Hyperhidrose

VonShinjita Das, MD, Harvard Medical School
Überprüft/überarbeitet Apr. 2022
Aussicht hier klicken.

Die Hyperhidrose ist die exzessive Sekretion von Schweiß, kann fokal oder diffus vorliegen und hat zahlreiche Ursachen. Das Schwitzen der Achselhöhlen, Handflächen und Fußsohlen ist meist eine normale Reaktion aufgrund von Stress, Bewegung oder Umweltwärme; diffuses Schwitzen ist normalerweise idiopathisch, sollte aber bei Patienten mit kompatiblen Befunden den Verdacht auf Krebs, Infektionen oder endokrine Erkrankungen wecken. Die Diagnose ist offensichtlich, wobei Untersuchungen hinsichtlich der Grunderkrankung indiziert sein können. Zu den Behandlungen gehören topisches Aluminiumchlorid, Leitungswasser-Iontophorese, Glycopyrroniumtosylat-Tücher, orales Glykopyrrolat oder Oxybutynin, Botulinumtoxin, ein Mikrowellen-basiertes Gerät und im Extremfall eine Operation.

(Siehe auch Einführung zu krankhaft vermehrter Schweißbildung.)

Ätiologie der Hyperhidrose

Eine Hyperhidrose kann fokal oder generalisiert sein.

Fokales Schwitzen

Emotionale Ursachen sind häufig und verursachen eine vermehrte Schweißsekretion an den Handflächen und Fußsohlen, in den Axillae sowie auf der Stirn, meist bei Angst, Aufregung oder Ärger. Möglich ist auch ein generalisiert erhöhtes stressbedingtes sympathisches Niveau. Schwitzen ist auch während des Trainings und in heißen Umgebungen üblich. Während diese Form des Schwitzens eine normale Körperreaktion ist, sezernieren Patienten mit Hyperhidrose exzessiv Schweiß auch unter Bedingungen, die bei den meisten Menschen kein Schwitzen auslösen würden.

Gustatorisches Schwitzen (Schwitzen als Reaktion auf oder in Erwartung von Essen) kann eine Reihe von Ursachen haben; meistens ist die Ursache jedoch unbekannt. Schwitzen im Bereich der Lippen und des Mundes kann zum Beispiel auftreten, wenn man scharf gewürzte oder heiße Speisen und Getränke zu sich nimmt. Pathologische Ursachen sind diabetische Neuropathie, Gesicht Herpes zoster, Invasion des zervikalen sympathischen Ganglions, Verletzung oder Krankheit des zentralen Nervensystems oder Verletzung der Ohrspeicheldrüse. Das Frey-Syndrom ist eine neurologische Erkrankung, die auf eine Verletzung der Ohrspeicheldrüsen infolge einer Operation, einer Infektion oder eines Traumas zurückzuführen ist. Das Frey-Syndrom zerstört den Nervus auriculotemporalis mit nachfolgender unangemessener Regeneration der Parotisparasympathikusfasern in sympathische Fasern, die lokale Schweißdrüsen in der Haut innervieren, wo die Verletzung stattgefunden hat. Infolgedessen lösen die fehlgeleiteten parasympathischen Fasern (die normalerweise den Speichelfluss als Geschmacksreaktion auslösen) nun stattdessen sympathische Fasern aus, die eine (unangemessene) Rötung und Schwitzen der präaurikulären Wange verursachen.

Andere Ursachen einer fokal vermehrten Schweißsekretion sind das prätibiale Myxödem (Schienbeine), die hypertrophe Osteoarthropathie (Handflächen) das Blue-rubber-bleb-nevus-Syndrom, der Glomustumor (über den Läsionen). Als kompensatorisches Schwitzen wird die intensive Schweißsekretion nach Sympathektomie bezeichnet.

Generalisiertes Schwitzen

Generalisiertes Schwitzen betrifft den überwiegenden Teil der Körperoberfläche. Obwohl die meisten Fälle idiopathisch sind, können zahlreiche Bedingungen beteiligt sein (siehe Tabelle Einige Ursachen für generalisiertes Schwitzen).

Tabelle

Symptome und Zeichen der Hyperhidrose

Schwitzen tritt oft während der Untersuchung auf, manchmal in extremem Ausmaß. Die Kleidung kann eingeweicht und Handflächen oder Fußsohlen können mazeriert und rissig sein.

Eine Hyperhidrose ist oft emotional belastend für die Patienten und Anlass für sozialen Rückzug. Die Haut von Handflächen und Fußsohlen wirkt oft blass.

Diagnose der Hyperhidrose

  • Anamnese und Untersuchung

  • Jod- und Stärke-Test

  • Tests zur Identifikation der Ursache

Hyperhidrose kann primär oder sekundär zu einer Grunderkrankung sein. Es wird aufgrund von Anamnese und Untersuchung diagnostiziert, kann aber mit dem Jod- und Stärke-Test bestätigt werden. Für diesen Test wird Jodlösung auf die betroffene Stelle aufgetragen und trocknen gelassen. Anschließend wird Maisstärke auf die Stelle gestreut, durch die schwitzende Bereiche dunkel erscheinen. Der Test ist nur zur Ermittlung der Foci mit vermehrter Schweißekretion (wie beim Frey-Syndrom oder um den Bereich festzulegen, der chirurgisch oder mit Botulinumtoxin behandelt werden soll) sowie semiquantitativ zur Kontrolle des Therapieerfolges nötig. Asymmetrie des Schwitzmusters deutet auf eine neurologische Ursache hin.

Labortests zur Identifizierung einer Ursache der Hyperhidrose werden von den anderen Symptomen des Patienten geleitet und können z. B. komplettes Blutbild zum Nachweis von Leukämie, Serumglukose zum Nachweis von Diabetes und Schilddrüsen-stimulierendes Hormon zum Screening auf Schilddrüsenfunktionsstörungen beinhalten.

Behandlung der Hyperhidrose

  • Aluminiumchloridhexahydrat-Lösung

  • Topisches Glycopyrroniumtosylat

  • Leitungswasseriontophorese

  • Orale Anticholinergika

  • Orales Clonidin

  • Botulinumtoxin Typ A

  • Mikrowellen-basiertes Gerät

  • Operative Eingriffe

Initial werden fokal und generalisiert vermehrte Schweißsekretion gleich behandelt.

Zur topischen Behandlung der axillären, palmaren und plantaren Schweißsekretion ist eine 6- bis 20%ige Lösung von Aluminumchlorid-Hexahydrat (ein Antitranspirant) in absolutem Ethylalkohol indiziert, wobei diese Zubereitung verschreibungspflichtig ist. Die Lösung fällt Salze aus, die die Schweißkanäle verstopfen. Sie ist am wirksamsten, wenn sie nächtlich angewendet wird und sollte morgens abgewaschen werden. Gelegentlich wird vor dem Auftragen ein Anticholinergikum eingenommen, damit das Aluminiumchlorid nicht durch den Schweiß ausgewaschen wird. Initial muss die Behandlung mehrmals wöchentlich erfolgen, um die Symptome einzudämmen, anschließend folgt eine Erhaltungstherapie mit ein- bis zweimal wöchentlicher Anwendung. Bei Hautreizungen durch die Anwendung unter Okklusion sollte ein Versuch ohne Okklusion erfolgen. Die Lösung sollte nicht auf entzündete, verletzte, nasse oder kürzlich rasierte Haut aufgetragen werden. In leichteren Fällen lässt sich oft durch hochkonzentrierte Aluminiumchloridlösungen auf Wasserbasis eine Linderung erreichen.

Glycopyrroniumtosylat (ein Anticholinergikum) 2,4% Stofftücher können zur Behandlung der primären axillären Hyperhidrose bei Menschen ab 9 Jahren verwendet werden (1). Vorsicht ist bei Patienten geboten, die sensibel auf anticholinerge Arzneimittelwirkungen reagieren.

Die Leitungswasseriontophorese, bei der mittels elektrischem Strom Salzionen in die Haut eingebracht werden, ist für Patienten geeignet, die nicht auf die topische Therapie angesprochen haben. Die betroffenen Bereiche (typischerweise Handflächen und Fußsohlen) werden in Behälter mit Leitungswasser gelegt, die jeweils eine Elektrode enthalten, durch die für 10–20 min ein Strom von 15–25 mA geleitet wird. Diese Routine erfolgt eine Woche lang täglich, dann einmal wöchentlich oder alle zwei Monate. Die Effektivität der Iontophorese kann durch das Auflösen von Anticholinergika-Tabletten (z. B. Glycopyrrolat) im Wasser der Iontophorese-Becken gesteigert werden. Das Verfahren ist zwar in der Regel wirksam, aber zeitaufwändig und mühsam, und manche Patienten haben nicht die Geduld, durchzuhalten.

Orale Anticholinergika können einigen Patienten helfen. Glykopyrrolat oder Oxybutynin können zur Verringerung des Schwitzens eingesetzt werden, können in ihrer Anwendung jedoch durch anticholinerge Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, trockene Haut, Hautrötung, verschwommenes Sehen, Harnretention, Mydriasis und Herzrhythmusstörungen eingeschränkt sein.

Orales Clonidin ist ein alpha-2-adrenerger Agonist, der das durch die Aktivität des sympathischen Nervensystems vermittelte Schwitzen verringert.

Botulinumtoxin Typ A ist ein Neurotoxin, das die Freisetzung von Acetylcholin aus den sympathischen Nervenendigungen blockiert, welche die ekkrinen Drüsen versorgen. Bei direkter Injektion in die Axillae, Handflächen oder Fußsohlen und die Stirn hemmt Botulinumtoxin abhängig von der Dosis etwa 5 Monate lang die Schweißsekretion. Bemerkenswerterweise ist Botulinumtoxin nur für axilläre Hyperhidrose von der U.S. Food and Drug Administration zugelassen und kann nicht durch andere Hyperhidrosis-Erscheinungen eingesetzt werden. Komplikationen sind lokale Muskelschwäche und Kopfschmerzen. Die Injektionen sind wirksam, aber schmerzhaft und teuer, und die Behandlung muss 2- bis 3-mal pro Jahr wiederholt werden.

Ein Mikrowellen-basiertes Gerät erhitzt und zerstört anschließend die Schweißdrüsen dauerhaft. Die Patienten können von zwei Behandlungen im Abstand von mindestens 3 Monaten profitieren.

Sofern die konservativen Therapien versagen, ist eine Operation indiziert. Bei Patienten mit vermehrter Schweißsekretion in den Achselhöhlen werden die axillären Schweißdrüsen entweder mittels offener Dissektion oder mittels Liposuktion exzidiert (Letzteres scheint eine geringere Komplikationsrate zu besitzen). Patienten mit palmar verstärkter Schweißsekretion können mit endoskopischer transthorakaler Sympathektomie behandelt werden. Insbesondere bei der Sympathektomie muss die potenzielle Morbidität der Operation in Betracht gezogen werden. Zu den möglichen Komplikationen gehören Phantom-Schwitzen (ein Gefühl von Schwitzen ohne Schweißsekretion), kompensatorische Hyperhidrose (vermehrtes Schwitzen in unbehandelten Körperbereichen), gustatorisches Schwitzen, Neuralgien, und Horner-Syndrom. Kompensatorische Hyperhidrose tritt am häufigsten nach der endoskopischen transthorakalen Sympathektomie auf, bei bis zu 80% der Patienten, und kann einschränkend und viel schwerwiegender als das ursprüngliche Problem sein.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Glaser DA, Hebert AA, Nast A, et al: Topical glycopyrronium tosylate for the treatment of primary axillary hyperhidrosis: Results from the ATMOS-1 and ATMOS-2 phase 3 randomized controlled trials. J Am Acad Dermatol pii:S0190-9622(18)32224-2, 2018. doi: 10.1016/j.jaad.2018.07.002

Wichtige Punkte

  • Eine Hyperhidrose kann fokal oder generalisiert sein.

  • Asymmetrische Hyperhidrose deutet auf eine neurologische Ursache.

  • Obwohl generalisiertesSchwitzen in der Regel normal ist, ziehen Sie Krebs, Infektionen und endokrine Störungen in Betracht, wie sie durch die Symptome des Patienten hervorgerufen werden.

  • Labortests zur Bestimmung systemischer Ursachen basierend auf klinischen Befunde müssen vorliegen.

  • Die Behandlung erfolgt mit Aluminiumchloridlösungen, Leitungswasser-Iontophorese, topischem Glycopyrroniumtosylat, oralem Glykopyrrolat, Oxybutynin oder Botulinumtoxin oder ein Mikrowellen-basiertes Gerät.

  • Bei Patienten, die nicht auf eine medikamentöse oder apparative Therapie ansprechen, sollten chirurgische Optionen in Betracht gezogen werden; dazu gehören die Exzision der axillären Schweißdrüsen und die endoskopische transthorakale Sympathektomie bei palmarem Schwitzen, die das Risiko erheblicher unerwünschter Wirkungen birgt.