Der Prozess des Sterbens

VonElizabeth L. Cobbs, MD, George Washington University;
Karen Blackstone, MD, George Washington University;Joanne Lynn, MD, MA, MS, The George Washington University Medical Center
Überprüft/überarbeitet Okt. 2021
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Eine Prognose ist eine Vorhersage über den möglichen Verlauf und Ausgang einer Krankheit oder die Wahrscheinlichkeit einer Erholung von der Krankheit. Oft sind die Patienten der Ansicht, dass der Arzt weiß, wie lange der Patient noch leben wird. Die Wahrheit ist, dass grundsätzlich niemand weiß, wann ein kranker Mensch sterben wird. Die Angehörigen sollten nicht auf genaue Vorhersagen drängen oder sich auf solche verlassen. Solche genauen Vorhersagen sind oft falsch, weil es sehr viele Faktoren gibt, die darüber entscheiden, wie lange ein Mensch mit einer Krankheit leben kann. Manchmal leben Schwerkranke noch Monate oder Jahre und weitaus länger, als für möglich gehalten wurde. Andere wiederum sterben sehr bald. Wenn ein Sterbender möchte, dass eine bestimmte Person zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ist, sollte diese Person eventuell auf unbestimmte Zeit in der Nähe des Patienten untergebracht werden. Manchmal ist eine Vorhersage über den möglichen Todeszeitpunkt dennoch notwendig. Für eine Hospizunterbringung ist z. B. Voraussetzung, dass dem Patienten nur noch weniger als 6 Monate zum Leben bleiben.

    Statt seinen Arzt zu fragen, wie lange man noch hat oder ob man innerhalb von 6 Monaten sterben wird, ist es vielleicht besser, nach einem Zeitraum zu fragen – die kürzeste und längste mögliche Zeit, die einem voraussichtlich noch bleibt.

    Wussten Sie ...

    • Ärzte können in der Regel nicht genau vorhersagen, wie lange ein kranker Mensch leben wird. Ärzten ist es eher möglich, die verbleibende Lebenszeit des Patienten anzugeben, d. h. den erwarteten günstigsten und ungünstigsten Ausgang, der keine Überraschung wäre.

    Manchmal machen Ärzte ihren Patienten Hoffnung, indem sie von erstaunlichen Heilungen berichten und verschweigen, dass die allermeisten Menschen an dieser Krankheit viel schneller sterben. Sind Ärzte zu optimistisch oder unrealistisch, kann diese „Hoffnung“ von Schwerkranken und ihre Familie eventuell als Irreführung oder Verharmlosung aufgefasst werden. Patienten und ihre Familien haben jedoch Anspruch auf möglichst umfassende Informationen und eine möglichst realistische Prognose. Es ist vielleicht sinnvoll, klar zum Ausdruck zu bringen, dass man realistische Informationen anstelle von übermäßig optimistischen Darstellungen vorzieht.

    Die Symptome verlaufen je nach Krankheit unterschiedlich. Bei manchen Krebskranken lassen Energie, Körperfunktionen und Wohlbefinden beispielsweise oft erst in den letzten ein oder zwei Monaten vor dem Tod deutlich nach. Der Mensch verfällt dann sichtlich, und allen wird klar, dass der Tod naht. Andere Krankheiten, etwa Alzheimer oder Leber- und Nierenversagen, gehen von Beginn an mit einem schrittweisen Abbau der Kräfte einher, jedoch in einem unvorhersehbaren Maße. Schwere Herzerkrankungen und chronische obstruktive Lungenerkrankungen verursachen einen langsamen Abbau der Kräfte mit Episoden, die eine gravierende Verschlechterung der Krankheit markieren. Diesen Episoden folgt oft eine Verbesserung des Zustands, der Tod kommt jedoch häufig nach einer solchen Episode oder Verschlechterung, die innerhalb von wenigen Tagen eintritt, in denen der Patient stabil war.

    Mit einem sterbenden Menschen reden

    Viele Menschen haben Probleme, mit einem Sterbenden offen über den Tod zu reden, weil sie fälschlicherweise annehmen, dass er nicht über den Tod reden möchte oder durch ein solches Gespräch verletzt würde. Patienten mit tödlich verlaufenden Krankheiten geht es häufig besser, wenn ihre Angehörigen weiter mit ihnen sprechen und sie in Entscheidungsprozesse einbinden. Folgende Vorschläge können für die Kommunikation mit einem Sterbenden hilfreich sein:

    • Hören Sie zu, was die Person sagt. Fragen Sie zum Beispiel: „Was denkst du?“, anstatt das Gespräch mit Kommentaren wie „So darfst du doch nicht reden“ abzublocken.

    • Sprechen Sie darüber, was sich der Betroffene nach seinem Tod langfristig für seine Familie vorstellt, und gehen sie dann schrittweise rückwärts, bis sie bei den Ereignissen ankommen, die kurz nach dem Tod eintreten werden. Dieser Ansatz ermöglicht ein einfühlsames Gespräch über Wünsche für die bevorstehende Beerdigung und Unterstützung für geliebte Menschen.

    • Schwelgen Sie gemeinsam mit dem Sterbenden in Erinnerungen, um ihm so zu zeigen, dass Sie sein Leben würdigen.

    • Sprechen Sie weiter mit dem Patienten, auch wenn er selbst nicht mehr dazu in der Lage ist. Andere Kommunikationsformen, z. B. die Hand des Patienten halten, ihn massieren oder einfach in seiner Nähe sein, können sehr angenehm sein.