Die Katarakt ist weltweit die führende Ursache für eine Erblindung. In den USA haben fast 20% der Menschen im Alter von 65 bis 74 eine Katarakt, die die Sehkraft beeinträchtigt. Fast einer von zwei Menschen, die älter als 75 sind hat grauen Star.
Die Linsentrübung kann an verschiedenen Orten auftreten:
(Entwicklungsbedingte oder kongenitale Katarakt Angeborene Katarakt.)
Ätiologie
Die Katarakt tritt mit zunehmendem Alter auf. Weitere mögliche Risikofaktoren sind folgende:
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Trauma (bewirkt manchmal erst Jahre später Katarakte)
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Rauchen
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Alkoholkonsum
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Exposition gegenüber Röntgenstrahlen
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Wärme aus Infrarot-Belichtung
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Systemische Erkrankungen (z. B. Diabetes)
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Uveitis (Entzündung der Aderhaut)
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Systemische Medikamente (z. B. Kortikosteroide)
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Unterernährung
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Chronische Einwirkung von ultraviolettem Licht
Viele Menschen haben keine anderen Risikofaktoren als das Alter. Eine Katarakt kann angeboren sein und mit zahlreichen Syndromen und Krankheiten assoziiert auftreten.
Die Östrogenverwendung von Frauen nach der Menopause kann schützend sein, aber Östrogen sollte nicht allein für diesen Zweck verwendet werden.
Symptome und Beschwerden
Eine Katarakt entwickelt sich für gewöhnlich langsam über Jahre. Frühe Symptome sind eine Beeinträchtigung des Kontrastsehens (z. B. Halo und Lichkränze um Lichtquellen, keine Photophobie), die Notwendigkeit von mehr Licht, um gut zu sehen, sowie Probleme bei der Unterscheidung zwischen Dunkelblau und Schwarz. Schließlich tritt schmerzfreies Verschwommensehen auf. Der Grad des Verschwommensehens hängt von der Lokalisation und dem Ausmaß der Trübung ab. Doppelbilder oder Geisterbilder treten selten auf.
Mit einer nukleären Katarakt verschlechtert sich die Fernsicht. (Anmerkung der Redaktion: myopisierende Kernkatarkt) Die Nahsicht kann sich in der Anfangsphase aufgrund von Änderungen des Brechungsindex der Linse verbessern; Presbyopie-Patienten können vorübergehend in der Lage sein, ohne Brille zu lesen (second sight).
Eine hintere subkapsuläre Katarakt führt zu einer unverhältnismäßigen Sehbeeinträchtigung, weil die Trübung im Knotenpunkt der in das Auge eintretenden Lichtstrahlen liegt. Diese Katarakt bewirkt eine stärkere Reduktion der Sehschärfe in Miosis (z. B. bei hell erleuchteter Umgebung, beim Lesen). Außerdem ist es die Kataraktform, die am ehesten eine Abschwächung des Kontrastsehens sowie eine Blendungsempfindlichkeit (Halos und Starbursts um Lichter herum) bewirkt, insbesondere durch helles Licht oder Scheinwerfer bei nächtlichen Autofahrten.
In seltenen Fällen schwillt die Katarakt an, drückt die Linse über das trabekuläre Drainagegeflecht und verursacht ein Okklusion und auf diese Weise ein sekundäres Engwinkelglaukom mit Schmerzen.
Diagnose
Die Diagnose erfolgt am besten bei geweiteter Pupille. Fortgeschrittene Katarakte erscheinen als graue, weiße oder gelbbraune Trübungen der Linse. Die Untersuchung des Rotreflexes bei geweiteter Pupille mit einem in 30 cm Abstand gehaltenen Ophthalmoskop deckt normalerweise auch subtile Trübungen auf. Kleine Trübungen sind als dunkle Defekte im Rotreflex zu erkennen. Eine ausgedehnte Katarakt kann den Rotreflex reduzieren oder auslöschen. Die Spaltlampenuntersuchung liefert detaillierte Informationen über Art, Lokalisation und Ausmaß der Trübung.
Behandlung
Häufige Refraktionsmessungen und die entsprechende Anpassung der Brillengläser können während der Kataraktentwicklung eine brauchbare Sehschärfe erhalten. In seltenen Fällen kann eine Langzeitmydriasis (mit Phenylephrin 2,5%, alle 4–8 h) bei kleinen zentralen Linsentrübungen hilfreich sein. (Anmerkung für den deutschsprachigen Raum: ist hier nicht üblich, die Blendempfindlichkeit nimmt durch die dauernde Mydriasis zu) Indirektes Licht beim Lesen verringert die Pupillenverengung und kann die Sehschärfe bei Naharbeiten verbessern.
Übliche Indikationen für eine Operation sind folgende:
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Die bestkorrigierte Sehschärfe mit Gläsern ist schlechter als 20/40 (< 6/12) oder die Sehkraft ist bei blendendem Licht (z. B. schiefe Beleuchtung bei dem Versuch, ein Diagramm zu lesen) auf Grund von lästigen Halos oder Strahlenkränzen deutlich verringert.
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Patienten merken, dass die Sehschärfe begrenzt ist (z. B. durch die Verhinderung von Aktivitäten des täglichen Lebens, wie z. B. Autofahren, Lesen, Hobbies und berufliche Tätigkeiten).
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Die Sehschärfe könnte entscheidend verbessert werden, wenn die Katarakt entfernt wird (d. h. ein wesentlicher Teil des Sehkraftverlustes muss durch die Katarakt verursacht sein).
Weitaus seltenere Indikationen umfassen eine Katarakt, die ein Glaukom verursacht oder die den Einblick auf den Augenhintergund verdunkelt bei Patienten, welche zur Behandlung von Krankheiten wie z. B. der diabetischen Retinopathie und der Makuladegeneration eine regelmäßige Untersuchung des Augenhintergrundes benötigen. Es besteht kein Vorteil darin, die Katarakt frühzeitig zu entfernen.
Kataraktextraktion und Linsenimplantatverfahren
Die Kataraktentfernung wird meistens mittels topischer oder Lokalanästhesie und i.v. Beruhigung durchgeführt. Es gibt 3 Extraktionstechniken:
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Bei der intrakapsulären Kataraktextraktion werden die Katarakt und die Linsenkapsel in einem Stück entfernt; diese Technik wird nur selten angewandt.
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Bei der extrakapsulären Kataraktextraktion wird der harte zentrale Kern in einem Stück und anschließend der weiche Kortex in mehreren kleinen Stücken entfernt.
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Bei der Phakoemulsifikation wird der harte zentrale Kern durch Ultraschall aufgelöst und dann der weiche Kortex in mehreren kleinen Stücken entfernt.
Die Phakoemulsifikation wendet den kleinsten Schnitt an, ermöglicht daher die schnellste Heilung und ist in der Regel das bevorzugte Verfahren. Femtosekunden-Laser können bei refraktiver lasergestützter Kataraktoperation eingesetzt werden, um bestimmte Teile der Katarakt-Operation vor der Phakoemulsifikation durchzuführen. Bei der extrakapsulären Extraktion (einschließlich Phakoemulsifikation) wird die Linsenkapsel nicht entfernt.
Fast immer wird eine Kunststoff- oder Silikonlinse intraokular implantiert, um die Brechkraft der entfernten Linse zu ersetzen. Das Linsenimplantat wird in der Regel auf oder innerhalb der Linsenkapsel (Hinterkammerlinse) eingesetzt. Die Linse kann ebenfalls vor der Iris (Vorderkammerlinse) oder an der Iris und in der Pupille (Iris-Klipp-Linse) eingesetzt werden. Iris-Klipp-Linsen werden in den USA selten verwendet, da viele Modelle häufig zu postoperativen Komplikationen führen. Multifokale Intraokularlinsen sind neuer und haben unterschiedliche Fokussierungsbereiche, die die Abhängigkeit von einer Brille nach der Operation verringern können. Patienten erleben gelegentlich Blendungen mit diesen Linsen, besonders unter schlechten Lichtverhältnissen, und haben zudem Probleme mit einer reduzierten Kontrastempfindlichkeit.
Postoperative Pflege und Komplikationen
In den meisten Fällen werden postoperativ topische Antibiotika und topische Kortikosteroide (z. B. Prednisolon-Acetat 1%, 4-mal täglich 1 Tropfen) ausschleichend über bis zu vier Wochen verabreicht. Antibiotika können auch (intracameral) am Ende der Kataraktoperation in das Auge injiziert werden, mit einem verringerten Bedarf postoperativ an topischen Augentropfen. Mehrere große, kontrollierte Studien zeigen, dass intrakamerale Antibiotika eine postoperative Endophthalmitis verringern (1, 2). Die Patienten tragen beim Schlafen oftmals einen Augenschutz und sollten für mehrere Wochen Anstrengungen wie Valsalva-Manöver, Tragen schwerer Lasten, häufiges Bücken und Augenreiben vermeiden.
Schwere Komplikationen der Kataraktoperation sind selten. Zu Komplikationen gehören die folgenden:
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Intraoperativ: Blutung unter die Retina, die zur Extrusion des Augeninhalts aus dem Wundspalt führt (Expulsive Blutung der Choroidea – sehr selten, kann zu irreversibler Erblindung führen), Glaskörperprolaps aus dem Wundspalt (Glaskörperverlust), Verlagerung von Linsenfragmenten in den Glaskörper, Verbrennungen im Schnittbereich sowie Ablösung des Hornhautendothels und seiner Basalmembran (Descemet-Membran)
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Innerhalb der ersten Woche: Endophthalmitis (Infektion im Auge – sehr selten und kann zu irreversible Erblindung führen) und Glaukom
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Innerhalb des ersten Monats: Zystoides Makulaödem
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Monate später: Bullöse Keratopathie (d. h. Schwellung der Hornhaut aufgrund einer Schädigung der kornealen Endothelzellen während der Kataraktoperation), Ablösung der Retina und Trübung der hinteren Kapsel (sog. Nachstar, häufig, aber behandelbar mit Laser)
Nach der Operation kehrt die Sehkraft zu 20/40 (0,5) oder besser in 95% der Augen zurück, wenn es keine vorbestehenden Erkrankungen wie Amblyopie, Retinopathie, Makuladegeneration und Glaukom gibt. Wird keine Intraokularlinse implantiert, sind Kontaktlinsen oder starke Brillengläser zur Korrektur der postoperativen Hyperopie erforderlich.
Behandlungshinweise
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1.Endophthalmitis Study Group, European Society of Cataract & Refractive Surgeons, Dublin, Irland. Prophylaxe der postoperativen Endophthalmitis nach Kataraktchirurgie: Ergebnisse der ESCRS Multizenterstudie und Identifizierung von Risikofaktoren. J Cataract Refract Surg 2007; 33: 978-988.
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2. Shorstein NH, Winthrop KL, Herrinton LJShorstein NH, Winthrop KL, Herrinton LJ. Verminderte postoperativen Endophthalmitis-Rate nach der Einführung von intrakameralen Antibiotika in einer Augenklinik in Nord-Kalifornien. J Cataract Refract Surg 2013; 39: 8-14.
Prävention
Viele Ophthalmologen empfehlen zur Prävention Brillen oder Sonnenbrillen mit Ultraviolett-Beschichtung. Durch die Reduktion von Risikofaktoren wie Alkohol, Tabak und Kortikosteroiden sowie durch die Kontrolle des Blutzuckers bei Diabetes lässt sich die Ausbildung einer Katarakt hinauszögern. Eine Ernährung reich an Vitamin C, Vitamin A und Carotinoiden (enthalten in Gemüse wie Spinat und Grünkohl) kann einer Katarakt vorbeugen.
Wichtige Punkte
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Modifizierbare Risikofaktoren für die Katarakt umfassen die Exposition mit ultraviolettem Licht, den Konsum von Alkohol, Tabak und systemischen Kortikosteroiden und die unzureichende Kontrolle des Blutzuckers.
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Zu den Symptomen zählen der Verlust des Kontrastsehens, Blendung (Halos und Lichtkränze um Lichtquellen) und schließlich Verschwommensehen.
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Die Diagnose erfolgt bei geweiteter Pupille.
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Die chirurgische Entfernung und Implantation einer Intraokularlinse ist indiziert, wenn die Katarakt zum Verlust des Sehvermögens führt, wodurch Aktivitäten des täglichen Lebens beeinträchtigt sind, lästige Blendung auftritt, oder bestimmte Schweregrade erreicht werden (z. B. bestkorrigierte Sehschärfe schlechter als 20/40 [0,5]).