Fehlgeburt

(Abort; Schwangerschaftsverlust)

VonAntonette T. Dulay, MD, Main Line Health System
Überprüft/überarbeitet Okt. 2022 | Geändert Dez. 2022
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Kurzinformationen

Unter einer Fehlgeburt versteht man den Verlust eines Kindes vor der 20. Schwangerschaftswoche.

  • Fehlgeburten können aufgrund einer Komplikation beim Fötus (z. B. eine Erbkrankheit oder ein Geburtsfehler) oder bei der werdenden Mutter (z. B. Fehlbildungen der Geschlechtsorgane, Infektionen, Kokain-, Alkohol- und Tabakkonsum oder eine Verletzung) auftreten, wobei die Ursache oftmals unbekannt ist.

  • Vor allem gegen Ende der Schwangerschaft kann es zu Blutungen und Krämpfen kommen.

  • Der Arzt untersucht den Gebärmutterhals und führt gewöhnlich eine Ultraschalluntersuchung durch.

  • Jegliche nach einer Fehlgeburt in der Gebärmutter verbliebenen Rückstände der Schwangerschaft werden entfernt.

Unter Schwangerschaftskomplikationen werden Probleme verstanden, die nur während der Schwangerschaft auftreten. Diese können Auswirkungen auf die Frau und/oder den Fötus haben und können zu verschiedenen Zeitpunkten während der Schwangerschaft auftreten. Die meisten Schwangerschaftskomplikationen können jedoch erfolgreich behandelt werden. Eine Fehlgeburt geht definitionsgemäß mit dem Tod des Fötus einher und kann das Risiko einer Fehlgeburt bei zukünftigen Schwangerschaften erhöhen.

Schätzungsweise 10 bis 15 Prozent der nachgewiesenen Schwangerschaften enden mit einer Fehlgeburt. Noch viel mehr Fehlgeburten verlaufen unbemerkt, da sich die Frauen bis zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft noch gar nicht bewusst waren. Ungefähr 85 Prozent der Fehlgeburten treten in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft auf, und bis zu 25 Prozent aller Schwangerschaften enden in einer Fehlgeburt während der ersten 12 Wochen der Schwangerschaft. Die verbleibenden 15 Prozent an Fehlgeburten ereignen sich in der 13. bis 20. Schwangerschaftswoche.

Die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt ist bei Risikoschwangerschaften höher, insbesondere wenn die Frauen keine angemessene medizinische Versorgung erhalten.

Ursachen einer Fehlgeburt

Bei den meisten Fehlgeburten, die in den ersten 10 bis 11 Wochen der Schwangerschaft auftreten, wird angenommen, dass sie auf eine chromosomale Störung zurückzuführen sind. Manche Fehlgeburten sind das Ergebnis einer Fehlbildung.

Bei Frauen mit einer Krankheit, die das Blut zu schnell gerinnen lässt (z. B. das Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom), kann es zu wiederholten Fehlgeburten (einem sogenannten habituellen Abort) vor der 10. Schwangerschaftswoche kommen.

Für viele der Fehlgeburten zwischen der 13. und 20. Schwangerschaftswoche kann keine Ursache ermittelt werden.

Risikofaktoren (Bedingungen, die das Risiko einer Erkrankung erhöhen) für eine Fehlgeburt umfassen Folgendes:

Eine Rh-Unverträglichkeit (wenn eine schwangere Frau Rh-negatives Blut und der Fötus Rh-positives Blut hat) erhöht ebenfalls das Risiko einer Fehlgeburt.

Ein plötzlicher emotionaler Schock (z. B. nach dem Erhalt schlechter Neuigkeiten) und kleine Verletzungen (z. B. bei Rutsch- und Sturzunfällen) stehen in keinem Bezug zu Fehlgeburten.

Die Sprache des Verlusts verstehen

Unter Umständen verwenden Ärzte den Begriff Abort sowohl für eine Fehlgeburt (Abort) als auch für einen absichtlichen Abbruch der Schwangerschaft. Nach Ablauf von 20 Schwangerschaftswochen spricht man bei der Geburt eines toten Kindes von einer Totgeburt.

Weitere Begriffe für einen Abort sind:

  • Früh: Verlust des Fötus vor der 12. Schwangerschaftswoche

  • Später: Verlust des Fötus zwischen der 12. und 20. Schwangerschaftswoche

  • Schwangerschaftsabbruch: Einleitung eines Aborts durch medizinische Hilfe (Arzneimittel oder operativer Eingriff), z. B. wenn das Leben oder die Gesundheit der Frau gefährdet ist oder der Fötus schwere Abnormitäten aufweist

  • Drohender Abort: Blutungen oder Krämpfe in den ersten 20 Wochen der Schwangerschaft ohne Öffnung (Dilatation) des Gebärmutterhalses

  • Unvermeidbarer Abort: Schmerzen oder Blutungen in den ersten 20 Wochen der Schwangerschaft mit einer Weitung des Gebärmutterhalses zeigen an, dass der Verlust des Kindes bevorsteht

  • Vollständiger Abort: Geschlossener Muttermund nach Ausstoßung des gesamten Fötus und der Plazenta in der Gebärmutter

  • Unvollständiger Abort: Weitung des Gebärmutterhalses und unvollständige Ausstoßung des Gebärmutterinhalts

  • Verhaltener Abort: Verbleiben des toten Fötus in der Gebärmutter

  • Habitueller Abort: Mindestens zwei Fehlgeburten

  • Septischer Abort: Infektion des Gebärmutterinhalts vor, während oder nach einer Fehlgeburt oder eines Schwangerschaftsabbruches

  • Abort: Verlust des Fötus vor der 20. Schwangerschaftswoche

Symptome einer Fehlgeburt

Einer Fehlgeburt gehen gewöhnlich Blutungen oder Schmierblutungen mit hellem oder dunklem Blut voraus. Es kommt zu Kontraktionen der Gebärmutter, die Krämpfe verursachen. Es treten jedoch bei etwa 20 bis 30 Prozent schwangeren Frauen mindestens einmal während der ersten 20 Wochen der Schwangerschaft Blutungen auf. Etwa die Hälfte dieser Episoden endet mit einer Fehlgeburt.

In der Frühschwangerschaft zeigt sich als einziges Symptom vielleicht eine leichte Scheidenblutung. In der Spätschwangerschaft kann es aufgrund einer Fehlgeburt zu starken Blutungen kommen, wobei sich ein Blutschleim oder Blutgerinnsel bilden können. Die Krämpfe nehmen zu, bis die Gebärmutter sich schließlich zusammenzieht und den Fötus und die Plazenta ausstößt. Wenn Fragmente des Fötus oder der Plazenta in der Gebärmutter verbleiben, kann sich eine Infektion entwickeln.

Mitunter stirbt der Fötus ab, ohne dass sich Symptome einer Fehlgeburt zeigen. In solch einem Fall vergrößert sich die Gebärmutter nicht. Selten kommt es vor, während oder nach einer Fehlgeburt zu einer Infektion des toten Gewebes in der Gebärmutter. Eine Infektion der Gebärmutter, die während oder kurz vor oder nach einer Fehlgeburt oder einem Schwangerschaftsabbruch auftritt, wird als febriler Abort bezeichnet.

Wussten Sie ...

  • Viele Fehlgeburten verlaufen unbemerkt, da sich die Frauen zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft noch gar nicht bewusst waren.

  • Es treten bei etwa 20 bis 30 Prozent schwangeren Frauen mindestens einmal während der ersten 20 Wochen der Schwangerschaft Blutungen auf.

Diagnose einer Fehlgeburt

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Ultraschall

  • Bluttests

Bei Blutungen und Krämpfen während der ersten 20 Schwangerschaftswochen wird von einem Arzt geprüft, ob eine Fehlgeburt droht. Eine gynäkologische Untersuchung wird durchgeführt. Der Gebärmutterhals wird untersucht, um herauszufinden, ob sich dieser weitet oder zurückzieht (verstreicht). Ist dies nicht der Fall, muss die Schwangerschaft nicht abgebrochen werden. Öffnet er sich vor der 20. Schwangerschaftswoche, kommt es höchstwahrscheinlich zu einer Fehlgeburt.

In der Regel wird auch eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Durch diese soll ermittelt werden, ob eine Fehlgeburt vorliegt bzw. ob der Fötus noch am Leben ist. Die Ultraschallaufnahmen zeigen auch, ob der Fötus und die Plazenta nach einer Fehlgeburt vollständig ausgestoßen wurden.

Gewöhnlich werden vom Arzt auch Blutuntersuchungen durchgeführt, um ein Hormon zu messen, das von der Plazenta in den ersten Schwangerschaftswochen produziert wird, das humane Choriongonadotropin (hCG). Anhand der Ergebnisse kann festgestellt werden, ob bei einer Frau eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter (ektope Schwangerschaft) vorliegt, die auch Blutungen verursachen kann. Mit diesem Test kann auch festgestellt werden, ob der Fötus am Leben ist, ob es zu einer Fehlgeburt kam und wenn ja, ob noch Teile des Fötus oder der Plazenta nach der Fehlgeburt in der Gebärmutter sind.

Wenn sich die Gebärmutter nicht allmählich vergrößert oder die hCG-Spiegel während der Schwangerschaft nicht wie erwartet ansteigen, vermutet der Arzt einen verhaltenen Abort (Missed Abortion). Das bedeutet, dass der Fötus gestorben ist, aber nicht aus der Gebärmutter ausgestoßen wurde.

Hatte eine Frau mehrere Fehlgeburten, sollte sie zunächst einen Arzt aufsuchen, bevor sie versucht, erneut schwanger zu werden. Der Arzt kann sie auf Fehlbildungen oder anatomische Abweichungen sowie andere Erkrankungen hin untersuchen, die ein erhöhtes Fehlgeburtrisiko darstellen. Er kann dabei z. B. Folgendes vornehmen:

  • Bildgebende Verfahren (z. B. Ultraschall, Hysteroskopie oder Hysterosalpingografie) zum Nachweis anatomischer Abweichungen

  • Bluttests zum Nachweis bestimmter Erkrankungen, wie z. B. Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom, Diabetes, hormonelle Störungen und Schilddrüsenerkrankungen

  • Gentests zum Nachweis von Chromosomenanomalien

Wird die Ursache einer Fehlgeburt bestimmt, kann diese unter Umständen behandelt und eine erfolgreiche Schwangerschaft ermöglicht werden.

Behandlung einer Fehlgeburt

  • Bei einem vollständigen Abort keine Behandlung

  • Bei einem drohenden Abort (Abortus imminens) regelmäßige Beurteilung der Symptome der betroffenen Frau (Beobachtung)

  • Bei unvermeidbaren, unvollständigen oder verhaltenen Schwangerschaftsabbrüchen Beobachtung oder Entfernung des Gebärmutterinhalts

  • Rho(D)-Immunglobulin, wenn die Blutgruppe der Mutter Rh-negativ ist

  • Manchmal Schmerzmittel

  • Emotionale Unterstützung

Wurden Fötus und Plazenta bei einer Fehlgeburt vollständig ausgestoßen, ist keine Behandlung erforderlich.

Wenn der Fötus am Leben und der Gebärmutterhals nicht geöffnet ist (drohender Abort), gibt es keine spezifische Behandlung, aber die Symptome der betroffenen Frau werden von den behandelnden Ärzten regelmäßig beurteilt, z. B. mittels Ultraschalluntersuchungen.

Einige Ärzte raten den Frauen, keinen anstrengenden Aktivitäten nachzugehen und möglichst wenig Zeit auf den Beinen zu verbringen. Jedoch ist es nicht belegt, dass diese Einschränkungen tatsächlich hilfreich sind. Auch wurde nicht belegt, dass der Verzicht auf sexuelle Aktivität förderlich ist.

Wenn nach einer Fehlgeburt etwas Gewebe des Fötus oder der Plazenta in der Gebärmutter verbleibt oder der Fötus stirbt und in der Gebärmutter verbleibt, kann der Arzt eine der folgenden Maßnahmen ergreifen:

  • Hat die Patientin kein Fieber und scheint gesund zu sein, wird sie engmaschig überwacht, um zu sehen, ob die Gebärmutter die verbliebenen Reste ausstößt. Ob dieses Vorgehen sicher ist, hängt davon ab, wie viel Gewebe übrig ist, wie die Gebärmutter auf einem Beckenultraschall aussieht und wann die Fehlgeburt schätzungsweise stattgefunden hat.

  • Vor der 12. Schwangerschaftswoche können die Frauen entweder warten, bis der Schwangerschaftsinhalt von selbst ausgestoßen wird oder sich ein Medikament verschreiben lassen, um den Inhalt der Gebärmutter auszustoßen (Misoprostol, manchmal mit Mifepriston). Alternativ kann der Arzt den Gebärmutterinhalt mittels Dilatation und Kürettage (D und K) mit Absaugung durch einen biegsamen Schlauch entfernen, der durch die Scheide in die Gebärmutter eingeführt wird.

  • Ab der 13. bis zur 24. Schwangerschaftswoche wird der Inhalt der Gebärmutter operativ durch die Scheide entfernt (sogenannte chirurgische Ausräumung mittels Kürettage mit Absaugung).

  • Zwischen der 16. und 23. Woche kann ein Medikament verwendet werden, das die Wehen auslösen kann, sodass der Inhalt aus der Gebärmutter ausgestoßen wird. Zu diesen Medikamenten zählen Oxytocin (wird gewöhnlich später in der Schwangerschaft gegeben) und Misoprostol (wird gewöhnlich früher in der Schwangerschaft verabreicht).

Bevor der Fötus im ersten oder zweiten Trimester operativ entfernt wird, können zunächst natürliche Substanzen zur Öffnung des Gebärmutterhalses verwendet werden, die Flüssigkeiten absorbieren (z. B. Seetangstengel). Alternativ kann der Frau Prostaglandin (ein hormonähnliches Medikament, das die Gebärmutter zur Kontraktion anregt) verabreicht werden, z. B. Misoprostol. Diese Behandlungen erleichtern das Entfernen des Gewebes.

Wird ein Medikament verwendet, muss im Anschluss unter Umständen eine Saugkürettage oder eine Dilatation und Ausschabung durchgeführt werden, um die Reste der Plazenta zu entfernen. Es kann sein, dass die Dilatation und Ausschabung nicht ausgeführt werden kann, da diese eine besondere Ausbildung erfordert.

Bei Bedarf werden Schmerzmittel verabreicht.

Alle Frauen mit Rh-negativer Blutgruppe und einer Fehlgeburt erhalten Rho(D)-Immunglobulin, um einer hämolytischen Komplikation des Fötus (Morbus haemolyticus neonatorum) vorzubeugen. Diese Komplikation wird durch eine Rh-Unverträglichkeit verursacht (wenn eine schwangere Frau Rh-negativ ist, das Kind jedoch Rh-positiv).

Emotionen nach einer Fehlgeburt

Viele Frauen empfinden nach einer Fehlgeburt Gefühle von Trauer, Betrübtheit, Wut, Schuld oder Angst vor einer erneuten Schwangerschaft.

  • Trauer: Trauer über den Verlust ist eine natürliche Reaktion und sollte nicht unterdrückt oder verleugnet werden. Mit einer anderen Person über die Gefühle zu sprechen kann den Frauen dabei helfen, sich mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen und eine neue Perspektive zu gewinnen.

  • Schuldgefühle: Möglicherweise sind die Frauen der Meinung, dass sie etwas getan haben, das die Fehlgeburt verursacht hat. In der Regel ist dies jedoch nicht der Fall. Es kann sein, dass sich die Frauen daran erinnern, ein allgemein verbreitetes frei verkäufliches Arzneimittel im frühen Stadium der Schwangerschaft eingenommen, ein Glas Wein getrunken oder eine beliebige andere alltägliche Sache getan zu haben, bevor sie von ihrer Schwangerschaft erfuhren. Diese Dinge sind so gut wie nie die Ursache einer Fehlgeburt. Die Frauen sollten sich deshalb also keine Vorwürfe machen.

  • Angstgefühle: Frauen, die eine Fehlgeburt hatten, möchten unter Umständen mit ihrem Arzt über die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt in späteren Schwangerschaften sprechen und untersucht werden. Auch wenn eine Fehlgeburt das Risiko erhöht, weitere Fehlgeburten zu haben, können die meisten dieser Frauen erneut schwanger werden und ein gesundes, rechtzeitig geborenes Baby bekommen.

Die Ärzte bieten den betroffenen Frauen Unterstützung und versichern ihnen gegebenenfalls, dass sie an der Fehlgeburt keine Schuld trifft. Eine formelle psychologische Beratung ist selten erforderlich, wird aber Frauen, die dies wünschen, zur Verfügung gestellt. Selbsthilfegruppen können von Nutzen sein.