Neonatale Hypokalzämie

VonKevin C. Dysart, MD, Nemours/Alfred I. duPont Hospital for Children
Überprüft/überarbeitet März 2021 | Geändert Sep. 2022
Aussicht hier klicken.

Eine Hypokalzämie liegt bei einer Gesamtserumkalziumkonzentration von 8 mg/dl ( 2 mmol/l) bei Reifgeborenen oder 7 mg/dl ( 1,75 mmol/l) bei Frühgeborenen vor. Sie wird auch definiert als ein Spiegel des ionisierten Kalziums von 3,0–4,4 mg/dl ( 0,75–1,10 mmol/l), abhängig von der verwendeten Methode (Elektrodenart). Symptome sind vor allem neurologischer Art und schließen Hypotonie, Apnoe und Tetanie ein. Die Behandlung erfolgt durch p.o. oder IV Kalziumsupplementation.

(Siehe auch allgemeine Diskussion Hypokalzämie.)

Ätiologie der neonatalen Hypokalzämie

Neonatale Hypokalzämie tritt in 2 Formen auf:

  • Früher Beginn (in den ersten 2 Tagen des Lebens)

  • Später Beginn (> 3 Tage), in seltenen Fällen

Einige Kinder mit einem kongenitalen Hypoparathyreoidismus (z. B. bei DiGeorge-Syndrom) mit Agenesie oder Dysgenesie der Nebenschilddrüsen; haben sowohl die frühe als auch die späte (prolongierte) Hypokalzämie.

Frühe Hypokalzämie

Zu den Risikofaktoren für eine frühe Hypokalzämie zählen Frühgeburtlichkeit, SGA,mütterlicher Diabetes mellitus und die perinatale Asphyxie. Die Mechanismen variieren. Normalerweise unterstützt das Parathormon die Aufrechterhaltung eines normalen Kalziumspiegels, wenn die konstante Übertragung ionisierten Kalziums über die Plazenta bei der Geburt unterbrochen wird. Ein transienter relativer Hypoparathyreoidismus kann eine Hypokalzämie bei Frühgeborenen und manchen SGA-Kindern, deren Nebenschilddrüsen noch nicht adäquat funktionieren, sowie bei Säuglingen von Müttern mit Diabetes mellitus oder Hyperparathyreoidismus, da diese Frauen während der Schwangerschaft übernormale Spiegel ionisierten Kalziums haben, verursachen. Im Rahmen einer perinatalen Asphyxie kann es zu einer Erhöhung des Serumkalzitonins kommen, wodurch die Kalziumabgabe der Knochen inhibiert und eine Hypokalzämie verursacht wird. Bei anderen Neugeborenen fehlt die normale phosphaturische Antwort der Niere auf das Parathormon; der erhöhte Phosphat-Pegel führt zur Hypokalzämie.

Späte Hypokalzämie

Die Ursache der späten (late-onset-) Hypokalzämie ist oft die Aufnahme von Kuhmilch oder handelsüblichen Fertignahrungen mit einem zu hohen Phosphatehalt; erhöhte Phosphatwerte führen zur Hypokalzämie.

Symptome und Anzeichen einer neonatalen Hypokalzämie

Symptome einer Hypokalzämie bei Neugeborenen sind selten, es sei denn, der Serumkalziumspiegel liegt bei < 7 mg/dl (< 1,75 mmol/l) oder der des ionisierten Kalziums bei < 3,0 mg/dl (< 0,75 mmol/l). Mögliche Symptome sind Hypotonie, Tachykardie, Tachypnoe, Apnoe, Nahrungsverweigerung, Zittrigkeit, Tetanie und Krampfanfälle. Ähnliche Symptome treten auch bei einer Hypoglykämie und im Opioidentzug auf.

Diagnose der neonatalen Hypokalzämie

  • Gesamter oder ionisierter Serumkalziumspiegel

Die Diagnosestellung einer neonatalen Hypokalzämie erfolgt durch die Bestimmung des gesamten oder ionisierten Serumkalziums; die physiologischere Bestimmung ist die des ionisierten Kalziums, da sich dadurch die Frage nach der Proteinkonzentration und dem pH erübrigt. Auch eine Verlängerung der korrigierten QT-Zeit (QTc) im EKG kann auf eine Hypokalzämie hinweisen.

Behandlung der neonatalen Hypokalzämie

  • Früher Beginn: 10% Kalzium-Glukonat IV

  • Später Beginn: Kalzitriol oder Kalzium p.o.

Die frühe Form der Hypokalzämie normalisiert sich gewöhnlich innerhalb weniger Tage, asymptomatische Neugeborene mit einem Kalziumspiegel > 7 mg/dl (1,75 mmol/l) oder des ionisierten Kalziums > 3,5 mg/dl (0,88 mmol/l) erfordern selten eine Behandlung. Reifgeborene mit Spiegeln von < 7 mg/dl (1,75 mmol/l) und Frühgeborene mit einem Kalziumert < 6 mg/dl (< 1,5 mmol/l) sollten mit 2 ml/kg 10% igem Kalziumglukonat (200 mg/kg) in langsamer IV Infusion über 30 min behandelt werden. Da es bei zu schneller Infusion zu einer Bradykardie kommen kann, ist die Überwachung der Herzfrequenz erforderlich. Auch die Umgebung der IV Kanüle muss wiederholt kontrolliert werden, da durch Infiltration des Gewebes mit einer Kalziumlösung Irritationen mit lokalen Gewebeschäden und Nekrosen möglich sind. Zu den Manifestationen von Kalzium-Infiltration gehören Hautrötung, Verkalkung, Nekrose oder Schorf, es können auch radiale Nervenschädigungen am Handgelenk beobachtet werden.

Nach der Akuttherapie der Hypokalzämie kann Kalziumglukonat in die Erhaltungsinfusionslösung gemischt und kontinuierlich verabreicht werden. Die Anfangsdosis liegt bei 400 mg/kg/Tag Kalziumglukonat und kann bei Bedarf zur Verhinderung eines Rezidivs auf 800 mg/kg/Tag erhöht werden. Sobald die Nahrungsaufnahme oral erfolgt, kann die Nahrung mit der gleichen Tagesgesamtdosis von Kalziumglukonat in Form von 10%igem Kalziumgluconat supplementiert werden. Die Zufuhr von Kalziumgluconat ist in der Regel nur für wenige Tage erforderlich.

Die Behandlung der spät einsetzendenHypokalzämie besteht in der Zugabe von Calcitriol oder zusätzlichem Kalzium zur Säuglingsnahrung, bis normale Kalziumwerte erreicht sind; eine mineralstoffarme Nahrung (einschließlich wenig Phosphat) wie bei Säuglingen mit eingeschränkter Nierenfunktion kann hilfreich sein. Orale Kalziumzubereitungen haben einen hohen Gehalt an Saccharose und können v. a. bei Frühgeborenen zu Durchfall führen.

Wichtige Punkte

  • Hypokalzämie bei Neugeborenen tritt in der Regel innerhalb der ersten beiden Lebenstage auf und wird meistens durch Frühgeburtlichkeit, SGA, mütterlicher Diabetes mellitus oder Hyperparathyroidismus und perinatale Asphyxie verursacht.

  • Bei Neugeborenen kann es zu Hypotonie, Tachykardie, Tachypnoe, Apnoe, Nahrungsverweigerung, Zittrigkeit, Tetanie und Krampfanfällen kommen.

  • Diagnose durch Messung des gesamten oder ionisierten Serumkalziumspiegels; Messung des Glukosespiegels, um Hypoglykämie auszuschließen.

  • Behandeln Sie früh einsetzende Hypokalzämie mit IV 10% Calciumgluconat, gefolgt von einigen Tagen der oralen Kalzium-Supplementierung.