HealthDay
ERKRANKUNG

Schwangerenbetreuung

VonRaul Artal-Mittelmark, MD, Saint Louis University School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Mai 2021
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN
Kurzinformationen

    Idealerweise sollte ein Paar, das den Wunsch nach einem Baby hat, sich bei einem Arzt oder einer medizinischen Fachkraft beraten zu lassen, ob eine Schwangerschaft ratsam wäre. Gewöhnlich ist eine Schwangerschaft sehr sicher. Allerdings können einige Erkrankungen während der Schwangerschaft einen schwerwiegenden Verlauf haben. Außerdem gilt für einige Paare ein erhöhtes Risiko, ein Baby mit einer Erbkrankheit zu bekommen.

    Sobald der Kinderwunsch besteht, sollte die Frau mit der täglichen Einnahme eines Multivitaminpräparats mit Folat (Folsäure) beginnen. Die niedrigste empfohlene Menge für Frauen im gebärfähigen Alter beträgt 400 Mikrogramm, manche Experten empfehlen aber auch 600 oder 800 Mikrogramm. Diese Dosen sind häufig in frei verkäuflichen Produkten, wie Multivitaminpräparaten, enthalten. Folsäure reduziert das Risiko eines Geburtsfehlers des Rückenmarks oder Gehirns (Neuralrohrdefekt). Frauen, die bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt hatten, sollten eine bedeutend höhere Menge als die üblicherweise empfohlene Dosis nehmen: 4000 Mikrogramm, und zwar sobald sie eine weitere Schwangerschaft planen. Dosierungen ab 1000 Mikrogramm sind nur auf Rezept erhältlich.

    Wussten Sie ...

    • Frauen sollten bereits ab dem Kinderwunsch mit der Einnahme eines Multivitaminpräparats mit Folsäure beginnen (um bestimmte Geburtsfehler zu vermeiden) und nicht erst, wenn sie schwanger sind.

    Wenn das Paar beschließt, ein Baby zu bekommen, besprechen alle gemeinsam die Möglichkeiten, wie die Schwangerschaft so gesund wie möglich verlaufen könnte. Durch eine gesunde Lebensführung lässt sich das Risiko für bestimmte Schwangerschaftsprobleme mindern.

    Folgende Faktoren oder Situationen sollten vermieden werden:

    • Konsum von Tabak oder Alkohol

    • Passives Rauchen, wodurch der Fötus gefährdet werden könnte

    • Kontakt mit einem Katzenklo oder Katzenkot, es sei denn, die Katze wird nur im Haus gehalten und keinen anderen Katzen ausgesetzt (durch solche Kontakte kann Toxoplasmose übertragen werden, eine Infektion durch Protozoen, welche das Gehirn des Fötus schädigen kann)

    • Exposition gegenüber hohen Temperaturen über einen langen Zeitraum

    • Exposition gegenüber Chemikalien oder Farbdämpfen

    • Kontakt mit Personen, die an Röteln oder anderen Infektionen erkrankt sind, wodurch Fehlbildungen entstehen können

    • Kontakt mit Personen mit Windpocken oder Gürtelrose, bis die Frau einen Test durchgeführt hat, der zeigt, dass sie Windpocken hatte und dagegen immun ist

    Windpocken und Gürtelrose werden durch Herpesviren verursacht. Während der Entbindung können diese Viren auf den Fötus übertragen werden und schwere Erkrankungen verursachen. Dieses Virus kann auch Lungenentzündungen verursachen, die bei Frauen in manchen Fällen einen schweren Verlauf nehmen.

    Durch das Wissen und den Umgang mit solchen Faktoren vor der Schwangerschaft wird möglicherweise das Risiko von Problemen während der Schwangerschaft gesenkt (siehe Risikoschwangerschaft). Für alle Fragen der Ernährung und Hygiene sowie soziale, emotionale und medizinische Probleme sind Arzt und Hebamme geeignete Ansprechpartner.

    Wenn eine Frau einen Arzt oder eine medizinische Fachkraft aufsucht, bevor sie schwanger ist, können ihr alle erforderlichen Impfungen verabreicht werden, z. B. der Impfstoff gegen Röteln. Der Arzt kann pränatale Multivitamine mit der empfohlenen täglichen Menge (RDA) an Folsäure verschreiben oder auch eine höhere Dosis, wenn die Frau bereits ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt hatte und nicht bereits Folsäure einnimmt. Bei Bedarf kann eine genetische Untersuchung durchgeführt werden, um festzustellen, ob die Frau und ihr Partner einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, ein Baby mit einer erblichen genetischen Störung zu bekommen.

    Erstuntersuchung

    Nachdem die Schwangerschaft bestätigt ist, sollte die Frau sich vorzugsweise zwischen 6 und 8 Wochen nach Eintreten der Schwangerschaft körperlich untersuchen lassen. Zu diesem Zeitpunkt kann festgestellt werden, wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten ist und der Entbindungstermin kann so genau wie möglich errechnet werden.

    Der Arzt fragt die Frau nach aktuellen und vorherigen Erkrankungen, Arzneimitteln, die sie anwendet, und Einzelheiten zu früheren Schwangerschaften sowie etwaigen Problemen wie Diabetes, Fehlgeburten und Geburtsfehlern. Viele Ärzte fragen Frauen routinemäßig nach häuslicher Gewalt – ob sie von jemandem, mit dem sie zusammenleben, psychisch, körperlich oder sexuell misshandelt werden.

    Die erste Untersuchung während der Schwangerschaft erfolgt sehr gründlich. Hierzu zählt Folgendes:

    • Messung von Gewicht, Größe und Blutdruck

    • Untersuchung der Knöchel auf Schwellungen

    • Gynäkologische Untersuchung: Während dieser Untersuchung notiert sich der Arzt die Größe und Position der Gebärmutter.

    • Bluttests: Eine Blutprobe wird entnommen und analysiert. Die Analyse beinhaltet ein großes Blutbild, Tests auf infektiöse Erkrankungen (wie z. B. Syphilis, Hepatitis und HIV (Human Immundefizienz Virus)) und Tests für den Nachweis der Immunität gegen Röteln und Windpocken. Die Blutgruppe, einschließlich Rh-Faktorstatus (positiv oder negativ), wird bestimmt.

    • Urintests: Eine Urinprobe wird genommen und analysiert.

    • Papanicolaou-Test (Pap-Test) oder eine Variante hiervon: Gewebeproben aus dem Gebärmutterhals werden entnommen und auf Gebärmutterhalskrebs untersucht.

    • Untersuchung auf sexuell übertragbare Infektionen: Unmittelbar nach dem Pap-Test wird eine weitere Gewebeprobe vom Gebärmutterhals entnommen und auf sexuell übertragbare Infektionen wie z. B. Gonorrhö oder eine Chlamydieninfektion untersucht.

    Je nach Situation der Frau können weitere Tests durchgeführt werden. Bei manchen Frauen wird unter Umständen der Schilddrüsenhormonspiegel gemessen (z. B. bei Frauen, die bereits unter einer Schilddrüsenerkrankung, Diabetes, Unfruchtbarkeit oder einer Fehlgeburt litten).

    Wenn die Frau Rh-negatives Blut hat, wird dieses auf Antikörper gegen den Rh-Faktor getestet (siehe Rh-Unverträglichkeit). Das Immunsystem der Frau produziert diese Antikörper, wenn ihr Rh-negatives Blut mit Rh-positivem Blut in Kontakt kommt, z. B. wenn zuvor eine Schwangerschaft mit einem Fötus mit Rh-positivem Blut bestand. Die Antikörper (sog. Rh-Antikörper) können die Blutkörperchen bei einem Fötus mit Rh-positivem Blut abbauen. Schwere Probleme beim Fötus (sogar Tod) können die Folge sein. Werden die Antikörper bei der Schwangeren frühzeitig festgestellt, können Maßnahmen zum Schutz des Fötus getroffen werden. Allen Frauen mit Rh-negativem Blut wird in der 28. Schwangerschaftswoche Rh(D)-Immunglobulin in einen Muskel gespritzt. Sie erhalten zudem bei jedem Kontakt zwischen dem eigenen Blut und dem des Fötus eine Injektion, zum Beispiel bei Scheidenblutungen, einer Amniozentese und nach der Entbindung. Rh(D)-Immunglobulin reduziert das Risiko des Abbaus der roten Blutkörperchen des Fötus.

    Frauen afrikanischer Abstammung werden auf eine Anlage zur Sichelzellanämie oder die entsprechende Erkrankung getestet, wenn dies nicht schon früher erfolgt ist. Hauttests auf Tuberkulose sind für alle Frauen ratsam.

    Wussten Sie ...

    • Während der Schwangerschaft sollten Tabak, Passivrauchen, Arzneimittel/Drogen, Alkohol, Kontakt mit Katzenklos und Katzenkot sowie Kontakt mit Menschen, die an Windpocken oder Gürtelrose leiden, gemieden werden.

    • Während der Grippesaison sollten sich alle Schwangeren einer Grippeimpfung unterziehen.

    Folgeuntersuchungen

    Nach der ersten Untersuchung sollte eine Frau ihren Arzt wie folgt aufsuchen:

    • Bis zur 28. Schwangerschaftswoche alle 4 Wochen

    • Bis zur 36. Schwangerschaftswoche dann alle 2 Wochen

    • Danach bis zur Entbindung wöchentlich

    Bei jeder Untersuchung werden Gewicht und Blutdruck der Frau bestimmt und die Größe der Gebärmutter notiert, um festzustellen, ob der Fötus normal wächst. Die Knöchel der Frau werden auf Schwellungen untersucht.

    Der Herzschlag des Kindes wird von den Ärzten überprüft. Er kann normalerweise nach etwa 10 bis 11 Wochen mit einem Doppler-Sonografiegerät gemessen werden. Sobald ein Herzschlag zu vernehmen ist, wird er bei jedem Termin auf Unregelmäßigkeiten untersucht.

    Bei jedem Besuch wird der Urin auf Zucker getestet. Zucker im Urin deutet auf einen Diabetes hin, der unbedingt behandelt werden muss. Wenn der Urin Zucker enthält, wird schnellstmöglich ein Bluttest auf Diabetes durchgeführt. Auch wenn der Urin keinen Zucker enthält, wird jede Frau auf den Typ Diabetes untersucht, den Frauen während der Schwangerschaft entwickeln können (Schwangerschaftsdiabetes). Dieser Bluttest wird in der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Dabei trinkt die Frau eine Flüssigkeit mit einer bestimmten Glukosemenge und eine Stunde später wird der Zuckerwert im Blut gemessen – dies wird als Glukosetoleranztest bezeichnet. Wenn ein Risikofaktor für Schwangerschaftsdiabetes besteht, wird der Test vorzugsweise schon vor der 12. Woche durchgeführt.

    Zu den Risikofaktoren für Schwangerschaftsdiabetes zählen:

    • Starkes Übergewicht (mehr als 110 kg)

    • Schwangerschaftsdiabetes oder ein großes Kind (mehr als 4,5 Kilogramm) in einer früheren Schwangerschaft

    • Eine unerklärte Fehlgeburt in einer früheren Schwangerschaft

    • Verwandte ersten Grades (wie Mutter oder Schwester) mit Diabetes

    • Vorgeschichte mit Zucker im Urin über einen längeren Zeitraum

    • Polyzystisches Ovarialsyndrom mit Insulinresistenz

    Wenn die Ergebnisse des ersten Tests unauffällig sind, werden Frauen mit erhöhtem Risiko in der 24. bis 28. Woche erneut getestet.

    Bei jedem Besuch wird außerdem der Urin auf Protein getestet. Protein im Urin kann auf Präeklampsie hindeuten (eine Art von Bluthochdruck, der sich während der Schwangerschaft entwickelt).

    Bluttests zur Überprüfung auf Schilddrüsenerkrankungen werden durchgeführt, wenn bei den Frauen Folgendes vorliegt:

    • Symptome einer Schilddrüsenerkrankung

    • Herkunft aus einem Gebiet, in dem mittelschwere bis schwere Jodinsuffizienzen auftreten

    • Verwandte mit einer Schilddrüsenerkrankung

    • Eine Schilddrüsenerkrankung in der Vergangenheit

    • Frauen mit Typ-1-Diabetes

    • Unfruchtbarkeit, Frühgeburt oder Fehlgeburt in der Vergangenheit

    • Strahlentherapie des Kopfes oder Halses in der Vergangenheit

    • Starkes Übergewicht

    • Über 30 Jahre alt

    Wenn bei Frauen ein hohes Risiko besteht, ein Baby mit einer genetischen Störung zu bekommen, können pränatale Diagnosetests durchgeführt werden.

    Ultraschall

    Die meisten Ärzte sind der Ansicht, dass ein Ultraschall, das sicherste Abbildungsverfahren, mindestens einmal während der Schwangerschaft gemacht werden sollte, um sicherzustellen, dass der Fötus normal entwickelt ist, und um das erwartete Geburtsdatum zu bestätigen. Er wird meist zwischen der 16. und 20. Schwangerschaftswoche durchgeführt.

    Für dieses Verfahren wird ein Gerät, das Schallwellen erzeugt (Sonde) auf dem Bauch der Frau platziert. Die Schallwellen werden verarbeitet und ergeben ein Bild, das auf einem Monitor angezeigt wird. Manchmal, insbesondere während der Anfangsphase der Schwangerschaft, verwendet der Arzt ein Ultraschallgerät, das in die Scheide eingeführt werden kann. Beim Ultraschall entstehen qualitativ hochwertige Bilder, einschließlich Live-Action-Bildern, die den Fötus in Bewegung zeigen. Diese Bilder liefern zum einen dem Arzt die notwendigen Informationen, und zum anderen dienen sie der Beruhigung der Frau.

    Ultraschall kann auch für folgende Zwecke eingesetzt werden:

    • Er zeigt bereits ab der 5. Schwangerschaftswoche den Herzschlag des Fötus und bestätigt damit, dass er am Leben ist

    • Bereits in der 14. Woche lässt sich im Ultraschall das Geschlecht des Fötus erkennen

    • Man kann feststellen, ob die Frau mehr als einen Fötus austrägt

    • Störungen, wie z. B. eine falsch liegende Plazenta (Placenta praevia), zu viel Fruchtwasser rund um den Fötus (Polyhydramnion) oder eine ungewöhnliche Position des Fötus, können festgestellt werden

    • Die Schwangerschaft lässt sich datieren und somit kann festgestellt werden, ob die Schwangerschaft normal fortschreitet

    • Angeborene Fehlbildungen können (manchmal) festgestellt werden.

    • Das Vorliegen eines Down-Syndroms (und einiger anderer Erkrankungen) kann nachgewiesen werden, indem der mit Flüssigkeit gefüllte Bereich auf der Rückseite des Nackens des Fötus (sogenannte fötale Nackentransparenz) gemessen wird

    • Instrumente während bestimmter Verfahren, wie z. B. pränataler Diagnosetests, lassen sich leichter positionieren

    Gegen Ende der Schwangerschaft kann mithilfe des Ultraschalls der vorzeitige Sprung der Fruchtblase, in welcher der Fötus enthalten ist (Blasensprung), festgestellt werden. Der Ultraschall liefert Informationen, mit deren Hilfe Ärzte entscheiden, ob ein Kaiserschnitt erforderlich ist.

    Weitere bildgebende Verfahren

    Während der Schwangerschaft werden routinemäßig keine Röntgenaufnahmen gemacht, aber bei sicherem Umgang können sie im Notfall erstellt werden. Wenn ein Röntgenbild erforderlich ist, wird der Fötus durch eine mit Blei gefüllte Schutzabdeckung auf dem Unterbauch der Frau abgedeckt, um die Gebärmutter zu bedecken.

    Immunisierung

    Experten empfehlen, alle schwangeren Frauen während der Grippezeit gegen das Influenzavirus zu impfen.

    Schwangere Frauen können bei Bedarf mit dem Hepatitis-B-Impfstoff geimpft werden.

    Experten empfehlen Auffrischungsimpfungen für Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten (Tdap) nach der 20. Schwangerschaftswoche (vorzugsweise zwischen der 27. und 36. Woche) oder nach der Entbindung, auch wenn die Impfungen auf dem neuesten Stand sind.

    Obwohl der Covid-19-Impfstoff nicht speziell bei schwangeren Frauen geprüft wurde, empfehlen Experten, dass schwangeren Frauen, für die eine Impfung infrage kommt und die keine Kontraindikationen wie etwa eine Allergie auf einen Bestandteil des Impfstoffs aufweisen, ein COVID-19-Impfstoff verabreicht wird. Die US-amerikanische Lebens- und Arzneimittelbehörde FDA hat keinem Impfstoff eine vollständige Zulassung erteilt, aber einige wurden für den Notfall zugelassen. (Siehe auch Centers for Disease Control and Prevention: Impfung gegen COVID-19.)

    Die Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken sollten während der Schwangerschaft nicht verabreicht werden.