Riesenzellarteriitis

(Arteriitis temporalis, kraniale Arteriitis, Morbus Horton)

VonAlexandra Villa-Forte, MD, MPH, Cleveland Clinic
Überprüft/überarbeitet Mai 2022
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Kurzinformationen

Die Riesenzellarteriitis ist eine chronische Entzündung der großen und mittleren Arterien in Kopf, Nacken und Oberkörper. Typischerweise sind die Schläfenarterien betroffen, die durch die Schläfen verlaufen und einen Teil der Kopfhaut, die Kiefermuskeln und die Sehnerven mit Blut versorgen.

  • Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt.

  • Häufig kommt es zu starken, oft pochenden Kopfschmerzen, Schmerzen auf der Kopfhaut beim Kämmen sowie Schmerzen der Gesichtsmuskeln beim Kauen.

  • Unbehandelt kann die Erkrankung zur Erblindung führen.

  • Die Diagnose basiert auf den Symptomen und den Ergebnissen der körperlichen Untersuchung. Sie wird jedoch durch eine Biopsie der Schläfenarterie bestätigt.

  • Prednison (ein Kortikosteroid), Tocilizumab und Aspirin sind hier in der Regel sehr wirksam.

(Siehe auch Überblick über Vaskulitis.)

Die Riesenzellarteriitis ist in den Vereinigten Staaten und Europa eine recht häufige Form der Vaskulitis. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Riesenzellarteriitis tritt typischerweise ab dem 55. Lebensjahr auf, zumeist im Alter von etwa 70 Jahren. Rund 40 bis 60 % der Betroffenen leiden ebenfalls unter Symptomen einer Polymyalgia rheumatica. Die Ursache für diese Erkrankungen ist nicht bekannt.

Symptome der Riesenzellarteriitis

Die Symptome einer Riesenzellarteriitis können schleichend über Wochen hinweg oder abrupt auftreten. Sie können Fieber, Müdigkeit und ein allgemeines Unwohlsein umfassen. Die Betroffenen verlieren ungewollt an Gewicht und schwitzen häufiger als sonst. Die Symptome variieren je nach den betroffenen Arterien.

Kopf- und Kopfhautschmerzen

Typischerweise sind die großen Kopfarterien betroffen, was zu starken, manchmal pochenden Kopfschmerzen an den Schläfen oder am Hinterkopf führt. Die Schläfenarterien können berührungsempfindlich sein und sich geschwollen und dick anfühlen. Die Kopfhaut schmerzt bei Berührungen und beim Kämmen.

Blindheit und Sehstörungen

Es können doppeltes oder verschwommenes Sehen, große blinde Flecken, plötzliche Erblindung an einem Auge, die nach einigen Minuten verschwindet, oder andere Augenprobleme auftreten. Die größte Gefahr besteht in einer akuten dauerhaften Erblindung, die entstehen kann, wenn die Blutversorgung des Sehnervs unterbrochen ist. Bei einer unverzüglichen Behandlung ist eine vollständige Erblindung beider Augen eher selten, kann aber ohne Behandlung auftreten. In den letzten 50 Jahren ist die Anzahl der Sehstörungen zurückgegangen, bei gleichzeitig höheren Erholungsraten. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Riesenzellen-Arteriitis früher diagnostiziert und bereits vor einer Beeinträchtigung der Augen behandelt wird.

Kiefer- und Zungenschmerzen

Normalerweise schmerzen die Kiefermuskeln und ermüden beim Kauen rasch. Beim Essen oder Sprechen kann auch die Zunge schmerzen. Bei Personen mit Kiefer- und Zungenschmerzen treten mit höherer Wahrscheinlichkeit Sehstörungen auf.

Neurologische Störungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Gelegentlich kommt es aufgrund einer blockierten Blutzufuhr zum Gehirn zu einem Schlaganfall.

In einigen Fällen wird die Aorta durch eine Entzündung geschädigt, wodurch die Innenhaut reißen (Dissektion) oder sich in der Wand eine Verdickung (Aneurysma) bilden kann.

Wenn zudem eine Polymyalgia rheumatica vorliegt, können Nacken, Schultern und Hüfte stark schmerzen und steif werden, vor allem in der Nacht und am Morgen.

Wussten Sie ...

  • An Riesenzellarteriitis Erkrankte leiden beim Kämmen und Kauen häufig unter Schmerzen.

Diagnose der Riesenzellarteriitis

  • Untersuchung durch den Arzt

  • Bluttests

  • Biopsie der Schläfenlappenarterie

  • Manchmal Ultraschall der Schläfenarterien

Die ärztliche Diagnose einer Riesenzellarteriitis stützt sich auf die Symptome und das Ergebnis einer körperlichen Untersuchung. Der Arzt betastet die Schläfen, um festzustellen, ob die Schläfenarterie hart, knotig oder berührungsempfindlich ist.

Es werden Bluttests durchgeführt. um die Diagnose zu bestätigen. Anämie, eine sehr hohe Blutsenkungsreaktion (BSR) und ein hoher Anteil an C-reaktivem Protein z. B. weisen auf eine Entzündung hin.

Die Diagnose kann durch eine Biopsie der Schläfenarterie (an der Schläfe) belegt werden.

Ein weiterer Test zur Bestätigung der Diagnose ist eine Ultraschalluntersuchung der Schläfenarterien, die manchmal eine Biopsie unnötig machen kann.

Die Diagnose ist wahrscheinlicher, wenn der Patient zudem Symptome einer Polymyalgia rheumatica aufweist.

Wenn eine Riesenzellarteriitis in den großen Arterien wie der Aorta oder deren Hauptästen vermutet wird, kann eine Magnetresonanzangiografie zur Bestätigung der Diagnose durchgeführt werden.

Biopsie der Schläfenarterie

Mit einer Biopsie der Schläfenarterie lässt sich eine Riesenzellarteriitis zweifelsfrei diagnostizieren. Mit einer Doppler-Sonografie wird die Stelle der Schläfenarterie bestimmt, an der die Biopsie vorgenommen wird. Dann wird ein örtliches Betäubungsmittel gespritzt und direkt über der Arterie ein kleiner Schnitt gesetzt. Ein mindestens 2,5 cm großes Stück der Arterie wird entfernt und der Schnitt genäht.

Behandlung der Riesenzellarteriitis

  • Prednison

  • Niedrig dosiertes Aspirin

  • Tocilizumab

Mit der richtigen Behandlung erholen sich die meisten Patienten mit Riesenzellarteriitis vollständig, doch die Erkrankung kann erneut auftreten.

Die Behandlung wird bei Verdacht auf Riesenzellarteriitis sofort eingeleitet, da die Erkrankung unbehandelt zur Erblindung führen kann. Normalerweise wird die Behandlung sogar noch vor der Biopsie begonnen. Wenn die Biopsie innerhalb von 2 Wochen nach Behandlungsbeginn vorgenommen wird, hat die Behandlung keine Auswirkungen auf das Ergebnis.

Das Kortikosteroid Prednison ist sehr wirksam. Anfänglich wird eine hohe Dosis verabreicht, um die Entzündung der Blutgefäße zu stoppen und einen Sehverlust zu verhindern. Nach einigen Wochen wird die Dosis langsam gesenkt, wenn eine Besserung eintritt. Die meisten Patienten müssen Prednison mindestens 2 Jahre lang einnehmen, um die Symptome einzudämmen und eine Erblindung zu vermeiden. Tocilizumab ist ein weiteres Medikament, das die Entzündung senkt. Tocilizumab wird allein oder in Kombination mit Kortikosteroiden verabreicht, wobei das Ziel darin besteht, die Dauer und/oder die Dosis der Kortikosteroide zu reduzieren.

Um Schlaganfälle zu vermeiden, wird die tägliche Einnahme von Aspirin empfohlen.

Der Alterungsprozess im Visier: Riesenzell-Arteriitis und Polymyalgia rheumatica

Riesenzellarteriitis (temporalis) sowie Polymyalgia rheumatica treten häufig gemeinsam auf und betreffen fast ausschließlich Personen ab dem 55. Lebensjahr. Diese Erkrankungen nehmen im Alter zu. Personen ab dem 80. Lebensjahr erkranken 10-mal häufiger als Personen zwischen 50 und 59 Jahren.

Riesenzellarteriitis verursacht zumeist pochende Kopfschmerzen und Sehprobleme (einschließlich Schmerzen in und um die Augen). Bei Polymyalgia rheumatica kommt es zu Schmerzen und Steifheit in den Muskeln. Unbehandelt können diese Schmerzen das tägliche Leben sehr erschweren, unabhängig davon, ob sie gleichzeitig oder einzeln auftreten. Wenn sie nicht sofort behandelt wird, kann Riesenzellarteriitis zur Erblindung führen.

Die Kortikosteroide, die hauptsächlich zur Behandlung dieser Krankheiten eingesetzt werden, können für ältere Patienten problematisch sein. Diese Medikamente können jedoch zu einer drastischen Besserung führen und sind unerlässlich, um eine Erblindung zu vermeiden. Bei älteren Menschen kommt es jedoch wesentlicher häufiger zu Nebenwirkungen. Es kann zu Flüssigkeitsstaus, verstärktem Appetit und Verwirrung kommen. Der Blutzucker kann sich bis zum Diabetes steigern und die Knochendichte kann abnehmen. Es kann Bluthochdruck auftreten. Um diese Nebenwirkungen zu verringern, wird die Kortikosteroid-Dosis verringert und das Medikament so bald wie möglich abgesetzt.

Älteren Menschen, die Kortikosteroide einnehmen, wird empfohlen, Maßnahmen zum Erhalt der Knochendichte zu ergreifen. Dazu zählen Belastungsübungen sowie die Einnahme von Kalzium- und Vitamin-D-Präparaten. Die Einnahme von antiresorptiven Medikamenten kann die Knochendichte erhöhen. Zu diesen Medikamenten zählen Bisphosphonate (Alendronat, Risedronat, Ibandronat und Zoledronsäure).

Bei vielen Patienten führt die sorgfältige Einhaltung der empfohlenen Behandlungsmaßnahmen zur vollständigen Heilung.

Weitere Informationen

Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.

  1. Vasculitis Foundation: Bietet Informationen für Patienten zu Vaskulitis an, zum Beispiel, wie man einen Arzt findet, sich zu Forschungsstudien informiert und Patientenhilfsgruppen beitritt