Strahlungsrisiko durch bildgebende Verfahren in der Medizin

VonMehmet Kocak, MD, Rush University Medical Center
Überprüft/überarbeitet Apr. 2021
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Bildgebende Verfahren, bei denen eine Bestrahlung (meistens Röntgenstrahlen) zur Anwendung kommt, sind wertvolle diagnostische Instrumente. Die Belastung mit Strahlungen geht aber auch mit einigen Risiken einher (siehe auch Strahlenverletzungen).

    Unterschiedliche diagnostische Untersuchungen müssen mit unterschiedlichen Strahlendosen durchgeführt werden (siehe Tabelle Vergleich der Strahlendosis bei verschiedenen Untersuchungen), doch reicht meist eine niedrige Strahlendosis aus, die im Allgemeinen als sicher betrachtet wird. So ist zum Beispiel die Strahlendosis einer Röntgenaufnahme des Brustraums (Thorax) 100-mal niedriger als die jährliche Strahlendosis aus der Umwelt (Hintergrundstrahlung). Die Strahlenbelastung nimmt jedoch mit jeder Bestrahlung zu (kumulierte Dosis), unabhängig davon, wie viel Zeit zwischen den Untersuchungen verstreicht. Das bedeutet, dass Patienten, die entweder viele Untersuchungen mit niedrigen Dosen oder mehrere Untersuchungen mit hohen Dosen haben, einer relativ hohen Strahlenmenge ausgesetzt sind. Je größer die kumulierte Dosis ist, desto größer ist das Risiko für Krebs und manchmal für Gewebeschädigung.

    Wussten Sie ...

    • Die Exposition gegenüber Strahlung verläuft kumulativ, unabhängig von den Zeitabständen der Untersuchungen.

    Bildgebende Verfahren stellen nur eine Quelle der Strahlenexposition dar. Die Strahlenbelastung aus der Umgebung (durch kosmische Strahlung und natürlich vorkommende Isotope – siehe Strahlenverletzungen) kann relativ hoch sein, vor allem in großen Höhenlagen. Bei Reisen im Flugzeug ist man einer erhöhten Umweltstrahlung ausgesetzt.

    Bei der Planung diagnostischer Untersuchungen betrachten Ärzte die (lebenslange) Strahlenbelastung einer Person – also die Gesamtstrahlendosis für eine Person. Jedoch überwiegt der Nutzen einer diagnostischen Untersuchung oft die potenziellen Risiken.

    Tabelle

    In den USA werden ca. 15 Prozent aller bildgebenden Verfahren mit Computertomografie (CT) durchgeführt, aber bis zu 70 Prozent der Strahlenbelastung durch bildgebende Verfahren werden durch CT-Untersuchungen verursacht. Die im CT freigesetzte Strahlendosis kann ein Vielfaches der bei den meisten einfachen Röntgenuntersuchungen frei werdenden Dosis sein. Mit neueren technischen Geräten kann die Strahlendosis einiger CT-Aufnahmen jedoch viel niedriger sein als mit älteren Geräten.

    Dennoch besteht selbst bei CT-Untersuchungen mit älteren Geräten für Erwachsene ein nur geringes Risiko durch Strahlung, und die Gesundheit wird kaum dadurch gefährdet.

    In bestimmten Situationen ist das durch die Strahlung entstehende Risiko jedoch höher:

    • Während des Säuglingsalters

    • Während der frühen Kindheit

    • Während der Schwangerschaft (insbesondere der frühen Schwangerschaft)

    • Bei bestimmten Geweben, wie beispielsweise dem Lymphgewebe (Teil des Immunsystems), Knochenmark, Blut, den Hoden, Eierstöcken und dem Darm

    Zur Risikominimierung gehen Ärzte wie folgt vor:

    • Sie führen, soweit möglich, Untersuchungen durch, die keine Strahlenexposition erfordern, z. B. Ultraschall oder Magnetresonanztomografie (MRT)

    • Sie empfehlen diagnostische Untersuchungen wie CT-Aufnahmen, die mit hoch dosierter Strahlung arbeiten, insbesondere für kleine Kinder nur dann, wenn sie unbedingt notwendig sind

    • Sie treffen Vorkehrungen, um die Strahlenexposition während der Untersuchung soweit wie möglich zu begrenzen, z. B. durch den Schutz verletzlicher Teile des Körpers wie die Schilddrüse oder den Bauch einer schwangeren Frau

    Moderne Techniken und Geräte haben die Strahlendosis bildgebender Verfahren erheblich gesenkt.

    Strahlenrisiko während des Säuglings- und Kleinkindalters

    Die Risiken durch Strahlung sind bei Säuglingen und kleinen Kindern höher, da Kinder länger leben und Krebserkrankungen somit mehr Zeit bleibt, sich zu entwickeln. Bei Kindern entwickeln sich zudem Zellen rascher. Sich schnell teilende Zellen sind anfälliger für eine Schädigung durch Strahlen.

    Das Risiko einer Krebserkrankung aufgrund von Strahlung ist schwer zu bestimmen. Einige Experten schätzen, dass bei ca. 18 von 10.000 einjährigen Kindern, bei denen eine CT des Abdomens durchgeführt wird, später aufgrund der Strahlung Krebs auftritt. Bei diesen Aufnahmen kommt eine der höchsten Strahlendosen in der medizinischen Bildgebung zum Einsatz. Eine Studie deutete außerdem darauf hin, dass die Strahleneinwirkung pro 10.000 CT-Scans des Kopfes bei Kindern unter 10 Jahren innerhalb von zehn Jahren nach der CT zu einem Fall mit Leukämie und einem Gehirntumor führt.

    Wenn für Kinder diagnostische Untersuchungen notwendig werden, sollten die Eltern mit den Ärzten über die Risiken und Möglichkeiten sprechen, Untersuchungen ohne Strahlenexposition durchzuführen. Sind Untersuchungen notwendig, die mit Strahlung arbeiten, können Eltern das Risiko minimieren, indem sie folgende Fragen klären:

    • Ob die geringstmögliche Strahlendosis für die Diagnose ausreicht (beispielsweise eignen sich manchmal bereits Aufnahmen mit geringer Auflösung, für die weniger Strahlung nötig ist)

    • Ob die Strahlenexposition auf einen möglichst geringen Bereich des Körpers beschränkt wurde

    • Ob die Anzahl der Untersuchungen begrenzt ist

    Strahlenrisiko in der Schwangerschaft

    Schwangere Frauen sollten sich darüber im Klaren sein, dass die von bildgebenden Verfahren ausgehende Strahlung Risiken für den Fötus darstellt. Falls sich Frauen einer solchen Untersuchung unterziehen müssen, sollten sie ihren Arzt darüber informieren, ob sie schwanger sind oder schwanger werden möchten. Ärzte berücksichtigen auch, dass eine Frau schwanger sein könnte, ohne es zu wissen. Jedoch können Röntgenuntersuchungen, falls notwendig, auch bei schwangeren Frauen durchgeführt werden. Bei diagnostischen Untersuchungen wird der Fötus vor Strahlung geschützt, indem der Bauch der werdenden Mutter mit einer Bleischürze abgedeckt wird.

    Das Risiko für den Fötus hängt davon ab,

    • wann in der Schwangerschaft die Untersuchung durchgeführt wird und

    • welcher Körperteil der Mutter geröntgt wird

    In der fünften bis zehnten Schwangerschaftswoche, wenn sich die Organe entwickeln, ist das Risiko am größten. Zu diesem Zeitpunkt können Röntgenstrahlen zu Geburtsfehlern führen. Früher in der Schwangerschaft besteht das größte Risiko in einer Fehlgeburt. Nach der zehnten Schwangerschaftswoche sind Fehlgeburten und erhebliche Geburtsfehler weniger wahrscheinlich.

    Untersuchungen von Körperteilen, die weit entfernt vom Fötus liegen wie beispielsweise Hand- und Fußgelenke, setzen den Fötus weniger stark Röntgenstrahlen aus, als Untersuchungen von Körperteilen, wie etwa dem unteren Teil des Rückens, die ihm näher sind. Auch erfordern Abbildungen von kleineren Körperteilen wie Fingern und Zehen weniger Röntgenenergie als Untersuchungen größerer Körperteile wie Rücken oder Becken. Aufgrund dieser Tatsachen besteht bei einfachen Röntgenuntersuchungen, die nicht den Bauch betreffen, ein geringes Risiko, egal, wann sie durchgeführt werden, insbesondere, wenn ein Bleischurz über der Gebärmutter (Uterus) getragen wird. Bei Röntgenuntersuchungen, z. B. zur Abbildung eines gebrochenen Knochens, überwiegt also in der Regel der Nutzen die Risiken.