Risikofaktoren für Nebenwirkungen

VonDaphne E. Smith Marsh, PharmD, BC-ADM, CDCES, University of Illinois at Chicago College of Pharmacy
Überprüft/überarbeitet März 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Viele Faktoren können die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Nebenwirkungen (alle unerwünschten Wirkungen eines Medikaments) erhöhen. Hierzu gehören:

Manche Menschen sind aufgrund erblicher Veranlagung für die toxischen Wirkungen bestimmter Substanzen (einschließlich Medikamenten) empfänglicher als andere. Es wurden verschiedene Gene bestimmt, die einen Einfluss darauf haben, wie der Körper auf Arzneimittel reagiert. Beispielsweise können Unterschiede in bestimmten Genen den Stoffwechsel von Arzneimitteln in der Leber beeinträchtigen, wodurch der Wirkstoffspiegel steigen und die Wahrscheinlichkeit einer Nebenwirkung erhöht sein kann. Die Tests hinsichtlich dieser Unterschiede sind jedoch kompliziert und kommen in der klinischen Praxis noch nicht routinemäßig zum Einsatz.

Bestimmte vorbestehende Erkrankungen können die Resorption von Arzneimitteln, ihre Verstoffwechselung und Ausscheidung sowie die Reaktion des Körpers auf die Arzneimittel (siehe Arzneimittel-Wechselwirkungen: Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Erkrankungen) und somit das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen.

Auf welche Weise die Psyche durch die innere Einstellung, Hoffnung, Glaube an sich selbst und Vertrauen zu den behandelnden Personen Nebenwirkungen beeinflusst, ist nicht ausreichend erforscht.

Mehrfachmedikation

Mehrere Medikamente gleichzeitig einzunehmen, gleich, ob diese rezeptfrei oder verschreibungspflichtig sind, erhöht das Risiko für Nebenwirkungen (siehe Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln). Ihre Anzahl und der Schweregrad steigen unverhältnismäßig stark an, je mehr Arzneimittel angewendet werden. Auch der Konsum von Alkohol, der ebenfalls eine Wirksubstanz ist, erhöht das Risiko. Solche Gefahren lassen sich vermindern, wenn Arzt oder Apotheker in regelmäßigen Abständen überprüfen, welche Medikamente eingenommen werden, und auf dieser Basis passende Empfehlungen geben.

Alter

Säuglinge und Kleinkinder haben ein höheres Risiko für Nebenwirkungen, weil ihre Fähigkeit, Arzneimittel um- und abzubauen, noch nicht vollständig entwickelt ist. Neugeborene beispielsweise können das antibiotische Chloramphenicol nicht verstoffwechseln oder ausscheiden. Deshalb kommt es in der Regel nicht zum Einsatz. Neugeborene, die das Medikament erhalten, können das Grey-Syndrom entwickeln, eine schwerwiegende und oft tödliche Reaktion. Bei Kindern, die in der Zeit der Zahnbildung (bis ungefähr 8 Jahre) das Antibiotikum Tetrazyklin erhalten, kann sich der Zahnschmelz dauerhaft verfärben. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren können am Reye-Syndrom erkranken, wenn sie bei einer Grippe oder bei Windpocken Aspirin erhalten.

Ältere Menschen sind aus mehreren Gründen (siehe Arzneimittel im Alter) einem hohen Risiko von Nebenwirkungen ausgesetzt. Sie tragen ein höheres Risiko gesundheitlicher Probleme und nehmen daher mit höherer Wahrscheinlichkeit verschiedene rezeptpflichtige und rezeptfreie Arzneimittel parallel ein. Mit zunehmendem Alter kann zudem die Leber weniger gut Medikamente verstoffwechseln und die Nieren weniger gut Medikamente ausscheiden, wodurch sich das Risiko für eine Nierenschädigung durch Arzneimittel und für andere Nebenwirkungen erhöht. Diese altersbezogenen Probleme werden oft durch Unterernährung und Dehydration, die mit voranschreitendem Alter häufiger werden, verschlimmert.

Ohnehin reagieren ältere Menschen auf viele Arzneimittel empfindlicher als jüngere. Ältere Menschen erleiden z. B. häufiger Schwindelgefühle, Appetitverlust, Depression, Verwirrung und beeinträchtigte Koordination, was sie einem höheren Sturz- und Knochenbruchrisiko aussetzt. Zu den Medikamenten, die solche Reaktionen hervorrufen, zählen viele Antihistaminika, Schlafmittel, angstlösende Mittel sowie Medikamente gegen Bluthochdruck und Depressionen (siehe die Tabelle Einige Arzneimittel, die bei älteren Menschen sehr wahrscheinlich zu Problemen führen).

Schwangerschaft und Stillzeit

Viele Arzneimittel und Medikamente wie blutdrucksenkende Arzneimittel, z. B. Hemmer des Angiotensin konvertierenden Enzyms (ACE) und Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker (ARB), stellen ein Risiko für die Gesundheit und die normale Entwicklung eines Fötus dar. Soweit möglich sollten Frauen insbesondere während der ersten drei Schwangerschaftsmonate keine Medikamente einnehmen (siehe Einige Arzneimittel, die Probleme während der Schwangerschaft verursachen können). Bei einigen Medikamenten einschließlich ACE-Hemmern und ARBs steigt jedoch das Risiko im zweiten und dritten Trimester der Schwangerschaft. Die Anwendung sämtlicher Medikamente, rezeptfreier Arzneimittel oder von Nahrungsergänzungsmitteln (einschließlich von Heilkräutern) während der Schwangerschaft ist an ärztliche Aufsicht gebunden. Auch Alkohol und Nikotin und illegale Drogen (Kokain und Opioide, wie Heroin) gefährden die Schwangerschaft und den Fötus und sollten daher vermieden werden.

Medikamente und medizinische Kräuter können über die Muttermilch an den Säugling übertragen werden (siehe Medikamenteneinnahme während der Stillzeit). Manche Medikamente sollten von stillenden Frauen nicht eingenommen werden, andere dagegen können unter ärztlicher Aufsicht bedenkenlos angewendet werden. Manche Medikamente schädigen den Säugling gewöhnlich nicht. Allerdings sollten stillende Frauen eine medizinische Fachkraft zurate ziehen, bevor sie Medikamente einnehmen. Soziale und illegale Drogen können einen Säugling schädigen.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. 2019 American Geriatrics Society Beers Criteria® Update Expert Panel: American Geriatrics Society 2019 updated AGS Beers Criteria® for potentially inappropriate dedication use in older adults. J Am Geriatr Soc 2019, 67(4):674-694. doi: 10.1111/jgs.15767

  2. American Association of Poison Control Centers: Zugang zu Informationen über eine Vielzahl von Giftstoffen, eine Notfallhotline (1-800-222-1222) und Tipps zur Vorbeugung.

  3. FDA Adverse Event Reporting System (FAERS): Zugang zu Fragen und Antworten zum Meldesystem für unerwünschte Ereignisse der FDA (FAERS).