Hautpflege an der verbleibenden Gliedmaße

VonJan J. Stokosa, CP, American Prosthetics Institute, Ltd
Überprüft/überarbeitet Jan. 2021
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

    Die Haut, die mit dem Schaft der Prothese in Kontakt kommt, muss versorgt und sorgfältig kontrolliert werden, damit Hautgeschwüre und Hautinfektionen vermieden werden. Hautgeschwüre entstehen, wenn die Haut geschädigt ist und sich Blasen oder offene Stellen bilden. Schmerzen sind der erste Hinweis auf ein Problem. Wenn ein unangenehmes Gefühl ertastet wird, sollte die Prothese entfernt und die Haut untersucht werden.

    Hautprobleme können schwerwiegend sein und sollten von einer medizinischen Fachkraft in Beratung mit einem Orthopädietechniker (ein Experte, der Prothesen entwirft, anpasst, sie her- und einstellt) beurteilt und behandelt werden. Wenn den Patienten wiederholte Probleme vertrauter werden, können sie kleinere Probleme erkennen und selbst behandeln. Sämtliche ungewöhnlichen, permanenten, schmerzhaften oder besorgniserregenden Auffälligkeiten sollten jedoch von einer medizinischen Fachkraft beurteilt werden.

    (Siehe auch Überblick über Prothesen.)

    Risikofaktoren für Hautprobleme

    Krankheiten, die die Durchblutung in den unteren Gliedmaßen verringern (z. B. Gefäßkrankheiten oder Diabetes) und ein Amputationsrisiko darstellen, erhöhen auch das Risiko für Hautgeschwüre und Infektionen nach der Amputation.

    Einige dieser Krankheiten, z. B. Diabetes, und andere, z. B. neurologische Krankheiten, verhindern die Schmerzempfindung und andere Wahrnehmungen. Patienten mit diesen Krankheiten fühlen sich möglicherweise nicht unwohl oder haben keine Schmerzen, wenn die Haut abstirbt oder sich ein Infekt entwickelt, und bemerken diese Probleme daher nicht. Diese Patienten sollten ihre Prothese mehrmals pro Tag ablegen, um die Haut auf Rötungen und andere Zeichen von Geschwüren oder Infektionen zu überprüfen. Andere Patienten sollten ihre Haut mindestens einmal täglich auf diese Zeichen hin prüfen.

    Hautprobleme treten häufiger auf, wenn die verbleibende Gliedmaße bestimmte Merkmale aufweist, unter anderem zu viel Gewebe am Ende des Knochens, lockere Haut, verbrannte Haut, Hauttransplantate, dicke oder tiefe Narben und Vorsprünge oder scharfe Kanten am Ende des Knochens.

    Wenn die Prothese optimal sitzt, gibt es nur minimale Hautprobleme. Doch selbst bei guter Passform können Veränderungen der Gliedmaße wie Muskelschrumpfen und tägliche Unterschiede im Flüssigkeitsvolumen das Verhältnis zwischen Stumpf und Schaft verändern und das Risiko von Komplikationen erhöhen. Wenn der obere Teil des Schafts zu eng sitzt, kann die Durchblutung gestört werden und die Gliedmaße anschwellen, was den Druck auf die höher liegende, verbleibende Gliedmaße erhöht und das Risiko für tiefergehende Hautschäden erhöht. Wenn der Schaft zu locker ist, wird ein übermäßiger Druck auf das Ende der Gliedmaße und die knöchernen Vorsprünge ausgeübt, was zu Hautproblemen führt.

    Hautgeschwüre

    Hautgeschwüre treten in der Regel dort auf, wo Druck und/oder Reibung auf die Haut einwirken, besonders wenn der Druck auf die Haut nach oben und nach unten oder seitlich ausgeübt wird. Das Risiko ist größer, wenn die Haut nass oder feucht ist (z. B. durch Schwitzen).

    Das erste Zeichen eines Hautgeschwürs ist eine Rötung und ein brennendes Gefühl, gefolgt von Schmerzen, Schwellungen, Blasen und offenen Stellen. Wird die Prothese weiter getragen, führt dies zu schwerwiegenderen Hautschäden und kann Hautinfektionen begünstigen.

    Obwohl es nicht möglich ist, jedem einzelnen Hautgeschwür vorzubeugen, können verschiedene Maßnahmen helfen, Hautgeschwüre zu verhindern oder zu verzögern:

    • Gute Hygiene am Stumpf praktizieren: Gute Hygiene bedeutet, dass die verbleibende Gliedmaße mit einer milden Seife und 2-mal täglich (häufiger bei Personen, die mehr als normal schwitzen) gewaschen wird. Der Orthopädietechniker kann schweißhemmende Produkte zur Verfügung stellen, die speziell für Menschen mit Prothesen konzipiert wurden.

    • Darauf achten, dass Passform von Kontaktfläche und Schaft gleichbleiben

    • Darauf achten, dass das Körpergewicht stabil bleibt: Das ist die beste Methode, um sicherzustellen, dass die Prothese weiterhin gut sitzt; selbst kleine Veränderungen des Gewichts können die Passform beeinträchtigen.

    • Gesunde Ernährung und Trinken von Wasser über den Tag verteilt: Dadurch wird das Körpergewicht kontrolliert und die Haut gesund gehalten.

    • Überwachung und Kontrolle des Blutzuckerspiegels (bei Diabetikern)

    • Sicherstellen, dass die Prothese optimal ausgerichtet ist (bei Patienten mit einer Prothese der unteren Gliedmaßen)

    Wenn man Anzeichen eines Hautgeschwürs entdeckt, sollte man sofort zum Orthopädietechniker gehen und gegebenenfalls die Prothese anpassen lassen. Patienten sollten die Prothese möglichst erst dann wieder tragen, nachdem sie angepasst wurde. Wenn die Prothese nicht die Ursache ist, oder wenn eine Anpassung das Problem nicht beheben kann, muss der Arzt eine medizinische Untersuchung vornehmen.

    Hautinfektion

    Bei normaler, trockener, intakter Haut sind Bakterien und Pilze im Gleichgewicht. Allerdings bildet die Kontaktfläche (eine Art Gel- oder Kunststoffschicht), die auf der Haut der verbleibenden Gliedmaße liegt, ein warmes, feuchtes Umfeld, welches das Wachstum von Bakterien und Pilzen und damit die Entstehung einer Infektion fördert. Feuchte Haut neigt auch dazu porös zu werden, wodurch Bakterien leicht in den Körper eindringen können. In der Folge breitet sich eine Infektion aus.

    Anzeichen einer Infektion sind Berührungsempfindlichkeit, Rötung, offene Stellen und Eiterausfluss. Ein übler Geruch kann auf eine Infektion oder schlechte Hygiene hinweisen. Wenn eine leichte bakterielle Infektion zu einer Zellulitis oder einem Abszess führt, kann der Patient Fieber haben und sich unwohl fühlen.

    Jedes Zeichen einer Infektion muss von einem Arzt untersucht werden. Folgende Symptome erfordern eine sofortige Kontrolle, um eine lebensbedrohliche Infektion zu verhindern:

    • Die verbleibende Gliedmaße fühlt sich kalt an (Zeichen für eine Minderdurchblutung).

    • Der betroffene Bereich ist rot und empfindlich.

    • Der betroffene Bereich riecht schlecht.

    • Die Lymphknoten in der Leiste oder unter den Achseln schwellen an.

    • Eiter oder zähflüssiger Ausfluss treten aus.

    • Die Haut wird grau und weich oder schwarz, alles Zeichen einer Gangrän (durch schlechte Durchblutung absterbendes Gewebe).

    Die Behandlung einer bakteriellen Infektion umfasst typischerweise Reinigung der Stelle und topische Antibiotika. Manchmal sind eine Entfernung toter Haut, orale Antibiotika oder beides erforderlich. Normalerweise sollte die Prothese erst wieder getragen werden, wenn die Hautinfektion abgeklungen ist.

    Pilzinfektionen sollten mit einer rezeptfreien Antimykotika-Creme behandelt werden.

    Maßnahmen zur Vorbeugung von Hautgeschwüren können auch gegen Infektionen vorbeugen.

    Andere Hautprobleme:

    Eingewachsene Haare und Infektionen des Haarfollikels (Follikulitis) können, obwohl sie nicht gefährlich sind, Schmerzen und Beschwerden hervorrufen. Diese Probleme können verhindert werden, indem die Haare an der verbleibenden Gliedmaße nicht rasiert werden.

    Raue, warzige Beulen, meist am unteren Ende der verbleibenden Gliedmaße, werden in der Regel durch eine schlecht angepasste Kontaktfläche verursacht. Unbehandelt kann dieser Schaden, eine sogenannte warzige Hyperplasie, zu einer schweren Infektion führen. Wenn Beulen auftreten, die Warzen ähneln, sollten die Patienten sofort ihren Orthopädietechniker zur Anpassung der Prothese aufsuchen. Wenn das Problem innerhalb von 2 bis 4 Wochen nicht behoben wird, sollten die Betroffenen ihren Arzt aufsuchen. Das Problem wird in der Regel durch Abnehmen der Prothese für eine Woche und Anpassung des Schafts innerhalb von 2 bis 4 Wochen behoben.