Eine pränatale genetische Beratung wird allen Eltern, idealerweise vor Eintritt einer Schwangerschaft, angeboten, um Risikofaktoren für erbliche Erkrankungen festzustellen. Allen Frauen, die eine Schwangerschaft planen, werden bestimmte Vorsichtsmaßnahmen (z. B. Vermeiden von teratogenen Substanzen, Einnahme von Folsäure zur Nahrungsergänzung; Ernährung und Substitutionen empfohlen, um Geburtsfehlern vorzubeugen.) werden allen Frauen empfohlen, die eine Schwangerschaft planen. Eltern mit Risikofaktoren werden über mögliche Folgen und zur Wahl stehende abklärende Untersuchungen informiert. Wenn die Untersuchungen eine Erkrankung erkennen lassen, werden reproduktive Alternativen erörtert.
Vor der Empfängnis stehen zur Wahl:
Nach einer Empfängnis stehen zur Wahl:
Präimplantationsdiagnostik wird verwendet, um genetische Defekte bei Embryonen, die durch in-vitro-Fertilisation gezeugt wurden, zu identifizieren, bevor sie implantiert werden. Diese kann durchgeführt werden, wenn ein Paar ein hohes Risiko für bestimmte Mendelsche Erkrankungen oder Chromosomenanomalien besitzt.
Informationen, die bei einer genetischen Beratung mitgeteilt werden, sollten möglichst einfach, nicht direktiv und frei von Fachausdrücken sein, um auch ängstlich-besorgten Paaren das Verstehen zu erleichtern. Manchmal ist häufiges Wiederholen erforderlich. Dem Paar sollte Zeit zum Alleinsein gegeben werden, um Fragen formulieren zu können. Zu vielen allgemeinen Problemen (z. B. fortgeschrittenes mütterliches Alter, wiederholte Spontanaborte, früherer Nachwuchs mit Neuralrohrdefekten oder Trisomie) erhalten Paare Informationen über das Internet (www.acog.org) )verfügbar. (Anm. d. Red.: Vergleichbare deutsche Internetseiten sind z. B. www.Rund-ums-Baby.de, www.Schwangerschaft.de oder www.eumom.com.)
Viele Paare (z. B. solche mit bekannten oder angenommenen Risikofaktoren) profitieren von einer Überweisung an Genspezialisten, die über allgemeine Informationen und Untersuchungsmöglichkeiten aufklären. Wenn ein fetale Fehlbildung vermutet wird, können die Patienten für die laufende Pflege zu einem Zentrum, das auf Neonatologie spezialisiert ist, überwiesen werden.
Risikofaktoren
In allen Schwangerschaften existiert ein gewisses Risiko für genetische Anomalien. Unter den Lebendgeburten liegt die Inzidenz
Unter den Totgeburten liegen die Raten für Anomalien höher. Die meisten Fehlbildungen, die ein einzelnes Organsystem betreffen (z. B. Neuralrohrdefekte, die meisten angeborenen Herzfehler), beruhen auf polygener oder multifaktorieller (d. h. auch durch Umweltfaktoren beeinflusst) Vererbung.
Für die meisten Paare, die bereits früher einen Fetus oder ein Kind mit einer Chromosomenerkrankung hatten, ist das Risiko, ein Kind mit einer chromosomalen Störung zu bekommen, erhöht, ausgenommen einige wenige Arten (z. B. 45-X-Triploidie, chromosomale Rearrangements). Chromosomenerkrankungen liegen mit größerer Wahrscheinlichkeit vor bei:
-
Feten mit einer großen Fehlbildung (30%; 35 bis 38%, wenn submikroskopische Anomalien enthalten sind)
-
Totgeburten (5%)
In seltenen Fällen hat ein Elternteil eine chromosomale Erkrankung, die das Risiko für eine Chromosomenerkrankung des Feten erhöht. Asymptomatische elterliche Chromosomenerkrankungen (z. B. balancierte Anomalien wie gewisse Translokationen und Inversionen) sind meist nicht zu erkennen. Ein elterliches balanciertes chromosomales Rearrangement sollte vermutet werden, wenn ein Paar wiederholte Spontanaborte, Fertilitätsstörungen oder ein Kind mit einer Fehlbildung hatte.
Die Chance für eine fetale Chromosomenstörung steigt mit steigendem Alter der Mutter, weil das Aufkommen von Nondisjunktion (Versagen, Chromosomen normal zu trennen) während der Meiose ansteigt. Bei den Lebendgeburten liegt die Rate:
Die meisten Chromosomenerkrankungen, die in einem höheren mütterlichen Alter begründet sind, beinhalten ein zusätzliches Chromosom (Trisomie), insbesondere Trisomie 21 (Down-Syndrom). Elterliches Alter > 50 Jahre erhöht für die Nachkommen das Risiko für einige spontane dominante Mutationen, wie z. B. Achondroplasie.
Einige Chromosomenstörungen sind submikroskopisch und somit nicht durch traditionelle Karyotypisierung zu identifizieren. Die submikroskopischen Chromosomenanomalien, auch Kopienzahl-Varianten genannt, treten unabhängig von den altersbedingten Nicht-Disjunktionsmechanismen auf. Die genaue Inzidenz dieser Anomalien ist unklar, aber die Inzidenz ist bei Feten mit strukturellen Anomalien höher. Eine vom Eunice Kennedy Shriver National Institute für Kindergesundheit und -entwicklung (NICHD) gesponserte Multicenterstudie zeigte eine 1% ige Inzidenz klinisch relevanter Kopienzahlvarianten bei Feten mit normalen Karyotypen, unabhängig von der Indikation für die Testung und eine 6% ige Inzidenz bei Feten mit strukturellen Veränderungen Anomalien (1).
Eine autosomal-dominante Erkrankung muss angenommen werden, wenn eine positive Familienanamnese in mehr als einer Generation besteht; autosomale Erkrankungen betreffen Männer und Frauen in gleicher Weise. Hat ein Elternteil eine autosomal-dominante Erkrankung, wird diese mit einem Risiko von 50% auf einen Nachkommen übertragen.
Um eine autosomal-rezessive Erkrankung symptomatisch werden zu lassen, muss ein Nachkomme von beiden Eltern ein mutiertes Gen für die Erkrankung empfangen. Sind die Eltern heterozygot (Überträger), ist ihr klinisches Erscheinungsbild normal. Wenn beide Eltern Überträger sind, tragen die Nachkommen (männlich oder weiblich) ein 25%iges Risiko, für das mutierte Gen homozygot und somit erkrankt zu sein, 50% sind voraussichtlich heterozygot und 25% wahrscheinlich genetisch normal. Wenn nur Geschwister und keine anderen Verwandten erkrankt sind, besteht der Verdacht auf eine autosomal-rezessive Erkrankung. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Eltern dasselbe autosomal-rezessive Merkmal tragen, ist erhöht, wenn sie blutsverwandt sind.
Da Frauen 2 X-Chromosomen und Männer nur eins haben, werden X-chromosomale rezessive Erkrankungen bei allen Männern, die diese Mutation tragen, symptomatisch. Solche Erkrankungen werden normalerweise durch klinisch unauffällige heterozygote Frauen (Konduktorinnen) weitervererbt. Daher beträgt das Risiko, an dieser Erkrankung zu leiden, für jeden Sohn einer Konduktorin 50%, und für jede Tochter ist das Risiko, Konduktorin zu sein, ebenfalls 50%. Erkrankte Männer vererben das Gen nicht an ihre Söhne, aber an alle Töchter, die somit Konduktorinnen sind. Nicht erkrankte Männer vererben das Gen nicht.
Hinweis
-
Wapner RJ, Martin CL, Levy B:Chromosomal microarray versus karyotyping for prenatal diagnosis. N Engl J Med 367:2175-2184, 2012.