Nierenarterienstenose und -okklusion

VonZhiwei Zhang, MD, Loma Linda University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet März 2023
Aussicht hier klicken.

Eine Nierenarterienstenose ist eine Abnahme des Blutflusses durch eine der oder beide Hauptnierenarterien oder deren Verzweigungen. Ein Verschluss der Nierenarterien ist eine vollständige Blockierung des Blutflusses durch eine der oder beide Hauptnierenarterien oder deren Verzweigungen. Stenose und Verschluss entstehen in der Regel aufgrund von Thromboembolien, Atherosklerose oder fibromuskulärer Dysplasie. Die Symptome eines akuten Verschlusses sind ständiger stechender Flankenschmerz, Bauchschmerzen, Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Hämaturie. Es kann sich eine akutes Nierenschädigung entwickeln. Eine progrediente chronische Stenose verursacht einen hartnäckigen Hochdruck und kann zu einer chronischem Nierenerkrankung führen. Die Diagnose wird durch bildgebende Verfahren (z. B. CT, Angiographie oder Magnetresonanzangiographie) gestellt. Die Behandlung des akuten Verschlusses besteht in der Gabe von Antikoagulanzien und manchmal Fibrinolytika sowie einer chirurgischen bzw. Katheterembolektomie oder einer Kombination aus beidem. Die Behandlung einer progredienten chronischen Stenose besteht in der Angioplastie mit Stents oder einem chirurgischen Bypass.

Die renale Minderdurchblutung führt zu renovaskulärer Hypertonie, Nierenversagen und – wenn ein kompletter Verschluss auftritt – zu Niereninfarkt und Nierennekrose.

Ätiologie der Nierenarterienstenose und -okklusion

Ein Verschluss kann akut oder chronisch sein. Ein akuter Verschluss tritt in den meisten Fällen einseitig auf. Ein chronischer Verschluss kann ein- oder beidseitig auftreten.

Akuter Nierenarterienverschluss

Die häufigste Ursache ist eine Thromboembolie. Die Emboli stammen aus dem Herzen (aufgrund von Vorhofflimmern, nach Myokardinfarkt oder bei Vegetation infolge einer bakteriellen Endokarditis) oder aus der Aorta (als Atheroemboli). Seltener sind Fett - oder Tumoremboli die Ursache. Eine Thrombose kann spontan in einer Nierenarterie entstehen oder aber nach Trauma, operativem Eingriff, Angiographie oder Angioplastie. Weitere Ursachen eines akuten Verschlusses können die Aortendissektion und Ruptur eines Nierenarterienaneurysmas sein.

Ein rascher Totalverschluss der großen Nierenarterien über 30–60 Minuten führt zur Infarzierung. Der Infarkt ist typischerweise keilförmig ausgebildet und strahlt vom betroffenen Gefäß nach außen aus.

Chronisch progressive Nierenarterienstenose

Über 90% der Fälle werden durch Arteriosklerose verursacht, die meist bilateral ist. Fast 10% der Fälle sind auf fibromuskuläre Dysplasie (FMD) zurückzuführen, die häufig einseitig ist. Weniger als 1% der Fälle sind Folge der Takayasu-Arteriitis, des Kawasaki-Krankheit, der Neurofibromatose vom Typ 1, eines Aortenwandhämatoms oder einer Dissektion der Aorta.

Die Arteriosklerose entwickelt sich primär bei Patienten > 45 Jahre (meistens Männer) und betrifft üblicherweise den Aortenabgang oder das proximale Segment der Hauptnierenarterie. Eine chronische progrediente Stenose wird klinisch erst nach etwa 10 Jahren einer Arteriosklerose dadurch erkennbar, dass eine Nierenatrophie und ein chronisches Nierenversagen entstanden sind.

FMD stellt eine pathologische Verdickung der Arterienwand dar, meist der distalen Hauptarterie oder von intrarenalen Ästen. Die Verdickung neigt dazu, unregelmäßig zu sein und jede beliebige Schicht (aber meistens die Medien) einzubeziehen. Diese Veränderung entwickelt sich hauptsächlich bei jungen Erwachsenen, insbesondere bei Frauen im Alter von 20–50 Jahren. Sie ist häufiger bei Verwandten 1. Grades der Patienten mit FMD und bei Menschen mit dem ACE1-Gen.

Symptome und Anzeichen von Nierenarterienstenose und -verschluss

Die Manifestationen hängen von der Geschwindigkeit, dem Ausmaß, ob sie ein-oder beidseitig auftritt und der Dauer der renalen Minderperfusion ab. Eine Stenose der Nierenarterie bleibt über einen bemerkenswert langen Zeitraum oft asymptomatisch.

Ein akuter, kompletter Verschluss einer der oder beider Nierenarterien verursacht einen gleich bleibenden und stechenden Flankenschmerz, Abdominalschmerzen, Fieber; Übelkeit und Erbrechen. Es können sich eine Makrohämaturie, Oligurie oder Anurie einstellen, eine Hypertonie ist jedoch selten. Nach 24 Stunden entwickeln sich die Symptome und Befunde einer akuten Nierenachädigung. War die Ursache eine Thromboembolie, können Anzeichen einer Thromboembolie an anderen Stellen (z. B. blaue Zehen, Cutis marmorata bzw. Livedo reticularis, retinale Läsionen bei der Fundoskopie) auftreten.

Die chronisch progrediente Stenose verursacht eine Hypertonie, die in einem untypischen Alter auftritt (z. B. vor dem 30. oder nach dem 50. Lebensjahr) und die trotz der Gabe verschiedener Antihypertensiva therapierefraktär ist. Die körperliche Untersuchung kann abdominelle Gefäßgeräusche oder Zeichen einer Arteriosklerose aufdecken. Symptome und Befunde einer chronischen Nierenerkrankung entwickeln sich langsam.

Diagnose der Nierenarterienstenose und -okklusion

  • Klinischer Verdacht

  • Bildgebende Verfahren

Die Verdachtsdiagnose wird bei Patienten mit Nierenversagen gestellt und bei Patienten, die Folgendes haben:

  • Symptome eines akuten Nierenarterienverschlusses

  • Symptome oder Beschwerden von Thromboembolie

  • Hypertonie, die vor dem 30. Lebensjahr beginnt und bei der keine Hypertonie in der Familie vorkommt

  • Schwere oder resistente Hypertonie

  • Ungeklärter Kreatininanstieg und/oder akuter Anstieg des Kreatinins um mindestens 50% nach Verabreichung eines Angiotensin-Converting-Enzym (ACE)-Hemmers oder Angiotensin-II-Rezeptorblockers (ARB)

Es werden Blut- und Urintests durchgeführt, um Nierenversagen zu bestätigen. Die Diagnose wird durch bildgebende Verfahren bestätigt (siehe Tabelle Bildgebende Verfahren zur Diagnose einer Nierenarterienstenose oder eines -verschlusses). Welche Tests durchgeführt werden, hängt von der Nierenfunktion des Patienten sowie anderen Charakteristika und der Verfügbarkeit der Tests ab.

Bei einigen Tests (CT-Angiographie, Arteriographie, digitale Subtraktionsangiographie) ist ein IV zu gebendes, ionisches Röntgenkontrastmittel erforderlich, das nephrotoxisch sein kann. Dieses Risiko ist bei nichtionischen hypoosmolaren oder isoosmolare Kontrastmitteln, die jetzt weit verbreitet sind, geringer (siehe Röntgenkontrastmittel und Kontrastmittelreaktionen). Eine Magnetresonanz-Angiographie (MRA) erfordert den Gebrauch von Gadolinium-Kontrastmitteln. Bei Patienten mit schwerer chronischer Nierenerkrankung, bergen Gadolinium-Kontrastmittel das Risiko einer nephrogenen systemischen Fibrose, eine Krankheit, die einer systemischen Sklerose ähnelt und für die keine befriedigende Behandlungsmethode zur Verfügung steht.

Wenn die Befunde anderer Untersuchungen nicht schlüssig oder negativ sind, aber ein starker klinischer Verdacht besteht, wird zur definitiven Diagnose eine Arteriographie erforderlich. Die Arteriographie kann auch anlässlich einer invasiven Intervention eingesetzt werden.

Tabelle

Bei Verdacht auf eine thromboembolische Störung sind eine Elektrokardiographie (zum Nachweis von Vorhofflimmern) und die Abklärung einer Hyperkoagulabilität erforderlich, um behandelbare Embolieursachen zu identifizieren. Eine transösophageale Echokardiographie wird durchgeführt, um atheromatöse Läsionen in der aufsteigenden und thorakalen Aorta sowie kardiale Thrombenquellen oder valvular vegetations" zu erkennen.

Blut- und Urinuntersuchungen sind nicht diagnosespezifisch, werden aber zur Bestätigung eines Nierenversagens durchgeführt, das durch erhöhte Kreatinin- und Harnstickstoffwerte sowie eine Hyperkaliämie gekennzeichnet ist. Leukozytose, Makro-oder Mikrohämaturie sowie Proteinurie können ebenfalls vorhanden sein.

Behandlung von Nierenarterienstenosen und -okklusion

  • Die Wiederherstellung der vaskulären Durchgängigkeit bei akuten Verschlüssen und wenn Patienten eine refraktäre Hypertonie haben oder die Möglichkeit eines Nierenversagens besteht, bei chronischen Stenosen

Die Behandlung richtet sich nach der Ursache.

Akuter Nierenarterienverschluss

Eine Nierenthromboembolie kann mit einer Kombination aus Antikoagulanzien, Fibrinolytika und chirurgischer bzw. kathetergestützter Embolektomie behandelt werden. Eine innerhalb von 3 Stunden nach Einsetzen der Symptome durchgeführte Therapie kann die Nierenfunktion meist verbessern. Dennoch ist eine vollständige Wiederherstellung ungewöhnlich, und wegen einer zusätzlichen extrarenalen Embolie oder zugrunde liegender arteriosklerotischer Herzkrankheit sind hohe Mortalitätsraten festzustellen (früh und spät).

Diejenigen Patienten, die innerhalb von 3 Stunden behandelt werden, können von einer Therapie mit Fibrinolytika (z. B. Streptokinase, Alteplase) profitieren, die IV oder als örtliche intraarterielle Infusion gegeben wird. Allerdings sind eine solche schnelle Diagnose und Therapie eher selten.

Alle Patienten mit thromboembolischen Störungen benötigen – sofern nicht kontraindiziert – eine Antikoagulation mit IV Heparin. Wenn keine invasive Intervention geplant ist, kann eine Langzeitantikoagulation mit oralem Warfarin zusammen mit Heparin begonnen werden. Nicht-Vitamin K orale Antikoagulantien (z. B. Dabigatran, Apixaban, Rivaroxaban) können bei geeigneten Patienten in Betracht gezogen werden. Die Antikoagulation sollte für mindestens 6–12 Monate beibehalten werden, bei Patienten mit rezidivierenden thromboembolischen Schüben oder einer Hyperkoagulabilitätsstörung sogar unbegrenzt.

Ein chirurgischer Eingriff zur Wiederherstellung der Gefäßdurchgängigkeit hat eine höhere Mortalitätsrate als eine fibrinolytische Therapie und hinsichtlich der Erholung der Nierenfunktion keinen Vorteil. Allerdings wird der chirurgische Eingriff innerhalb der ersten Stunden besonders bei Patienten mit einer traumabedingten Nierenarterienthrombose bevorzugt. Falls sich Patienten mit nichttraumatischem schwerem Nierenversagen nicht innerhalb von 4–6 Wochen unter einer medikamentösen Therapie wieder erholen, ist eine chirurgische Revaskularisierung (Embolektomie) erwägenswert, allerdings hilft sie nur wenigen.

Ist die Ursache eine Thromboembolie, sollte die Quelle identifiziert und entsprechend behandelt werden (tiefe Venenthrombose.

Progrediente chronische Nierenarterienstenose

Eine Revaskularisierung kann bei Patienten in Betracht gezogen werden, die eines oder mehrere der folgenden Kriterien erfüllen:

  • Versagen oder Unverträglichkeit einer medikamentösen Therapie zur Optimierung des Blutdrucks

  • Eine kurze Dauer der Blutdrucksteigung vor der Diagnose der renovaskulären Krankheit

  • Rezidivierendes "Flash"-Lungenödem

  • Ungeklärtes rapides Fortschreiten von Niereninsuffizienz

Die Revaskularisierung erfolgt in der Regel durch perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit Stentimplantation oder durch einen chirurgischen Bypass des stenotischen Abschnitts. Die Operation ist bei einem arteriosklerotischen Verschluss üblicherweise wirkungsvoller als die PTA. Sie heilt oder mildert die Hypertonie bei 60–70% der Patienten. Allerdings wird eine Operation nur in Betracht gezogen, wenn die Patienten komplexe anatomische Läsionen haben, oder wenn die PTA nicht erfolgreich ist, insbesondere bei wiederholten In-Stent-Restenosen. Die PTA wird bei Patienten mit fibromuskulärer Dysplasie bevorzugt; das Risiko ist minimal, die Erfolgsrate hoch und die Restenoserate niedrig.

Renovaskuläre Hypertonie

Für Patienten, die keines der oben genannten Kriterien erfüllen, wird eine medikamentöse Therapie empfohlen. Dies beruht auf den Daten der randomisierten Studien, die gezeigt haben, dass der Nierenarterienstent plus medikamentöse Therapie keinen signifikanten Vorteil gegenüber der medikamentösen Therapie allein in Bezug auf die Verhinderung unerwünschter kardiovaskulärer oder renaler Ereignisse hat. (1). Angiotensin-Converting-Enzym(ACE)-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten können bei einer unilateralen und, wenn die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) sorgfältig überprüft wird, bei einer bilateralen Nierenarterienstenose eingesetzt werden. Diese Arzneimittel können möglicherweise die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) verringern und den Serum-Harnstoff-Stickstoff- und Kreatininwert erhöhen. Häufig sind zusätzliche blutdrucksenkende Medikamente erforderlich.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Cooper CJ, Murphy TP, Cutlip DE, et al: Stenting and medical therapy for atherosclerotic renal-artery stenosis. N Engl J Med 370(1):13-22, 2014. doi: 10.1056/NEJMoa1310753

Wichtige Punkte

  • Nierenarterienstenose oder Verschluss können akut (in der Regel aufgrund von Thromboembolien,) oder chronisch (in der Regel aufgrund von Atherosklerose oder fibromuskulärer Dysplasie) sein.

  • Vermuten Sie einen akuten Verschluss, wenn Patienten ständige stechende Flanken- oder Bauchschmerzen sowie manchmal Fieber, Übelkeit, Erbrechen und/oder Makrohämaturie haben.

  • Vermuten Sie einen chronischen Verschluss bei Patienten, die unerklärlich schweren oder früh einsetzende Bluthochdruck entwickeln.

  • Bestätigen Sie die Diagnose durch vaskuläre Bildgebung.

  • Stellen Sie die Gefäßdurchgängigkeit bei Patienten, die einen akuten Verschluss haben, wieder her sowie bei ausgewählten Patienten (z. B. mit schweren Komplikationen oder refraktärer Erkrankung), die einen chronischen Verschluss haben.

  • ACE-Hemmer und ARB sind zur Kontrolle des Bluthochdrucks bei Patienten mit renovaskulärer Hypertonie wirksam, doch sind häufig zusätzliche Antihypertensiva erforderlich.