Hämolytische Erkrankung des Fetus und Neugeborenen

(Fetale Erythroblastose; Rh-Inkompatibilität)

VonAntonette T. Dulay, MD, Main Line Health System
Überprüft/überarbeitet Okt. 2022
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Die hämolytische Erkrankung des Fetus und des Neugeborenen ist eine hämolytische Anämie des Fetus (oder des Neugeborenen als Erythroblastosis neonatorum), die durch transplazentare Übertragung von mütterlichen Antikörpern auf fetale Erythrozyten verursacht wird. Die Erkrankung resultiert gewöhnlich aus einer Unverträglichkeit zwischen mütterlicher und fetaler Blutgruppe, oft Rho(D)-Antigenen. Die Diagnostik beginnt mit einem pränatalen mütterlichen Antigen-Antikörper-Screening und kann auch ein väterliches Screening, eine wiederholte Messung des mütterlichen Antikörpertiters und eine Untersuchung des Feten erforderlich machen. Die Behandlung beinhaltet in manchen Fällen eine intrauterine fetale Transfusion oder eine neonatale Austauschtransfusion. Frauen, die Rh-negativ sind erhalten präventiv eine Injektion von Rho(D)-Immunglobulin.

Eine fetale Erythroblastose resultiert klassischerweise aus einer Rho(D)-Inkompatibilität, die sich entwickeln kann, wenn eine Frau mit Rh-negativem Blut von einem Mann mit Rh-positivem Blut schwanger wird und ein Kind mit Rh-positivem Blut empfängt, führt manchmal zu Hämolyse.

Andere fetomaternale Unverträglichkeiten, die eine fetale Erythroblastose verursachen können, sind Kell-, Duffy-, Kidd-, MNSs-, Lutheran-, Diego-, Xg-, P-, Ee- und Cc-Antigensysteme sowie andere Antigene. Eine Unverträglichkeit der AB0-Blutgruppen verursacht keine fetale Erythroblastose.

Pathophysiologie der hämolytischen Erkrankung des Fetus und Neugeborenen

Fetale Erythrozyten treten normalerweise während der Schwangerschaft durch die Plazenta in den mütterlichen Blutkreislauf ein. Der Übertritt ist zum Zeitpunkt der Geburt oder am Ende der Schwangerschaft am größten. Ein Übertritt großer Mengen (z. B. 10 bis 150 ml) wird als signifikant fetomaternaler Blutung angesehen; dies kann nach einem Trauma und manchmal nach der Entbindung oder Beendigung der Schwangerschaft auftreten. Bei Schwangeren mit Rh-negativem Blut, die einen Fetus mit Rh-positivem Blut tragen, regen die fetalen Erythrozyten die mütterliche Antikörperproduktion gegen Rh-Antigene an. Je stärker die fetomaternale Blutung, desto mehr Antikörper werden produziert. Der Mechanismus ist der gleiche, wenn andere Antigensysteme beteiligt sind; jedoch unterdrückt eine Kell-Antikörper-Inkompatibilität auch direkt die Erythrozytenbildung im Knochenmark.

Andere Gründe für die Bildung mütterlicher Anti-Rh-Antikörper sind Injektion mit Nadeln, die mit Rh-positivem Blut verunreinigt sind, und unbeabsichtigte Transfusion von Rh-positivem Blut.

Während der anfänglichen sensibilisierenden Schwangerschaft entwickeln sich keine Komplikationen; in darauf folgenden Schwangerschaften passieren jedoch die mütterlichen Antikörper die Plazenta und lysieren fetale Erythrozyten, woraus eine Anämie, eine Hypalbuminämie und möglicherweise eine Herzinsuffizienz durch ein vergrößertes Herzzeitvolumen oder der fetale Tod resultieren. Die Anämie stimuliert das fetale Knochenmark zur vermehrten Produktion und Freisetzung unreifer Erythrozyten (Erythroblasten) in den peripheren fetalen Blutkreislauf (fetale Erythroblastose). Hämolyse bedingt bei den Neugeborenen schließlich erhöhte Spiegel von indirektem Bilirubin, was zum Kernikterus führt. Normalerweise verursacht eine Isoimmunisierung bei der Schwangeren keine Symptome.

Diagnose der hämolytischen Erkrankung des Fetus und des Neugeborenen

  • Bestimmung von Blutgruppe und Rh-Faktoren der Mutter und Reflex-Antikörper-Screening

  • Serielle Antikörpertiter-Bestimmung und Blutflussmessungen der A. cerebri media bei Risikoschwangerschaften

  • Zellfreies fötales DNA-Screening

Während der ersten Vorsorgeuntersuchung werden bei allen Frauen die Blutgruppe, der Rhesusfaktor sowie Anti-Rho(D)- und andere Antikörper bestimmt, die als Reaktion auf Antigene gebildet werden und fetale Erythroblastose verursachen können (Reflex-Antikörper-Screening).

Sind die Frauen Rh-negativ und positiv für Anti-Rho(D) oder einen anderen Antikörper, der fetale Erythroblastose verursachen kann, werden Blutgruppe und Zygotie des Vaters bestimmt (bei gesicherter Vaterschaft). Wenn er Rh-negatives Blut hat und negativ für das Antigen ist, das dem Antikörper, der bei der Mutter identifiziert wurde, entspricht, ist kein weiterer Test erforderlich. Wenn er Rh-positives Blut oder das Antigen hat, wird der mütterliche Anti-Rh-Antikörper-Titer gemessen.

Wenn der mütterliche Anti-Rh-Antikörper-Titer positiv ist, aber unter einem laborspezifischen kritischen Wert liegt (in der Regel 1:8 bis 1:32), wird er nach der 20. Schwangerschaftswoche alle 2 bis 4 Wochen gemessen. Wir der kritische Wert überschritten, wird abhängig von der initialen Blutflussmessung und Patientenanamnese in Abständen von 1–2 Wochen der Blutfluss in der fetalen A. cerebri (MCA) media gemessen. Ziel ist es, eine Herzinsuffizienz bei erhöhtem Herzzeitvolumen frühzeitig zu erkennen, die auf ein hohes Anämierisiko hindeutet. Ein erhöhter Blutfluss im Schwangerschaftsalter sollte eine perkutane Nabelschnurblutentnahme und eine intrauterine Bluttransfusion in Betracht ziehen.

Wenn die Vaterschaft gesichert und der Vater wahrscheinlich heterozygot für Rho(D) ist, wird der fetale Rhesusfaktor bestimmt. Wenn fetales Blut Rh-positiv ist oder der Status unbekannt ist und der MCA-Blutfluss erhöht ist, ist eine fetale Anämie wahrscheinlich.

Wenn der Rho(D)-Status unsicher ist, kann ein nichtinvasives zellfreies fötales DNA-Screening von mütterlichem Blut für das RHD-Gen durchgeführt werden. Nichtinvasives Testen anderer Gene (z, RHCE, KEL) ist in Europa verfügbar.

Behandlung der hämolytischen Erkrankung des Fetus und des Neugeborenen

  • Fetale Bluttransfusionen

  • Manchmal Entbindung zwischen der 32.–35. Schwangerschaftswoche

Wenn das fetale Blut Rh-negativ ist oder wenn der MCA-Blutfluss normal bleibt, kann die Schwangerschaft unbehandelt bleiben.

Wenn eine fetale Anämie vermutet wird, kann dem Fetus durch einen Spezialisten in einer Klinik, die für die Betreuung von Hochrisikoschwangerschaften eingerichtet ist, eine intrauterine intravasale Transfusion gegeben werden. Transfusionen treten alle 1 bis 2 Wochen auf, gewöhnlich bis zur 32. bis 35. Schwangerschaftswoche. Während dieser Zeit kann eine Entbindung empfohlen werden, wenn weiterhin Anzeichen einer schweren fetalen Anämie (basierend auf MCA-Blutfluss) vorliegen. Die Frau kann die Geburt fortsetzen, wenn es keine Anzeichen für eine schwere fetale Anämie gibt, die auf dem MCA-Blutfluss beruht. Bei einer Schwangerschaft > 24. Schwangerschaftswoche, möglicherweise > 23. Schwangerschaftswoche, sollten vor der ersten Transfusion Corticosteroide verabreicht werden.

Neugeborene mit einer Erythroblastose müssen sofort von einem Pädiater untersucht werden, damit er über die Notwendigkeit einer Austauschtransfusion entscheiden kann.

Prävention von hämolytischen Erkrankungen des Fetus und des Neugeborenen

Die Vorbeugung besteht darin, der rh-negativen Mutter Rho(D) zu den folgenden Zeiten Immunglobulin zu verabreichen:

  • In der 28. SSW

  • innerhalb von 72 Stunden nach Beendigung der Schwangerschaft

  • Nach einer Episode von Blutungen aus der Scheide

  • Nach Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie

Eine manuelle Plazentalösung sollte vermieden werden, weil dadurch fetale Zellen in den mütterlichen Kreislauf gedrängt werden könnten.

Eine mütterliche Sensibilisierung und Antikörperproduktion durch Rh-Inkompatibilität kann durch eine Gabe von Rho(D)-Immunglobulin an die Patientin verhindert werden. Dieses Präparat enthält hohe Titer von Anti-Rh-Antikörpern, die fetale Rh-positive Erythrozyten neutralisieren. Da der fetomaternale Austausch und die Wahrscheinlichkeit einer Sensibilisierung am Ende der Schwangerschaft am höchsten sind, wird das Präparat 72 Stunden nach Beendigung einer jeglichen Schwangerschaft, sei es durch Geburt, Fehlgeburt oder Behandlung einer Extrauteringravidität, gegeben. Die Standarddosierung beträgt 300 mcg i.m. Um eine bedeutende fetomaternale Blutung auszuschließen, wird z. B. ein Rosetten-Test durchgeführt. Bei positiven Ergebnissen kann ein Kleihauer-Bethke-Test (Säure-Elution) die Menge fetalen Blutes im mütterlichen Kreislauf bestimmen. Wenn der Test darauf hinweist, dass der fetomaternale Bluteinstrom massiv ist (> 30 ml Gesamtblutmenge), sind zusätzliche Injektionen (300 mcg auf je 30 ml des fetalen Gesamtbluts bis zu 5 Dosen innerhalb von 24 Stunden) erforderlich.

Bei ausschließlicher Gabe nach der Entbindung oder am Ende der Schwangerschaft ist eine Behandlung gelegentlich wirkungslos, weil die Sensibilisierung schon in einem früheren Stadium der Schwangerschaft stattfind kann. Daher wird allen Rh-negativen Schwangeren, die bisher keine Sensibilisierung erfahren haben, ungefähr in der 28. Schwangerschaftswoche eine Dosis von Rho(D) Immunglobulin verabreicht. Manche Experten empfehlen eine 2. Dosis, falls es bis zur 40. Schwangerschaftswoche nicht zur Geburt gekommen ist.

Rho(D)-Immunglobulin sollte auch nach jeder Phase einer vaginalen Blutung und nach Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie gegeben werden.

Nach einer Dosis persistieren Anti-Rh-Antikörper > 3 Monate.

Wichtige Punkte

  • Bei der Erythroblastosis fetalis handelt es sich um eine hämolytische Anämie beim Fetus, die durch transplazentare Übertragung von mütterlichen Antikörpern auf fetale rote Blutkörperchen verursacht wird, in der Regel aufgrund einer Inkompatibilität zwischen mütterlichen und fetalen Blutgruppen, häufig Rho(D)-Antigenen.

  • Bei allen schwangeren Frauen sollten Blutgruppe, Rhesusfaktor, Anti-Rho(D)- und andere Antikörper bestimmt werden, die eine fetale Erythroblastose verursachen können.

  • Geben Sie Frauen mit einem Risiko für eine Sensibilisierung Rho(D)-Immunglobulin in der 28. Schwangerschaftswoche, innerhalb von 72 Stunden nach einem Schwangerschaftsabbruch, nach jeder vaginalen Blutung während der Schwangerschaft und nach einer Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie.

  • Liegt ein erhöhtes Risiko vor, werden die Antikörpertitel und der Blutfluss in der A. cerebri media, wenn notwendig, in regelmäßigen Abständen gemessen.

  • Behandeln Sie eine Erythroblastose bei Bedarf mit intrauterinen fetalen Bluttransfusionen und, falls eine schwere fetale Anämie festgestellt wird, mit 32 bis 35 Wochen, abhängig von der klinischen Situation.