Missbrauch von älteren Menschen

(Missbrauch von älteren Erwachsenen)

VonDaniel B. Kaplan, PhD, LICSW, Adelphi University School of Social Work
Überprüft/überarbeitet Apr. 2023
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Missbrauch älterer Menschen äußert sich in körperlicher oder seelischer Misshandlung, Vernachlässigung oder finanzieller Ausbeutung.

Häufige Arten von Missbrauch älterer Menschen sind körperliche Misshandlung, seelische Misshandlung, Vernachlässigung und finanzielle Ausbeutung. Jede From kann absichtlich oder unabsichtlich sein. Polyviktimisierung (gleichzeitiges Auftreten mehrerer Arten von Missbrauch) ist häufig. Die Täter sind oft erwachsene Kinder, aber auch andere Angehörige oder bezahlte oder informelle Pflegepersonen.

Körperliche Misshandlung ist die Ausübung von Zwang, die sich in physischen oder psychischen Verletzungen oder Beschwerden äußert. Dazu gehören Schlagen, Schubsen, Schütteln, Ruhigstellen, Füttern unter Zwang und ungerechtfertigte Verabreichung von Medikamenten. Es können auch sexuelle Übergriffe dazugehören (jede Form von sexueller Intimität ohne Zustimmung oder unter Anwendung bzw. Androhung von Gewalt).

Seelische Misshandlung ist der Einsatz von Worten, Handlungen oder anderen Mitteln, die emotionalen Stress oder Angst verursachen. Sie umfasst Drohungen (z. B. Heimeinweisung), Beleidigungen und harsche Befehle sowie Schweigen und Ignorieren der Person. Dazu gehört auch die Infantilisierung (eine herablassende Form von Altersdiskriminierung, bei der der Täter die ältere Person wie ein Kind behandelt), die die älteren Menschen in eine Abhängigkeit vom Täter treibt.

Vernachlässigung bedeutet das Versäumnis oder die Verweigerung, Lebensmittel, Medikamente, Körperpflege oder andere Notwendigkeiten bereitzustellen; es schließt die Zurückweisung mit ein. Vernachlässigung, die physischen oder psychischen Schaden verursacht, ist als Missbrauch anzusehen.

Finanzieller Missbrauch bedeutet, den Besitz oder die Geldmittel einer Person auszubeuten bzw. sich nicht um diese zu kümmern. Dazu gehören Betrug, Druck auf eine Person, ihre Vermögenswerte zu verteilen, und die verantwortungslose Verwaltung des Geldes einer Person.

Weniger als 20% der Missbrauchsfälle werden gemeldet, und nur etwa 15% der missbrauchten älteren Erwachsenen suchen Hilfe bei Behörden oder Anbietern. Obwohl die tatsächliche Inzidenz unklar ist, scheint der Missbrauch von älteren Menschen eine zunehmende Problematik der öffentlichen Gesundheit in den USA zu sein. Berichten des "National Center on Elder Abuse" zufolge ist einer von zehn älteren Erwachsenen Opfer von körperlicher Misshandlung, seelischer Misshandlung, sexuellem Missbrauch, finanzieller Ausbeutung oder Vernachlässigung. Weltweit sind bis zu 1 von 6 in Gemeinschaftseinrichtungen lebenden Menschen im Alter ≥ 60 Jahren Opfer von Missbrauch (1), und in Langzeitpflegeeinrichtungen ist die Rate noch höher (2). Etwa 12% der älteren Missbrauchsopfer erleben mehrere Arten von Missbrauch (3). Die Misshandlung älterer Menschen ist mit schlechter körperlicher Gesundheit, psychischen Schäden, wiederholten Krankenhausaufenthalten, finanziellem Ruin und vorzeitiger Sterblichkeit assoziiert.

Der Missbrauch nimmt üblicherweise mit der Zeit an Häufigkeit und Schwere zu. Während der COVID-19-Pandemie nahmen die Berichte über die Misshandlung älterer Menschen zu; außerdem waren die Raten der körperlichen und seelischen Misshandlung und die Fälle mehrfacher Misshandlung deutlich höher (4), möglicherweise aufgrund der erhöhten Vulnerabilität der Opfer und der größeren Anzahl von Stressfaktoren und/oder Auslösern, die die Täter aufgrund sozialer Isolation, finanzieller Schwierigkeiten und schlechter psychischer Gesundheit betreffen. Daher müssen Ärzte wachsam bleiben, um ältere Patienten zu identifizieren, bei denen das Risiko einer Misshandlung besteht, und sie müssen geeignete Überweisungen für Interventionen und Beratung bereitstellen.

Allgemeine Literatur

  1. 1. Mikton CR, Beaulieu M, Yon Y, et al: Protocol: Global elder abuse: A mega-map of systematic reviews on prevalence, consequences, risk and protective factors and interventions. Campbell Systematic Reviews 18 (2): e1227. https://doi.org/10.1002/cl2.1227

  2. 2. Yon Y, Mikton CR, Gassoumis ZD. et al: Elder abuse prevalence in community settings: A systematic review and meta-analysis.  Lancet Glob Health 5 (2):e147-e156, 2017. doi: 10.1016/S2214-109X(17)30006-2

  3. 3. Wong JS, Breslau H, McSorley VE, et al: The social relationship context of elder mistreatment  Gerontologist 60 (6):1029–1039, 2020. doi: 10.1093/geront/gnz154

  4. 4. Weissberger GH, Aaron C Lim AC, Mosqueda L, et al: Elder abuse in the COVID-19 era based on calls to the National Center on Elder Abuse resource line. BMC Geriatr 22 (1):689, 2022. doi: 10.1186/s12877-022-03385-w

Risikofaktoren für den Missbrauch älterer Menschen

Für das Opfer bestehen folgende Risikofaktoren für die Misshandlung älterer Menschen

  • Beeinträchtigung aufgrund chronischer Erkrankungen

  • Funktionsbeeinträchtigung

  • Kognitive Beeinträchtigung

  • Kommunikationsschwierigkeiten

  • Soziale Isolation

Für die Täter sind Risikofaktoren Substanzmissbrauch, psychische Störungen, eine Vorgeschichte von Gewalttätigkeit, Stress und Abhängigkeit vom Opfer (inkl. gemeinsame Wohnformen – siehe Tabelle Risikofaktoren für die Misshandlung älterer Menschen).

Tabelle

Diagnose von Missbrauch älterer Menschen

Früherer Missbrauch ist schwer aufzudecken, weil viele Zeichen kaum erkennbar sind und das Opfer oft nicht willens oder in der Lage ist, über den Missbrauch zu sprechen. Die Opfer können aus Scham, Angst vor Vergeltung oder dem Wunsch, den Täter zu schützen, den Missbrauch verbergen. Manchmal, wenn Missbrauchsopfer Hilfe suchen, stoßen sie auf altersdiskriminierende Antworten von medizinischen Fachkräften, die z. B. das Anzeigen des Missbrauch als Verwirrung, Paranoia oder Demenz abtun.

Die soziale Isolation des Opfers macht die Aufdeckung des Missbrauchs von Älteren oft schwierig. Missbrauch erhöht die Isolation tendenziell, weil der Täter oft den Zugang des Opfers zur Außenwelt limitiert (z. B. werden dem Opfer Besuche und Telefonate verweigert).

Symptome und Anzeichen von früherem Missbrauch können fälschlicherweise einer chronischen Erkrankung zugeschrieben werden (z. B. einer Hüftfraktur, die auf eine Osteoporose zurückzuführen ist). Allerdings sprechen die folgenden klinischen Situationen besonders für Missbrauch:

  • Zeitlicher Abstand zwischen einer Verletzung oder Krankheit und dem Aufsuchen ärztlicher Hilfe

  • Diskrepanzen zwischen der Beschreibung des Patienten und der Pflegeperson

  • Verletzungensschwere, die nicht mit der Erklärung der Pflegeperson in Einklang zu bringen ist

  • Nichtplausible oder vage Erklärung der Verletzung durch den Patienten oder die Pflegeperson

  • Häufige Aufenthalte in der Notaufnahme wegen Exazerbationen einer chronischen Erkrankung, obwohl ein entsprechender Behandlungsplan und ausreichende Ressourcen vorhanden sind

  • Abwesenheit der Pflegeperson, wenn sich ein funktionell beeinträchtigter Patient dem Arzt vorstellt

  • Laborbefunde, die nicht zur Vorgeschichte passen

  • Weigerung der Pflegeperson, häusliche Pflege zu akzeptieren (z. B. Besuche einer Krankenschwester) oder den älteren Patienten mit einer medizinischen Fachkraft alleine lassen

Ärzte sollten eine Routineuntersuchung (empfohlen von der American Medical Association) oder ein Routine-Screening auf Misshandlung älterer Menschen (empfohlen von der Joint Commission, dem National Center on Elder Abuse und der National Academy of Sciences) in Betracht ziehen. Routinemäßige Untersuchungen durch Ärzte beruhen auf einem verstärkten Verdacht und beinhalten eine unsystematische Befragung über mögliche Misshandlungen älterer Menschen. Das routinemäßige Screening umfasst die systematische Anwendung von Instrumenten, die in der Primärversorgung validiert wurden, wie z. B. der 6-teilige Elder Abuse Suspicion Index (EASI©). Für das Screening von Latinx-Populationen wurde der Weinberg Center Risk and Abuse Prevention Screen (WC-RAPS) übersetzt und in einer Population spanischsprachiger älterer Erwachsener in den Vereinigten Staaten validiert (1).

Vorgeschichte

Wenn ein früherer Missbrauch vermutet wird, sollte der Patient alleine befragt werden, zumindest zeitweise. Andere beteiligte Personen können auch getrennt befragt werden. Das Patientengespräch kann mit allgemeinen Fragen zur Einschätzung der Sicherheit beginnen, sollte aber auch direkte Fragen über mögliche Misshandlungen beinhalten (z. B. körperliche Gewalt, Fixierungen, Vernachlässigung). Wenn ein Missbrauch bestätigt ist, sollte die Art, die Häufigkeit und die Schwere der Ereignisse ermittelt werden. Die auslösenden Umstände des Missbrauchs (z. B. Alkoholintoxikation) sollten ebenfalls untersucht werden.

Die sozialen und finanziellen Ressourcen des Patienten sollten beurteilt werden, weil sie Managemententscheidungen beeinflussen (z. B. Wohnformen, Einstellen einer professionellen Pflegekraft). Der Untersucher sollte sich erkundigen, ob der Patient Angehörige oder Freunde hat, die in der Lage und bereit sind, zu pflegen, zuzuhören und Unterstützung zu leisten. Wenn die finanziellen Ressourcen ausreichen, aber Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden, sollte der Untersucher den Grund dafür feststellen. Die Beurteilung dieser Ressourcen kann auch dabei helfen, Risikofaktoren für Missbrauch festzustellen (z. B. finanzielle Belastung, finanzielle Ausbeutung des Patienten).

Im Gespräch mit der Pflegeperson aus der Familie sollten Konfrontationen vermieden werden. Der Gesprächsleiter sollte herausfinden, ob die pflegerische Verantwortung für den Angehörigen eine Last ist und ggf. seine schwierige Rolle anerkennen. Die Pflegeperson wird gefragt nach den jüngsten belastenden Ereignissen (z. B. Trauer, finanzielle Belastungen), der Erkrankung des Patienten (z. B. Pflegebedarf, Prognose) und den dokumentierten Ursachen jeder kürzlich erfolgten Verletzung.

In kleinen Gemeinden, einschließlich ländlicher Städte und Stammesgemeinschaften, müssen zusätzliche Verfahren entwickelt werden, um die Vertraulichkeit und den Schutz der Privatsphäre beim Screening und bei der Reaktion auf mutmaßlichen Missbrauch älterer Menschen zu wahren, da Patienten, Missbrauchstäter, Anbieter, medizinisches Personal und Interventionskräfte einander oft bekannt sind. Es wird erwartet, dass die Zusicherung solcher Verfahren während der Befragung die Anzeige der Opfer erleichtert.

Körperliche Untersuchung

Der Patient sollte sorgfältig auf Anzeichen von früherem Missbrauch untersucht werden, und zwar vorzugsweise beim ersten Arztbesuch (siehe Tabelle Zeichen von Missbrauch älterer Menschen). Der Arzt kann die Hilfe eines vertrauenswürdigen Familienmitglieds oder Freundes des Patienten, von staatlichen Diensten zum Schutz Älterer oder gelegentlich auch von Strafverfolgungsbehörden benötigen, um die Pflegekraft oder den Patienten zu ermutigen, die Abklärung zu gestatten. Wenn ein Missbrauch festgestellt oder angenommen wird, ist eine Meldung an die Adult Protective Services in den meisten Staaten obligatorisch.

Tabelle

Der kognitive Status sollte beurteilt werden (siehe Untersuchung des mentalen Status). Kognitive Beeinträchtigung ist ein Risikofaktor für Misshandlungen älterer Menschen und kann die Verlässlichkeit der Vorgeschichte und die Fähigkeit des Patienten, Managemententscheidungen zu treffen, beeinflussen.

Die Stimmung und der emotionale Status sollten beurteilt werden. Wenn sich der Patient deprimiert, beschämt, schuldig, ängstlich, furchtsam oder wütend fühlt, sollten die den Emotionen zugrunde liegenden Überzeugungen erforscht werden. Wenn der Patient familiäre Spannungen oder Konflikte herunterspielt oder rationalisiert oder nur ungern über Missbrauch spricht, sollte der Untersucher feststellen, ob diese Einstellungen mit der Bestätigung oder Zulassung eines Missbrauchs interferieren.

Der funktionelle Status, inkl. der Fähigkeit, den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) nachzugehen, sollte überprüft, und etwaige körperliche Einschränkungen, die den Selbstschutz beeinträchtigen, sollten festgestellt werden. Wenn Hilfe bei den ADL benötigt wird, sollte der Untersucher feststellen, ob die aktuelle Pflegeperson ausreichende emotionale, finanzielle und intellektuelle Fähigkeiten für die Aufgabe mitbringt. Andernfalls muss eine neue Pflegeperson bestimmt werden.

Komorbide Störungen, die durch den Missbrauch verursacht oder verschärft werden, sollten ermittelt werden.

Labortests

Bildgebung und Laboruntersuchungen (z. B. Elektrolyte zu Feststellung des Hydrierungsgrades, Albumin zur Bestimmung des Ernährungsstatus, Medikamentenspiegel, um die Compliance gegenüber den verschriebenen Therapien zu dokumentieren) werden ggf. durchgeführt, um den Missbrauch festzustellen und zu dokumentieren.

Dokumentation

Die Patientenakte sollte einen vollständigen Bericht über tatsächlichen oder vermuteten Missbrauch enthalten, vorzugsweise in den eigenen Worten des Patienten. Nach Möglichkeit sollte eine detaillierte Beschreibung jeder Verletzung einbezogen werden, unterstützt durch Fotos, Zeichnungen, Röntgenbilder und andere objektive Dokumentationen (z. B. Laborwerte). Es sollten konkrete Beispiele dafür dokumentiert werden, wie die Bedürfnisse trotz eines vereinbarten Pflegeplans und ausreichender Ressourcen nicht erfüllt werden.

Diagnosehinweis

  1. 1. Ramirez M, Solomon J, Riquelme M, et al: Development and Spanish translation of the Weinberg Center Risk and Abuse Prevention Screen (WC-RAPS). J Elder Abuse Negl31 (1):38–55, 2019. doi: 10.1080/08946566.2018.1531099 Epub 2018 Nov 8

Behandlung von Missbrauch älterer Menschen

Ein interdisziplinärer Teamansatz (mit Ärzten, Krankenschwestern, Sozialarbeitern, Juristen, Vollzugsbeamten, Psychiatern und anderen Fachkräften) ist unerlässlich. Jede frühere Intervention (z. B. gerichtliche Verfügungen zum Schutz) und der Grund für ihr Scheitern sollte untersucht werden, um die Wiederholung von Fehlern zu vermeiden.

Intervention

Wenn der Patient unmittelbarer gefährdet ist, sollte der Arzt in Absprache mit dem Patienten eine Klinikeinweisung, eine Intervention der Strafverfolgungsbehörden oder eine Umsiedlung in ein sicheres Zuhause in Betracht ziehen. Der Patient sollte über die Risiken und Folgen der einzelnen Optionen informiert werden.

Wenn sich der Patient nicht in unmittelbarer Gefahr befindet, sollten Schritte zur Senkung des Risikos eingeleitet werden, diese sind aber weniger dringlich. Die Wahl der Intervention hängt von der schädlichen Absicht des Täters ab. Wenn ein Familienmitglied z. B. zu viel von einem Medikament verabreicht, weil die ärztlichen Anweisungen missverstanden wurden, kann die einzige nötige Intervention darin bestehen, klarere Anweisungen zu geben. Absichtliche Überdosierung verlangt eine stärkere Intervention.

In der Regel müssen die Interventionen an die jeweilige Situation angepasst werden. Interventionen können sein

  • Medizinische Hilfe

  • Kulturell sensible Aufklärung (z. B. Aufklärung der Opfer über Missbrauch und verfügbare Optionen, Unterstützung bei der Erstellung von Sicherheitsplänen)

  • Trauma-informierte psychologische Unterstützung (z. B. kurz- oder langfristige Psychotherapie für das Opfer und möglicherweise die Familie, um eine Depression und die Rolle bestimmter Traumata im Leben der Person zu behandeln)

  • Strafverfolgung und juristische Interventionen (z. B. Festnahme des Täters, Anweisungen zum Schutz, rechtliche Interessenvertretung inkl. Schutz der Güter)

  • Alternative Unterbringung (z. B. betreutes Wohnen für Senioren, Unterbringung in Pflegeheimen, Schutzeinrichtungen bei Missbrauch)

  • Vermittlung von Diensten, die grundlegende Unterstützung (z. B. Transport, Nahrungsmittelhilfe) bieten und die soziale Isolation verringern

Wenn Opfer zur Entscheidungsbildung fähig sind, sollten sie dazu beitragen, ihre eigene Intervention zu bestimmen. Ist dies nicht der Fall, sollten die meisten Entscheidungen durch das interdisziplinäre Team, idealerweise mit einem gesetzlichen Betreuer oder einem objektiven Pfleger, getroffen werden. Die Entscheidungen basieren auf der Schwere der Gewalt, den früheren Lebensentscheidungen des Opfers und rechtlichen Rahmenbedingungen. Oft gibt es nicht die eine richtige Entscheidung; jeder Fall muss sorgfältig überwacht werden.

Fragen der Krankenpflege und Sozialarbeit

Als Mitglieder des interdisziplinären Teams können Pflegekräfte und Sozialarbeiter dazu beitragen, die Misshandlung älterer Menschen zu verhindern und ihre Ergebnisse zu überwachen. Eine Krankenschwester, ein Sozialarbeiter oder beide können als Koordinatoren bestellt werden, um zu gewährleisten, dass relevante Informationen genau aufgezeichnet, wichtige Beteiligte kontaktiert und informiert werden und dass die notwendige Pflege 24 Stunden am Tag verfügbar ist.

Eine berufsbegleitende Fortbildung zum Thema Missbrauch von älteren Menschen sollte für alle Krankenschwestern und Sozialarbeiter einmal jährlich angeboten werden. In einigen Staaten ist die Fortbildung zum Thema Kindesmissbrauch verpflichtend für die Zulassung als Arzt, Krankenpflegepersonal und Sozialarbeiter. Allerdings ist eine vorgeschriebene professionelle Ausbildung in Bezug auf Gewalt gegen ältere Menschen in nur wenigen Staaten etabliert.

Berichterstattung

Alle Staaten verlangen, dass vermuteter oder bestätigter Missbrauch in einem Heim gemeldet werden muss, und die meisten Staaten fordern, dass häuslicher Missbrauch ebenfalls zu berichten ist. Alle amerikanische Bundesstaaten haben Gesetze zum Schutz und zur Erlangung von Dienstleistungen für gefährdete, nicht handlungsfähige oder behinderte Erwachsene.

In > 75% der amerikanischen Bundesstaaten ist festgelegt, dass die Behörde, die Berichte über Missbrauch erhält, das State Social Service Department ist (Adult Protective Services). In den übrigen Staaten ist die entsprechende Behörde die State Unit on Aging. Für Missbrauch innerhalb einer Institution sollte die lokale Ombudsstelle für Langzeitpflege kontaktiert werden. Telefonnummern dieser Agenturen und Büros in allen Teilen der USA sind telefonisch beim Eldercare Locator (800-677-1116 oder www.eldercare.gov) oder dem National Center on Elder Abuse (855-500-3537 oder www.ncea.acl.gov) zu bekommen bei Angabe des Landkreises und des Wohnorts des Patienten bzw. der Postleitzahl. Medizinische Fachkräfte sollten die Gesetze und Verfahren der Berichterstattung in ihren Staaten kennen.

Angelegentheiten der Pflegekräfte

Pflegepersonen einer körperlich oder kognitiv beeinträchtigten älteren Person können nicht in der Lage sein, eine angemessene Versorgung zu erbringen, oder sie können nicht erkennen, dass ihr Verhalten manchmal an Missbrauch grenzt. Diese Pflegepersonen können so in ihrer pflegerischen Rolle eingebunden sein, dass sie sozial isoliert werden und ihnen ein objektiver Bezugsrahmen fehlt, der eine normale Pflege ausmacht. Die schädlichen Auswirkungen der Belastung von Pflegepersonen, inkl. Depression und Zunahme von Stresserkrankungen, und ein schrumpfendes soziales Netzwerk sind gut dokumentiert. Ärzte müssen Pflegepersonen auf diese Auswirkungen hinweisen. Dienstleistungen zur Unterstützung von Pflegepersonen umfassen Tagespflege von Erwachsenen, Atempause-Programme und häusliche Pflege. Familien sollten für solche Dienste an die Seniorenbetreuung (800-677-1116 oder www.eldercare.gov) oder die the National Association of Area Agencies on Aging (202-872-0888 oder HealthinAging.org) geleitet werden.

Prognose für Missbrauch älterer Menschen

Für ältere Missbrauchsopfer besteht ein hohes Risiko für schwerwiegende negative Folgen wie vorzeitige Sterblichkeit, Depressionen, schlechte psychische Gesundheit, psychologische Probleme, Angstzustände und Suizidgedanken (1). Bei in der Gemeinschaft lebenden Erwachsenen im Alter von über 65 Jahren, die wegen Misshandlung, Ausbeutung oder Vernachlässigung an Schutzdienste verwiesen wurden, scheint Misshandlung unabhängig davon eine niedrigere Überlebensrate vorherzusagen als bei altersgleichen Kontrollpersonen.

Hinweis zur Prognose

  1. 1. Yunus RM, Hairi NN, Choo, WY: Consequences of elder abuse and neglect: A systematic review of observational studies. Trauma Violence Abuse 20 (2):197–213, 2019. doi: 10.1177/1524838017692798 Epub 2017 Feb 22.       

Prävention von Missbrauch älterer Menschen

Ein Arzt oder eine andere medizinische Fachkraft kann die einzige Person sein, mit der ein Missbrauchsopfer, abgesehen vom Täter, Kontakt hat, daher sollte er bzgl. Risikofaktoren und Anzeichen von Misshandlung wachsamsein. Hochrisikosituationen zu erkennen, kann Missbrauch von Menschen verhindern–wenn z. B. ein gebrechlicher oder kognitiv beeinträchtigter Mensch von jemandem mit einer Vorgeschichte mit Drogenmissbrauch, Gewalttätigkeit, einer psychischen Störung oder Pflegestress betreut wird. Ärzte sollten besonders aufmerksam sein, wenn ein gebrechlicher älterer Mensch (z. B. eine Person mit einem kürzlich stattgehabten Schlaganfall oder einer neu diagnostizierten Erkrankung) in eine prekäre häusliche Umgebung entlassen wird. Die Ärzte sollten auch bedenken, dass Täter und Opfer keine Stereotypen sind.

Ältere Menschen sind oft einverstanden, ihr Zuhause mit Angehörigen zu teilen, die ein Drogen- oder Alkoholproblem oder schwere psychische Störungen haben. Ein Angehöriger kann von einer psychiatrischen oder einer anderen Institution in das Haus einer älteren Person entlassen werden, ohne dass er auf ein Missbrauchsrisiko überprüft wurde. Ärzte sollten deshalb Patienten beraten, wenn sie solche Wohnformen in Betracht ziehen, v. a. dann, wenn die Beziehung in der Vergangenheit angespannt gewesen war.

Weitere Überlegungen sollten für das Screening und die Einstellung von Helfern für zuhause erfolgen, sowohl durch formale Service-Agenturen als auch durch informelle private Vorkehrungen. Ein kleiner, aber doch bedeutender Anteil der Patienten, die häusliche Pflege in Anspruch nehmen, berichtet von Diebstahl, Vernachlässigung oder Misshandlung. Screening und Ausbildung für solche Arbeitnehmer können helfen, eine schlechte Behandlung zu verhindern.

Die Patienten können ihr Missbrauchsrisiko auch aktiv verringern (z. B. durch Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen, durch Verstärkung von gesellschaftlichen Kontakten und von Kontakten innerhalb der Gemeinde). Sie sollten juristische Beratung suchen, bevor sie Dokumente unterzeichnen, die damit zusammenhängen, wo sie leben oder wer finanzielle Entscheidungen für sie trifft.

Weitere Informationen

Die folgenden englischsprachigen Quellen können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MSD-Manual nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.

  1. National Center on Elder Abuse (CEA): Publications: Auf dieser Website finden Sie Informationen über die Arbeit im Bereich der Prävention von Misshandlungen älterer Menschen, einschließlich Veröffentlichungen über Erwachsenenschutzdienste, Vormundschaft und Pflegschaft, Gesetze und Rechtsvorschriften, kulturelle Fragen sowie Schulung und berufliche Weiterbildung.

  2. Levin MK, Reingold D, Solomon J: Elder abuse shelter programs: From model to movement. In diesem Artikel werden die besten Praktiken für die Einrichtung von Schutzräumen für ältere Menschen erörtert, die ein wesentlicher Bestandteil der Betreuung von Menschen mit Missbrauchserfahrungen sind. Der Artikel beschreibt auch die Bestandteile eines effektiven Schutzraums.