Chronische myeloische Leukämie (CML)

(Chronische granulozytäre Leukämie; chronische myelozytäre Leukämie; chronische myeloische Leukämie)

VonAshkan Emadi, MD, PhD, University of Maryland;
Jennie York Law, MD, University of Maryland, School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Okt. 2023
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Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist Folge einer malignen Transformation und klonalen Myeloproliferation einer pluripotenten Stammzelle und durch eine starke Überproduktion reifer und unreifer Granulozyten charakterisiert. Sie ist initial asymptomatisch und schleichend progredient. Das erste chronische Stadium geht mit unspezifischen Symptomen einher (Schwäche, Appetitverlust, Gewichtsverlust). Es folgt eine akzelerierte Phase oder Blastenphase mit deutlicheren klinischen Zeichen (Splenomegalie, Blässe, Neigung zu Hämatomen und Blutungen, Fieber, Lymphadenopathie sowie Hautveränderungen). Diagnostisch sind der periphere Blutausstrich, die Knochenmarkspunktion und der Nachweis des Philadelphia-Chromosoms. Die Behandlung erfolgt mit Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) wie Imatinib, Dasatinib, Nilotinib, Bosutinib, und Ponatinib, die das Ansprechen deutlich verbessern und das Überleben verlängern. Myelosuppressive Arzneimittel (z. B. Hydroxyharnstoff), Stammzelltransplantation oder Interferon-alpha werden manchmal weiterhin eingesetzt.

(Siehe auch Übersicht über Leukämie.)

Die American Cancer Society schätzt, dass es in den USA im Jahr 2023 etwa 8900 neue Fälle von CML und etwa 1310 Todesfälle geben wird. Das Durchschnittsalter eines Patienten mit CML beträgt 64 Jahre. Das durchschnittliche Lebenszeitrisiko für CML beträgt in den Vereinigten Staaten bei beiden Geschlechtern bei etwa 0,19% (1 von 526 Amerikanern).

Pathophysiologie der CML

Das Philadelphia (Ph)-Chromosom ist in 90 bis 95% der Fälle von chronischer myeloischer Leukämie vorhanden. Das Ph-Chromosom ist das Produkt einer reziproken Translokation zwischen Chromosom 9 und Chromosom 22, t(9;22). Bei dieser Translokation wird ein Stück von Chromosom 9, das das Onkogen ABL enthält, auf Chromosom 22 transloziert und mit dem BCR-Gen fusioniert. Das chimäre Fusionsgen BCR-ABL ist für die Produktion des Onkoproteins bcr-abl-Tyrosinkinase verantwortlich.

Das bcr-abl-Onkoprotein besitzt eine unkontrollierte Tyrosinkinase-Aktivität, die die Zellproliferation dereguliert, die Adhärenz von Leukämiezellen an das Knochenmarkstroma verringert und leukämische Zellen vor dem normalen programmierten Zelltod (Apoptose) schützt.

Die CML entsteht, wenn eine abnorme pluripotente hämatopoetische Progenitorrzelle eine übermäßige Produktion aller Zellen der myeloischen Abstammungslinie initiiert, vor allem im Knochenmark, aber auch an extramedullären Stellen (z. B. Milz, Leber). Obwohl die Granulozytenproduktion dominiert, betrifft der neoplastische Klon auch die Erythrozyten, Megakaryozyten, Monozyten und zum Teil auch T-Zellen und B-Zellen. Die normalen Stammzellen werden unterdrückt, können jedoch nach medikamentöser Suppression des CML-Klons ihre Funktion wiederaufnehmen.

Unbehandelt durchläuft die CML 3 Phasen:

  • Chronische Phase: initiale, indolente Phase, die 5 bis 6 Jahre dauern kann.

  • Akzelerierte Phase: Therapieversagen, Verschlechterung der Anämie, progressive Thrombozytopenie oder Thrombozytose, anhaltende oder sich verschlechternde Splenomegalie, klonale Entwicklung, Zunahme der Basophilen im Blut und der Blasten im Knochenmark oder Blut (bis zu 19%).

  • Blastenphase (Blastenkrise): Akkumulation von Blasten an extramedullären Stellen (z. B. Knochen, Zentralnervensystem, Lymphknoten, Haut); Blastenzunahme von ≥ 20% im Blut oder Knochenmark

Die Blastenphase führt zu fulminanten Komplikationen, die denen von akuten Leukämien gleichkommen, darunter Sepsis und Blutungen. Bei einigen Patienten entwickelt sich die chronische Phase direkt weiter zur Blastenphase.

Symptome und Anzeichen von CML

Etwa 85% der Patienten mit CML befinden sich in der chronischen Phase. Der Krankheitsbeginn ist oft asymptomatisch, und es treten schleichend unspezifische Symptome auf (z. B. Müdigkeit, Schwäche, Appetit- und Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Völlegefühl vor allem im linken oberen Quadranten, Gichtarthritis, Symptome der Leukostase wie Tinnitus, Stupor und Urtikaria), die eine klinische Abklärung erfordern.

Zu Beginn sind Blässe, Blutungen, Neigung zu Hämatomen und Lymphadenopathie nur selten. Häufig (in 60–70% der Fälle) tritt jedoch eine mäßige oder in Einzelfällen auch extreme Splenomegalie auf. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf kann die Splenomegalie zunehmen, und es können Blässe und Blutungen auftreten. Fieber, deutliche Lymphadenopathie und makulopapuläre Hautveränderungen sind prognostisch ungünstige Symptome.

Diagnose von CML

  • Komplettes Blutbild

  • Untersuchung des Knochenmarks

  • Zytogenetische Untersuchungen (Ph-Chromosom)

Eine chronische myeloische Leukämie wird am häufigsten aufgrund eines abnormalen Blutbildes vermutet, das zufällig oder während der Abklärung einer Splenomegalie festgestellt wurde. Die Anzahl der Granulozyten ist erhöht, jedoch bei asymptomatischen Patienten meist < 50.000/mcl (≤ 50 × 109/l); bei symptomatischen Patienten können die Granulozytenwerte zwischen 200.000/mcl (200 × 109/l) und 1.000.000/mcl (1000 × 109/l) liegen. Neutrophilie (ein linksverschobenes Leykozyten-Differential), Basophilie und Eosinophilie sind häufig. Die Thrombozytenzahl ist normal oder mäßig erhöht, und bei einigen Patienten ist die Thrombozytose die erste Manifestation. Der Hämoglobin-Wert beträgt gewöhnlich > 10 g/dl (> 100 g/l).

Eine Überprüfung des peripheren Abstrichs kann helfen, die CML von einer Leukozytose anderer Ätiologie zu unterscheiden. Bei CML zeigt der periphere Ausstrich überwiegend unreife Granulozyten sowie eine absolute Eosinophilie und Basophilie. Bei einigen Patienten mit einer Leukozytenzahl ≤ 50.000/mcl (≤ 50 × 109/l) sogar bei einigen Patienten mit höheren Leukozytenzahlen können unreife Granulozyten jedoch nicht gesehen werden.

Zur Beurteilung des Karyotyps, der Zellularität und dem Grad der Myelofibrose sollte eine Knochenmarkpunktion durchgeführt werden.

Die Diagnose wird durch das Auffinden des Ph-Chromosoms in Proben bestätigt, die mit zytogenetischen oder molekularen Untersuchungen untersucht wurden. Die klassische ph-zytogenetische Anomalie fehlt bei 5% der Patienten, aber die Verwendung von Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) oder Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT) kann die Diagnose bestätigen.

Während der akzelerierten Phase der CML entwickeln sich in der Regel Anämie und Thrombozytopenie. Der Anteil der Basophilen kann bisweilen ansteigen, und es kann eine granulozytäre Reifungsstörung auftreten. Der Anteil der unreifen myeloischen Zellen kann zunehmen. Im Knochenmark kann sich eine Myelofibrose entwickeln, und es können ringförmige Sideroblasten sowie eine Erythrozytenaplasie vorhanden sein, die aufgrund der erhöhten Zellzahl im Knochenmark übersehen werden können. Die Entwicklung des neoplastischen Klons kann mit der Entwicklung neuer abnormer Karyotypen assoziiert sein, häufig ein zusätzliches Chromosom 8, Isochromosom 17q [i(17q)], oder eine Verdopplung von BCR-ABL1.

Die weitere Entwicklung kann zu einer Blastenphase mit Myeloblasten (60% der Patienten), Lymphoblasten (30%), Megakaryoblasten (10%) und seltener mit Erythroblasten führen. Bei 80% dieser Patienten treten zusätzliche Chromosomenanomalien auf.

Behandlung von CML

  • Tyrosinkinase-Inhibitoren

  • Gelegentlich allogene Stammzelltransplantation

Die Behandlung der chronisch-myeloischen Leukämie hängt vom Stadium der Erkrankung ab. In der asymptomatischen chronischen Phase sind TyIn der asymptomatischen chronischen Phase sind Tyrosinkinase-Inhibitoren (z. B. Imatinib, Nilotinib, Dasatinib, Bosutinib, Ponatinib) die erste Wahl bei der Behandlung; sie sind nicht kurativ, aber äußerst wirksam. Tyrosinkinase-Inhibitoren werden manchmal auch in der Beschleunigungs- oder Blastenphase eingesetzt. Die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation ist Patienten mit CML in der Beschleunigungs- oder Blastenphase oder Patienten mit einer Krankheit, die gegen die verfügbaren Tyrosinkinase-Inhibitoren resistent ist, vorbehalten.

Asciminib (Binder für die ABL-Tasche) ist für CML, die zuvor mit zwei oder mehr Tyrosinkinase-Inhibitoren behandelt wurde, oder für CML in der chronischen Phase mit der T315I-Mutation verfügbar.

Mit Ausnahme der Fälle, bei denen eine Stammzelltransplantation erfolgreich durchgeführt werden kann, ist die Behandlung nachweislich nicht kurativ. Tyrosinkinase-Inhibitoren verlängern jedoch das Überleben. Nach Ende der Tryrosinkinase-Inhibitoren-Gabe bleiben einige Patienten in der Remission. Die Dauer dieser Remissionen ist noch nicht bekannt.

Tyrosinkinase-Inhibitoren hemmen das BCR-ABL-Onkogen, das für die Induktion der CML verantwortlich ist. Diese Medikamente sind dramatisch wirksam bei der Erzielung vollständiger hämatologischer und zytogenetischer Remissionen bei Ph-Chromosom-positiver CML (Ph+ CML) und sind anderen Arzneimittelregimen (z. B. Interferon mit oder ohne Cytarabin) deutlich überlegen.

The response to TKI therapy is the most important prognostic factor for patients with CML. Die Reaktion des Patienten wird zu Behandlungsbeginn und dann nach 3 Monaten, 6 Monaten und 1 Jahr gemessen. Die Reaktion kann entweder mit einem molekularen Test (Messung des BCR-ABL-Proteins) oder einem zytogenetischen Test (Messung von Ph+-Chromosomenzellen) beurteilt werden, aber beide werden, wenn immer möglich, empfohlen. Eine wesentliche molekulare Reaktion ist definiert als Blut-BCR-ABL < 1/1000stel (oder weniger) des erwarteten Wertes für unbehandelte CML. Wenn nach 12 Monaten ein deutliches molekulares Ansprechen erreicht ist, kann das Ansprechen alle 3 bis 6 Monate durch quantitative Polymerase-Kettenreaktion des BCR-ABL-Proteins in Echtzeit und zytogenetische Tests überwacht werden.

Selten werden bei CML andere Medikamente zur Linderung eingesetzt. Zu diesen Medikamenten gehören Hydroxyharnstoff, Busulfan und rekombinantes Interferon oder pegyliertes Interferon. Der Hauptvorteil von Hydroxyharnstoff ist die Verringerung der belastenden Splenomegalie und Adenopathie sowie die Kontrolle der Tumorlast, um die Inzidenz von Tumorlyse-Syndrom und Gicht zu reduzieren. Keines dieser Medikamente scheint das Überleben zu verlängern, obwohl Interferon bei etwa 19% der Patienten eine klinische Remission bewirken kann.

Die allogene Stammzelltransplantation wird wegen ihrer Toxizität und wegen der Wirksamkeit von Tyrosinkinase-Inhibitoren selektiv eingesetzt. Die Transplantation ist Patienten mit CML in der Beschleunigungs- oder Blastenphase vorbehalten, die gegen BCR-ABL-Inhibitoren resistent sind. Eine Transplantation kann kurativ sein.

Prognose bei chronischer myeloischer Leukämie (CML)

Mit dem Einsatz von Tyrosinkinase-Inhibitoren beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate heute nach Diagnose der chronischen Phase einer CML > 90%. Vor dem Einsatz von Tyrosinkinase-Inhibitoren starben selbst unter Behandlung 5 bis 10% der Patienten innerhalb von 2 Jahren nach der Diagnose; danach starben jedes Jahr 10 bis 15%. Das mittlere Überleben lag bei 4–7 Jahren. Die meisten Todesfälle (90%) traten infolge einer Blastenphase oder einer akzelerierten Phase auf. Das mediane Überleben in dieser Krankheitsphase betrug 3–6 Monate, konnte jedoch bei Erreichen einer Remission länger sein.

Wichtige Punkte

  • Bei chronischer myeloischer Leukämie (CML) kommt das Philadelphia-Chromosom, t(9;22) vor, das Folge einer chromosomalen Translokation ist.

  • Mithilfe eines peripheren Blutausstrichs (der typischerweise unreife Granulozyten, Basophilie und Eosinophilie aufweist) kann eine CML von Leukozytosen anderer Ursachen (z. B. Leukozytose durch Infektion) unterschieden werden.

  • Tyrosinkinase-Inhibitoren sind extrem wirksam, verlängern das Überleben und können sogar kurativ sein.

  • Die Stammzelltransplantation kann kurativ sein und Patienten helfen, die nicht auf Tyrosinkinase-Inhibitoren ansprechen oder die in eine beschleunigte oder Blastenphase übergehen.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. Leukemia and Lymphoma Society: Informationen für medizinische Fachkräfte: Bietet Informationen über Forschung und klinische Studien sowie Ressourcen für die Überweisung an Fachärzte