HealthDay
ERKRANKUNG

Kindesentwicklung

VonEvan G. Graber, DO, Nemours/Alfred I. duPont Hospital for Children
Überprüft/überarbeitet März 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Im Alter zwischen 1 und 13 Jahren entwickeln sich die körperlichen, intellektuellen und emotionalen Fähigkeiten des Kindes außerordentlich stark. Aus einem gerade noch unsicher dahin wackelnden Wesen wird ein laufender, springender junger Mensch, der organisierten Sport treibt. Sie entwickeln sich auch, indem sie lernen, zu lesen, zu sprechen und komplexe Aufgaben auszuführen. Verhalten, soziale Fähigkeiten und Intellekt entwickeln sich von Säugling zu Säugling und von Kind zu Kind unterschiedlich schnell. Die Entwicklung ist teilweise abhängig von

  • Vererbung: In manchen Familien können Muster erkennbar sein, z. B. dass alle in der Familie spät laufen oder sprechen lernen.

  • Ernährung: Eine gute Ernährung ist wichtig für eine gesunde Entwicklung.

  • Umgebung: Mangelnde oder im Gegensatz dazu ausreichende Anregung kann die normale Entwicklung hemmen bzw. fördern.

  • Körperlichen Störungen des Kindes: Taubheit kann beispielsweise die sprachliche Entwicklung verlangsamen.

(Siehe auch Lern- und Entwicklungsstörungen.)

Obwohl die Entwicklung eines Kindes normalerweise kontinuierlich verläuft, kann es bei Funktionen, wie beispielsweise beim Sprechenlernen, zwischenzeitlich zu einem Stillstand kommen. Ärzte orientieren sich an etablierten Meilensteinen – dem Alter, in dem die meisten Kinder bestimmte Fähigkeiten, z. B. Gehen, meistern – um zu beurteilen, wie sich ein Kind im Vergleich zu anderen Kindern entwickelt. Verschiedene Fähigkeiten können sich unterschiedlich schnell entwickeln. So kann ein Kind beispielsweise spät laufen, aber früh ganze Sätze sprechen.

Tabelle
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Intellektuelle Entwicklung von Kindern

Intellekt beschreibt die Fähigkeit einer Person zu denken, zu argumentieren und Dinge zu verstehen. Um den Intellekt zu entwickeln, müssen Kinder bereits im Säuglings- und Kleinkindalter entsprechend gefordert werden. Großen Einfluss auf die intellektuelle Entwicklung des Kindes hat z. B. das Vorlesen, wenn dies schon im frühen Alter geschieht, oder wenn eine warmherzige und erzieherisch wertvolle Beziehung gepflegt wird.

Mit 2 Jahren haben die meisten Kinder eine grobe Vorstellung von dem, was „Zeit“ ist. Vergangenes ist für die meisten 2- bis 3-Jährigen „gestern“ passiert, die Zukunft ist für sie „morgen“. Ein Kind dieser Altersgruppe hat eine lebhafte Vorstellungskraft und Schwierigkeiten, zwischen Fantasie und Wirklichkeit zu unterscheiden. Mit etwa 4 Jahren haben Kinder ein schon etwas komplizierteres Zeitverständnis. Sie erkennen jetzt, dass sich der Tag in Vormittag, Nachmittag und die Nacht unterteilt. Auch die Veränderungen der Jahreszeiten nehmen sie bereits wahr.

Zwischen dem 18. Lebensmonat und dem 5. Lebensjahr vergrößert sich der kindliche Wortschatz rasch von etwa 50 Wörtern auf mehrere tausend. Ab diesem Alter beginnen Kinder, Gegenstände und Vorgänge zu benennen und aktiv nach ihnen zu fragen. Mit etwa 2 Jahren fangen sie an, Zweiwortsätze zu bilden, mit 3 bilden sie bereits einfache Sätze. Auch die Aussprache wird immer besser – versteht ein Fremder nur die Hälfte dessen, was ein 2-jähriges Kind von sich gibt, so spricht ein 4-jähriges Kind bereits für jedermann verständlich. Ein 4-jähriges Kind kann einfache Geschichten erzählen und mit Erwachsenen und anderen Kindern eine Unterhaltung führen.

Schon vor dem 18. Lebensmonat können Kinder Geschichten zuhören, die ihnen vorgelesen werden, und diese verstehen. Mit etwa 5 Jahren können Kinder das Alphabet aufsagen und einfache gedruckte Wörter erkennen. All dies sind wichtige Fähigkeiten, um einfache Worte, Wortverbindungen und Sätze zu lesen. Je nach dem Leseanreiz, der ihnen geboten wird, und ihren natürlichen Fähigkeiten beginnen die meisten Kinder mit 6 oder 7 Jahren zu lesen.

Mit 7 Jahren sind auch die intellektuellen Fähigkeiten des Kindes komplexer geworden. Seine Fähigkeit, sich auf mehr als einen Aspekt eines Ereignisses oder einer Situation gleichzeitig zu konzentrieren, nimmt immer mehr zu. So kann ein Schulkind beispielsweise begreifen, dass ein hohes schmales Gefäß genauso viel Wasser fassen kann wie ein niedriges breites. Es versteht jetzt, dass Medizin zwar manchmal schlecht schmeckt, ihm dafür aber gut tut; oder dass die Mama es auch dann liebt, wenn sie einmal mit ihm böse ist. Das Kind ist immer besser in der Lage, sich auf sein Gegenüber einzustellen und lernt die Grundlagen von Spiel und Gespräch. Außerdem ist ein Schulkind in der Lage, festgelegte Spielregeln zu befolgen. Auch Argumentieren hat es mittlerweile gelernt – dabei arbeitet es mit seiner Beobachtungsgabe und mehreren Perspektiven.

Soziale und emotionale Entwicklung von Kindern

Grundlage für die Gefühle und das Verhalten des Kindes sind sein jeweiliger Entwicklungsstand und sein Temperament. Jedes Kind hat ein eigenes Temperament und eine individuelle Gemütsverfassung. Manche Kinder sind anpassungsfähige Frohnaturen, die für so alltägliche Abläufe wie Schlafen, Wachen und Essen mühelos eine regelmäßige Routine finden. Diese Kinder reagieren meist positiv auf für sie neue Situationen. Andere Kinder dagegen sind weniger anpassungsfähig und können große Unregelmäßigkeiten in ihrer täglichen Routine aufweisen. Diese Kinder reagieren meist negativ auf für sie neue Situationen. Eine dritte Kategorie von Kindern ist zwischen diesen beiden Formen angesiedelt.

Säuglinge

Weinen ist für Säuglinge das primäre Kommunikationsmittel. Säuglinge schreien, wenn sie hungrig sind, sich nicht wohl fühlen, überreizt sind und aus vielen anderen Gründen, die nicht immer augenscheinlich sind. Das Schreien nimmt meist in den ersten 6 Lebenswochen zu und dauert dann typischerweise 3 Stunden am Tag, um dann bis zum 3. Monat auf eine Stunde täglich zurückzugehen. Die Eltern versuchen, das schreiende Kind meist zu beruhigen, indem sie ihm Nahrung anbieten, die Windel wechseln oder nach einer Ursache für Schmerzen oder Unbehagen suchen. Fruchtet das alles nichts, hilft es manchmal, das Kind einfach nur im Arm zu halten oder am Körper zu tragen. Manchmal sind alle Anstrengungen vergebens. Die Eltern sollten einen schreienden Säugling nicht zwingen zu essen, wenn der Säugling schreit, weil er überreizt ist, normalerweise aber problemlos isst, sobald er Hunger hat.

Mit etwa 8 Monaten entwickeln die meisten Säuglinge erstmals Trennungsängste. Sie reagieren mit Wut- und Schreianfällen, wenn sie sich abends beim Zubettgehen von Mama oder Papa trennen sollen. Das Gleiche passiert, wenn sie in die Kindertagesstätte gebracht werden. Dieses Verhalten kann mehrere Monate anhalten. Manchen älteren Kindern hilft in dieser Zeit ein Schmusetuch oder -tier als sogenanntes Übergangsobjekt bzw. Mama- oder Papaersatz.

Kinder

2- bis 3-Jährige versuchen, Grenzen auszutesten und Dinge zu tun, die ihnen verboten sind, einfach um zu sehen, was passiert. Die endlose Kette von „Neins“, die die Kinder von den Eltern zu hören bekommen, spiegelt die Unabhängigkeitsbestrebungen in diesem Alter wider. Mögen die Wut- und Trotzanfälle noch so anstrengend für Eltern wie Kind sein, sie sind normal und nötig, damit die Kinder ihre Frustration und Enttäuschung in einer Zeit ausdrücken können, in der sie ihre Gefühle verbal noch nicht richtig äußern können. Eltern können aktiv daran arbeiten, die Anzahl von Wut- und Trotzanfällen gering zu halten, indem sie dafür sorgen, dass das Kind nicht übermüdet oder unnötig frustriert wird. Durch Kenntnis der Verhaltensmuster des Kindes können solche Situationen, die einen Wut- und Trotzanfall auslösen können, vermieden werden. Nur selten sind Trotzanfälle so massiv, dass ein Arzt zurate gezogen werden muss. Manchen jüngeren Kindern fällt es besonders schwer, ihre Impulse zu kontrollieren. Für sie können strengere Grenzen hilfreich sein, um ihrer kleinen Welt einen sicheren Rahmen und die nötige Ordnung zu geben.

Mit etwa 18 Monaten bis 2 Jahren beginnt das Kind, eine Geschlechtsidentität zu entwickeln. In den Jahren bis zur Einschulung bekommt es eine Vorstellung von der Geschlechterrolle, von dem, was in der Gesellschaft, in der es aufwächst, für Jungen und Mädchen typisch ist. Geschlechterrollen werden auch durch die Kultur beeinflusst. In diesem Entwicklungsabschnitt werden normalerweise die Geschlechtsorgane erforscht – ein Zeichen dafür, dass das Kind beginnt, eine Verbindung zwischen Geschlecht und Körperbild herzustellen.

Im Alter zwischen 2 und 3 Jahren entwickelt sich erstmals ein aufeinander bezogenes wechselseitiges Spiel mit anderen Kindern. Das Kind lernt jetzt, zu teilen – auch wenn beim eigenen Spielzeug das Besitzdenken vielleicht immer noch groß ist – und beim Spiel im Wechsel darauf zu warten, bis es wieder an der Reihe ist. Indem es seinen Besitzanspruch auf sein Spielzeug mit den Worten „Das ist meins!“ geltend macht, wird die Entwicklung seines Selbstgefühls gestärkt. Kinder kämpfen in diesem Alter zwar um ihre Unabhängigkeit, dennoch brauchen sie ihre Eltern im Hintergrund zur Sicherheit und Rückversicherung. So kann es sein, dass sich ein Kind, das gerade eben von Neugierde getrieben Mama und Papa weit hinter sich gelassen hat, kurz danach furchtsam hinter ihnen versteckt.

Im Alter zwischen 3 und 5 Jahren treten Fantasiespiele und imaginäre Freunde in das Leben des Kindes. Im Fantasiespiel kann das Kind im sicheren Rahmen folgenlos verschiedene Rollen übernehmen und starke Gefühle ausleben. Fantasiespiele helfen dem Kind auch, seine soziale Kompetenz zu vertiefen. Es lernt, Konflikte mit den Eltern und anderen Kindern in einer Form zu lösen, die ihm Frustrationen ersparen und seine Selbstachtung erhalten hilft. Im selben Zeitraum tauchen die typischen Kinderängste, wie die vor dem „Monster im Schrank“, auf. Diese Ängste sind völlig normal.

In der Zeit zwischen dem 7. und 12. Lebensjahr geht die soziale Entwicklung in Riesenschritten voran. Das betrifft das Selbstkonzept, dessen Grundlage die soziale Kompetenz im Klassenraum ist sowie das Verhältnis zu Gleichaltrigen, das durch die Sozialisierungs- und Anpassungsfähigkeit bestimmt wird, und die familiären Beziehungen, die nicht zuletzt dadurch bestimmt werden, ob und wie stark sich das Kind durch seine Eltern und Geschwister angenommen fühlt. Wenn sich jetzt auch viele Kinder stark an Gleichaltrigen zu orientieren scheinen, so sind es doch immer noch die Eltern, bei denen sie in erster Linie Unterstützung und Führung suchen. Geschwister können Vorbildfunktion haben und als Beistand und Kritiker wichtig in der Frage sein, was man tun und was man lassen sollte. Für Kinder ist dies eine sehr aktive Phase, in der sie viele Aktivitäten unternehmen und auch viele neue Aktivitäten austesten wollen. In diesem Alter sind die Kinder lernbegierig, und Ratschläge zur Sicherheit, zu einem gesunden Lebensstil und zur Meidung von Hochrisikoverhalten fallen bei ihnen oft auf fruchtbaren Boden.