigecyclin.

Wahl eines Antibiotikums

Jedes Antibiotikum wirkt nur gegen bestimmte Typen von Bakterien. Wenn Ärzte ein Antibiotikum wählen, um eine Infektion zu behandeln, prüfen sie, welche Bakterien am wahrscheinlichsten für die Infektion verantwortlich sind. Zum Beispiel werden manche Infektionen nur von bestimmten Bakterienarten ausgelöst. Manchmal ist vorauszusehen, dass ein Antibiotikum gegen alle Bakterien wirken dürfte, die sehr wahrscheinlich eine Infektion verursachen, und daher sind eventuell keine weiteren Tests erforderlich.

Bei Infektionen, die von verschiedenen Bakterienarten oder von Bakterien hervorgerufen werden, deren Antibiotikaresistenz sich nicht mit Sicherheit voraussagen lässt, wird der Erreger im Labor aus einer Blut-, Urin- oder Gewebeprobe des Patienten bestimmt ( see page Diagnose einer Infektionskrankheit). Anschließend wird der Erreger auf seine Empfindlichkeit gegenüber eine Reihe von Antibiotika untersucht. Im Allgemeinen dauert es ein bis zwei Tage, bis die Testergebnisse vorliegen. Daher kann es vorkommen, dass sie bei der ersten Auswahl des Antibiotikums gegen eine Infektion, die sofort behandelt werden muss, noch nicht zur Verfügung stehen. In solchen Fällen leiten die Ärzte normalerweise eine Behandlung mit einem Antibiotikum ein, das gegen jene Bakterien wirksam ist, die am wahrscheinlichsten für die Infektion verantwortlich sind. Wenn die Testergebnisse vorliegen, können die Ärzte das Antibiotikum dann je nach Bedarf auswechseln.

Antibiotika, die im Labor wirken, müssen nicht unbedingt bei einer infizierten Person wirksam sein. Die Wirksamkeit der Behandlung hängt von folgenden Faktoren ab:

Diese Faktoren können von Person zu Person variieren und hängen davon ab, welche anderen Medikamente eingenommen werden, welche anderen Leiden vorhanden sind und wie alt die Person ist.

Bei der Wahl eines Antibiotikums berücksichtigen die Ärzte auch Folgendes:

  • Art und Schwere der Infektion

  • Zustand des Immunsystems der betroffenen Person (wie gut es das Medikament bei der Bekämpfung der Infektion unterstützen kann)

  • Mögliche Nebenwirkungen des Medikaments

  • Möglichkeit von allergischen oder sonstigen schweren Reaktionen auf das Medikament

  • Kosten des Medikaments

Darüber hinaus überlegen sich die Ärzte, wie schwierig es für die Betroffenen sein könnte, die Antibiotika über die gesamte Verschreibungsdauer einzunehmen und die Behandlung wirklich bis zum Ende einzuhalten. So dürfte es beispielsweise für Patienten schwieriger sein, ihre Behandlung zu Ende zu führen, wenn das Medikament sehr oft oder nur zu bestimmten Zeitpunkten (z. B. vor, während oder nach einer Mahlzeit) eingenommen werden muss.

Um die folgenden Störungen zu behandeln, ist möglicherweise eine Kombination von Antibiotika erforderlich:

  • Schwere Infektionen, besonders in den ersten Tagen, wenn die Empfindlichkeit des Erregers gegen Antibiotika noch nicht bekannt ist

  • Bestimmte Infektionen durch Bakterien, die sehr schnell eine Resistenz gegen ein einzelnes Antibiotikum entwickeln

  • Infektionen, die durch mehr als eine Bakterienart ausgelöst werden, wenn jede Art auf ein anderes Antibiotikum anspricht

Antibiotikaresistenz

Wie alle Lebewesen verändern sich Bakterien im Lauf der Zeit aufgrund von Umweltveränderungen. Wegen des weit verbreiteten Gebrauchs und Missbrauchs von Antibiotika (wenn die Antibiotika nicht wie verschrieben eingenommen werden) sind Bakterien diesen Substanzen ständig ausgesetzt. Obwohl viele Bakterien durch die Behandlung mit Antibiotika abgetötet werden, können einige Bakterien überleben und eine Resistenz gegen die Wirkung der Medikamente entwickeln, wenn die Antibiotika nicht ordnungsgemäß eingenommen werden. So reagierte das Bakterium Staphylococcus aureus (eine häufige Ursache von Hautinfektionen) noch vor 50 Jahren sehr empfindlich auf Penicillin. Im Lauf der Zeit haben Stämme dieses Bakteriums jedoch ein Enzym entwickelt, das Penicillin abbauen und damit unwirksam machen kann. Forscher reagierten darauf mit der Entwicklung eines Penicillins, das durch das Enzym nicht abgebaut werden kann, doch nach ein paar Jahren passte sich das Bakterium erneut an und wurde gegen das modifizierte Penicillin resistent. Andere Bakterien haben ebenfalls eine Resistenz gegen Antibiotika entwickelt.

Die medizinische Forschung entwickelt weiterhin Medikamente, die Bakterien bekämpfen. Aber auch Patienten können dabei helfen, der Entwicklung von Resistenzen in Bakterien vorzubeugen, indem sie Folgendes berücksichtigen:

  • Verstehen, dass Antibiotika zur Behandlung von bakteriellen Infektionen und nicht von Virusinfektionen (wie Erkältung oder Grippe) verwendet werden und dass Ärzte bei Virusinfektionen keine Antibiotika verschreiben

  • Antibiotika genau nach Anweisung einnehmen, d. h., mit der richtigen Dosis, mit der verordneten täglichen Häufigkeit und für die vorgegebene Anzahl von Tagen (es ist wichtig, Antibiotika für die gesamte verordnete Anzahl an Tagen einzunehmen, auch wenn sich die Person bereits besser fühlt)

Wussten Sie ...

  • Wenn eine Infektion durch einen Virus ausgelöst wird, ist die Einnahme von Antibiotika sinnlos und kann zur Entwicklung von Resistenzen in Bakterien beitragen.

Anwendungsformen von Antibiotika

Bei schweren bakteriellen Infektionen oder bei Menschen, die keine Nahrung oder Flüssigkeiten bei sich behalten können, werden Antibiotika normalerweise zuerst injiziert (in eine Vene, manchmal aber auch in einen Muskel gespritzt). Sobald die Infektion unter Kontrolle ist, können die meisten Antibiotika oral eingenommen werden.

Bei weniger schweren Infektionen können Antibiotika oftmals von Anfang an oral eingenommen werden.

Der Alterungsprozess im Visier: Antibiotika

Älteren Menschen wird von Ärzten unter Umständen eine niedrigere Dosis als üblich verschrieben, weil die Nierenfunktion dazu neigt, mit fortschreitendem Alter abzunehmen. In solchen Fällen sind die Nieren nicht in der Lage, Antibiotika wirksam auszuscheiden, was das Risiko von Nebenwirkungen erhöht. (Siehe auch Arzneimittel im Alter.)

Ärzte ziehen außerdem die folgenden Faktoren in Betracht:

  • Welche anderen Medikamente ein älterer Patient einnimmt, da Wechselwirkungen ein Risiko darstellen können

  • Ob die Antibiotikaeinnahme komplex und schwer einzuhalten ist

  • Ob eine Person Angehörige oder Betreuungspersonen hat, die ihr dabei helfen können, das Antibiotikum nach Verordnung einzunehmen

  • Ob die Person in einem Pflegeheim lebt, weil verschiedene Bakterien in solchen Situationen Infektionen hervorrufen können

Antibiotika müssen grundsätzlich so lange eingenommen werden, bis die Erreger aus dem Körper ausgeschieden sind; das ist oft erst mehrere Tage, nachdem die Symptome verschwunden sind, der Fall. Wird die Behandlung zu früh abgebrochen, kann dies zu einem Rückfall führen.

Ein Arzt, eine Pflegekraft oder ein Apotheker kann erklären, wie verschriebene Antibiotika eingenommen werden müssen und welche Nebenwirkungen sie haben könnten. Manche Antibiotika müssen auf leeren Magen eingenommen werden. Andere sollten mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Metronidazol, ein gebräuchliches Antibiotikum, verursacht eine unangenehme Reaktion, wenn es mit Alkohol eingenommen wird. Zudem können Antibiotika mit anderen Mitteln, die Patienten einnehmen, in Wechselwirkung treten; das kann dazu führen, dass die Wirksamkeit des Antibiotikums bzw. der anderen Mittel abnimmt oder die Nebenwirkungen zunehmen. Einige Antibiotika machen die Haut empfindlich gegenüber der Sonne.

Einnahme von Antibiotika zur Vorbeugung von Infektionen

Manchmal werden Antibiotika benutzt, um Infektionen vorzubeugen (sogenannte Prophylaxe). Eine Antibiotikaprophylaxe kann zum Beispiel bei folgenden Personen vorgenommen werden:

  • Personen, die Kontakt zu Meningitispatienten haben, um einer Ansteckung vorzubeugen

  • Vor zahnärztlichen oder chirurgischen Eingriffen bei manchen Patienten mit Herzklappenfehlern oder künstlichen Herzklappen, um Bakterien daran zu hindern, die geschädigten oder künstlichen Klappen zu infizieren (denn bei solchen Eingriffen können Bakterien in den Körper eindringen)

  • Patienten, die sich einer Operation unterziehen, die ein hohes Infektionsrisiko mit sich bringt (wie große orthopädische Operationen oder Darmoperationen)

Um die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei Bakterien sowie Nebenwirkungen bei Patienten zu vermeiden, geben Ärzte Antibiotika in der Regel nur für kurze Zeit als Prophylaxe.

Antibiotika können auch Patienten mit geschwächtem Immunsystem verschrieben werden, wie Leukämie-, Chemotherapie- oder AIDS-Patienten, weil diese besonders anfällig für schwere Infektionen sind. Möglicherweise müssen sie Antibiotika über einen langen Zeitraum einnehmen.

Einnahme von Antibiotika während Schwangerschaft und Stillzeit

Im Allgemeinen werden Antibiotika während einer Schwangerschaft nur dann eingesetzt, wenn der Nutzen der Behandlung gegenüber den Risiken überwiegt. Manche Antibiotika sind sicherer als andere. Penicilline, Cephalosporine und Erythromycin gehören zu den sichersten Antibiotika, die während einer Schwangerschaft eingesetzt werden können. Tetracycline werden während der Schwangerschaft nicht eingesetzt. (Siehe auch Drogen- und Medikamentenkonsum während der Schwangerschaft.)

Die meisten Antibiotika gehen in Mengen in die Muttermilch über, die ausreichen, um sich auf das gestillte Kind auszuwirken und können daher manchmal bei stillenden Frauen nicht eingesetzt werden. Manchmal muss man sich entscheiden, ob mit Stillen ausgesetzt oder das Medikament nicht verwendet werden soll.

Wenn sich während der Schwangerschaft oder Stillzeit eine Infektion entwickelt, sollten betroffene Frauen mit ihrem Arzt über die Vorteile und Risiken einer Behandlung sprechen. (Siehe auch Drogen- und Medikamentenkonsum während der Stillzeit.)

Antibiotikatherapie zu Hause

In der Regel werden Antibiotika außerhalb des Krankenhauses oral eingenommen. Manche Infektionen – darunter viele, welche die Knochen (Osteomyelitis) oder das Herz (Endokarditis) betreffen – machen jedoch die intravenöse Gabe von Antibiotika (Verabreichung in eine Vene) über einen längeren Zeitraum nötig, der häufig 4 bis 6 Wochen beträgt. Wenn Patienten nicht unter anderen Erkrankungen, die eine Behandlung im Krankenhaus erfordern, leiden und sich relativ wohlfühlen, können intravenöse Antibiotika auch zu Hause verabreicht werden.

Wenn Antibiotika für längere Zeit verabreicht werden müssen, sind die kurzen Venenkatheter, die in eine kleine Arm- oder Handvene eingeführt werden (wie sie für die meisten Routineverfahren im Krankenhaus eingesetzt werden), unter Umständen ungeeignet. Diese Katheter bleiben nur bis zu 3 Tage liegen. Stattdessen wird eine spezielle Form von Venenkatheter verwendet. Dieser kann wie folgt gesetzt werden:

  • Direkt in eine große Hauptvene, in der Regel am Hals oder im Brustbereich (sogenannter zentraler Venenkatheter)

  • In eine kleine Vene im Arm, von wo aus er in eine große Hauptvene eingeführt wird (sogenannter PICC-Katheter bzw. peripher eingeführter zentralvenöser Katheter)

Manche Geräte zur intravenösen Verabreichung von Antibiotika sind so einfach zu bedienen, dass die Betroffenen und ihre Familienangehörigen lernen können, selbstständig damit umzugehen. In anderen Fällen muss eine Gemeindeschwester ins Haus kommen, um jede einzelne Dosis zu verabreichen. In beiden Situationen werden Patienten sorgfältig beobachtet, um sicherzustellen, dass das Antibiotikum korrekt gegeben wird und mögliche Komplikationen und Nebenwirkungen bemerkt werden.

Wenn Antibiotika zu Hause durch einen Venenkatheter verabreicht werden, erhöht sich das Risiko einer Infektion an der Stelle, an welcher der Katheter eingeführt wurde, sowie das Risiko einer Blutbahninfektion. Folgendes kann auf eine katheterbedingte Infektion hinweisen:

  • Schmerzen, Rötung und Eiterbildung an der Einstichstelle des Katheters

  • Schüttelfrost und Fieber (auch ohne Probleme an der Einstichstelle)

Nebenwirkungen von Antibiotika

Häufige Nebenwirkungen von Antibiotika:

Manche Nebenwirkungen sind relativ schwer und können je nach Antibiotikum die Funktion von Nieren, Leber, Knochenmark oder anderen Organen beeinträchtigen. Manchmal werden Bluttests durchgeführt, um zu bestimmen, ob diese Organe betroffen sind.

Bei manchen Patienten, die Antibiotika einnehmen, insbesondere Cephalosporine, Clindamycin, Fluorchinolone oder Penicilline, kommt es zu einer Colitis, einer Entzündung des Dickdarms (Kolon). Diese Form der Colitis, die sogenannte Clostridioides-difficile-induzierte Colitis, wird von Giftstoffen verursacht, die vom Bakterium Clostridioides difficile (C. diff) ausgeschieden werden. Dieses Bakterium ist gegen viele Antibiotika resistent und vermehrt sich unkontrolliert im Darm, während andere normale Bakterien der Darmflora durch die Antibiotika abgetötet werden. Eine Clostridioides-difficile-induzierte Colitis kann schwer therapierbar und besonders bei älteren Menschen lebensbedrohlich sein.

Allergische Reaktionen auf Antibiotika

Antibiotika können auch allergische Reaktionen hervorrufen. Leichte allergische Reaktionen können sich als juckender Ausschlag oder leichte Atembeschwerden äußern. Schwere allergische Reaktionen (Anaphylaxie) können lebensbedrohlich sein; dabei kann die Kehle zuschwellen, es kommt zu starken Atembeschwerden, und der Blutdruck fällt ab.

Es ist wichtig, dass die Patienten den Arzt darüber informieren, ob sie gegen ein bestimmtes Antibiotikum allergisch sind, und ihre vergangenen Reaktionen beschreiben, wenn sie mit diesem Antibiotikum behandelt werden. Viele Menschen haben Nebenwirkungen bei der Einnahme eines Antibiotikums, aber diese Wirkungen sind in der Regel nicht allergiebedingt (siehe Allergien auf Medikamente). Diese Unterscheidung ist wichtig, da Patienten, die auf ein Antibiotikum allergisch reagieren, nicht erneut mit diesem oder einem eng verwandten Antibiotikum behandelt werden dürfen. Das liegt daran, dass allergische Reaktionen lebensbedrohlich sein können. Patienten, die nur geringe Nebenwirkungen hatten, können jedoch normalerweise artverwandte Medikamente oder sogar dasselbe Medikament wieder einnehmen. Medizinische Fachkräfte können den Stellenwert jeder unangenehmen Reaktion, die Patienten auf ein Antibiotikum zeigen, einschätzen.