Genetische Screenings sollen feststellen, ob bei einem Paar ein erhöhtes Risiko besteht, Kinder mit erblichen genetischen Störung zu bekommen. Erbliche genetische Störungen sind Störungen von Chromosomen oder Genen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden.
Jedes Paar kann ein genetisches Screening verlangen; es wird aber vor allem empfohlen, wenn
Einige genetische Störungen sind nicht erblich (siehe Überblick über genetische Erkrankungen) und können daher bei einem Screening der Eltern nicht erkannt werden.
Bewertung der Familiengeschichte
Um zu bestimmen, ob für ein Paar ein erhöhtes Risiko besteht, ein Baby mit einer genetischen Erkrankung zu bekommen, befragt der Arzt das Paar über Folgendes:
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Störungen, die Familienmitglieder hatten
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Die Todesursache bei Familienmitgliedern
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Außerdem wird der Gesundheitszustand aller lebenden Verwandten ersten Grades (leibliche Eltern, Geschwister und Kinder) und zweiten Grades (Onkel, Tanten und Großeltern) erfragt
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Fehlgeburten, Totgeburten oder Babys, die kurz nach der Geburt verstorben sind, sowohl bei dem betroffenen Paar als auch bei anderen Familienmitgliedern
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Babys mit Geburtsfehlern, die das betroffene Paar oder andere Familienmitglieder bekommen haben
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Heirat unter Verwandten (wodurch das Risiko steigt, dasselbe veränderte Gen zu tragen)
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Ethnischer Hintergrund (bestimmte Gruppen tragen ein höheres Risiko für bestimmte Störungen)
Informationen über drei Generationen werden gewöhnlich benötigt. Bei einer komplizierten Familiengeschichte sind vielleicht auch Informationen über entferntere Verwandte erforderlich. Mitunter sieht der Arzt die Krankengeschichten von Verwandten durch, bei denen möglicherweise eine genetische Erkrankung vorlag.
Humangenetische Beratung
Träger sind Menschen, die ein verändertes Gen für eine Störung in sich tragen, aber die keine Symptome oder sichtbaren Zeichen dieser Störung aufweisen.
Bei Trägern ist das veränderte Gen normalerweise rezessiv – d. h., es sind zwei Kopien des Gens erforderlich, damit die Störung sich entwickeln kann (siehe rezessiv vererbte Erkrankungen). Diese Träger verfügen über ein normales Gen und ein verändertes Gen für die Erkrankung.
Nur Frauen können ein X-gebundenes (geschlechtsgebundenes) rezessives Gen tragen. Frauen haben zwei X-Chromosomen. Folglich ist das entsprechende Gen auf dem anderen Chromosom möglicherweise normal und schützt die Frau davor, die Störung zu entwickeln. Da Männer über nur ein X-Chromosom verfügen, haben alle Männer, die ein verändertes X-gebundenes rezessives Gen tragen, die Störung, die vom veränderten Gen verursacht wird.
Beim Träger-Screening werden auch Menschen getestet, die keine Symptome aufweisen, aber ein höheres Risiko aufweisen, ein rezessives Gen für eine bestimmte Störung zu tragen. Das Risiko ist höher, wenn einer oder beide Partner eine Familiengeschichte mit bestimmten Störungen oder Merkmalen aufweisen (wie z. B. ethnischer Hintergrund oder ethnische Abstammung oder geografische Gruppe), die das Risiko für bestimmte Störungen erhöhen. Allerdings wird das Screening nur dann durchgeführt, wenn auch die folgenden Kriterien erfüllt sind:
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Die Störung ist beträchtlich oder tödlich.
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Ein zuverlässiger Screening-Test ist verfügbar.
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Der Fötus kann einer Behandlung unterzogen werden, oder den Eltern stehen reproduktive Optionen (wie z. B. Schwangerschaftsabbruch oder Sterilisation) zur Verfügung.
In den USA gehören zu den Störungen, die diese Kriterien erfüllen, die Sichelzellanämie, die Thalassämien, das Tay-Sachs-Syndrom und die Mukoviszidose. Die Anzahl der Erbkrankheiten, die anhand einer Früherkennungsuntersuchung (Screening) erkannt werden können, steigt beständig. Einige Labore bieten Screenings auf Genträger für Dutzende von Krankheiten an (sogenanntes erweitertes Träger-Screening). Betroffene sollten sich vorher von einem Genberater beraten lassen, bevor sie sich für ein erweitertes Träger-Screening entscheiden.
Beim Träger-Screening wird gewöhnlich die DNS aus einer Blutprobe analysiert. Beim Screening wird gewöhnlich eine Blutprobe untersucht, mitunter auch Zellen aus der Wangenschleimhaut. Hierzu spült die Testperson den Mund mit einer Spezialflüssigkeit und spuckt diese anschließend in den Probenbehälter oder entnimmt die Probe mit einem Wattestäbchen in der Wange.
Idealerweise erfolgt das Träger-Screening vor einer Schwangerschaft. Wenn es später durchgeführt wird und ergibt, dass beide Elternteile ein rezessives Gen für dieselbe Erkrankung besitzen, können sie sich für eine Pränataldiagnostik entscheiden. In diesem Fall wird der Fötus vor der Geburt gezielt auf diese Erkrankung untersucht. Wenn sie vorliegt, kommt unter Umständen eine Behandlung in Betracht oder die Schwangerschaft kann abgebrochen werden.
Wer sollte ein genetisches Screening in Betracht ziehen?
Gruppe |
Erkrankung* |
Screening-Tests |
Alle |
DNS-Analyse einer Blutprobe oder von Zellen, die in der Innenseite der Wange entnommen werden |
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Aschkenasische Juden† |
Morbus Canavan |
DNS-Analyse einer Blutprobe oder von Zellen, die in der Innenseite der Wange entnommen werden |
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Familiäre Dysautonomie (erbliche Störung des autonomen Nervensystems) |
DNS-Analyse einer Blutprobe oder von Zellen, die in der Innenseite der Wange entnommen werden |
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Bluttests zur Messung der Enzyme, die bei dieser Störung fehlen (Hexosaminidase A) DNS-Analyse |
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Afroamerikaner |
Bluttest zum Testen auf Fehlbildungen des Hämoglobins DNS-Analyse |
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Cajuns |
Tay-Sachs-Syndrom |
Bluttests zur Messung der Enzyme, die bei dieser Störung fehlen (Hexosaminidase A) DNS-Analyse |
Personen aus der Mittelmeerregion, Südostasien, Indien und dem Nahen Osten |
Bluttests zur Messung der Durchschnittsgröße der roten Blutkörperchen (mittleres korpuskulares Volumen) Bluttests zur Überprüfung auf Fehlbildungen des Hämoglobins, wenn die Durchschnittsgröße klein ist DNS-Analyse |
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Südostasiaten, Kambodschaner, Chinesen, Philippiner, Laoten und Vietnamesen |
Bluttests zur Messung der Durchschnittsgröße der roten Blutkörperchen Bluttests zur Überprüfung auf Fehlbildungen des Hämoglobins, wenn die Durchschnittsgröße klein ist DNS-Analyse |
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* Die vorliegende Liste ist nicht umfassend. Screening auf andere Erkrankungen auf Anfrage. |
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† Die meisten Juden (90 Prozent) sind aschkenasische Juden. Folglich sollten Juden, die nicht wissen, ob sie aschkenasische Juden sind, getestet werden. Einige Experten empfehlen auch das Screening für andere Störungen, wie z. B. die Gaucher-Krankheit, Niemann-Pick-Krankheit vom Typ Aund Fanconi-Anämie (Syndrom) der Gruppe C. |