Sepsis und septischer Schock

VonJoseph D Forrester, MD, MSc, Stanford University
Überprüft/überarbeitet März 2023
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Sepsis ist ein klinisches Syndrom einer lebensbedrohlichen Organdysfunktion, die durch eine dysregulierte Reaktion auf eine Infektion verursacht wurde. Bei septischem Schock tritt eine kritische Verringerung der Gewebedurchblutung auf. Dabei kann es zum akuten Versagen zahlreicher Organsysteme, einschließlich Lungen, Nieren und Leber, kommen. Häufige Ursachen bei immunkompetenten Patienten stellen zahlreiche Arten von grampositiven und gramnegativen Bakterien dar. Bei immungeschwächten Patienten können ungewöhnliche Bakterien- und Fungusspezies eine Ursache sein. Zu den Anzeichen gehören Fieber, Hypotonie, Oligurie und Bewusstseinsstörung. Die Diagnose erfolgt vor allem klinisch im Zusammenhang mit Kulturabstrichen, die die Infektion zeigen. Eine frühe Erkennung und Behandlung sind entscheidend. Die Behandlung besteht in einem aggressiven Volumenersatz, Antibiotikagabe, chirurgischer Exzision der infizierten oder nekrotischen Gewebe und Drainage von Eiter und supportiven Maßnahmen.

(Siehe auch Schock und Intravenöser Volumenersatz.)

Sepsis repräsentiert ein Spektrum von Krankheiten mit Mortalitätsrisiko, variierend von moderat (z. B. 10%) bis erheblich (z. B. 40%), abhängig von verschiedenen Erregern und Wirtsfaktoren zusammen mit der Aktualität der Erkennung und Bereitstellung einer geeigneten Behandlung.

EinSeptischer Schock ist Teil einer Sepsis mit einer signifikant erhöhten Mortalität aufgrund schwerer Störungen der Durchblutung und/oder des Zellstoffwechsels. Der septische Schock beinhaltet anhaltende Hypotonie (definiert als die Notwendigkeit für Vasopressoren, um mittleren arteriellen Druck ≥ 65 mm Hg aufrechtzuhalten und einen Serumlaktatspiegel > 18 mg/dl [2 mmol/l] trotz ausreichender Volumenreanimation [1]).

Das Konzept des systemischen inflammatorischen Response-Syndroms (SIRS), definiert durch bestimmte Anomalien der Vitalfunktionen und durch Laborergebnisse, wurde lange verwendet, um eine frühe Sepsis zu identifizieren. Allerdings lassen die SIRS-Kriterien Sensitivität und Spezifität für erhöhtes Mortalitätsrisiko vermissen, was die wichtigste Überlegung für die Verwendung eines solchen konzeptionellen Modells ist. Der Mangel an Spezifizität kann sein, weil die SIRS Reaktion oft adaptiv anstatt pathologisch ist.

Allgemeiner Hinweis

  1. 1. Singer M, Deutschman CS, Seymour CW, et al: The third international consensus definitions for sepsis and septic shock (sepsis-3). JAMA 315:801–810, 2016. doi:10.1001/jama.2016.0287

Ätiologie der Sepsis und des septischen Schocks

In den meisten Fällen wird der septische Schock von Hospitalkeimen (gramnegativen Bakterien oder grampositiven Kokken) ausgelöst. Oft sind immunsupprimierte oder chronisch Kranke mit auszehrenden Leiden betroffen. Selten finden sich Candida oder andere Pilze als ursächliche Erreger. Eine postoperative Infektion sollte bei Patienten, die kürzlich eine Operation hatten, als Ursache des septischen Schocks in Erwägung gezogen werden. Eine ungewöhnliche Sonderform des Schocks wird durch Staphylokokken- oder Streptokokkentoxine hervorgerufen. In diesen Fällen spricht man vom toxischen Schocksyndrom.

Ein septischer Schock tritt häufiger bei Neugeborenen (siehe Neugeborenen-Sepsis), älteren Menschen und Schwangeren auf. Prädisponierende Faktoren können sein

  • Diabetes mellitus

  • Zirrhose

  • Leukopenie (vor allem die mit Krebs oder einer Behandlung mit Zytostatika assoziiert ist)

  • Invasive Vorrichtungen (einschließlich Endotrachealtuben, vaskulärer oder Harnkatheter, Drainagen und anderer Fremdstoffe)

  • Vor der Behandlung mit Antibiotika oder Kortikosteroiden

  • Kürzlicher Krankenhausaufenthalt (insbesondere auf einer Intensivstation)

Bevorzugte Eintrittspforten der Infektion sind dabei die Lungen, das ableitende Harnsystem, die Gallenblase und der Gastrointestinaltrakt.

Pathophysiologie der Sepsis und des septischen Schocks

Die Pathogenese des septischen Schocks ist derzeit nicht vollständig aufgeklärt. Ein inflammatorischer Stimulus (z. B. ein bakterielles Toxin) triggert die Produktion proinflammatorischer Mediatoren, einschließlich Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) und Interleukin (IL)-1. Diese Zytokine verursachen eine neutrophil-endotheliale Zelladhäsion, aktivieren das Gerinnungssystem und verursachen Mikrothrombosen. Auch zahlreiche andere Mediatoren werden freigesetzt. Dazu gehören Leukotriene, Lipoxygenasen, Histamin, Bradykinin, Serotonin und IL-2. Diesen Substanzen wirken antiinflammatorische Mediatoren wie IL-4 und IL-10 entgegen, die ihrerseits zu einem negativen Feedback-Mechanismus führen.

Anfangs kommt es zur Dilatation von Arterien und Arteriolen und der Abnahme des peripheren Gefäßwiderstandes, das Herzzeitvolumen hingegen steigt typischerweise an. Diese Phase wird auch als "warmer Schock" bezeichnet. Später nimmt meist das Herzminutenvolumen ab, der Blutdruck fällt (mit oder ohne Anstieg des peripheren Widerstandes), und die typischen Merkmale einer Hypoperfusion treten in Erscheinung.

Selbst in der Phase des gesteigerten Herzminutenvolumens führen vasoaktive Mediatoren zum Bypass der kapillären Austauschgefäße (distributiver Defekt). Der schlechte Kapillarfluss, der aus diesem Shunting resultiert, vermindert zusammen mit der kapillaren Obstruktion durch Mikrothromben die Sauerstoffzufuhr und beeinträchtigt den Abtransport von Kohlendioxid und Abfallprodukten. Die verminderte Perfusion führt zur Dysfunktion und auch zum Versagen von einem oder mehreren Organen. Hierzu gehören Nieren, Lunge, Leber, ZNS und Herz.

Zur Koagulopathie kommt es durch intravasale Gerinnung mit Verbrauch wesentlicher Gerinnungsfaktoren sowie durch eine exzessive reaktive Fibrinolyse. In den meisten Fällen findet sich eine Kombination beider Prozesse.

Symptome und Anzeichen von Sepsis und septischem Schock

Die Symptome und Beschwerden der Sepsis können sehr subtil sein und leicht mit Anzeichen anderer Erkrankungen (z. B. primäres Herzversagen, Lungenembolie, Delirium) verwechselt werden, insbesondere bei postoperativen Patienten. Der Sepsispatient zeigt typischerweise Fieber, Tachykardie, Diaphorese und Tachypnoe bei normalem Blutdruck. Andere Zeichen der ursächlichen Infektion können ebenso vorhanden sein. Sobald sich eine Sepsis verschlimmert oder sich ein septischer Schock ausbildet, können Verwirrtheit und geminderte Vigilanz frühe klinische Hinweise sein, vor allem bei älteren und sehr jungen Patienten. Es kommt zum Blutdruckabfall. Dennoch fühlt sich die Haut paradoxerweise noch warm an. Später dann werden die Extremitäten kühl und blass, mit peripherer Zyanose und Marmorierung. Durch das Organversagen bilden sich je nach betroffenem Organsystem weitere klinische Erscheinungen und Symptome heraus (z. B. Oligurie, Dyspnoe).

Diagnose von Sepsis und septischem Schock

  • Klinische Manifestationen

  • Monitoring von Blutdruck, Herzfrequenz und Sauerstoff

  • Komplettes Blutbild mit differenziellem Elektrolytstatus und Kreatinin, Laktat

  • Messung des invasiven zentralnervösen Drucks (CVP), PaO2 und zentralvenöser Sauerstoffsättigung (ScvO2)

  • Abstriche aus Blut, Urin und anderen potentiellen Infektionsstellen, einschließlich Wunden bei chirurgischen Patienten

Eine Sepsis muss bei Patienten mit einer bekannten Infektion dann angenommen werden, wenn es zu systemischen Entzündungszeichen oder einer Organdysfunktion kommt. Ebenso sollte bei einem Patienten mit anderweitig nicht erklärbaren Symptomen einer systemischen Inflammation nach einer Infektion in der Anamnese gesucht werden. Weitere Untersuchungen wie Urinstatus, Urinkultur (v. a. bei Patienten mit Dauerkatheter), Blutkulturen und Kulturen anderer verdächtiger Körperflüssigkeiten sollten angelegt werden. Bei Patienten mit Verdacht auf eine chirurgische oder okkulte Ursache der Sepsis kann je nach vermuteter Ursache eine Ultraschalluntersuchung (z. B. Rapid Ultrasound for Shock and Hypotension [RUSH]-Untersuchung), CT oder MRT erforderlich sein. Die Blutspiegel für C-reaktives Protein und Procalcitonin sind bei schwerer Sepsis oft erhöht und können die Diagnose erleichtern, allerdings sind diese Parameter nicht spezifisch. Schließlich bleibt die Diagnose eine klinische.

Andere Ursachen eines Schocks (z. B. Hypovolämie, Myokardinfarkt) [MI]) sollten durch Anamnese, körperliche Untersuchung, EKG und kardiale Serummarker, soweit klinisch angezeigt, ausgeschlossen werden. Auch wenn kein Myokardinfarkt vorliegt, kann eine durch Sepsis verursachte Hypoperfusion zu EKG-Befunden mit kardialer Ischämie einschließlich unspezifischer ST-T-Wellen-Anomalien, T-Wellen-Inversionen und supraventrikulären und ventrikulären Arrhythmien führen.

Es ist wichtig, eine Organdysfunktion so früh wie möglich zu erkennen. Es wurden eine Reihe von Scoring-Systemen entwickelt, aber der SOFA Score ("sequential organ failure assessment score") und der schnelle SOFA Score (qSOFA) wurden in Bezug auf das Mortalitätsrisiko validiert und sind relativ einfach zu bedienen. Der qSOFA-Score basiert auf dem Blutdruck, der Atemfrequenz und der Glasgow Coma Scale und erfordert kein Warten auf Laborergebnisse. Für Patienten mit Verdacht auf eine Infektion, die nicht auf der Intensivstation (ICU) sind, ist der qSOFA-Score ein besserer Prädiktor für die stationäre Mortalität als das systemische inflammatorische Response-Syndrom (SIRS) und der SOFA-Score. Bei Patienten mit Verdacht auf eine Infektion, die sich nicht auf der Intensivstation (ICU) befinden, ist der qSOFA-Score ein besserer Prädiktor der stationären Mortalität als das systemische Entzündungsreaktionssyndrom (SIRS) und der SOFA-Score (1).

Patienten mit ≥ 2 der folgenden Kriterien erfüllen die Kriterien für ein systemisches inflammatorisches Response-Syndrom (SIRS) und sollten weitere klinische und Laboruntersuchungen erhalten:

  • Temperatur > 38° C oder < 36° C

  • Herzfrequenz > 90 Schläge pro Minute

  • Atemfrequenz > 20 Atemzüge pro Minute oder PaCO2 < 32 mmHg

  • Anzahl der weißen Blutkörperchen > 12.000/mcl (12 × 109/l), < 4.000/mcl (4 × 109/l oder > 10% unreife (Band)Formen

Bei Patienten mit ≥ 2 der folgenden qSOFA-Kriterien sollten weitere klinische und Laboruntersuchungen durchgeführt werden:

  • Atemfrequenz ≥ 22 Atemzüge pro Minute

  • Veränderte Denkweise

  • Systolischer Blutdruck ≤ 100 mmHg

Der SOFA-Score in der Intensivmedizin ist etwas robuster, erfordert jedoch Labortests (siehe Tabelle Sequenzielle Beurteilung des Organversagens).

Tabelle

Blutbild, arterielle Blutgase, Röntgenthoraxdarstellung, Serum-Elektrolyte, Blut-Harnstoff-Stickstoff (BUN), Kreatinin, PCO2 sowie Leberwerte sollten überwacht werden. Serumlaktatwerte, zentralvenöse O2-Sättigung (ScvO2) oder beide können ermittelt werden, um die Behandlung zu lenken. Die Leukozytenzahl kann verringert (< 4,000/mcl [4 x 109/l]) oder erhöht (> 15.000/mcl [15 x 109/l]) sein, und die Anzahl der polymorphkernigen Leukozyten kann bis zu 20% betragen. Im Verlauf der Sepsis kann die Leukozytenzahl in Abhängigkeit vom Schweregrad der Sepsis oder des Schocks, des immunologischen Zustandes des Patienten und der Ätiologie der Infektion zunehmen oder abnehmen. Eine gleichzeitige Gabe von Kortikosteroiden kann die Leukozytenzahl erhöhen und auf diese Weise die Veränderungen in der Leukozytenzahl, die durch die Krankheitsentwicklung bedingt sind, verdecken.

Hyperventilation mit respiratorischer Alkalose (niedriger PaCO2 und erhöhter arterieller pH-Wert) tritt früh auf, zum Teil kompensatorisch aufgrund der Laktatazidose. Das Serumbikarbonat ist meist vermindert, und die Laktatwerte in Serum und Blut sind erhöht. Im Zuge der weiteren Ausbildung des Schockgeschehens vertieft sich die metabolische Azidose, und der Serum-pH sinkt ab. Frühe hypoxämische respiratorische Insuffizienz führt zu einem verringerten PaO2:FiO2-Verhältnis und manchmal zu einer erkennbaren Hypoxämie mit einem PaO2 < 70 mmHg. Diffuse Infiltrate aufgrund des Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS) können auf dem Röntgenthorax nachgewiesen werden. Harnstoff und Creatinin steigen üblicherweise als Zeichen der Niereninsuffizienz progressiv an. Bilirubin und Transaminasen können erhöht sein. Ein Leberversagen ist allerdings bei Patienten mit normaler Ausgangsfunktion der Leber eher ungewöhnlich.

Hämodynamische Messungen mit einem zentralvenösen oder pulmonalarteriellen Katheter können verwendet werden, wenn die spezifische Art des Schocks unklar ist oder wenn große Flüssigkeitsvolumina (z. B. > 4–5 l balanciertes Kristalloi innerhalb von 6–8 Stunden) erforderlich sind.

Eine Echokardiographie am Krankenbett auf der Intensivstation ist eine praktische und nichtinvasive Alternativmethode zum hämodynamischen Monitoring. Beim septischen Schock ist das Herzminutenvolumen erhöht und der periphervaskuläre Widerstand verringert, während bei anderen Formen des Schocks das Herzminutenvolumen gewöhnlicherweise verringert ist und der periphere Widerstand erhöht.

Weder der zentralvenöse Druck (ZVD) noch der pulmonalarterielle Verschlussdruck (PAOP) ist beim septischen Schock deutlich verändert. Dies steht im Gegensatz zum hypovolämischen, obstruktiven oder kardiogenen Schock.

Viele Patienten mit schwerer Sepsis entwickeln eine Nebenniereninsuffizienz (d. h. normale oder leicht erhöhte Kortisol-Basiswerte, die als Reaktion auf weiteren Stress oder exogenes adrenokortikotropes Hormon [ACTH] nicht signifikant ansteigen). Die Nebennierenfunktion kann untersucht werden durch Bestimmung des Kortisolwertes um 8.00 Uhr morgens; ein Spiegel < 5 mcg/dl (< 138 nmol/l) ist unzureichend. Alternativ dazu kann der Kortisolspiegel vor und nach Injektion von 250 μg synthetischem ACTH bestimmt werden. Ein Anstieg auf < 9 μg/dl (< 248 nmol/l) deutet auf eine Insuffizienz hin.

Klinischer Rechner

Diagnosehinweis

  1. 1. Seymour CW, Liu VX, Iwashyna TJ, et al: Assessment of clinical criteria for sepsis: For the third international consensus definitions for sepsis and septic shock (sepsis-3). JAMA 215(8):762–774, 2016. doi: 10.1001/jama.2016.0288

Behandlung von Sepsis und septischem Schock

  • Wiederherstellung der Durchblutung mit intravenösen Flüssigkeiten und manchmal Vasopressoren

  • Sauerstoff-Unterstützung

  • Breitspektrumantibiotika

  • Ursachenkontrolle

  • Manchmal andere supportive Maßnahmen (z. B. Kortikosteroide, Insulin)

Patienten mit septischem Schock sollten auf einer Intensivstation (ICU) behandelt werden. Folgendes sollte häufig überwacht werden (so oft wie stündlich):

  • Volumenstatus anhand des zentralvenösen Drucks (CVP), des Lungenarterien-Verschlussdrucks (PAOP), serieller Ultraschalluntersuchungen und/oder der zentralvenösen Sauerstoffsättigung (ScvO2)

  • Arterielles Blutgas (ABGs)

  • Glukose-, Laktat- und Elektrolytespiegel im Blut

  • Nierenfunktion

Die arterielle Sauerstoffsättigung sollte kontinuierlich mittels Pulsoxymetrie gemessen werden. Die Urinausscheidung, ein guter Indikator für die Nierenperfusion, sollte gemessen werden (im Allgemeinen sollten Dauerkatheter vermieden werden, es sei denn, sie sind unerlässlich). Das Einsetzen von Oligurie (z. B. < 0,5 ml/kg/Stunde) oder Anurie oder ansteigendes Kreatinin deuten ein bevorstehendes Niederversagen an.

Die Befolgung evidenzbasierter Leitlinien und formeller Protokolle zur frühen Diagnose und Behandlung der Sepsis haben eine Abnahme der Mortalität und Verlängerung des Krankenhausaufenthalts gezeigt (1).

Wiederherstellung der Durchblutung

Intravenöse Flüssigkeiten werden als erste Methode zur Wiederherstellung der Durchblutung eingesetzt. Ausgewogenes isotonisches Kristalloid wird bevorzugt. Einige Kliniker fügen dem ersten Flüssigkeitsbolus bei Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock Albumin hinzu. Albumin ist teurer als Kristalloid, allerdings in aller Regel eine sichere Ergäzung zu Kristalloid. Stärke-basierte Flüssigkeiten (z. B. Hydroxyethylstärke) stehen mit einer erhöhten Mortalität in Zusammenhang und sollten nicht eingesetzt werden.

Zunächst wird schnell 1 l Kristalloid verabreicht. Die meisten Patienten benötigen mindestens 30 ml/kg in den ersten 4–6 Stunden. Allerdings ist das Ziel nicht die Verabreichung eines bestimmten Flüssigkeitsvolumens, sondern die Wiederherstellung der Gewebedurchblutung, ohne ein Lungenödem aufgrund von Flüssigkeitsüberschuss zu verursachen.

Zur Einschätzung der erfolgreichen Reperfusion gehören ScvO2 und Laktat-Clearance (d. h. die prozentuale Veränderung der Serumlaktatwerte über 6 bis 8 Stunden). Das Ziel für ScvO2 liegt bei ≥ 70%. Das Ziel für Laktat-Clearance liegt bei 10–20%. Das Risiko eines Lungenödems kann über eine optimierte Vorbelastung kontrolliert werden. Flüssigkeit sollte verabreicht werden, bis der ZVD 8 mmHg (10 cm Wasser) oder PAOP 12–15 mmHg erreicht. Allerdings können bei Patienten mit machineller Beatmung höhere ZVD-Level nötig sein. Der Volumenumfang übersteigt dabei häufig das normale Blutvolumen und kann innerhalb von 4–12 Stunden Werte von 10 l erreichen. Der pulmonalarterielle Verschlussdruck oder die Echokardiographie können helfen, die Grenzen der linksventrikulären Funktion und den Beginn eines Lungenödems infolge Volumenüberladung frühzeitig zu erkennen. Point-of-Care-Ultraschall kann auch zur Beurteilung des Volumenstatus verwendet werden, einschließlich der Dehnung oder Kollapsibilität der V. cava inferior (IVC), der Herzfunktion und des Vorhandenseins eines Lungenödems.

Bleibt ein Patient im septischen Schock anhaltend hypotensiv, nachdem ZVD und PAOP auf die gewünschten Zielwerte angehoben wurden, kann Norepinephrin (hoch individualisierte Dosierung) oder Vasopressin (0,03 Einheiten/Minute) verabreicht werden, um den mittleren Blutdruck auf mindestens 65 mmHg zu erhöhen. Epinephrin kann hinzugefügt werden, sofern ein zweites Medikament benötigt wird. Allerdings kann eine Vasokonstriktion, die durch eine höhere Dosis dieser Substanzen verursacht wird, zu Organhypoperfusion und Azidose führen.

Sauerstoffunterstützung

Sauerstoff wird über eine Maske oder Nasensonde gegeben. Tracheale Intubation und maschinelle Ventilation können im weiteren Verlauf bei respiratorischer Insuffizienz erforderlich werden (siehe Mechanische Beatmung bei ARDS).

Antibiotika

Parenterale Antibiotika sollten so schnell wie möglich nach Abnahme von Blutkulturen sowie Anlage von gramgefärbten Kulturen aus Gewebeflüssigkeiten und Wundsekreten gegeben werden. Eine schnelle empirische Therapie, unmittelbar eingeleitet nach dem Verdacht auf Sepsis, ist essenziell und möglicherweise auch lebensrettend. Allerdings ist bei der Auswahl der Präparate die Einschätzung eines erfahrenen Klinikers erforderlich, der anhand der vermutlichen Erregerquelle (z. B. Pneumonie, Infektion der Harnwege), der klinischen Umstände, der Kenntnis oder des Verdachts der verursachenden Keime und Resistenzmuster der jeweiligen stationären Einheit oder Institution sowie bereits vorliegender Resistenzuntersuchungen eine geeignete Substanzenkombination zusammenstellt.

Gewöhnlicherweise werden eingangs Breitbandantibiotika für grampositive und gramnegative Bakterien eingesetzt. Immungeschwächte Patienten erhalten zudem ein empirisches Antimykotikum. Zahlreiche Vorgehensweisen können zum Beginn der Behandlung eingesetzt werden. Sofern dies möglich ist, sollten institutionelle Tendenzen infizierender Organismen und ihre antibiotischen Anfälligkeitsmuster (Antibiogramm) genutzt werden, um die empirische Behandlung auszuwählen. Zu den gängigen empirischen Antibiotika für grampositive Bakterien gehören im Allgemeinen Vancomycin und Linezolid. Eine empirische Abdeckung gramnegativer Bakterien umfasst zahlreiche Optionen, zu denen Breitband-Penizillin (z. B. Piperacillin/Tazobactam), Cephalosporine der 3. oder 4. Generation, Imipeneme und Aminoglykoside gehören. Die anfängliche Breitspektrumabdeckung wird anhand von Kultur- und Sensitivitätsdaten eingegrenzt.

Tipps und Risiken

  • Die Kenntnis von institutionen- und pflegeklassenspezifischen Trends bei der Infektion von Organismen und ihrer antimikrobiellen Empfindlichkeit ist ein wichtiger Leitfaden für die empirische Auswahl von Antibiotika.

Ursachenkontrolle

Die Infektionsquelle sollte so schnell wie möglich kontrolliert werden. Intravenöse Katheter, Harnkatheter und endotracheale Schläuche sollten, wenn möglich, entfernt oder gewechselt werden. Abszesse müssen drainiert und nekrotisches und entkräftetes Gewebe (z. B. gangränöse Gallenblase, Necrotizing Soft-Tissue Infection) muss exzidiert werden. Wenn eine Exzision nicht möglich ist (z. B. wegen Komorbiditäten oder hämodynamischer Instabilität), kann eine chirurgische Drainage hilfreich sein. Sofern die Infektionsquelle nicht kontrolliert wird, wird sich der Zustand des Patienten trotz der Behandlung mit Antibiotika verschlechtern.

Andere supportive Maßnahmen

Die Normalisierung des Glukosespiegels im Serum verbessert das Outcome kritisch Kranker. Dies gilt auch für nichtdiabetische Patienten, da Hyperglykämie die Immunantwort auf eine Infektion verschlechtert. Die kontinuierliche Gabe von Insulin intravenös (beginnend mit 1–4 Einheiten/Stunde) wird so titriert, dass der Glukosewert sich zwischen 110 und 180 mg/dl (7,7–9,9 mmol/l) einstellt. Dieses Vorgehen macht eine häufige (z. B. alle 1–4 Stunden) Blutzuckerbestimmung erforderlich.

Eine Kortikosteroidtherapie (z. B. Hydrocortison < 400 mg i.v. pro Tag in geteilten Dosen) ist bei Patienten mit Nebenniereninsuffizienz angezeigt, die durch Cortisoltests nachgewiesen wurde. Bei refraktärem septischem Schock (systolischer Blutdruck < 90 mmHg für mehr als eine Stunde nach adäquatem Volumenersatz und Vasopressor-Verabreichung, Erreichen der Quellenkontrolle und Antibiotika) ist jedoch kein Kortisoltest vor Beginn der Kortikosteroidtherapie erforderlich (2). Die Fortsetzung der Behandlung hängt von der Reaktion beim Patienten ab.

Literatur zur Therapie

  1. 1. Bhattacharjee P, Edelson DP, Churpek MM: Identifying patients with sepsis on the hospital wards. Chest 151:898–907, 2017. doi: 10.1016/j.chest.2016.06.02T

    2. Annane D, Pastores SM, Rochwerg B, et al: Guidelines for the diagnosis and management of critical illness-related corticosteroid insufficiency (CIRCI) in critically ill patients (Part I): Society of Critical Care Medicine (SCCM) and European Society of Intensive Care Medicine (ESICM) 2017. Intensive Care Med 43(12):1751-1763, 2017. doi: 10.1007/s00134-017-4919-5

Prognose für Sepsis und septischen Schock

Insgesamt nimmt die Mortalität von Patienten im septischen Schock ab und hat nun durchschnittliche Werte von 30–40% (Schwankungsbereich 10–90% in Abhängigkeit von Patientenmerkmalen) erreicht. Ungute Verläufe sind oft die Folge des Versäumens einer frühen aggressiven Therapie (etwa innerhalb von 6 Stunden nach Stellen der Verdachtsdiagnose). Ist die schwere Laktatazidose mit dekompensierter metabolischer Azidose erst einmal etabliert (v. a. in Verbindung mit einem Mehrorganversagen), so ist der septische Schock wahrscheinlich als irreversibel zu betrachten und wird einen letalen Verlauf nehmen. Die Mortalität kann mit verschiedenen Scores geschätzt werden, einschließlich der Mortalität bei Notfallsepsis (MEDS). Der Multiple Organ Dysfunction Score (MODS) misst die Dysfunktion von 6 Organsystemen und korreliert stark mit dem Mortalitätsrisiko.

Wichtige Punkte

  • Sepsis und septischer Schock sind zunehmend schwere klinische Syndrome einer lebensbedrohlichen Organdysfunktion, verursacht durch eine dysregulatierte Reaktion auf eine Infektion.

  • Eine zentrale Komponente stellt die kritische Reduktion der Gewebedurchblutung dar, die zum akuten Versagen mehrerer Organe führen kann, einschließlich Lunge, Nieren und Leber.

  • Eine frühe Erkennung und Behandlung sind zur Erhöhung der Überlebenschancen entscheidend.

  • Ein Volumenersatz wird mit intravenöser Flüssigkeitsgabe herbeigeführt, und manchmal werden Vasopressoren titriert, um die zentralvenöse Sauerstoffsättigung (ScvO2) und Vorlast zu optimieren und die Serumlaktatspiegel zu senken.

  • Die Infektionsquelle wird kontrolliert, indem Katheter, Schläuche und infiziertes und/oder nekrotisches Gewebe entfernt und Abszesse drainiert werden.

  • Empirische Breitbandantibiotika, die auf die wahrscheinlichsten Organismen einwirken, werden verabreicht und schnell basierend auf der Bakterienkultur und den Ergebnissen der Antibiotika-Sensitivitätstests durch spezifischere Substanzen ersetzt.